Roos, M. Magnus Friedrich - Christliches Hausbuch - Dezember

Inhaltsverzeichnis

Roos, M. Magnus Friedrich - Christliches Hausbuch - Dezember

1. Dezember. Morgen-Andacht.

Ich danke Gott durch Jesum Christum unsern HErrn. Röm. 7,25.

Paulus hatte Röm. 7. beschrieben, was ein Mensch erfahre, der unter das Gesetz gekommen ist, welches nicht nur die groben Ausbrüche der Sünde, sondern auch die böse Lust verbietet, und wie er über seine Gefangenschaft unter der Sünde und über sein Unvermögen, Gutes zu thun, klage. Er hatte aber auch gezeigt, wie der Mensch nach und nach unter einem anhaltenden Ringen Hoffnung bekomme, daß sein Zustand werde verbessert werden, und er als Einer, der in ein tiefes Wasser gefallen ist, an’s Land kommen werde, wie denn die Ausdrücke des Paulus gegen das Ende des Kapitels milder werden. Endlich legt er dem Menschen, der unter dem Gesetz ringet, die Worte in den Mund: ich danke Gott durch Jesum Christum unsern HErrn. Nun erscheint ihm also gleichsam Jesus Christus sein HErr und Erretter in der Ferne. Nun erinnert ihn der Heilige Geist kräftig, daß er einen Heiland habe, der ihn von dem Gesetz, das ist von der Gewalt der Sünde und des Todes, frei machen könne und wolle. Er dankt Gott durch Jesum Christum, das ist, er dankt Gott bei dem sehnlichen Glaubensblick auf Christum, er dankt Gott wegen der Hoffnung der Errettung, die er durch Jesum Christum gefaßt hat; doch kann er diesen Heiland noch nicht mit einem überschwenglichen und siegreichen Glauben fassen. Das Wort Joh. 8,36. ist noch nicht an ihm erfüllt: wen der Sohn frei macht, der ist recht frei. Er steht noch nicht in dem seligen Zustand, worin diejenigen standen, die Paulus Röm. 7,4. Brüder nennt, und von denen er sagt: ihr seid getödtet dem Gesetz durch den Leib Christi, dessen Tod ihr euch zueignet, daß ihr eines Andern seid, nämlich deß, der von den Todten auferwecket ist, auf daß ihr Gott Frucht bringet. Daß es noch nicht so weit mit dem Menschen, den Paulus Röm. 7,25. redend einführt, gekommen sei, erhellt daraus, daß er ihn in eben diesem Vers noch sagen läßt: so diene ich nun mit dem Gemüth dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde. Ganz anders lautet die Sprache im folgenden Kapitel, in welchem der eigentliche Gnadenstand eines Christen, der nicht mehr unter dem Gesetz ist, beschrieben wird. So ist nun nichts Verdammliches, sagt Paulus V. 1.2., an denen, die in Christo Jesu sind, die nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist, denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christo Jesu, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes; und V. 9.: ihr seid nicht fleischlich, sondern geistlich, so anders Gottes Geist in euch wohnet.

Wir lernen hieraus, daß ein Mensch bei den unkräftigen Vorsätzen und bei den Anstrengungen seiner durch das Gewissen erregten Seelenkräfte, die Röm. 7. beschrieben werden, nicht stehen bleiben soll, wie er dann, wenn er nicht weiter fortrückte, entweder in die Verzweiflung oder in einen neuen Leichtsinn fiele. Er soll nach dem Gnadenstand streben, der Röm. 8. beschrieben ist. Es soll mit ihm so weit kommen, daß man von ihm sagen könne, die Sünde werde über ihn nicht herrschen können, weil er nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sei. Sind wir aber schuldig, Gott für jeden Glaubensblick auf Jesum Christum zu danken, so sollen wir noch mehr für den völligen evangelischen Gnadenstand danken.

Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.

1.Aus Gnaden darf ich singen
Und meiner Lippen Frucht
Dem HErrn zum Opfer bringen,
Der Dank für Gnade sucht.
Ja Jesu, Dein Versühnen
Macht, daß wir uns erkühnen,
Sonst blieben wir verflucht.

2.HErr, laß es Dir gefallen,
Was ich durch Jesum bring‘;
Auch nur ein kindlich Lallen
In Ihm ist köstlich Ding.
Der Werth liegt im Versühnen,
Nicht aber im Verdienen,
Wenn ich Dein Lob besing‘.

3.Stimm‘, Glaube deine Lieder
Denn nur in Christo an,
Fall‘ froh mit Danken nieder
Und rühm‘, was Gott gethan;
Ja rühme das Versühnen,
Wodurch du Gott darfst dienen,
Der selig machen kann.

4.Das Volk, mit Blut getaufet,
Dankt selbst aus diesem Ton:
Das Lamm hat uns erkaufet,
So schallt es vor dem Thron;
Der Grund des Lobs bei ihnen
Ist einzig das Versühnen.
Dank sei Gott durch den Sohn!

1. Dezember. Abend-Andacht.

Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um Meinetwillen schmähen und verfolgen. Matth. 5,11.

Schon damals, da der HErr Jesus die Bergpredigt hielt, welches bald nach dem Anfang Seines öffentlichen Lehramts geschah, standen die Menschen in der Gefahr, um Seinetwillen geschmähet und verfolgt zu werden, denn Er hatte Sich zu Jerusalem durch Seinen Eifer, womit Er die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel getrieben hatte, und durch die mißverstandene Rede von dem Abbrechen und Aufrichten des Tempels verhaßt gemacht, Joh. 2., und in der Bergpredigt selber zu vieler Leute Erstaunen öffentlich gesagt: es sei denn eure Gerechtigkeit besser, denn die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so könnet ihr nicht in’s Himmelreich kommen. Wenn sich also einige Leute zu Ihm hielten, so konnte man sagen: diese sind Anhänger desjenigen, der zu Jerusalem hat ein Reformator sein wollen, und die Hohenpriester und den Hauptmann des Tempels dadurch beschimpft hat, daß er den Jahrmarkt zerstört hat, den dieselben geduldet und gebilligt haben; und diese halten es mit dem Mann, der die Gerechtigkeit der Schriftgelehrten und Pharisäer, welche die Frömmsten im Volk sind, öffentlich verworfen hat. Hernach kam’s mit dem Haß und der Schmach noch weiter, wie allen verständigen Christen bekannt sein kann.

Zu unserer Zeit kann man mitten unter den Christen um Christi willen geschmähet und verfolgt werden, wenn man nämlich wie Er wider das ungöttliche Weltwesen und die alten sündlichen Gewohnheiten, welche von der Welt privilegirt sind, eifert, und wenn man sowohl mit Worten als auch durch einen vorsichtigen und heiligen Wandel offenbart, daß man die falsche Gerechtigkeit unbekehrter Christen verwerfe, oder wenn man durch einen lebendigen und thätigen Glauben die Welt verdammt, wie von Noah Hebr. 11,7. gesagt wird. Wer dieses thut, wird von der Welt geschmähet und verfolgt, weil man ihm entweder eine Ketzerei oder wenigstens einen Mangel der Liebe und Klugheit und böse Absichten beimißt. Daß aber dieses eine alte Weise sei, kann man aus dem Buch der Weisheit lernen, wo Kap. 2. den Gottlosen diese Rede in den Mund gelegt wird: lasse uns auf den Gerechten lauern, denn er macht uns viel Unlust, und setzet sich wider unser Thun, und schilt uns, daß wir wider das Gesetz sündigen, und rufet aus unser Wesen für Sünde. Er gibt vor, daß er Gott kenne, und rühmet sich, Gottes Kind (zu sein, und) strafet, was wir im Herzen haben. Er ist uns nicht leidlich auch anzusehen, denn sein Leben reimet sich nicht mit den Andern, und sein Wesen ist gar anders. Er hält uns für untüchtig, und meidet unser Thun als einen Unflath. Selig sind diejenigen, die auf diese Weise um Christi willen geschmähet und verfolgt werden, und was wäre mehr zu wünschen, als daß es viele solche lautere und standhafte Christen gäbe, deren Leben sich in keinem Stück mit dem Leben der Maulchristen reimte, und deren Wesen gar anders wäre, als das Wesen der Welt. Wehe aber denjenigen, die sich der Welt gleich stellen und dadurch gefällig machen, die um des Bauches willen heucheln, und schweigen, wo sie zeugen sollten, und lächeln und bejahen, wo sie weinen und bestrafen sollten. Solche Leute verfehlen oft bei der Welt ihren Zweck wie Bileam, und ziehen sich überdieß die Ungnade des großen Gottes zu.

Mel.: Wer nur den lieben Gott etc.

1. Laßt nur die Leute auf uns schmähen,
Wenn uns der HErr doch selig spricht;
Er wird uns für den Lohn schon stehen,
Wenn’s nur in Seinem Dienst geschicht;
Seid nur getrost und seid noch froh:
Im Himmel geht es nicht mehr so.

2. Mein HErr! bewahre mich in Gnaden,
Daß Jener Schmähung Lüge bleibt;
So kann mir keine Zunge schaden,
Ob sie mich aus der Welt vertreibt;
Sie jagt mich nur zum Himmel hin,
Worin ich schon verbürgert bin.

3. Es ist doch einem Christen Ehre,
Um Dich, mein HErr, geschmäht zu sein;
Dein Kreuz, Dein Reich und Deine Lehre
Will gar dem Sinn der Welt nicht ein;
Und wenn sie uns nicht von sich trieb‘,
So hätte sie das Ihre lieb.

4. Die Seligkeit, die Du versprochen,
Ersetzt so reich den Menschenruhm;
Und wenn Dein Tag einst eingebrochen,
So kehrst du erst die Schande um,
Daß sich vor Deinem Richterfuß
Der Schwarm der Feinde schämen muß.

5. Ja schmäht man noch auf mein Gebeine,
Ein Todter hört nicht Lob noch Schmach;
Ich weiß doch, daß noch einst erscheine,
Was uns Dein wahrer Mund versprach.
Nur dieß verlang‘ ich: sprich mir Du
Die Seligkeit aus Gnaden zu!

2. Dezember. Morgen-Andacht.

Gott, da Er wollte den Erben der Verheißung überschwenglich beweisen, daß Sein Rath nicht wanke, hat Er einen Eid dazu gethan, auf daß wir durch zwei Stücke, die nicht wanken (denn es ist unmöglich, daß Gott lüge), einen starken Trost haben. Hebr. 6,17.18.

Wer in den Fußstapfen des Glaubens Abrahams wandelt, ist ein Erbe der Verheißung, die Gott dem Abraham gegeben hat, daß durch seinen Samen alle Völker auf Erden gesegnet werden sollen. Diese Verheißung geht nämlich alle Glaubigen an, sie mögen nach dem Fleisch von Abraham abstammen oder nicht, und wird an ihnen erfüllt, wie Paulus Röm. 4. und Gal. 3. ausführlich behauptet. Der Rathschluß Gottes, welcher in dieser Verheißung ausgedrückt ist, wanket nicht, und wenn Gott dieselbe Verheißung nur geradezu ohne weitern Beisatz ausgesprochen hätte, so wäre sie als ein Wort Gottes wahr und gewiß, weil es unmöglich ist, daß Gott lüge. Gott aber, der die Herzen der Menschen kennt, und weiß, daß ein furchtsamer Unglaube in ihnen steckt, ist durch einen Eid gleichsam in’s Mittel getreten, und hat 1 Mos. 22,16. u.ff. gesagt: Ich habe bei Mir selbst geschworen, spricht der HErr – daß Ich deinen Namen segnen und mehren will – und durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden. Er hat dieses gethan, auf daß wir durch zwei Stücke, die nicht wanken, nämlich durch den Ausspruch des unveränderlichen und wahrhaftigen Gottes, und zugleich durch den beigefügten Eid einen starken Trost haben, daß wir nämlich durch den Glauben, ohne Verdienst der Werke, unfehlbar die Gesegneten des HErrn, der Himmel und Erde gemacht hat, werden und bleiben, und auch am jüngsten Tag als solche vom HErrn Jesu aufgerufen werden sollen, das von Anbeginn bereitete Reich zu erben. Es gibt noch mehrere Sprüche, in welchen ein göttlicher Eid enthalten ist, nämlich alle diejenigen, worin Gott sagt: so wahr Ich lebe , oder: Ich schwöre bei Mir selbst, oder: wahrlich, wahrlich. Alle solche Sprüche enthalten unwiderrufliche und höchstwichtige Aussprüche Gottes. Gott hat Sich in denselben durch den Eid, den Er Seinen Worten beifügt, zu der menschlichen Schwachheit herabgelassen, aber auch dadurch angezeigt, daß Er solche Worte geglaubt haben wolle, und daß der Unglaube in Ansehung derselben eine doppelte Sünde sei. Die Menschen schwören bei einem Größern, denn sie sind, und der Eid macht ein Ende alles Haders, dabei es fest bleibet unter ihnen, V. 16. Also sollte auch der göttliche Eid bei den Menschen ein Ende alles Zweifels machen, und sie in eine ruhige Zuversicht und friedsame Hoffnung versetzen. Nur muß man, wenn man die Verheißung, das ist die Erfüllung der Verheißung, erlangen will, der Geduld nicht vergessen, V. 15. Abraham mußte bis in’s hundertste Jahr seines Lebens Geduld haben, bis er einen Sohn von der Sarah bekam. Mit diesem kleinen Anfang der Erfüllung derjenigen Verheißungen, die ihm Gott wegen eines Samens gegeben hat, mußte er aber sein Leben lang geduldig vorlieb nehmen; ja er mußte noch in der unsichtbaren Welt warten, bis durch Christum die völlige Erfüllung anbrach. So müssen wir’s auch machen. Wir müssen nicht verdrossen sein, sondern Nachfolger derer, die durch Geduld und Glauben die Verheißung ererben.

