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Prediger, Kapitel 1

Prediger, Kapitel 1

1:1 Dies sind die Reden des Predigers, des Sohnes Davids, des Königs zu Jerusalem.

1:2 Es ist alles ganz eitel, sprach der Prediger, es ist alles ganz eitel.
Nichts vermag den ganzen Menschen zu befriedigen, als des Herrn Liebe und des Herrn Nähe. Etliche Heilige haben zuweilen einen andern Ankergrund gesucht, aber sie sind aus solchen verderblichen Zufluchtsstätten jedesmal vertrieben worden. Salomo, dem Weisesten unter allen Menschen, war gestattet, für uns alle Erfahrungen zu sammeln und für uns zu vollbringen, was wir zu unternehmen nie hätten wagen dürfen. Hier ist sein Zeugnis in klaren Worten ausgesprochen: „Ich nahm zu über alle, die vor mir zu Jerusalem gewesen waren; auch blieb Weisheit bei mir. Und alles, was meine Augen wünschten, das ließ ich ihnen, und wehrte meinem Herzen keine Freude, daß es fröhlich war von aller meiner Arbeit. Da ich aber ansah alle meine Werke, die meine Hand getan hatte, und Mühe, die ich gehabt hatte: siehe, da war es alles eitel und Jammer und nichts mehr unter der Sonne.“ „O Eitelkeit der Eitelkeiten! Alles ist eitel.“ Wie? all sein Tun und Genießen war eitel? O, glücklichster unter allen Fürsten, ist in aller deiner Herrlichkeit nichts? Nichts in dem ganzen weiten Reiche, das von den Strömen Mesopotamiens bis ans Meer reichte? Nichts in Palmyras herrlichen Säulenpalästen? Nichts im Hause vom Walde Libanon? In all deinen Gesängen und Reigen, in deinem Wein und deiner Herrlichkeit? In allem nichts? „Nichts,“ spricht er, „als Grämen und Leid, daß auch mein Herz des Nachts nicht ruht.“ Das war sein Ausspruch, nachdem er alle Freuden genossen hatte.
Aber unseren Herrn Jesum lieben, in seiner Liebe wohnen und seiner innigen Gemeinschaft gewiß sein, das ist alles in allem. Lieber Freund, du brauchst kein andres Leben zu versuchen, um zu erfahren, ob es besser ist, als das Leben in Christo; wenn du alle Welt durchziehst, findest du keinen so herrlichen Anblick, wie das Angesicht unsers Heilandes; könntest du alle Wollust des Lebens haben und verlörst deinen Heiland, so wärest du der unglückseligste unter allen Menschen; wenn du aber Christum gewinnst, dann kannst du in einem Kerker verschmachten, so wird er dir zu einem Paradiese. Lebst du im Verborgenen, oder bist du am Verhungern, so wird dir doch das beste nicht mangeln: Die Fülle der Güte unsers Herrn. (Charles Haddon Spurgeon)


