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Hiob, Kapitel 8

Hiob, Kapitel 8

8:1 Da antwortete Bildad von Suah und sprach:

8:2 Wie lange willst du solches reden und sollen die Reden deines Mundes so einen stolzen Mut haben?

8:3 Meinst du, daß Gott unrecht richte oder der Allmächtige das Recht verkehre?

8:4 Haben deine Söhne vor ihm gesündigt, so hat er sie verstoßen um ihrer Missetat willen.

8:5 So du aber dich beizeiten zu Gott tust und zu dem Allmächtigen flehst,

8:6 und so du rein und fromm bist, so wird er aufwachen zu dir und wird wieder aufrichten deine Wohnung um deiner Gerechtigkeit willen;

8:7 und was du zuerst wenig gehabt hast, wird hernach gar sehr zunehmen.

8:8 Denn frage die vorigen Geschlechter und merke auf das, was ihr Väter erforscht haben;

8:9 denn wir sind von gestern her und wissen nichts; unser Leben ist ein Schatten auf Erden.
Wie unvermerkt eilt die kurze Lebenszeit dahin! Wie verrinnen Tage um Tage, Wochen um Wochen, Jahre um Jahre! Wie der Morgen wechselt mit dem Abend, so wechselt ein Geschlecht mit dem andern und sie sind im Nu dahin. Wie im rauschenden Strome Welle auf Welle folgt, so kommt und gehet Alles im Menschenleben. Immer eilt die Gegenwart davon, immer folgt ihr die Zukunft nach, und was vorbei ist, kommt nicht wieder. Aber einem ernsten Ziele gehen wir Alle entgegen. Es ist das Grab, das harte, öde Bett von Erde, in das wir nichts von unsern irdischen Gütern, nichts von unsern Freuden und Genüssen, nichts von unsern Ehren und Würden, nichts von unsern Kenntnissen und Geschicklichkeiten, Keinen von Allen, die wir lieb haben auf Erden, mitnehmen können; wo wir starr und bleich liegen, bis die letzte Spur unseres irdischen Daseins verwischt ist. Aber sollten wir darum trauern und zagen? Sollten wir bei dem raschen Flug der Zeit, bei der Eitelkeit aller Dinge, bei der Vergänglichkeit dieser Welt, im Angesichte des Todes und des Gerichtes, sollten wir da nur Thränen, Seufzer und Klagen haben? Sollten wir nicht etwas verspüren von dem Heimweh nach dem rechten Vaterland, wo jede Sehnsucht gestillt, jeder Schmerz geheilt, jedes Räthsel gelöst wird? Sollten wir nicht nach dem fragen, der dem Tode die Macht genommen und Leben und unvergängliches Wesen an's Licht gebracht hat? Sollten wir nicht mit Furcht und Zittern trachten nach dem, was droben ist? Ach, es bleibt ja unsre Seele unruhig, bis sie ruhet in Gott, und es bleibt ohne ihn in unserem Herzen eine Oede und eine Lücke, wenn wir auch mit allem irdischen Gut gesegnet sind. In dieser Gnadenzeit sollen wir uns rüsten für die Ewigkeit. Wir haben hier keine bleibende Stätte, sondern die zukünftige suchen wir. Wir reisen, um nach Hause zu kommen; wir kämpfen, um die Krone des ewigen Lebens zu erlangen; wir tragen und dulden, um in das Himmelreich einzugehen. Aber wie steht es mit mir? Der Herr hat mir zwei Wege und zwei Pforten vorgestellt, auf denen ich wandeln, und in welche ich eingehen kann. Befinde ich mich auf dem Wege, der zur Seligkeit führt? Bin ich treu in meinem Berufe? Kämpfe ich den guten Kampf des Glaubens? Ist mein Herz voll Liebe zu dem, der mich je und je geliebet? Trage ich ihm in Geduld und Hoffnung das Kreuz nach? Werfe ich alle meine Sorgen auf ihn, der die Vögel unter dem Himmel nährt, und die Blumen des Feldes kleidet? oder bin ich kleinmüthig und verzagt, wenn des Herrn Hilfe verziehet, bin ich hochmüthig und trotzig, wenn der Herr gute Tage bescheeret? Die ersten Stunden des neuen Jahres legen mir all diese ernsten Fragen an's Herz und reden so vernehmlich von der Menge meiner Uebertretungen und Sünden wider den heiligen und gerechten Gott. Und vielleicht ist dieses neubegonnene Jahr das letzte meines Lebens; vielleicht bringt es mir den Tag der Rechenschaft und stellt mich vor das Angesicht des ewigen Richters, der mein Herz durchschaut bis auf den innersten Grund und der entscheidet über mein ewiges Heil oder ewiges Verderben.
Ach, ich beuge meine Kniee vor dir, allmächtiger, ewiger Gott, der du wohnest in einem Lichte, da Niemand zukommen kann. Du bist der Selige und Alleingewaltige, der Alles trägt mit seinem starken Arm. Auch mich hast du aus Gnaden berufen zur ewigen Seligkeit. Meine Seele verlanget nach dir, und damit ich den Weg des Lebens erkennen und volles Genügen finden möge, hast du deines eingeborenen Sohnes nicht verschonet, sondern ihn auch für mich in die Welt gesandt. Herr, Alles, was ich bin und habe, lege ich in deine treuen Vaterhände. Du thust über Bitten und Verstehen, und führest Alles hinaus zu deines Namens Ehre und zu unsrer Seelen Seligkeit. So nimm denn auch in diesem neuen Jahre mich und die Meinen in deinen gnadenreichen Schutz, denn ohne dich vermögen wir nichts. Beschütze und behüte, regiere und tröste uns, auf daß unser Ausgang und Eingang gesegnet sei. Verleihe uns Muth im Kampfe, Geduld im Leiden, Hilfe in Gefahr; erhalte uns bei dem Einen, daß wir deinen Namen fürchten, die Sünde meiden und mit Ernst trachten nach dem ewigen Leben. Bleibe bei uns mit deiner Gnade, mit deinem Schutze und mit deinem Frieden. Und ist meine Zeit dahin, so nimm mich um Christi willen auf in dein ewiges Reich. Amen! (Christian Wilhelm Spieker)