Mel.: Nun ruhen alle Wälder.

1. Flieht, zweifelnde Gedanken,
Weil Gottes Rath nicht wanken
Und Gott nicht lügen kann.
Er selbst verheißt uns Leben,
Und daß Er’s werde geben,
Hat Er den Eid dazu gethan.

2. Umsonst ist jetzt, sich grämen,
Wir dürfen Zuflucht nehmen,
Wir haben starken Trost;
Gott läßt, Gott heißt uns hoffen,
Das Leben steht uns offen;
Wer glaubt denn noch, daß Gott verstoßt?

3. O wie sind das den Blöden
So gnadenreiche Reden,
O Gott, wie tröstest Du!
Du wehrst dem Lügenteufel
Und unsers Herzens Zweifel,
Und schwörest uns das Leben zu.

4. Gott, von belebten Zungen
Sei Dir ein Lob gesungen;
HErr, davon leben wir.
Wir preisen diese Gnade,
Die zu dem letzten Grade
Der Wahrheit stieg, und danken Dir.

5. Das heißt herabgelassen:
Bis Sünder Dein Wort fassen,
Schwörst Du, wie Menschen thun;
Dein Wort war schon zulänglich,
Der Eid ist überschwenglich.
HErr, sei gelobt, wir glauben nun!

2. Dezember. Abend-Andacht.

Siehe da, Ich und die Kinder, welche Mir Gott gegeben hat. Hebr. 2,13.

Paulus hatte V. 10. von Christo gesagt, daß Er schon viele Kinder als der Herzog ihrer Seligkeit zur Herrlichkeit eingeführt habe. Er beschreibt Ihn aber hernach nicht als den Vater dieser Kinder, sondern als den Erstgebornen unter vielen Brüdern, und sagt: sintemal sie Alle von einem (Abraham, Noah, Adam) kommen, beide, der da heiliget, und die da geheiliget werde, darum schämt Er Sich nicht, sie Brüder zu heißen, und spricht, Ps. 22,23.: Ich will verkündigen Deinen Namen Meinen Brüdern, und mitten in der Gemeine Dir lobsingen. Und abermal, Jes. 8,17.: Ich will als ein Mensch, der sich zu seinen menschlichen Brüdern hält, Mein Vertrauen auf Dich setzen, und abermal, Jes. 8,18.: siehe da, Ich und die Kinder, welche Mir Gott gegeben hat. Der HErr Jesus ist als der Erstgeborne unter vielen Brüdern der König und der Priester in dem Haus Gottes, oder im höchsten Verstand der Oberste im Opfer und der Oberste im Reich, wie es Ruben, der erstgeborne Sohn Jakobs, unter seinen Brüdern vorbildlich hätte sein sollen, 1 Mos. 49,3., darum nennt Ihn der Apostel den Herzog oder Heerführer zur Seligkeit, und sagt, daß Er schon viele Kinder Gottes, die Er Seine Brüder nenne, als ihr Fürst und König zur Herrlichkeit geführt habe. Er sagt aber auch, daß Er sie heilige; denn der Erstgeborne mußte in den ältesten Zeiten nach Gottes Ordnung auch der Priester sein, der seine Brüder durch sein Opfer heiligte.

Dem Messias also wird Jes. 8. die Rede an Seinen himmlischen Vater zugeschrieben: binde zu das Zeugniß des Evangeliums, versiegle das Gesetz für Meine Jünger, daß es für sie eine gute Beilage, andern aber verschlossen sei, s. Matth. 11,25. Denn Ich hoffe auf den HErrn, der Sein Antlitz verborgen hat vor dem Haus Jakob, und es in der Finsterniß dahin gehen läßt: Ich aber harre Sein, und hoffe, Er werde doch aus den Uebrigen dieses Volkes eine christliche Kirche entstehen lassen. Nun sah aber der Messias die Kirche, nun erblickte Er die Jünger, von denen Er V. 16. geredet hatte, und sagte deßwegen: siehe, hier bin Ich und die Kinder, die Mir der HErr gegeben hat, zum Zeichen und Wunder in Israel vom HErrn Zebaoth, der auf dem Berg Zion wohnet. Wenn es also unter dem Christenvolk, wie ehemals unter dem Volk Israel, sehr elend aussieht, und das Evangelium keine oder wenig Frucht zu bringen scheint, so sollen wir, wie Christus selbst im Stand Seiner Erniedrigung gethan hat, auf den HErrn harren, der Seinem Sohn eine große Menge zur Beute zu geben versprochen hat, oder der Ihm Kinder gibt, die Er als Seine Brüder dem Vater darstellt. Wenn man die tiefe Verderbniß der menschlichen Natur und den Grimm und die List der bösen Engel ansieht, so kann man solche Kinder Gottes für ein Zeichen und Wunder ansehen. Sie sind aber eben deßwegen dem himmlischen Vater und Seinem Sohn sehr lieb und werth. Der Vater gibt sie dem Sohn, und der Sohn stellt sie dem Vater dar als Sein und des Vaters Eigenthum. Der Sohn Gottes pranget gleichsam fröhlich mit ihnen, und sagt deßwegen: siehe! denn sie sind die Heiligen und Herrlichen, an denen Er alles Wohlgefallen hat, Ps. 16,3. Wohl dem, der unter sie gerechnet werden kann!

Mel.: Mein’s Herzens Jesu.

1.Erzherzog uns’rer Seligkeit!
Gott hat uns Dir gegeben;
In Dir ist uns das Heil bereit‘,
Aus Dir ist unser Leben;
Seitdem Gott Dich, Du großer Hirt,
Durch’s Blut von Todten ausgeführt,
Führst Du uns zu dem Vater.

2.Hier bin Ich, sprichst Du, und mit Mir
Die Mir gegeb’nen Kinder;
Ich bin der Sohn, sie sind von Dir
Mit Blut gewasch’ne Sünder;
Laß sie an Meiner Herrlichkeit,
Die Mich auf Deinem Thron erfreut,
Auch Theil und Wonne haben.

3.Mein HErr! wie groß ist dieser Ruhm,
Daß du uns Kinder nennest,
Und als Dein liebes Eigenthum
Uns selbst vor Gott bekennest.
So unbegreiflich dieß mir ist,
So sagst es Du, HErr Jesu Christ,
Ich darf’s in Demuth glauben.

4.Ich sterbe d’rauf, auch ich sei Dir
Vom Vater übergeben;
Und ist kein Leben mehr in mir,
Werd‘ ich durch Dich doch leben.
Stell‘ mich auch Deinem Vater hin,
Daß ich mit Dir ein Erbe bin,
Und zeige mir den Vater!

3. Dezember. Morgen-Andacht.

Sie ließen den Gichtbrüchigen hernieder auf einem Bettlein mitten unter sie vor Jesum. Luk. 5,19.

Was Jes. 26,16. überhaupt von den nothleidenden Menschen gesagt wird: HErr, wenn Trübsal da ist, so sucht man Dich, und wenn Du sie züchtigest, so rufen sie ängstlich, gilt insonderheit von den Kranken; wie denn durch keine Trübsal dem Menschen der Genuß der fleischlichen Ergötzlichkeit so sehr abgeschnitten und der sehr wichtige Uebergang in die Ewigkeit so eindrücklich wird, als durch Krankheiten. Wenn nun Jemand unter uns krank wäre, und wüßte, daß der HErr Jesus noch irgendwo sichtbar wäre, wie Er’s im Stande Seiner Erniedrigung gewesen ist: was würde man thun? Man würde Jemand zu Ihm schicken, und Ihn bitten lassen, daß Er käme und den Kranken gesund machte, oder man würde den Kranken selber zu Ihm hintragen, wie es dem Gichtbrüchigen geschah. Diesen trugen vier Männer in seine Bettlein in das Haus, worin Jesus zu Kapernaum war. Als sie aber dahin kamen, fanden sie, daß nicht nur der Hof vor der Hausthüre voll Menschen war, sondern daß noch Andere, welche der Hof nicht fassen konnte, außer demselben standen. Da sie also zu Jesu, der ohne Zweifel in diesem Hof nahe bei der Hausthüre saß und die Leute lehrte, nicht hinnahen konnten, stiegen sie durch eine Stiege, die außen, und vielleicht hinten am Haus war, auf das flache und mit Ziegeln bedeckte Dach, deckten es am Rand auf, um das Geländer des Daches, 5 Mos. 22,8., aufzugraben und wegzuthun, und ließen alsdann den Gichtbrüchigen mit dem Bettlein durch die Ziegel, die dort aufgehäuft waren, unter die Leute, die im Hof standen, vor Jesum hinab. Auf diese Weise wird es begreiflich, wie diese Sache habe geschehen können, denn wenn sie die Decke einer Stube aufgedeckt hätten, so wäre Jedermann, der in der Stube war, mit Schutt bedeckt worden. aus dieser Handlung leuchtet die große Begierde des Gichtbrüchigen nach Jesu heraus, es leuchtet aber auch die Treue seiner Träger gegen ihn, und ihr Glaube an Jesum heraus; denn wenn sie jene und diesen nicht gehabt hätten, so hätten sie nicht so viele Mühe angewende3t. Es war freilich auch eine Dreistigkeit dabei, weil an dem Dach etwas verdorben wurde; allein das Zutrauen zu der bekannten Gütigkeit Jesu, dessen Haus es war, bewog sie zu dieser Dreistigkeit.

Jetzt ist Jesus nicht mehr sichtbar in einem Hof oder Haus, daß man einen Kranken zu Ihm dorthin tragen könnte: Er ist aber bei den Seinigen alle Tage bis an der Welt Ende. Er ist nahe denen, die Ihn anrufen, denen, die Ihn mit Ernst anrufen. Er thut, was die Gottesfürchtigen begehren, Er höret ihr Schreien, und hilft ihnen. Zwar macht Er jetzt nicht einen jeden Kranken, der Ihn bittet, oder für den gebeten wird, gesund, wie Er’s in den Tagen Seines Fleisches that, da es zur Offenbarung Seiner Herrlichkeit nöthig war: doch macht Er auch Viele durch ordentliche Mittel wieder gesund; noch lieber aber vergibt Er den Bußfertigen und Glaubigen ihre Sünden, und offenbart Sich ihren Seelen als ihr Licht und Leben, Arzt und Tröster. Endlich ist dieses die größte Hülfe, wenn Er sie in den Himmel aufnimmt, wo Er sie mit ewigem Leben sättigt, und ihnen Sein Heil völlig zeigt.

Mel.: O Durchbrecher aller Bande. 1. Angenehmes Krankenbette,
Das zu Jesu Füßen liegt!
Dieß, dieß ist die rechte Stätte,
Wo man die Gesundheit kriegt;
Denn das ist das wahre Leben,
Wenn Er in die Herzen spricht:
Deine Sünden sind vergeben;
Da erschreckt das Sterben nicht.

2. HErr, wir danken Deiner Treue,
Auf dem Lager sprichst Du an,
Wirkst im Innern eine Reue,
Welche nicht gereuen kann,
Wirkst ein Sehnen bei den Schmerzen
Um Erlösung durch Dein Blut,
Wirkst den Glauben in dem Herzen,
Daß es in der Gnade ruht.

3. Dir sei Ruhm, Du Arzt der Seelen,
Du hast zum Vergeben Macht,
Du läßt’s nie dem Glauben fehlen,
Und Dir wird der Dank gebracht.
Willst Du, daß ich auch soll liegen,
Lege mich nur Dir zu Fuß,
Weil ich da nur Gnade kriegen
Und von dieser leben muß.

3. Dezember. Abend-Andacht.

Ich sage also: daß eine ewige Gnade wird aufgehen, und Du wirst Deine Wahrheit treulich halten im Himmel. Ps. 89,3.