Käme dieses Wort aus Rom aus dem Mund eines der Männer, die sich auf den Thron der Cäsaren gesetzt haben, so gäbe es keinen Anlass zur Verwunderung. Wenn Augustus beim Sterben von der Rolle sprach, die er geschickt gespielt habe und die nun zu Ende sei, so war dieses Urteil über sein Leben völlig durchsichtig und fest begründet. Oder wenn Karl V. seine Herrschaft preisgab und in ein Kloster ging, so tat er, was durchaus verständlich ist. Auch dann wäre dieses Wort nicht rätselhaft, wenn es von einem Forscher stammte, der weiß, wie neben dem Wenigen, was er erkennt, die ungemessene Weite des für uns Verhüllten steht, oder wenn es das letzte Wort eines unserer Kleinen wäre, die auf schmalem Weg zwischen hohen Mauern ohne weite Aussicht von der Geburt zum Grabe wandern. Allein dieses Wort, das alles eitel heißt, kommt aus Jerusalem, aus der Gemeinde, die sich Gottes Volk nannte und Gott dienen durfte. Der Dichter lässt Salomo so sprechen, den reichsten der Könige, den weisesten de Weisen, den Erbauer des Tempels, den Friedefürsten. Nun hat das Wort Tiefe und aufweckenden Ernst. Ist auch das noch nichts als Eitelkeit, in einem Volk zu leben, das eine Gemeinde Gottes ist, in einer Stadt zu wohnen, die einen Tempel Gottes hat, ein Wort zu kennen, das von Gott spricht, und eine Schrift zu haben, die uns seinen Willen zeigt? Aber das, was von oben kommt, verändert das nicht, was die natürliche Ordnung unseres Lebens aus uns macht, und von der Natur wird uns kein Zweck gezeigt, der das, was sie uns gibt, wirklich wertvoll machte. Sie bewegt sich im Kreislauf und bringt alles, was sie zum Blühen bringt, auch zum Welken. Dieser Knechtsdienst der Vergänglichkeit, in den wir hineingebunden sind, wird uns gerade dann besonders deutlich und schwer, wenn das Wort, das von Gott spricht, zu uns kommt und uns nicht mehr zulässt, in der Natur zu leben, wie ein Tierlein in ihr lebt. Wenn der Geist gegen das Fleisch streitet, wird es peinlich, dass wir im Fleisch leben, und wenn uns ein Blick in den Himmel gegeben wird, ist es uns nicht mehr möglich, auf der Erde etwas anderes als Fremdlinge zu sein. Darum gehört auch die schmerzhafte Klage, die alles, was wir sind und leisten, eitel heißt, zur Vorbereitung für die Weihnacht, zur Bahnung des Wegs für den, der kommt. Auch ein Salomo bringt nichts fertig, was bleibt, und tut nichts, was nicht schon immer getan worden wäre und immer wieder getan werden muss. Etwas Neues, was noch nie geschehen ist und für immer wirksam bleibt, geschieht erst dann, wenn das Wort Fleisch wird. Auch Salomo muss warten, bis der Sohn Gottes kommt, und ist nicht der Friedefürst, der uns mit dem, was wir sind, versöhnen kann. Friede auf Erden, das ist das Weihnachtswort.
Mir, o Gott, Schöpfer und Herr, tut das Herz weh bei der Eitelkeit unseres Lebens, bei der Verworrenheit unserer Gedanken, bei der Hohlheit unseres Redens, bei der Vergeblichkeit unserer Anstrengungen, bei all dem Zerfall, der überall sichtbar ist. Aber ich will nicht murren. Ich sehe in Deinem strengen Regiment Deine Gnade. Sie macht es uns unmöglich, dass wir uns groß dünken und uns selbst bewundern. Du, Herr, allein bleibst von Ewigkeit zu Ewigkeit und Deine Güte ist an jedem Morgen neu. Amen. (Adolf Schlatter)

1:3 Was hat der Mensch für Gewinn von aller seiner Mühe, die er hat unter der Sonne?

1:4 Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt; die Erde aber bleibt ewiglich.

1:5 Die Sonne geht auf und geht unter und läuft an ihren Ort, daß sie wieder daselbst aufgehe.

1:6 Der Wind geht gen Mittag und kommt herum zur Mitternacht und wieder herum an den Ort, da er anfing.

1:7 Alle Wasser laufen ins Meer, doch wird das Meer nicht voller; an den Ort, da sie her fließen, fließen sie wieder hin.
Alles, was unter dem Monde ist, ist der Veränderung unterworfen; die Zeit kennt keine Ruhe. Die feste Erde ist eine rollende Kugel und die große Sonne selber ein Stern, der in der vorgezeichneten Bahn ein größeres Zentralgestirn gehorsam umkreist. Ebbe und Flut bewegen den Ozean, Winde durchziehen nach allen Richtungen das Luftmeer, Regen, Frost und Hitze lösen die Felsen in Staub auf. Die Menschen werden geboren, um wieder zu sterben: alles bringt dem Geist Unruhe, Plage und Not. O du Freund des unwandelbaren Jesu, was ist doch das für eine Freude für dich, wenn du über dein unverwelkliches Erbe nachdenken kannst; dein Segensmeer bleibt ewig voll, weil Gott selber ewige Ströme seiner Freude darin ausgießt. Wir suchen eine bleibende Stadt über den Wolken, und wir werden keine Täuschung erfahren. Die uns vorliegende Schriftstelle kann uns wohl zur Dankbarkeit anregen. Der Vater Ozean ist ein großer Einnehmer, aber er ist auch ein großmütiger Spender. Was ihm die Ströme bringen, das gibt er der Erde als Wolken und Regen wieder zurück. Ein Mensch, der alles nur annimmt und nichts wieder zurückgibt, passt nicht in diese Weltordnung. Andern mitzuteilen, ist nur eine Saat zu unserem eigenen Nutzen. Wer ein so guter Haushalter ist, dass er sein Vermögen gern für seinen Herrn hingibt, wird noch mehr empfangen. Freund Jesu, erstattest du Ihm wieder zurück nach dem Maße des Segens, den du empfangen hast? Dir ist viel anvertraut worden, was hat es für Frucht getragen? Hast du alles getan? Kannst du nicht noch mehr tun? Selbstsüchtig sein, heißt ruchlos sein.
Denke einmal, das Meer gebe von seinem Wasserreichtum nichts mehr zurück, so wäre unser ganzes Geschlecht, ja, die ganze belebte Schöpfung dem Untergang preisgegeben. Gott verhüte, dass jemand unter uns dem unedeln und verderblichen Grundsatz huldige, nur ihm selber zu leben. Der Herr Jesus lebte nicht sich selber. Alle Fülle wohnt in Ihm, aber aus seiner Fülle haben wir genommen Gnade um Gnade. O Geist Jesu, dass wir doch hinfort nicht uns selber lebten! (Charles Haddon Spurgeon)

1:8 Es sind alle Dinge so voll Mühe, daß es niemand ausreden kann. Das Auge sieht sich nimmer satt, und das Ohr hört sich nimmer satt.

