Spitta, Carl Johann Philipp - Ihr habt einen kindlichen Geist empfangen.

Spitta, Carl Johann Philipp - Ihr habt einen kindlichen Geist empfangen.

Der Apostel Paulus schreibt (Röm. 8, 15.): „Ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, daß ihr euch abermal fürchten müßtet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen: Abba, lieber Vater.“ Christen sollen nicht nach dem Fleische leben, sondern des Fleisches Geschäfte tödten. Aber was sie zum Gehorsam gegen Gott und zum Kampf wider das Böse treibt, das ist nichts Fremdes außer ihnen, nicht Zucht und Zwang von Außen bei innerlichem Widerwillen und Widerstreben, nicht das Gesetz mit seinen Drohungen und Verheißungen; sondern Trieb des Geistes, der ihnen im Glauben an die Liebe Gottes in Christo gegeben ist, und der alle Gebote und Wege Gottes gut heißet und Lust daran hat. Dieser Geist, welcher die Kinder Gottes treibt, des Fleisches Geschäfte zu tödten, erscheint den leichtsinnigen Kindern der Welt als ein finsterer Geist. Und weil niemand Gott eher lieben und vertrauen kann, bis er ihn hat fürchten lernen, so ist auch wirklich die nächste Wirkung dieses Geistes auf unbekehrte Menschen: ihnen Furcht Gottes einzuflößen, und sie aus der Ruhe und Sorglosigkeit heraus in eine heilsame Unruhe und Verlegenheit zu versetzen. Aber laß dich, o Mensch, nur in eine rechtmäßige Furcht versetzen, das macht den Uebergang zu einer rechtmäßigen Freude. Der knechtliche Geist, bei dem man sich fürchten muß, ist doch ein besserer Geist, als der Geist der Welt, da man sich nicht fürchtet. Wolle nur nicht den Schmerz einer aufrichtigen Buße umgehen, denn das ist der Weg zur Freude des Glaubens an das Evangelium. Nach dem Sturmwinde, dem Erdbeben und dem Feuer kommt das sanfte stille Sausen. Denn also spricht der Hohe und Erhabene, der ewiglich wohnet, deß Name heilig ist: „Der ich in der Höhe und im Heiligthum wohne, und bei denen, so zerschlagenen und demüthigen Geistes sind, auf daß ich erquicke den Geist der Gedemüthigten und das Herz der Zerschlagenen; ich will nicht immerdar hadern und nicht ewiglich zürnen, sondern es soll von meinem Angesicht ein Geist wehen, und ich will Odem machen.“ Nach der Furcht und nach der göttlichen Traurigkeit, die zur Seligkeit wirket eine Reue, die niemand gereuet, kommt Friede und Freude in die Seelen durch den heiligen Geist. Da heißt es: Ihr habt nicht einen knechtlichen Geist empfangen, daß ihr euch abermal fürchten müßtet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen: Abba, lieber Vater! Weil ihr denn Kinder seid, hat Gott gesandt den Geist seines Sohnes in eure Herzen, welcher schreiet: Abba, lieber Vater! Ihr wisset aus dem Worte Gottes: „Wir sind alle Gottes Kinder durch den Glauben an Christo Jesu.“ Und ob auch zuweilen der Anblick und die Erfahrung eurer vielen Mängel und Gebrechen euch deß zweifelhaft machen sollte: so kommt dieser Geist euch in solcher Unsicherheit durch besondere Versicherungen zu Hülfe; schlichtet durch sein Zeugniß diese eure größte und heiligste Herzenssache, daß ihr Gottes Kinder seid; und setzt euch in den vollen Genuß der Liebe Gottes, die alle Furcht austreibt. Welch ein Leben! Wie sich's auch in den Augen der Welt ausnehmen, wie wenig es auch dem entsprechen mag, was sie Leben und gute Tage nennt - es ist doch so: „Wer leben will und gute Tage sehen, der suche zu dem Christennamen auch das Christenleben im Glauben des Sohnes Gottes, durch welchen wir die Macht empfangen, Gottes Kinder zu werden, die Kindschaft, den Kindesgeist, den Trieb dieses Geistes, Gott zu gefallen, und das Zeugniß dieses Geistes, daß wir ihm wohl gefallen und angenehm sind in dem Geliebten.“ Hast du schon einen anderen Geist empfangen, und welchen? Weß Geistes Kind bist du?

Quelle: Spitta, Carl Johann Philipp - Biblische Andachten

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