Wie diese Worte erfüllt worden seien, lehrt das Neue Testament deutlich. Das Gesetz ist durch Moses gegeben, die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum worden, Joh. 1,17. Das Wort, welches Fleisch geworden ist, war voll Gnade und Wahrheit, V. 14. Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen, Tit. 2,11. Jesus Christus ist ein Diener der Beschneidung gewesen, oder hat im Stand Seiner Erniedrigung dem Volk Israel gedient, um der Wahrheit Gottes willen, zu bestätigen die Verheißung den Vätern geschehen, Röm. 15,8. Ps. 89. wird diese Gnade und Wahrheit Gottes in der Absicht auf Christum, welcher V. 21. David genannt wird, mannigfaltig und hoch gepriesen, und derselben in der Verbindung mit dem Königreich Jesu Christi eine ewige Festigkeit zugeschrieben. Eine ewige Gnade, sagt der Prophet Ethan, wird aufgehen oder aufgebaut werden, wenn Christus, dessen Thron fest gebaut und ewig sein soll, V. 5.30., erscheinen wird. Diese ewige Gnade wird in dem Neuen Testament die Gnade Jesu Christi genannt. Sein Thron ist ein Thron der Gnade, Hebr. 4,16. Indem Er als König auf Seinem Thron sitzt, sind Gnade und Wahrheit vor Seinem Angesicht, Ps. 89,15., und begegnen gleichsam denjenigen, die zu Ihm nahen. Doch könnte Sein Thron kein solcher Gnadenthron sein, wenn nicht Gerechtigkeit und Gericht desselben Festung oder fester Grund wäre. Er hat nämlich die ewige Gerechtigkeit gebracht, Dan. 9,24. Er hat als ein Gerechter die Menschen rechtmäßig erlöset, und Seine Erlösung ist gerichtlich von Gott für gültig erkannt worden. Er hat als der Mittler zwischen Gott und den Menschen so viel geleistet, daß nun denjenigen, die an Ihn glauben, rechtmäßig Gnade widerfahren und gerichtlich zuerkannt werden kann. Eben dieses aber gibt der Gnade eine ewige Festigkeit, und verursacht, daß wider sie nichts eingewendet werden kann, wie Paulus Röm. 8,33.34. deutlich behauptet. Gleichwie nun eine ewige Gnade durch Christum aufgebaut ist, zu welcher die Sünder, die auf Erden wohnen, ihre Zuflucht nehmen sollen, also hat Gott im Himmel Seine Wahrheit treulich gehalten oder bestätigt, da Er Seinen eingebornen Sohn gab, daß Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Er hat, da Er Seinen Sohn in die Welt sandte, gethan, wie Er vor Zeiten geredet hatte durch den Mund Seiner heiligen Propheten, und gedacht an Seinen heiligen Bund, und an den Eid, den Er dem Abraham geschworen hatte, Luk. 1,70.72.73. Und noch jetzt, ja in Ewigkeit sind alle Verheißungen Gottes Ja und Amen in Christo, 2 Kor. 1,20., das ist, sie werden um Christi willen an den Glaubigen und Auserwählten erfüllt. Was ist nun zu thun? Ethan sagt V. 16. u.ff.: wohl dem Volk, das jauchzen kann; HErr, sie werden im Licht Deines Antlitzes wandeln, sie werden über Deinem Namen täglich fröhlich sein, und in Deiner Gerechtigkeit herrlich sein u.s.w. Wenn auch eine trübselige Zeit vorhanden ist, dergleichen diejenige war, die V. 39-52. beschrieben ist, so darf man zu der Gnade und Wahrheit Gottes seine Zuflucht nehmen, da dann das Ende immer dieses sein wird: gelobet sei der HErr ewiglich. Amen. Amen.

Mel.: Mein Gott, das Herz etc. 1. Die Gnade muß doch ewig sein,
Die Wahrheit doch gewiß,
Bräch‘ auch des Himmels Feste ein,
Daß Gott sie fallen ließ‘.

2. Gott ist kein Mensch, den etwas reut,
Und Sein Wort bricht Er nie;
Die Gnade dau’rt nicht kurze Zeit,
Auf ewig währet sie.

3. Hat Er uns Gnade zugesagt,
So bleibt Er fest dabei;
Und wenn uns Furcht und Zweifel plagt,
So bleibt doch Er getreu.

4. Mein Herz! so lege dich getrost
Auf diese Gnade hin,
Daß Gott mich ewig nicht verstößt,
Weil ich in Jesu bin.

5. In Jesu liegt der Gnade Grund,
Da nimmt der Glaube Theil;
Mein Heiland, an dem Kreuz verwund’t,
Macht meine Seele heil.

6. O Gnade! daß mein glaube dich
Recht herzhaft fassen könnt‘,
So lang, bis meine Seele sich
Von meinem Leibe trennt.

7. HErr! Deine Gnade mache mich
In mir recht arm und klein;
Denn nur in Dir allein kann ich
Erst groß und herrlich sein.

8. HErr! lasse nichts von mir gescheh’n,
Die Gnade sei denn mit;
Laß Deine Gnade mit mir geh’n
Bis in den letzten Schritt.

9. Kommt dann Dein großer Tag herbei,
Laß in dem Aufersteh’n,
Daß Deine Gnade ewig sei,
Mich auch im Himmel seh’n!

4. Dezember. Morgen-Andacht.

Meine Seele hanget Dir an, Deine rechte Hand erhält mich. Ps. 63,9.

Wenn es so zwischen Gott und dem Menschen steht, so steht es gut. Des Menschen Seele soll Gott anhangen durch das Vertrauen, das sie auf Ihn setzt, und die ehrerbietige, begierige und folgsame Liebe gegen Ihn, und wenn dieses geschieht, so wird die rechte Hand Gottes den Menschen in allen Gefahren, ja im Tod selbst erhalten. Der Mensch hat selber die rechte Hand nicht, die ihn erhalten könnte, ob er sich wohl zuweilen einbildet, sie zu haben und deßwegen geschäftig genug ist, sich eigenmächtig zu rathen und zu helfen: allein seine Pflicht ist, nur dem HErrn anzuhangen und dabei zu thun, wozu ihn Gott durch Seinen Geist antreibt, und zu leiden, was Sein Rath verhängt hat. Wenn der Mensch dieses thut, so wird Gott nie unterlassen, Seine rechte Hand, das ist Seine überschwengliche Kraft zu seiner Erhaltung anzuwenden. Es gibt viele gottesdienstliche Uebungen, welche nicht an Einem fort währen können. Man kann nicht an Einem fort mit dem Munde beten und singen, oder Gottes Wort mit den Ohren hören und mit den Augen lesen; aber das Anhangen an dem HErrn kann und soll Tag und Nacht, in der Einsamkeit und unter den Geschäften, bei dem wirklichen Angedenken an Gott und in Minuten, darin man wegen anderer Bemühungen nicht an Ihn denken kann, fortwähren. Die Seele soll ihr Vertrauen zu Gott, ihr Verlangen nach Ihm, ihr Bestreben, Ihm zu gefallen, nie verlieren, und wenn wir es nach der Sprache des Neuen Testaments ausdrücken wollen, welche viel mehr sagt, als Davids Ausspruch, so soll sie dem HErrn so anhangen, daß sie immer Ein Geist mit Ihm sei, 1 Kor. 6,17. Wie nöthig ist aber die Wachsamkeit, bei welcher man Alles schnell beobachtet und Allem ausweicht, was vom HErrn abführen kann? Wie viele scheinbare Beredungen des Teufels, wie viele unschuldig scheinende, aber doch schädliche Lüste des Fleisches, und wie viele böse Eindrücke von der Welt, die schrecken und locken kann, und mit einer falschen Gerechtigkeit, oft aber auch mit einem scheinbaren Glück prangt, werden bei derselben entdeckt, da dann auf die Entdeckung immer eine neue Enthaltung oder eine Flucht folgen, und der lautere Sinn des Christen sagen muß: das lasse der HErr ferne von mir sein. Wer aber nicht wacht, und wenn die Gefahr entdeckt ist, nicht flieht, fällt von einer Sünde in die andere, weicht von dem HErrn, verläßt Seine Gnade, entfällt aus seiner Festung, beredet sich, er sei noch Etwas, weil er das Angedenken des vorigen Gnadenstandes und die fromme Sprache noch hat, ist aber ein zweimal erstorbener Baum, und das Letzte ist mit ihm ärger, denn das Erste. Wenn er aber endlich merkt, daß er abgewichen sei, und alsdann über das rechtschaffene Wesen, und diejenigen, die darin stehen, spottet, so ist er beinahe unheilbar und dem Fluch nahe. Wie nöthig ist’s also, daß man immer redlich zu Gott sagen kann: meine Seele hanget Dir an; denn man wird alsdann immer auch dasjenige erfahren, was David hinzu gesetzt hat: Deine rechte Hand erhält mich. Der HErr, der Allmächtige, der nicht müde noch matt wird, gibt Allen, die auf Ihn harren und Ihm anhangen, von Zeit zu Zeit neue Kraft, und läßt Niemand sie aus Seiner Hand reißen. Er erhält sie, wenn sie fallen, richtet sie auf, wenn sie niedergeschlagen sind, behütet sie in Gefahren, und erlöset sie endlich aus allem Uebel. Nun HErr, wessen soll ich mich außer Dir trösten? Meine Seele hanget Dir an: Deine rechte Hand erhalte mich.

Mel.: Schwing dich auf zu etc. 1. Meine Seele hängt Dir an,
Du bist’s, HErr der Seelen,
Der sie an Sich halten kann,
Außer dir wird’s fehlen.
Alle Seelen sind ja Dein,
Soll denn ihr Verlangen
Nicht an Dir, o HErr, allein
Unabtrennlich hangen?

2. Zwar Du hättest
Recht an mich,
Mich von Dir zu werfen,
Daß ich ferner mich an Dich
Nicht sollt‘ hängen dürfen.
Aber Jesus hat das Band
Wieder fest gebunden,
In Ihm hat die Glaubenshand
Ihren Halt gefunden.

3. Wohl mir, wenn ich mich an Dich
In Ihm wieder hänge,
Denn in Christo fasse ich
Eine Gnadenmenge.
Weh‘ mir, wenn ich außer Dir
Sonst an etwas klebe;
Wenn ich Ihn und Dich verlier‘,
Wer macht, daß ich lebe?

4. Nun der Gnade, die mich zieht,
Mich an Gott zu halten,
Singt mein Herz ein dankbar Lied,
Bis es wird erkalten.
Ziehe mich zum Himmel ein
Einst auch aus der Erden,
Da wird Gott mein Heil allein
Und mein Lobpsalm werden.

4. Dezember. Abend-Andacht.

Wird sind Gott versöhnt durch den Tod Seines Sohnes, da wir noch Feinde waren. Röm. 5,10.

Es gibt Leute, welche keine andere Versöhnung mit Gott glauben wollen, als diejenige, welche durch die Sinnesänderung oder Bekehrung der Menschen geschieht, weil diese alsdann aufhören, Feinde Gottes zu sein. In Gott aber, sagen sie, war immer eine Liebe gegen die Menschen. Also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab. Auf Seiner Seite also war keine Versöhnung nöthig. Wenn man mit Jemand versöhnt wird, so wird man mit einem Feind versöhnt, damit derselbe seine Feindschaft ablege, Gott aber war die der Menschen Feind. Allein wer so denkt, stellt sich diese ganze Sache verkehrt vor, verleugnet da Hohepriesterthum Christi, wobei Er etwas Großes für die Menschen gegen Gott leistete, Hebr. 5,1. ff., und widerspricht den deutlichsten Zeugnissen der heiligen Schrift, welche sagen, daß Christus für unsere Sünde gestorben, daß Er ein Fluch für uns worden sei, daß Er unsere Sünde getragen habe, daß Er uns mit Seine Blut erkauft habe u.s.w. Es ist auch nicht zu begreifen, warum Christus so ungemeine Seelen- und Leibesleiden übernommen habe, wenn sie keine versöhnende oder verdienstliche Kraft gehabt haben, denn zur Darstellung eines guten Beispiels oder zur Bestätigung Seiner Lehre war dieser Aufwand gar zu groß. Paulus sagt Röm. 5,10.: wir sind Gott versöhnt durch den Tod Seines Sohnes, da wir noch Feinde waren. Er verbindet also die Versöhnung, von welcher er redet, nicht mit der Bekehrung, und schreibt sie nie dem Wort Gottes oder den Wundern und der Auferstehung Jesu, sondern nur Seinem Tode zu, und sagt, er und die Römer und andere Leute seien Feinde Gottes gewesen, da sie Gott durch den Tod Seines Sohnes versöhnt worden seien. In dem Augenblick also, da Jesus am Kreuz starb, sind wir Gott versöhnt worden. Wenn wir diese große Wahrheit glauben, so haben wir nicht nöthig, dafür zu halten, daß Gott vorher unser Feind gewesen sei. Genug ist’s, daß wir Gottes Feinde waren, Gott aber unser HErr und Richter ist, und uns nicht anders als auf eine geziemende Weise hat begnadigen können. Gott steht nicht in demjenigen Verhältniß gegen uns, in welchem ein Mensch gegen einen Menschen steht. Gott hat hohe Rechte über uns. Auch war bei Ihm keine Sinnesänderung nöthig. Es war nicht nöthig, Ihn zur Ablegung einer Feindschaft zu bewegen; aber dieses war nöthig, daß Christus im Namen aller Menschen so viel leistete, daß Er diesen Seinen Feinden ohne Nachtheil Seiner Ehre und ohne Verletzung Seiner Gerechtigkeit, welche ihnen mit dem Tod gedrohet hatte, wieder Gnade durch das Evangelium anbieten könnte. Da Christus dieses geleistet hat, hat Er uns Gott versöhnt. Ihm sei Dank dafür!

Mel.: Christus, der ist mein Leben. 1. HErr Gott! nach Deinen Rechten
Gebührte uns der Tod,
Der ist sündhaften Knechten
Durch Dein Gesetz gedroht.