8:10 Sie werden dich's lehren und dir sagen und ihre Rede aus ihrem Herzen hervorbringen:

8:11 „Kann auch ein Rohr aufwachsen, wo es nicht feucht steht? oder Schilf wachsen ohne Wasser?

8:12 Sonst wenn's noch in der Blüte ist, ehe es abgehauen wird, verdorrt es vor allem Gras.

8:13 So geht es allen denen, die Gottes vergessen; und die Hoffnung der Heuchler wird verloren sein.

8:14 Denn seine Zuversicht vergeht, und seine Hoffnung ist eine Spinnwebe.
Hoffnung besserer Tage begleitet den Menschen durch alle Tage seines Erdenlebens. Sie gehört zu den Dreien, die da bleiben, wie geschrieben steht: „Nun bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe.“ Wo ist ein Alter, ein Stand, ein Verhältniß, da man ihrer entbehren und sagen könnte: „Es ist alles so, wie ich mir's wünsche, ich brauche nichts mehr zu hoffen, denn ich habe alles!“ Sind wir doch allesammt reicher am Hoffen, wie am Haben; und wie arm würden wir uns fühlen, wenn wir in bösen Tagen keine Hoffnung besserer Tage, im Schmerz der Krankheit keine Hoffnung der Genesung, im Abschiedsweh keine Hoffnung des Wiedersehens, und im Tode keine Hoffnung des Lebens hätten! - „Ja,“ sagst du, „das ist wahr, darum ist es grausam, dem Menschen seine Hoffnung zu rauben.“ - O mein Lieber, Hoffnung soll dem Menschen bleiben. Aber eine andere Frage ist: soll man jedem Menschen, er sei nun fromm oder gottlos, seine Hoffnung lassen, auch dann, wenn seiner Hoffnung der Grund der Wahrheit fehlt? Soll man den unbußfertigen Sünder allerlei Gutes hier und dort hoffen lassen, da doch die Sünde der Leute Verderben ist? Soll man dem Ungläubigen, der die Gnade Gottes in Christo verachtet, seine Hoffnung lassen, da es doch heißt: „Wer nicht glaubet, der wird verdammet werden?“ Soll man die Heuchelchristen ihres Maulglaubens sich getrösten lassen, da doch der Herr spricht: „Es werden nicht alle, die zu mir Herr, Herr sagen, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen thun meines Vaters im Himmel?“ - Nein, die Hoffnung ohne den Glauben, der gerecht, und ohne die Liebe, die heilig macht, die Hoffnung ohne Wahrheit, ja wider die Wahrheit des Wortes Gottes, die Hoffnung ist eitel, und die soll man dem Menschen nicht lassen. Von solcher Hoffnung heißt es Hiob 8, 13. 14.: „Die Hoffnung des Heuchlers wird verloren sein, denn seine Zuversicht vergehet, und seine Hoffnung ist eine Spinnwebe.“ Solche Hoffnung dem Menschen lassen, das ist grausam, das heißt, ihn so lange schlafen und von besseren Tagen und ewiger Seligkeit träumen lassen, bis er in der Hölle und in der Qual erwacht. Die Hoffnung, die zwischen Glauben und Liebe steht, die besteht, die soll und kann und wird dir niemand rauben. Die läßt nicht zu Schanden werden. (Carl Johann Philipp Spitta)

8:15 Er verläßt sich auf sein Haus, und wird doch nicht bestehen; er wird sich daran halten, aber doch nicht stehenbleiben.

8:16 Er steht voll Saft im Sonnenschein, und seine Reiser wachsen hervor in seinem Garten.

8:17 Seine Saat steht dick bei den Quellen und sein Haus auf Steinen.

8:18 Wenn er ihn aber verschlingt von seiner Stätte, wird sie sich gegen ihn stellen, als kennte sie ihn nicht.

8:19 Siehe, das ist die Freude seines Wesens; und aus dem Staube werden andere wachsen.“

8:20 Darum siehe, daß Gott nicht verwirft die Frommen und erhält nicht die Hand der Boshaften,

8:21 bis daß dein Mund voll Lachens werde und deine Lippen voll Jauchzens.

8:22 Die dich aber hassen, werden zu Schanden werden, und der Gottlosen Hütte wird nicht bestehen.

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