Spitta, Carl Johann Philipp - Wisset ihr, was ich euch gethan habe?

Spitta, Carl Johann Philipp - Wisset ihr, was ich euch gethan habe?

Woher kommt es, daß Christen unter einander oft so unchristlich sich beweisen, daß so viel Selbsterhebung statt Selbsterniedrigung, so viel Selbstsucht, statt Bruderliebe, so viel Hochmuth statt Demuth sich unter ihnen zeigt? So haben wir ja Christum nicht gelernt; in solcher Weise ist er uns ja nicht vorangegangen. ER hat sich um unseretwillen seiner Hoheitsrechte begeben, seiner göttlichen Würde entkleidet, und den Schwachen in demüthiger Liebe gedient. Was hindert denn uns, aus Liebe zu den Brüdern uns unserer wirklichen oder vermeintlichen Rechte zu begeben, und lieber zu dienen als zu herrschen? - Ach, es ist eben das, daß wir nicht wissen oder nicht bedenken, was er uns gethan hat. „Wisset ihr, was ich euch gethan habe?“ fragte er einst seine Jünger. Ihr heißet mich Meister und Herr, und sagt recht daran; denn ich bins auch. So nun ich, euer Herr und Meister euch die Füße gewaschen habe; so sollt ihr auch euch unter einander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, daß ihr thut, wie ich euch gethan habe (Joh. 13, 12-15.)

Die herablassende Liebe, von der er seinen Jüngern durch das Fußwaschen ein Beispiel zur Nachahmung gab, die sollte uns das Herz weich und willig machen zu demüthiger Bruderliebe. Unter den Gelegenheiten zu gegenseitigen Liebesdiensten sollten wir nicht an die Rechte unseres Standes und Amtes denken, nicht die Person ansehen, nicht fragen: „Wie ist der oder die gegen mich gesinnt, was haben sie mir schon zu Liebe gethan, wie werden sie mir's danken und lohnen?“ Sondern der Herr in Knechtsgestalt sollte vor unserer Seele stehen, wie er fragt: „Wisset ihr, was ich euch gethan habe? Wisset ihr, wie ich mich für euch erniedrigt habe, vom Throne der Herrlichkeit hinab in die Welt, in die Krippe, unter das Gesetz, bis in Leiden, Kreuz, Tod und Grab hinein? Wisset ihr das, erkennet ihr das?“ So sucht auch da, wo es am schwersten ist, Liebe zu beweisen, - seid gegen Schwache und Fehlende, gegen Niedere und Untergebene, gegen Beleidiger und Widersacher doch keinen Augenblick ungewiß, was ihr zu thun habt, weil ihr wisset, was ich euch gethan habe!

Quelle: Spitta, Carl Johann Philipp - Biblische Andachten

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