2. Es kam Dein Sohn zu ihnen,
Das Heil der armen Welt,
Mit Dir sie zu versöhnen,
Blut war Sein Lösegeld.

3. Was Dein Gebot erheische,
Nahm Er als Mittler an,
Und hat in Seinem Fleische
Die Feindschaft abgethan.

4. Er trug Sein Blut, das reine,
Dir vor Dein Angesicht;
Auf dieß siehst Du alleine,
Und auf die Sünde nicht.

5. Mein Gott! in diesem Glauben
Mach‘ mir das Herz gegründ’t;
Laß mir dieß Wort nicht rauben,
Daß wir versöhnet sind.

6. So werd‘ ich feste bleiben,
So wird die finst’re Macht
Mich nicht von Jesu treiben,
Der mich zu Dir gebracht.

7. Laß, Jesu, Dein Versöhnen
Mir stets zum Antrieb sein,
Dir, meinem HErrn, zu dienen
Bis in den Tod hinein.

8. Es bleibe Dein Versöhnen
Mein Ruhm, so lang ich bin;
Wo Du mit Blut erschienen,
Bringt mich Dein Blut auch hin.

9. So freut mich Dein Versöhnen
Auch dort, o Gottes Sohn,
Wo Lebensholz wird grünen
Am Strom von Deinem Thron!

5. Dezember. Morgen-Andacht.

Wer thut’s und macht’s und ruft alle Menschen nach einander von Anfang her? Ich bin’s, der HErr, beides, der Erste und der Letzte. Jes. 41,1.

Der große Gott stellt Jes. 41. ein Verhör mit den Heiden an, welche bei dem Umsturz des jüdischen Reiches und der Zerstörung des Tempels zu Jerusalem sich ihrer Götzen rühmten und dem Gott Israels Hohn sprachen. Er sagt also, Er sei es, der den gerechten Abraham vom Aufgang erweckt, und ihm den Sieg über die vier morgenländischen Könige 1 Mos. 14. gegeben habe. Damals seien die Götzen der Heiden noch nicht gewesen, aber eben dieser außerordentliche Sieg, der weit erschollen sei, habe die Heiden veranlaßt, sich Götzenbilder zu machen, um durch sie geschützt und siegreich zu werden, V. 5.6.7. Hernach habe der HErr den Samen Abrahams, da er ein Volk war, erweckt und erwählt, und werde auch Seinen Vorsatz in Ansehung desselben behaupten und erfüllen, und ob Er gleich dieses Volk in die babylonische Gefangenschaft habe gerathen und unter die Heiden zerstreuen lassen, so wolle Er doch wieder etwas thun, das kein Götze oder Götzenpriester vorher verkündigen könne, Er wolle nämlich den König Cores von Mitternacht her erwecken, welcher Babel einnehmen und Israel aus der Gefangenschaft wieder los lassen werde, V. 8-25.

Dieses Alles ist auch in den Worten V. 54. zusammen gefaßt: wer thut’s und macht’s, und ruft alle Menschen nach einander von Anfang her? Ich bin’s, der HErr, beides, der Erste und der Letzte. Gott hat von Anfang Menschen gerufen und durch Sein Rufen gemacht. Er hat sie werden lassen, was sie sein sollten. Und so geht’s durch alle Zeiten fort. Wenn etwas Neues geschehen soll, so erweckt Er Menschen dazu. Wenn Er strafen oder wohlthun will, so macht Er, daß Menschen werden, welche Er als Werkzeuge brauchen kann. Er ist der Erste, oder der Schöpfer und Urheber der ersten Menschen, und bei den folgenden, ja bei den letzten Menschen ist Er auch wirksam. Er ruft sie auch, Er bildet ihre Geister und Leiber von ihrer Empfängniß an und braucht sie, wie Er will. Wir werden dadurch gewarnt, daß wir der menschlichen Kunst und Weisheit bei der Auferziehung und Bildung junger Leute nicht zu viel zuschreiben, und Gott allein die Ehre geben, wenn ein tauglicher Mensch entsteht; denn zu geschweigen, daß, weder der pflanzet, noch der begießt, etwas ist, sondern Gott, der das Gedeihen gibt, so gibt es Leute, die ihre Eltern und Lehrer übertreffen, und bei denen man also deutlich wahrnehmen kann, daß Gott sie zu demjenigen gemacht habe, was sie geworden sind. Lasset uns getrost sein. Wenn Gott der Kirche oder Polizei aufhelfen will, so kann Er Männer dazu rufen, wann Er will, und mit ihnen sein, daß sie ausrichten, was Er will. Er kann ihnen Sieg geben wie dem Abraham, und es ihnen wider mächtige Feinde gelingen lassen wie dem Cores. Wenn auch ein Mensch zu großen Thaten nicht berufen und tüchtig ist, so soll er doch ein lebendiges Glied an dem Leib Christi sein, und hat als ein solches auch seine besondere Gabe empfangen, mit welcher er wuchern und etwas Gutes zur Ehre Gottes ausrichten kann. Hiebei hat er nicht nöthig zu wünschen, daß sein Name und Thun in den menschlichen Geschichtsbüchern gelobt werde, denn dieses Lob ist eitel. Ihm kann’s genügen, wenn sein Name im Buch des Lebens steht, und ihm von dem Richter der Welt am Tage Seiner herrlichen Erscheinung Lob widerfährt.

Mel.: O Jesu, wann soll ich erlöset etc. 1. Wer thut es, wer macht es, wer rufet zum Werden
Den Menschen vom Anfang her immer auf Erden?
Der HErr ist’s, der erstmals den Einen gebild’t,
Und der mit den Letzten die Erde erfüllt.
Nach göttlichem Willen bin ich auch im Leben,
Nichts hab‘ ich, als was mir mein Schöpfer gegeben.

2. Nicht von Gott, von Adam kam alles Verderben;
Die Sünde ist unser, durch Sünde das Sterben.
Nun schaffet der Vater uns nochmals aus Nichts
Und macht uns in Christo zu Kindern des Lichts.
So hab‘ ich von Gott ein gedoppeltes Leben,
In beiden Ihm Ehre als Schöpfer zu geben.

3. Nun dank‘ ich Dir, Herrscher, mein menschliches Wesen,
Und daß ich in Christo ein Christ bin erlesen.
Vernunft und der Glaube sind Gaben von Dir,
Nun dankt Dir der Glaube in Christo dafür.
Erweck‘ mich das dritte Mal wieder zum Leben,
Dir Dank, Lob und Ehre im Himmel zu geben!

5. Dezember. Abend-Andacht.

Die Du Mir gegeben hast, habe Ich bewahret. Joh. 17,12.

Es ist lieblich, daß von denjenigen, die durch den Glauben an Jesum Gnade erlangen und selig werden, gesagt wird, sie seien Ihm von dem Vater gegeben. Jes. 8,18. sagt Er selbst: siehe, hie bin Ich, und die Kinder, die Mir der HErr gegeben hat. Jes. 53,12. aber sagt der Vater: Ich will Ihm eine große Menge zur Beute geben. Joh. 6,37. aber sagt der Sohn Gottes: Alles, was Mir der Vater gibt, das kommt zu Mir, und wer zu Mir kommt, den will Ich nicht hinausstoßen. Niemals aber hat Er öfter von diesem Geben geredet, als in Seinem Gebet Joh. 17., wie Er denn dessen V. 2.6.9.11.12.24. Meldung thut.

Damit wir aber nicht meinen, diejenigen, die der Vater Seinem Sohn gegeben hat, seien hernach nimmer des Vaters, sagt der Sohn V. 10. in der Absicht auf dieselben zu dem Vater: Alles, was Mein ist, das ist Dein, und was Dein ist, das ist Mein. Auf diese Worte des HErrn Jesu sind die Aussprüche der Apostel gegründet, in welchen sie sagen, daß die Glaubigen überhaupt Gottes herrliches Eigenthum und ein Volk des Eigenthums seien, 2 Thess. 2,14. Tit. 2,14. 1 Petr. 2,9. Wir können auch hieraus erkennen, wie hoch glaubige und treue Menschenseelen von Gott geachtet seien, weil der Vater sie dem Sohn für Sein tiefes und schweres Leiden zur Beute und zum Eigenthum gibt, und der Sohn daran Seine Lust sieht und Seine Begierden sättiget, Jes. 53,11.

Christus sagte am Ende Seines Laufes zu Seinem himmlischen Vater: die Du Mir gegeben hast, habe Ich bewahret, und legte dadurch die Rechenschaft ab wegen der Hirtentreue, die Er Seinen Jüngern bewiesen hatte. Er hatte sie bewahrt, aber freilich mit der Ausnahme des Judas Ischarioth, von dem Er sprach: es ist Keiner von ihnen verloren, ohne das verlorne Kind, daß die Schrift erfüllet würde. Die Uebrigen alle also hatte Er bewahrt, dieser Judas aber wurde nie recht bekehrt und konnte nicht bewahrt werden; und wenn man wegen seiner dem HErrn Jesu einen Vorwurf machen wollte, so antwortete Er, es sei in der heiligen Schrift geweissagt gewesen, daß Er einen Verräther haben, und derselbe anstatt des Segens den Fluch bekommen werde, Ps. 109. Indem Er aber von den übrigen Jüngern sagte, daß Er sie bewahrt habe, so setzte Er voraus, daß sie einen wahren Gnadenstand erlangt haben, daß aber derselbe von vielen Seiten her angefochten worden. Und fürwahr, neben den satanischen Anfällen und der innerlichen natürlichen Verderbniß konnte es sie erschüttern, wenn sie sahen, daß so viele vornehmen, gelehrte, gewaltige und fromm scheinende, aber auch viele arme und geringe Leute nicht glaubten, was sie glaubten, und daß das kleine Häuflein, das sie ausmachten, dem Haß und Spott der Welt bloß stand und nichts als Armuth und Ungemach vor sich sahe. Der Heiland bewahrte sie aber durch viele kräftige Lehren, Ermahnungen, Tröstungen, Warnungen und Bestrafungen, wie auch durch Sein Beispiel, das sie täglich vor sich sahen, und durch Anwendung einer unsichtbaren Macht, welche Er Joh. 10,28. Seine Hand nennt. Auch denen, die jetzt in der Gnade stehen, ist eine solche Bewahrung verheißen, s. Spr. 2,8. Joh. 10,28.29. 2 Thess. 3,3. 1 Petr. 1,5. Phil. 1,6. Man richte sich nur nach dem klaren Wort Gottes, und fürchte sich nicht. Derjenige ist treu und mächtig, der die Bewahrung verheißen hat.

Mel.: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende. 1. Mein Heiland! es ist Deine Sache,
Daß Du die Deinigen bewahrst
Und Deine Treue gegen Schwache,
Die in der Welt sind, offenbarst.
Das gibt mir Muth; ich glaube nun:
Du bist getreu, Du wirst es thun.

2. Ich kann wohl selber mich verlieren,
Mich selig machen kann ich nicht;
Du mußt allein zu Gott mich führen,
Sonst komm‘ ich ewig nicht zum Licht.
So führ‘ mich denn; ich glaube nun:
Du bist getreu, Du wirst es thun.

3. Bewahre mich vor allen Stricken,
Die Satan und die Welt mir legt;
Bewahr‘ mich vor geheimen Tücken,
Wenn meine eig’ne Lust sich regt.
Dieß schreckt mich oft; doch glaub‘ ich nun:
Du bist getreu, Du wirst es thun.

4. Den glauben stärk‘ bei Satans Pfeilen,
Die Liebe bei dem Haß der Welt,
Scheint Dein Erscheinen zu verweilen,
Gib, daß die Hoffnung Probe hält.
Bewahre mich, Dein bin ich nun:
Du bist getreu, Du wirst es thun.

5. Ich weiß, daß Du noch jetzt die Deinen,
Und mich beim Vater auch vertrittst,
Und bis Du herrlich wirst erscheinen,
Als der getreue Priester bitt’st.
Da schaut man Dich und betet an:
Du bist getreu, Du hast’s gethan!

6. Dezember. Morgen-Andacht.

So wir unsere Sünden bekennen, so ist Er getreu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt. 1 Joh. 1,9.