1:9 Was ist's, das geschehen ist? Eben das hernach geschehen wird. Was ist's, das man getan hat? Eben das man hernach tun wird; und geschieht nichts Neues unter der Sonne.

1:10 Geschieht auch etwas, davon man sagen möchte: Siehe, das ist neu? Es ist zuvor auch geschehen in den langen Zeiten, die vor uns gewesen sind.

1:11 Man gedenkt nicht derer, die zuvor gewesen sind; also auch derer, so hernach kommen, wird man nicht gedenken bei denen, die darnach sein werden.

1:12 Ich, der Prediger, war König zu Jerusalem

1:13 und richtete mein Herz zu suchen und zu forschen weislich alles, was man unter dem Himmel tut. Solche unselige Mühe hat Gott den Menschenkindern gegeben, daß sie sich darin müssen quälen.

1:14 Ich sah an alles Tun, das unter der Sonne geschieht; und siehe, es war alles eitel und Haschen nach dem Wind.

1:15 Krumm kann nicht schlicht werden noch, was fehlt, gezählt werden.

1:16 Ich sprach in meinem Herzen: Siehe, ich bin herrlich geworden und habe mehr Weisheit denn alle, die vor mir gewesen sind zu Jerusalem, und mein Herz hat viel gelernt und erfahren.

1:17 Und richtete auch mein Herz darauf, daß ich erkennte Weisheit und erkennte Tollheit und Torheit. Ich ward aber gewahr, daß solches auch Mühe um Wind ist.

1:18 Denn wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämens; und wer viel lernt, der muß viel leiden.1)
Was hier der allerklügste König sagt: „Alles ist eitel,“ ist eben dasselbe, was Johannes schreibt: „Kindlein, habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist, denn die Welt vergehet mit ihrer Lust.“ Wo ist jemals unter allen, die in der Welt gelebt haben, Einer gewesen, der das mehr versucht hat, als Salomo? Er hatte es gewagt und sich ins Meer aller Eitelkeiten, auch mit Gefahr seiner Seele, hineingestürzt, ob er etwa in einigen Dingen ein beständiges Vergnügen finden möchte, und doch mußte er endlich seine Thorheit beklagen und Alles ganz eitel nennen. Er versuchte mit fleißiger Arbeit der Welt zu dienen; er bildete sich ein, daß gute Tage und Wohlleben ihn vergnügen könnten; er glaubte seines Lebens Lust in der Ehre und Herrlichkeit dieser Erde zu finden: Alles umsonst! O daß denn diese centnerschweren Worte des weisen Herrschers möchten angeschrieben stehen in den Pallästen der Großen, an den Wänden der Edlen, an den Läden der Kaufleute, an den Spiegeln der Stolzen, über den Tafeln der Schwelger: es ist Alles eitel, ganz eitel! Aber wie voll Blindheit und Thorheit, o Gott, Du höchstes Gut und bester Schatz unserer Seelen, sind doch unsere vereitelten Herzen Jahr aus Jahr ein! wie oft sehen wir die Welt und die irdischen Dinge nicht an in ihrem Nichts, sondern als etwas, das noch einiges Suchens und Liebens werth ist! Kaum haben uns die Stimmen Deines Worts und die Sünden Deiner Heiligen abrufen können, vorsichtig genug die gefährlichen Gruben zu meiden, in die so viele unvorsichtige Seelen sich gestürzt haben. Ach, nimm doch weg aus unserm Herzen alles, was Dir darin noch mißfällt, insbesondere alle sündliche Liebe zur Welt und ihrer Lust, und pflanze darin eine wahre und aufrichtige Liebe zu Dir, dem höchsten Gut, und Deiner allersüßesten Gemeinschaft. Laß das unsere einzige Freude sein, daß wir uns zu Dir halten und unser Vertrauen auf Dich allein setzen. Erwecke in uns ein heiliges Mißtrauen gegen die Welt und gieb, daß wir uns dann am meisten fürchten, wenn sie uns am meisten liebkoset. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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