Johannes hat in seinem ersten Brief sehr ernstlich auf einen heiligen Wandel gedrungen und vor dem Sündigen gewarnt, und unter Anderem 1 Joh. 3,6.7.8.9. geschrieben: wer in Jesu Christo bleibet, der sündiget nicht; wer da sündiget, hat Ihn nicht gesehen noch erkannt. Kindlein, lasset euch Niemand verführen; wer recht thut, der ist gerecht, gleichwie Er gerecht ist. Wer Sünde thut, der ist vom Teufel, denn der Teufel sündiget von Anfang. Dazu ist erscheinen der Sohn Gottes, daß Er die Werke des Teufels zerstöre. Wer aus Gott geboren ist, der thut nicht Sünde, denn Sein Same bleibet bei ihm, und kann nicht sündigen, denn er ist aus Gott geboren. Hiemit beschreibt er einen befestigten Gnadenstand, wie er sich im Wandel zeigt, und ein andersmal faßt er Alles kurz zusammen, wenn er sagt, die Kinder Gottes sollen im Licht, in der Liebe und in der Wahrheit wandeln, gibt aber freilich auch Kap. 2,1. und 3,20. dieses als einen möglichen Fall an, daß ein Wiedergeborner sündige, und ihn alsdann sein Herz oder Gewissen verdamme. Dieser Fall ist eine leidige Ausnahme von der allgemeinen Regel, die Kap. 3,6-9. steht. Es mag aber nun diese leidige Ausnahme geschehen oder nicht. das ist, es mögen die Wiedergebornen von einem Fehler übereilt werden, und etwas, das durchaus bös ist, thun oder nicht, so sollen sie doch nie sagen: wir haben keine Sünde. Auch bei der Beweisung der größten Treue sollen sie solches nicht sagen, weil auch die böse Lust, welche sie in sich haben, ob sie gleich dieselbe nicht ausüben, Sünde ist, und weil auch die Mängel, welche ihren guten Werken ankleben, und die Unterlassung vieler befohlenen Werke Sünden sind. Kurz zu sagen, was weniger ist, als die im Gesetz befohlene Liebe Gottes von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüth und von allen Kräften, und die Liebe, womit man den Nächsten liebt, als sich selbst, ist Sünde. So wir also sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, durch eine eitle Einbildung, und die Wahrheit ist nicht in uns, sondern anstatt derselben ein lügenhafter Stolz; so wir aber unsere Sünden bekennen, so ist Gott treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt, und reiniget uns von aller Untugend. Johannes redet hier nicht von einem leichtsinnigen Menschen, sondern von einem Wiedergebornen, dessen Bekenntniß der Sünden mit Scham, Reue und Glauben verbunden ist. Gleichwie ein solcher durch sein Bekenntniß Gott seine Aufrichtigkeit zeigt, und über sich selbst ein gerechtes Urtheil spricht, also ist Gott gegen ihn treu, und erfüllt Seine Verheißungen, aber auch gerecht, indem Er ihm von Rechtswegen widerfahren läßt, was der Mittler, an den der Sünder glaubt, ihm erworben hat. Und was ist’s denn? Es ist die Vergebung der Sünden und die Reinigung von aller Untugend. Durch jene wird der Sünder von aller Schuld und Strafe losgesprochen, folglich gerechtfertigt, durch diese aber in der Heiligung weiter geführt, und von aller Untugend, die ihm eine Last ist, immer mehr frei gemacht. So wollen wir denn auch heute vor Gott bekennen, daß wir Sünder seien und Sünde haben, und dieses Bekenntniß täglich vor Gott wiederholen. Wir wollen auch bekennen, daß wir gesündigt haben, aber auch die Ermahnung Johannis 1 Joh. 2,1. zu Herzen nehmen, daß wir nicht sündigen sollen. Der HErr vergebe uns und reinige uns.

Mel.: Schmücke dich, o liebe etc. 1. Daß ich Sünden darf bekennen,
Muß ich eine Wohlthat nennen;
Denn man redet sich zum Leben;
Der Erbarmer will vergeben;
Auf das Beichten der Verbrechen
Will Gott nicht als Richter sprechen;
Sagt man Ihm das Herz gerade,
So versichert Er die Gnade.

2. Wundergnade! der Verlor’ne
Kommt und wird der Neugeborne,
er wird aus dem Trunke nüchtern,
Knieet hin und flehet schüchtern,
Und der Vater hat Erbarmen,
Den Bekenner zu umarmen,
Zu bewirthen, zu bekleiden
Zu des ganzen Hauses Freuden.

3. O da geht es an ein Danken,
So wie gei genes’nen Kranken,
O da müssen bitt’re Zähren
sich in Freudenthränen kehren!
HErr, in göttlicher Belebung
Klingt mein Lied auch von Vergebung:
Gegen eine Menge Sünden
Ließ’st Du mich mehr Gnade finden!

6. Dezember. Abend-Andacht.

Wir haben Lust, außer dem Leibe zu wallen, und daheim zu sein bei dem HErrn. 2 Kor. 5,8.

Nur diejenigen können so sagen, die im Glauben wandeln und nach dem Schauen sich sehnen, und die ihr Leben auf Erden für eine Wallfahrt halten, und dabei wissen, daß sie ein Vaterland im Himmel haben, wo sie bei dem HErrn daheim sein werden. Allein was ist jenes Schauen, oder was ist dasjenige, das man durch das Schauen genießen wird? Was enthält das himmlische Vaterland? Wer ist der HErr, bei dem man daheim sein soll? Dieses Alles weiß Niemand, als wer davon eine Empfindung bekommen, oder wer die Kräfte der zukünftigen Welt geschmeckt hat, daß der HErr freundlich sei, wie Petrus 1 Petr. 2,3. sagt; denn alle wahren Begriffe entstehen aus Empfindungen. Freilich wird Niemand bei Leibesleben das ganze Gewicht der himmlischen Herrlichkeit mit einem völligen Eindruck erkennen, oder die ganze Fülle der himmlischen Freuden empfinden, aber etwas davon soll man doch erkennen und empfinden, und durch dieses Etwas nach dem Ganzen begierig werden. Wehe dem, der noch keine Freude geschmeckt hat, als diejenige, welche die Augenlust, Fleischeslust und das hoffärtige Leben gewähren kann! Wehe dem, dessen Seele noch nichts ergötzt hat, als was durch den Leib sie berührt hat! Ein solcher Mensch verläßt freilich die Erde ungern und begehrt außer dem Leib, an dem die Seele mit ihrer ganzen Lust angeheftet ist, nie zu wallen. Und doch wird er bald von der lieben Erde weggerissen und der Ausspruch Gottes: du Narr, diese Nacht oder diesen Tag wird man deine Seele von dir nehmen, wird an ihm erfüllt. Wie bitter aber ist alsdann das Sterben! Und wie schrecklich die Folge desselben! Zwar gibt es Leute, die zu sterben wünschen, wenn es ihnen übel geht, allein diese Leute denken an nichts als an das Ende des mühseligen Lebens, über dasselbe aber sehen sie nicht hinaus. Sterben wollen sie, oder vielmehr nimmer leiden, was auf ihnen liegt, ohne zu bedenken, wie es ihnen hernach ergehen werde. Ist aber dieses nicht Unvernunft? Ein Christ hat Lust außer dem Leibe zu wallen, weil er weiß, daß seine Seele außer dem Leibe die himmlische Freude und Ruhe, wovon er schon einen Vorschmack empfunden hat, ungehinderter und völliger genießen werde. Er stellt sich also den Zustand der Seele nach dem Tod nicht als fühllos, düster oder gar peinlich vor. Die Seele wird bei demselben ohne Sorge auf die Auferweckung ihres Leibes warten und zwar keinen Leib, aber doch ein himmlisches Haus haben, welches sie bewohnen und zugleich als ein Kleid anziehen wird, wie Paulus 2 Kor. 5,1-4. lehrt. Uebrigens aber wird sie bei dem HErrn daheim sein, und wie dieser kurze Ausdruck anzeigt, an ihrem rechten Ort in der Ruhe sein und den HErrn durch’s Schauen erkennen und genießen. Ein Christ darf also bei seinem Sterben denken, nun endige er eine beschwerliche Pilgrimschaft, nun gehe er heim, nun komme er zu dem HErrn, an den er geglaubt habe, ohne Ihn zu schauen und den er geliebt habe, ohne Ihn zu erblicken: nun werde er aber zu Ihm kommen, und bei Ihm zu sein und Seine Herrlichkeit zu sehen. Der uns aber zu diesem Heimgehen bereitet, ist Gott, der uns auch das Pfand oder das Angeld der himmlischen Herrlichkeit, nämlich den Geist gibt, V. 5.

Mel.: O Durchbrecher aller Bande. 1. Liebe sehnt sich, Den zu sehen,
Den man ungeseh’n schon liebt;
Liebe sehnt sich, heim zu gehen,
Wo man sich nicht mehr betrübt.
O daß meiner Seelen Triebe
Möchten alle himmlisch sein!
Denn so fiel‘ mir stets in Liebe
Jesus und Sein Himmel ein.

2. Ist mir wohl, so könnt‘ ich denken:
Dort geht erst das Wohlsein an,
Wenn Er wird mit Wollust tränken,
Die man hier nicht kosten kann.
Ist mir weh‘, so könnt‘ ich denken:
Dort bekommt man’s ewig gut,
Wenn die Seele nichts kann kränken,
Die von ihrer Arbeit ruht.

3. HErr! nach Deinem Wohlgefallen
Hast Du schon mein Herz entzünd’t,
Daß es, weil ich noch muß wallen,
Doch an Dir nur Freude find’t.
Gib mir auch ein zärtlich Sehnen,
Aus der Fremde heim zu geh’n,
Dich, den Preis und Ehre krönen,
In der Herrlichkeit zu seh’n.

4. Dein Geist ist’s, der solch‘ Verlangen
In den Glaubigen erregt,
Jene Kleidung zu empfangen,
Die man in dem Himmel trägt.
Geist der Liebe, gib mir Flügel
Bis zum Thron des Lämmleins hin;
Denn Du bist schon hier mein Siegel,
Daß ich Christi eigen bin.

7. Dezember. Morgen-Andacht.

Es ist Ein Gott und Ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der Sich selbst gegeben hat für Alle zur Erlösung. 1 Tim. 2,5.6.

Es ist angenehm vor Gott unserm Heiland, wenn man für alle Menschen betet, und wenn man so betet, so betet man nach Seinem Willen, sintemal Er will, daß allen Menschen geholfen werde; denn es ist Ein Gott und Ein Mittler zwischen Gott und den Menschen. Weg also mit allen entweder eigenliebigen oder ängstlichen Gedanken, welche Gott einer Parteilichkeit beschuldigen, oder Seine allgemeine Liebe einschränken wollen. So gewiß ein einiger Gott ist, so gewiß darf man auch glauben, daß Er allen Menschen das Heil gönne, oder daß Er allen Menschen zur Seligkeit verhelfen wolle. Ich habe keinen gütigern Gott als andere Menschen und andere Menschen haben keinen gütigern als ich. Und so gewiß Ein Mittler zwischen Gott und Menschen ist, so gewiß darf man glauben, daß der Zugang zu Gott allen Menschen geöffnet, das Heil Allen erworben und daß es Allen möglich sei, aus Gnaden durch diesen Mittler selig zu werden. Er hat Sich selbst für Alle zur Erlösung gegeben. Seine Hingabe in den Tod, Seine Aufopferung am Kreuz, und die dadurch gestiftete Erlösung geht mich nicht mehr und nicht weniger an als Andere, und Andere nicht mehr und nicht weniger als mich. Alle sind verpflichtet und berechtigt, an diesen Erlöser zu glauben und durch den Glauben die Seligkeit zu erlangen.

Paulus nennt hier den Sohn Gottes einen Mittler zwischen Gott und den Menschen; und dieser war es auch, weil Er die Sache aller Menschen mit einer unermeßlichen Liebe und Treue so auszuführen übernommen hat, daß Gott dabei Ehre gegeben und Sein Wort erfüllt wurde. Um aber die Menschen desto kräftiger zu überzeugen, daß dieser Mittler ihr Heil und Heiland sei, nennt er Ihn einen Menschen, ob er Ihn schon auch Röm. 9. Gott über Alles gelobet in Ewigkeit genannt, und auch sonst von Seiner Gottheit oft gezeugt hat. Paulus hat aber hier die Absicht, uns aufzumuntern, für alle Menschen Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung vor Gott zu bringen, weil der Mensch Christus Jesus der Mittler zwischen Gott und den Menschen gewesen ist. Als Mensch sieht Er alle Menschen als Seine Blutsverwandten an: als Mensch ist Er dem menschlichen Geschlecht einverleibt, das Er ohne Ausnahme als der Mittler vertreten hat. Was die Männer Juda von dem König David 2 Sam. 19,42. gesagt haben: er gehet uns nahe an, dürfen alle Menschen von Christo Jesu sagen.

Alle Menschen sind also verpflichtet und berechtigt, zu dem einigen Gott und Mittler ein Vertrauen zu fassen und Zuflucht zu nehmen, Seinem Liebeswillen, welcher auf ihr Heil geht, ehrerbietig und zuversichtlich zu begegnen, und die für sie ausgerichtete Erlösung sich zuzueignen. Es gibt sehr arme, sehr verachtete, sehr wilde und dumme Menschen, aber auch diese haben eine Ansprache an den einigen Gott und Erlöser, und Er übergeht sie nicht mit den Erweisungen Seiner Barmherzigkeit. Lasset uns also im Glauben leben, in der Liebe wandeln und von dem einigen Gott und Erlöser ewige Gaben hoffen.

Mel.: O Welt, sieh hier dein Leben. 1. Nur Jesum Mittler nennen,
Ihn als den Priester kennen,
Zu Gottes rechter Hand,
Das ist des Glaubens Sprache,
Das ist der Gnade Sache,
Das wirkt der Geist, von Gott gesandt.

2. Die Jungfrau zu begrüßen
Und vor leblosen Füßen
Ihr um Vermittlung schrei’n,
Das ist des Glaubens Schade,
Das kann kein Trieb der Gnade,
Kein Werk des Geistes Christi sein.

3. Du Mittler bist nur Einer,
Und außer Dir ist keiner,
Du machst von Sünden rein,
Durch Dich sind wir erkaufet,
Auf Dich sind wir getaufet,
In Dir nur kann man selig sein.

4. O Geist des HErrn, verkläre
Zu Seines Vaters Ehre
Den Mittler auch in mir,
Und dämpf‘ durch Dein Geschäfte
Die lügenhaften Kräfte,
So ehr‘ ich Jesum, nicht das Thier.

5. Dir, Jesu, will ich singen,
Dir soll mein Loblied klingen,
Dich, Mittler, ruf‘ ich an.
Hilf in Versuchungsstunden,
Und wenn ich überwunden,
Gib, daß ich ewig danken kann.

7. Dezember. Abend-Andacht.

Der HErr Jesus wird kommen, daß Er herrlich erscheine an Seinen Heiligen, und wunderbar an allen Glaubigen. 2 Thess. 1,10.

Der jüngste Tag wird 1 Petr. 4,13. die Zeit der Offenbarung der Herrlichkeit Jesu Christi, und Röm. 8,19. die Zeit der Offenbarung der Kinder Gottes genannt. Der HErr Jesus wird sichtbarlich und persönlich erscheinen mit großer Kraft und Herrlichkeit: die Kinder Gottes aber werden auch mit Jesu in der Herrlichkeit offenbart werden. Die Herrlichkeit des HErrn Jesu wird aber Sein eigen sein: die Kinder Gottes aber werden von Seiner Herrlichkeit zu ihrer und aller Geschöpfe Verwunderung durchdrungen sein. Der HErr Jesus wird kommen, daß Er herrlich erscheine an Seinen Heiligen und daß Er bewundert werden an allen Glaubigen. Ihre Herrlichkeit wird also Seine Herrlichkeit sein, die aus ihnen zu Jedermanns Verwunderung herausleuchten wird, gleichwie der Schmuck der Königin Esther kein Zeichen ihres eigenen Reichthums, sondern des Reichthums des Königs Ahasveros war, der ihr denselben geschenkt hatte. Heiligkeit war schon vorher eine verborgene Herrlichkeit derer, welche der HErr Jesus für die Seinigen hält: nun wird sie aber als vollkommen offenbar. Vorher wurden sie verherrlicht in das Bild Jesu von einer Herrlichkeit zu der andern; allein sie trugen dabei noch das Bild des irdischen Adams. Aber am Tag des HErrn wird dieses Bild verschwinden, und sie werden alsdann öffentlich und völlig das Bild des Himmlischen tragen, und dieses Bild wird ihre Herrlichkeit sein. Sie haben aber auch das Zeugniß von demselben Tage und von allen damit verbundenen Artikeln bei Leibesleben geglaubt. Sie haben es geglaubt, weil es durch wahre Worte Gottes an sie gebracht worden ist. Sie haben es Gott zur Ehre geglaubt, ob sie schon dasjenige, was sie glaubten, noch nicht sahen, und haben durch diesen Glauben die Welt, die im Argen liegt, überwunden. Am Tag Jesu Christi aber wird sich Jedermann über den HErrn Jesum wundern, wenn man sehen wird, wie Er alles, was die Auserwählten geglaubt haben, vollkommen und wesentlich darstellen wird. Man wird zu Seiner Ehre mit Verwunderung sagen, was Jos. 21,45. steht: es fehlt nichts an allem Guten, das der HErr geredet hatte, es kam Alles. Man wird auch wahrnehmen, wie das Wesen der himmlischen Dinge weit über die Erkenntniß hinausreiche, welche die Glaubigen vorher gehabt hatten, ob es schon nicht über den reichen Inhalt der Worte Gottes hinausreichen wird.

Bei den Unheiligen, und allen denjenigen, die zur Zeit ihres irdischen Lebens unglaubig gewesen waren, wird’s freilich anders aussehen. Sie werden zur ewigen Schmach und Schande auferstehen, Dan. 12,2. Der finstere und unreine Zustand ihrer Seelen, den sie von Gott nie verbessern lassen, wird nebst ihren bösen Werken offenbar werden, und ihre Leiber, durch welche sie gesündigt haben, werden eine Gestalt haben, welche mit ihrem Seelen-Zustand übereinkommen wird. Sie werden bloß da stehen und man wird ihre Schande sehen.

Mel.: Nun ruhen alle Wälder 1. Der HErr wird an den Seinen,
Die heilig sind, erscheinen
In großer Herrlichkeit,
Und wunderbar an Allen,
Die Ihm im Glauben wallen,
Und die des Heilands Zukunft freut.

2. Da wird man Wunder sehen,
Was in der Zeit geschehen
An der erkauften Schaar;
Wie Christi Ruf so kräftig,
Die Gnade so geschäftig,
Die Treu‘ so unermüdet war.

3. Da zeigt sich an dem Siege
Ihr Heldenglaub‘ im Kriege,
Sie geh’n zur Krönung ein;
Sie werden frei von Mängeln,
Den Brüdern und den Engeln
Und auch sich selbst ein Wunder sein.

4. Dem Starken weggeraubet,
Zu seh’n, was sie geglaubet,
Sich selbst so rein zu seh’n
Im Blut von Gottes Sohne,
Ihn selbst auf Seinem Throne,
Kann ohn‘ Bewundern nicht gescheh’n.

5. Mein HErr! durch Deine Gnade
Hast Du mir armen Made
Die Wohlthat schon gethan,
Und hast mir Macht gegeben,
Daß ich im Glauben leben
Und Dein Erscheinen lieben kann.

6. Ach bring‘ Dein Werk zum Ende,
Bis sich in Deine Hände
Mein Geist im Tod empfiehlt;
Laß die, die vor Dir stehen,
An mir auch Wunder sehen,
Auf die Dein Tod hat abgezielt.

8. Dezember. Morgen-Andacht.

Wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleiden haben mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalben gleich wie wir, doch ohne Sünde. Hebr. 4,15.

Mitleiden ist die nöthige Eigenschaft eines Hohenpriesters, denn Paulus sagt Hebr. 5,1,2,: ein jeglicher Hoherpriester, der aus den Menschen genommen wird, der wird gesetzt für die Menschen gegen Gott, auf daß er opfere Gaben und Opfer für die Sünden, der da könnte mitleiden über die da unwissend sind und irren, nachdem er auch selbst umgeben ist mit Schwachheit. Wer kein Mitleiden hat, taugt auch nicht zum Opfern. Die Menschen, für die er mit Gott handeln sollte, würden ihn zu einem strengen Eifer reizen, folglich unwillig machen, für ihre Sünden dem großen Gott noch Gaben und Opfer darzubringen. Wenn man noch dabei bedenkt, daß der Hohepriester bei diesem Opfern eine schwere Arbeit übernehme, ja daß er gar, wie Christus gethan hat, sein Blut und Leben aufopfere, so wird sehr klar, daß ein großes Mitleiden zur Verwaltung des Hohepriesterthums nöthig sei. Dieses hatte aber der HErr Jesus im höchsten Grad. Er konnte Mitleiden haben mit unserer Schwachheit. In den Büchern des Neuen Testaments wird die Sünde nie Schwachheit genannt; ja das Wort Schwachheit hat eine so unschuldige Bedeutung, daß Paulus 2 Kor. 12,9.10. schreiben konnte: er rühme sich seiner Schwachheit. Schwachheit ist die Reizbarkeit der menschlichen Natur in Ansehung aller Dinge, die ihr vorkommen, oder auf sie andringen. Wenn man Schmerzen fühlt, wenn man betrübt wird, wenn man die Last der Armuth, die Grobheit und den Haß der Menschen, die Kräfte der Finsterniß, den Druck aller Elemente, das Grauen vor dem Tod und Anderes empfindet, so ist man schwach; und in diesem Verstand sagte Christus am Oelberg zu Seinen Jüngern: der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach, und Paulus 2 Kor. 13,4.: Christus sei in der Schwachheit gekreuzigt worden. Er wurde nämlich allenthalben versucht. Er fühlte in Sich selber, wie so viele Dinge auf die menschliche Natur andringen und wie empfindlich sie gegen Alles sei. In der Wüste zeigte Ihm der Teufel das Angenehmste und Prächtigste, und am Oelberg und am Kreuz fühlte Er das Schrecklichste und Bitterste; allein Sein ganzes Leben war eine stete Versuchung, wobei Er erfuhr, was die menschliche Natur für ein Gefühl von Allem habe. Allein Er blieb dabei heilig, unschuldig und unbefleckt, oder mit einem Wort ohne Sünde. Er wurde also nie von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt, weil dieses Sünde gewesen wäre. Die Empfindung der Versuchungen, die von außen auf Ihn andrangen, bewegten Ihn nie zum Weichen oder Nachgeben. Nie wurde Seine heilige Seele auch nur durch die geringste Neigung zum Sündigen befleckt. Wenn Er aber nun andere Menschen um Sich herum sah, die ähnlichen Versuchungen ausgesetzt waren, und doch die Geistesstärke nicht hatten, die Er hatte, so konnte Er Mitleiden mit ihnen haben und nach dem Willen Seines Vaters, der Ihn nicht in die Welt gesandt hatte, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch Ihn selig würde, als Hohepriester Sich selbst für ihre Sünden opfern. Diesen Seinen milden hohepriesterlichen Sinn hat Er noch; weßwegen wir thun sollen, was Hebr. 4,16. geschrieben steht.

Mel.: Was Gott thut, das ist wohlgethan. 1. Ein Priester, der auch Schwachheit hat,
Kann uns in Schwachheit dienen,
Daß er durch Blut an uns’rer Statt
Uns kann mit Gott versühnen.
So warst nur Du
Geschickt hiezu,
HErr Jesu, dessen Leben
Mit Schwachheit war umgeben.

2. So kannst Du jetzt, als selbst versucht,
Mit uns Mitleiden haben,
Du schenkst uns der Versühnung Frucht,
Du heiligst uns’re Gaben.
Das tröstet uns,
Wenn unser’s Thuns
Wir uns von Herzen schämen:
Wir dürfen Gnade nehmen.

3. Wir fühlen Sünde:
Du hast sie
Ohn‘ eig’ne Schuld getragen;
Wir haben Angst, wir weinen hie:
Du schwitztest Blut im Zagen;
Wir steh’n in Noth,
Wir geh’n zum Tod:
So mußtest Du auch beten,
Den Kreuzestod antreten.

4. Da lerntest Du,
HErr, uns zu gut
Gehorsam und Erbarmen;
In Schwachheit stärkst Du unsern Muth,
So preisen Dich die Armen;
Wir danken Dir,
Dich loben wir,
Wenn wir einst von der Erden,
Wie Du, erhöhet werden.

8. Dezember. Abend-Andacht.

Ihr sollte wandeln würdiglich vor Gott, der euch berufen hat zu Seinem Reich und zu Seiner Herrlichkeit. 1 Thess. 2,12.

Es ist etwas sehr Edles und Wichtiges um den göttlichen Beruf. Ein Mensch, ein Sünder wird von Gott selbst durch Sein Wort berufen und Gott sagt zu ihm: gehe du auch hin in Meinen Weinberg, komme zur Hochzeit, komme zu Meinem Abendmahl, es ist Alles bereitet; gehe ein in Mein Reich, empfange Meine Herrlichkeit. Wenn man den Menschen fragen wollte, warum er so kühn sei, so große Dinge zu begehren, zu hoffen und zu ergreifen, so kann er antworten: Gott hat mich selbst dazu berufen, Sein Beruf berechtigt mich dazu, ich darf kommen, weil Er mich geladen hat. Ein solcher Mensch soll aber auch so wandeln, wie es denjenigen gebührt, die von Gott zu Seinem Reich und zu Seiner Herrlichkeit berufen sind. Er ist von Gott berufen. Welche Gnade und Ehre ist dieses! Wie nöthig ist es, daß er diesen göttlichen Beruf annehme und bis an’s Ende behaupte: Wie freventlich, ihn wieder wegzuwerfen, die angebotenen Güter zu verachten und dem berufenden Gott den Rücken zu kehren! Man bedenke, was Matth. 22,5.8. und Luk. 14,21.24. steht. Er ist von Gott zu Seinem Reich berufen: folglich soll er sich nach den Rechten dieses Reichs richten, und ein gehorsamer Unterthan seines großen und gnädigen Königs sein. Er ist zu Seiner Herrlichkeit berufen: folglich soll er sich heiligen lassen; denn die Heiligkeit ist eine verborgene Herrlichkeit, und die Verherrlichung des Menschen wird darin bestehen, daß die Heiligkeit als vollkommen an ihm offenbar werden und aus ihm herausleuchten wird. Hieraus ist klar, daß ein Mensch, der von Gott berufen ist und das Ziel dieses Berufs erreichen will, nicht nach seinem eigenen Willen und Gutdünken, auch nicht nach den sündlichen Gewohnheiten der Welt, sondern nach dem Willen und den Geboten Gottes wandeln solle. Fragt ihn die Welt, warum er nicht auch mit ihr auf dem breiten Weg wandle, so soll er antworten, es habe ihn der größte HErr, nämlich der ewige und heilige Gott auf einen andern Weg hinberufen. Verwundert sich die Welt, oder verspottet sie ihn, weil er nicht liebt und sucht, was sie liebt und sucht und an ihren eiteln Ergötzlichkeiten keinen Geschmack findet, so soll er antworten, der große Gott habe ihn zu Seinem Reich berufen, in dem er sich umsehen, nach dessen Sitten er sich richten, und an dessen Schätzen er sich ergötzen müsse, und deßwegen für die fleischlichen Ergötzlichkeiten keine Zeit und in seiner Seele keinen Raum habe. Fragt die Welt: was wird denn endlich aus dir werden? so kann er sagen: ein verherrlichter Mensch, ein Mensch aus dem die Heiligkeit des in ihm wohnenden Gottes herausleuchten wird. Er kann sagen: nach diesem Ziel laufe ich, um dieser Herrlichkeit willen enthalte ich mich alles dessen, was mich beflecken oder zerstreuen kann. Ich laufe in meinen Schranken fort, ich suche ein Kleinod, welches mir die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu vorhält. Ich habe die Hoffnung, zu meinem HErrn Christo zu kommen; darum reinige ich mich, gleichwie Er auch rein ist.

Mel. O Jerusalem, du schöne. 1. Würdiglich vor Gott zu wandeln,
Das ist der Beruf’nen Pflicht;
Die dem Ruf zuwider handeln,
Achten Gott und Gnade nicht;
Denn Gott ruft und macht bereit
In Sein Reich und Herrlichkeit.

2. Gott! ich konnt’ es nicht verdienen,
Daß Dein Ruf an mich gescheh’n,
Und das Machtwort vom Versühnen
Mir zu Herzen sollte geh’n.
Deine Gnade rufte mir,
Eh‘ ich’s würdig war, zu Dir.

3. In Dein Reich bin ich berufen,
Wo Dein Sohn die Herrschaft hat;
Dieser führt von Stuf‘ zu Stufen
Bis in jene Gottesstadt.
Das ist unbegreiflich groß;
Das ist ja ein lieblich Loos!

4. Wer will Gottes Reich verscherzen,
ist der Hölle zweimal werth.
O mir liege stets im Herzen,
Was Gott an mein Herz begehrt,
Daß ich als Sein Unterthan
Würdig vor Ihm wandeln kann!

5. Wird mein Wandel hier beschlossen,
HErr, so führe aus der Zeit
Mich als Deinen Reichsgenossen
Auch in Deine Herrlichkeit;
Da, da wandelt man im Licht
Dir stets vor dem Angesicht!

9. Dezember. Morgen-Andacht.

Christus ist eines bessern Testamentes Mittler, welches auch auf bessern Verheißungen steht. Hebr. 8,6.

Das bessere Testament, von welchem der Apostel redet, ist dasjenige, welches Christus bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls, und Jeremias Kap. 31,31. das Neue genannt hat. Es ist besser als dasjenige, welches Paulus das Alte oder das Erste nennt, Hebr. 8,13. 9,1. Die Stiftung des Alten Testaments, welches gemeiniglich ein Bund genannt wird, geschahe nicht zur Zeit Abrahams, wiewohl da schon eine Vorbereitung dazu gemacht wurde, sondern bei und nach der Ausführung der Israeliten aus Aegypten, V. 9. Dieses Alte Testament oder dieser erste Bund enthielt nicht nur Gebote, sondern auch Verheißungen, denn Paulus hat, da er sagte, das Neue Testament stehe auf bessern Verheißungen, deutlich anzeigt, daß das alte auch Verheißungen gehabt habe, wie denn Moses und die folgenden Propheten, welche den Bund Gottes noch weiter erklärten, viel Tröstliches geprediget haben. Gott hat verheißen, Er wolle Israels Gott sein, und diese einige Verheißung reicht bis in’s ewige Leben hinein, auch hat Er dem Volk Israel namentlich viele geistliche und leibliche, irdische und himmlische Gaben zugesagt, und sie dabei nicht auf’s Verdienst der Werke, sondern auf den Glauben, welcher das Herz zum Gehorsam neigt, gewiesen. Wie konnte aber das Neue Testament besser als das Alte sein, und auf bessern Verheißungen stehen? Um dieses zu erkennen, muß man bedenken: daß 1) im Alten Bund geistliche Gaben zur wirklichen Mittheilung angeboten wurden, daß aber diejenigen geistlichen Gaben, welche Gott vermöge des Neuen Testaments den Glaubigen wirklich mittheilt, völliger und kostbarer als jene seien. Hiezu rechne man Alles, was Hebr. 8,10. von der Einschreibung des Gesetzes in die Herzen im Gegensatz gegen den Zwang oder das strenge Regiment Jer. 31,32., von der hellern Erkenntniß im Gegensatz gegen die vorige Dunkelheit Hebr. 8,11. 2 Petr. 1,19., vom Geist der Kindschaft im Gegensatz gegen den Geist der Furcht und Minderjährigkeit Röm. 8,15. Gal. 4,1-6., wie auch von der Vollendung oder vollkommenen Beruhigung des Gewissens Hebr. 8,12. 10,12.22., geschrieben steht. 2) Daß ferner das Kostbarste und Beste im Alten Bund sowohl durch Worte als auch durch Anstalten, welche Paulus Hebr. 10,1. Schatten nennt, in der Ferne gezeigt, im Neuen Testament aber wesentlich dargestellt worden. Was war aber dieses? Christus und die ewig geltende Erlösung, die Er ausgeführt hat, wie auch die Ausgießung des Heiligen Geistes über alles Fleisch, und die Anrichtung einer hochbegnadigten Kirche, worin Juden und Heiden brüderlich vereinigt wurden. Bessere Verheißungen sind also erfüllte Verheißungen, und diese werden sonst ein Evangelium genannt. Ferner bedenke man, daß 3) die vielen Anstalten, welche der Alte Bund in sich faßte, und welche Schatten des zukünftigen Guten waren, zu einem schweren, ja unerträglichen Joch wurden, Ap. Gesch. 15,10., und daß dieses Joch durch das Neue Testament abgethan sei, folglich es auch deßwegen auf bessere Verheißungen stehe. 4) Auch in der seligen Ewigkeit hat sich der Vorzug des Neuen Testaments vor dem Alten gezeigt, weil die Glaubigen des Alten Testaments nicht ohne die Glaubigen des Neuen Testaments vollendet werden konnten, Hebr. 11,40.

Mel.: Ach bleib‘ mit Deiner Gnade. 1. In allen Menschenorden
Ist Keiner Jesu gleich,
Er ist ein Priester worden
Und hat ein Königreich.

2. Das ist die Wunderweise,
Die nie geordnet war,
Der Priester reicht zur Speise
Sein Fleisch hier selber dar.

3. Bei jenem Priesterstamme
Nahm man ein Lamm für sich,
Hier opferst Du zum Lamme,
Du großer Priester, Dich.

4. Hier ist das Blut, das Eine,
Des Neuen Testaments,
Das macht von Sünden reine;
Der Glaube faßt’s und kennt’s.

5. Dieß Blut ist zum Versühnen,
Der Priester ist mit dem
Vor Gottes Aug‘ erschienen,
Und Gott war’s angenehm.

6. HErr, der Du es gegeben,
Gib mir auch Durst dazu,
In diesem Blut ist Leben,
Und in dem Leben Ruh‘.

7. Belebe meine Seele
Durch dieß Blut Dir zum Ruhm,
Daß ich den Preis erzählt
Von Deinem Priesterthum!

9. Dezember. Abend-Andacht.

Gott ist der Selige, 1 Tim. 6,15.und der Einige, der selig machen kann. Jak. 4,12.

Gott ist der Selige, weil Er Gott ist. Er bedarf keines Dinges zu Seiner Seligkeit außer Sich. Er hat das Leben in Sich selber. Niemand ist gut als Er. Das Sein kann man im höchsten Verstand nur von Ihm sagen, weßwegen Er auch Jehovah heißt, das ist ein Gott, der ist und der war und der sein wird. Er ist unbegreiflich, unermeßlich und unendlich über Alles erhaben; damit wir aber aufgeweckt werden, Ihn zu suchen, zu lieben und zu verehren, so nennt Ihn die Bibel Licht, Leben, Liebe, Vater, HErr u.s.w., und redet Vieles von Seinen Eigenschaften, von Seinem Sinn und Willen. Wir können Ihn empfinden, wir können Ihn in uns wohnend haben und Seine heilsamen Wirkungen erfahren, aber unsere Erkenntniß bleibt dabei doch immer ein Stückwerk und kindisch, wird aber zu einer gewissen Vollkommenheit gelangen, wenn wir Ihn von Angesicht zu Angesicht sehen werden. Paulus nennt Gott 1 Tim. 6,15. den Seligen. Auch diesen Namen werden wir nie vollkommen verstehen; dieses aber wissen wir, daß wenn Gott Seine Knechte auf’s Höchste beglücken werde, Er sie in ihres HErrn Freude und Ruhe werde eingehen heißen, und die Verheißung: Ich bin euer Gott, an ihnen ganz erfüllen werde. Der große Gott lebt also selber in einer ewigen und unermeßlichen Freude und Ruhe, und Er ist nach Seinem Wesen so gut, daß Menschen zu ihrer höchsten Glückseligkeit nichts Weiteres als Ihn nöthig haben. Er kann allein selig machen, wie Jakobus sagt, gleichwie Er auch allein verdammen kann, Jak. 4,12. Wenn Er den Ausspruch thut: gehet hin, weichet von Mir, folglich Sich den Menschen, die doch zur Vereinigung mit Ihm geschaffen und gebildet sind, nicht mittheilt, sondern ihre Seelen peinlich hungern und dürsten läßt, und sie überdieß quälenden Werkzeugen Seines heiligen Zorns, dergleichen das Feuer und der Schwefel in der Hölle sind, übergibt, so verdammt Er.

Ist aber Gott der Selige und derjenige, der allein selig machen und verdammen kann, warum sehen sich die Menschen nach anderen Stützen ihres Vertrauens um? Warum graben sie Brunnen, die löcherig sind und kein Wasser geben? Warum fürchten sie sich, da nichts zu fürchten ist? Warum fallen sie mit ihrer Begierde auf vergängliche Dinge hinein, die ihnen wenigstens der Tod entziehen wird? Menschen, die von Gott abgewichen sind, sollen geradezu durch Christum wieder zu Gott umkehren, Ihn suchen, nach Ihm dürsten, wie ein Hirsch nach frischem Wasser, und in Seiner Gnade, Liebe und Gemeinschaft allein ruhen. Je mehr man der göttlichen Natur durch Christum theilhaftig wird, wie Petrus 2 Petr. 1,4. redet, das ist, je inniger man mit Gott vereinigt wird, je völliger man Seine Inwohnung genießt, desto völliger wird man auch Seiner Seligkeit, Seines Lichts, Seines Lebens und Seiner Heiligkeit theilhaftig. Man bedarf alsdann der rauschenden Ergötzlichkeiten, die ohnehin zerstreuen und beflecken, gar nicht. Man ist ohne dieselben vergnügt, und hofft dabei, daß der selige Gott alle Begierden der Seele in jener Welt durch Sich selbst vollkommen sättigen werde. Ach Gott! mache auch mich und die Meinigen selig, und ziehe uns Alle zu Dir!

Mel.: Die Seele Christi heil’ge mich. 1. Gott! Du bist selig ohne mich;
Ich bin nicht selig ohne Dich,
Und kann’s in Ewigkeit nicht sein,
Als nur in Dir, o Gott, allein.

2. Ja, wenn ich auch im Himmel wär‘,
Käm‘ solcher Stand von mir nicht her,
Weil Engel, welche vor Dir steh’n,
Nur selig sind, weil sie Dich seh’n.

3. Nun bin ich noch ein Erdengast,
Beschwert von meiner Sündenlast;
Wo Sünde bleibt, ist Qual und Leid
Und ewige Unseligkeit.

4. Nur Gnade ist’s, die selig macht,
Die Du uns Armen zugedacht,
Und die Dein Sohn am Kreuz erwarb,
Wo Er für alle Sünder starb.

5. Hie trägt mein eignes Thun nichts zu;
Wer selig wird, dem schenkst es Du;
Man glaubt es nur, so hat man schon
Die Seligkeit in Gottes Sohn.

6. Du schenkst auch selbst den Geist der Kraft,
Der Glauben in dem Herzen schafft,
Der zeugt uns von dem Gnadenstand
Und ist des Erbtheils sich’res Pfand.

7. Mein Gott! so laß mich denn allein
In Dir durch Jesum selig sein;
Ich glaub‘ mich selig, denn schon hier
Wohnt Christus und Sein Geist in mir.

8. Ist einst die Zeit der Hoffnung aus,
So führ‘ mich, mein Gott, in Dein Haus,
Wo Deine Anschau selig ist,
Der Du in Dir selbst selig bist.

10. Dezember. Morgen-Andacht.

So oft ihr von diesem Brod esset und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des HErrn Tod verkündigen, bis Er kommt. 1 Kor. 11,26.

Billig sollte dieses Gebot nach dem Buchstaben gehalten, folglich, so oft man das heilige Abendmahl hält, von dem Tod Jesu gesungen und gepredigt werden, denn es ist von Ihm eigentlich deßwegen eingesetzt worden, damit das Angedenken Seines Todes unter den Menschen erhalten würde. Als Er bei der Darreichung des gesegneten Brodes sagte: nehmet hin und esset, das ist Mein Leib, der für euch gegeben wird, und bei der Darreichung des Kelches: nehmet hin und trinket Alle daraus, das ist das Blut des Neuen Testaments, das für euch und für Viele vergossen wird: so deutete Er auf Seinen Tod; ja diese ganze sakramentliche Handlung weiset auf Seinen Tod, denn Paulus vergleicht das Abendmahl 1 Kor. 10,16-21. ganz deutlich mit den Opfermahlzeiten, bei welchen man das Fleisch der getödteten und geopferten Thiere aß, und erinnert uns dadurch, daß wir bei dem Essen des Leibes Jesu und bei dem Trinken Seines Bluts glaubig bedenken sollen, daß Christus gestorben und für uns geopfert worden sei. Weil wir auch in dem heiligen Abendmahl den Leib Jesu besonders und Sein Blut besonders empfangen, so werden wir an Seinen Tod gemahnt, bei welchem Sein heiliges Blut von Seinem heiligen Leib abgesondert worden ist. Ist’s aber so hochnöthig, daß man an des HErrn Tod gedenke, und ihn in den christlichen Gemeinden verkündige? Freilich ist es hochnöthig, denn an diesem Tod ist Alles gelegen. Durch denselben ist Christus ein Opfer für unsere Sünden geworden, das ewiglich gilt. Durch denselben sind wir als Sünder und Feinde Gott versöhnt worden. Durch denselben hat die Sache der Menschen einen guten Ausschlag bekommen, daß nun die Gnade zum ewigen Leben einem Jeden angeboten wird, und von einem Jeden ergriffen werden kann. Durch den Tod Jesu ist der Sold der Sünde und der ganze Fluch des Gesetzes, welcher in dem Wort Tod zusammen gefaßt ist, von uns weggewendet, und dem ewigen Leben Raum gemacht worden. Er hat dadurch die größte Probe Seiner Liebe abgelegt, und diese Seine Liebe soll uns billig dringen, Ihm zu leben, und Ihn ewiglich zu lieben.

Sein Tod soll also bei der Haltung des heiligen Abendmahls, und auch zur andern Zeit auf der Erde verkündigt werden, bis Er kommt; denn bis zu Seiner Zukunft werden Sünder auf der Erde leben, welche an der besten Sittenlehre kein Genüge haben können, sondern zum Trost ihres Gewissens auch wissen müssen, ob, von wem, und wodurch sie Gott versöhnt worden seien. Wenn Er aber kommen wird, wird man Ihn selber sehen, und von da an, wenn man in der Herrlichkeit bei Ihm sein wird, Seinen Tod in Ewigkeit nicht vergessen können, wie denn der Name Lamm, welcher dem HErrn Jesu Offenb. 21. und 22. mehrmals beigelegt wird, darauf deutet, und uns lehret, daß auch im neuen Jerusalem Christus als das für uns geschlachtete Lamm werde angebetet werden. Ja wer wollte zweifeln, daß nicht die Auserwählten ewiglich mit dem tiefsten und höchsten Dank erkennen werden, daß sie ihren seligen und herrlichen Stand dem HErrn zu danken haben, der um ihrer Sünden willen dahin gegeben, und zu ihrer Rechtfertigung auferweckt worden ist? Er lasse uns die Kraft Seines Todes zur Beruhigung unsers Gewissens, aber auch zu unserer Heiligung erfahren, bis wir dahin kommen, wo wir Jesum selber sehen und ohne Sünde preisen werden.

Mel.: Eins ist noth, ach HErr etc. 1. Deinen Tod soll ich verkünden, HErr,
bis daß du kommen wirst;
Dein Tod kam Dir von den Sünden,
Und warst doch der Lebensführst.
Von Fremden, von Feinden entlehntest Du Schulden,
Unzählbare Tode in Einem zu dulden;
Hat aller Welt Sterben der Welt nichts gedient,
So hast Du die Welt nun mit Einem versühnt.

2. Du ließ’st selbst Dein heilig Leben;
Denn wer brächte sonst Dich um?
Ja Du hast es hingegeben
In dem Hohepriesterthum.
Am Tode des Sünders hat Gott nicht Gefallen,
Nur aber am Tode des Mittlers von Allen.
Verwunderlich Sterben! so machet die Schrift
Den Heiland im Tode dem Tode zum Gift.

3. Und wie soll ich den verkünden?
HErr, bei Deinem Abendmahl
Trink‘ ich Blut für meine Sünden,
Eß‘ ich Fleisch vom Kreuzespfahl.
Lob sei Dir, mein Priester, der für mich gestorben;
Dank sei Dir, mein König, der Ihm mich erworben,
Und der mich an Seinem Tisch kräftig erlabt,
Bis daß Er einst kommt und uns herrlich begabt!

10. Dezember. Abend-Andacht.

Jesus sprach zu dem Jairus: fürchte dich nicht, glaube nur. Luk. 8,50.

Der Schuloberste Jairus, welcher Jesum als einen Wunderthäter kannte, war mit einem guten Vertrauen zu Ihm gekommen, und hatte Ihn demüthig gebeten, in sein Haus zu kommen, und sein todtkrankes Töchterlein gesund zu machen. Als sich nun der HErr Jesus unterwegs wegen des blutflüssigen Weibes, welches den Saum Seines Kleides im Glauben angerührt hatte, ein wenig verweilte, so kann Einer von dem Gesinde des Jairus, und sagte zu ihm: deine Tochter ist gestorben, bemühe den Meister nicht. Hiebei entfiel dem Jairus der Muth, denn er glaubte nicht, daß Jesus auch Todte erwecken könne, und hatte noch kein Beispiel davon gesehen; aber Jesus sprach zu ihm: fürchte dich nicht, glaube nur. Es lehrt uns diese Geschichte, wie unsere Schwachheit oft bei einer neuen und ungewohnten Noth offenbar werde, und wie wir alsdann einer Glaubensstärkung bedürfen. Wir sind etwa glaubig genug, in den gegenwärtigen Nöthen und Gefahren dem HErrn zuzutrauen, daß Er uns nicht verlassen noch versäumen werde. Wir haben auch die Zuversicht, daß die Hülfe, um die wir Ihn gebeten haben, erscheinen werde. Aber, wenn die Hülfe verzeucht und die Noth steigt, so fürchten wir uns, und sorgen, vom HErrn verlassen und hingegeben zu sein. Oder wenn es überhaupt gar anders geht, als wir wünschen, wenn der Kranke, dessen Genesung wir erwarteten, stirbt, und nicht mehr zu diesem Leben erweckt wird, oder wenn überhaupt die letzte fleischliche Stütze unsers Vertrauens bricht und fällt, so zappelt und zagt unser Herz, und wir sind alsdann des Zuspruchs bedürftig: fürchte dich nicht, glaube nur. ich will dich nicht verlassen noch versäumen. O wie oft hat David seine Schwachheit gefühlt, wenn eine neue Noth, die größer als die vorige war, entstand! Wie ängstlich hat er alsdann zu Gott geschrieen! Und wie treulich hat Gott seinen Glauben dabei erhalten und gestärkt, und ihm zur rechten Zeit Hülfe erzeigt! Die Welt ist für Christen eine Schule. Wenn man ihnen aber Alles, was Gott geoffenbart hat, vorsagte, und die Bibel ganz erklärte, so würde es ihnen nichts helfen, wenn nicht die Wege Gottes mit seinem Wort übereinkämen. Das Töchterlein des Jairus mußte sterben, damit dieser überzeugt würde, daß Jesus auch Todte erwecken könne. Die Apostel mußten ohne Beutel, ohne Taschen und ohne Schuhe ausgesandt werden, daß sie lernten, wie Gott die vierte Bitte des Vater Unsers erhöre. Sie mußten einen Sturm auf dem Meer ausstehen, damit sie Jesum auch als Denjenigen kennen lernen möchten, dem Wind und Meer gehorsam sind. Sie mußten endlich das ihnen unerwartete und schmerzliche Leiden Jesu ansehen, damit sie lernten, daß Sein Reich nicht von dieser Welt sei; und Seine sichtbare Gegenwart missen, damit sie den Beistand des Trösters desto höher schätzen lernten. So schult Gott die Menschen durch Worte und Werke, die in einer Verbindung mit einander stehen. Wenn Er ein neues Werk thut, so fühlt und zeigt der Mensch seine Schwachheit. Er aber fährt fort mit Seinem Thun, spricht der Seele durch Seinen Geist tröstlich zu, und verschafft, daß der Mensch bei dem neuen Werk Gottes auch auf eine neue Stufe des Glaubens erhoben wird. Gelobt sei Gott. Er ist treu. Sein Wort ist gewiß und kräftig, und Seine Wege eitel Güte und Wahrheit.

Mel.: Jesus meine Zuversicht. 1. Fürchte dich nicht, glaube nur!
Hat der Heiland selbst gesprochen,
Eh‘ Er mit der Wunderkur
Auf das Beten ausgebrochen.
Glauben an des Heilands Macht
Hat das Leben wiederbracht.

2. Seele! das sei dir gesagt;
Jesus wird’s auch dir erlauben;
Wenn dich fremder Einspruch plagt,
Sollst du Ihm in Einfalt glauben;
Wenn dir Tod und Sünde droht,
Glaube über Sünd‘ und Tod.

3. Uns’re Sünden sind gebüßt,
Unser Tod ist schon verschlungen.
Hätt‘ ich dieß erst selbst gemüßt,
Wär‘ mir’s ewig nicht gelungen;
Jesus ist es, der es kann,
Und der hat es schon gethan.

4. Nun, mein HErr, ich folge Dir,
Ich will mich auf Dich verlassen.
Kämpfet noch die Furcht mit mir,
Lehre Du Dein Wort mich fassen.
Von der Sünden Schuld und Pein
Macht Dein göttlich Blut uns rein.

5. Stürmt der Tod einst auf mich zu,
Sage mir, ich werde schlafen;
Denn den Tod erlittest Du,
Daß uns der nicht mehr mag strafen;
Laß mich da nur mit Dir geh’n,
O so werd‘ ich wunder seh’n!

11. Dezember. Morgen-Andacht.

Gib mir einen neuen gewissen Geist. Ps. 51,12.

David hatte durch den Ehebruch, den er mit der Bathseba begangen, und durch die Ermordung ihres Ehemanns, des Uria, einen schweren Fall gethan, von dem er unter vielen Schmerzen und Thränen nach und nach wieder aufgerichtet wurde. Er bat bei seiner bußfertigen Zukehr zu Gott nicht nur um die Vergebung seiner Sünden, sondern auch um einen neuen gewissen Geist; wie es Alle diejenigen thun, in deren Geist kein Falsch ist. Wer von Gott nur begehrt, daß Er ihm die Sünde vergebe, und hernach die vorige Sünde wieder begeht, und diese Weise fortsetzen will, kommt zu keiner Ruhe seiner Seele. Der neue gewisse Geist, um den David bat, ist eine beständige und gerade Richtung der Seele zu Gott, oder ein fester Muth, Ihm zu vertrauen und Seine Gebote zu halten. Man sagt bei demselben zu dem HErrn, wie Assaph Ps. 73,23.: dennoch bleibe ich stets an Dir; und dieses dennoch ist allem demjenigen entgegen gesetzt, das den Menschen bewegen könnte, von dem HErrn wieder zu weichen. Nach der Sprache des Neuen Testaments hat derjenige einen neuen gewissen Geist, der durch Gnade ein festes Herz bekommen hat, oder den Gott in Christum befestiget, stärket, kräftiget, gründet, oder der als ein gutes Erdreich mit Geduld eine reife Frucht trägt, folglich nicht von denen ist, die zur Zeit der Anfechtung wieder abfallen, oder durch Sorgen, durch den Reichthum und die Wollüste den Trieb des guten Samens wieder ersticken lassen u.s.w. David hatte vor seinem Sündenfall viele Jahre einen solchen gewissen Geist gehabt, denn er blieb, als ein reicher und mächtiger König, der treue Knecht und Anbeter Gottes, ja der Mann nach dem Herzen Gottes, der er vorher in den Höhlen, Wüsteneien, und unter den Philistern, wohin er vor dem König Saul floh, gewesen war. Sein Anhangen an Gott änderte sich nicht mit den äußerlichen Umständigen. Sein Gang war immer richtig, und sein tägliches Bestreben war, die Gebote seines Gottes, auf den er seine Zuversicht setzte, zu halten. Sein Sündenfall aber hatte diesen gewissen Geist in ihm zerstört. Er fühlte sich, da er anfing sich wieder zu bekehren, sehr schwach, und hatte nichts in sich als den guten, aber unkräftigen Willen, der Röm. 7,14. u.ff. beschrieben ist. Er bat also Gott sehnlich, daß Er den gewissen oder festen Geist, den er vorher gehabt, und bei dem er sich so wohl befunden hatte, in ihm erneuern möchte. Auch uns soll es angelegen sein, diesen festen Geist zu erlangen und zu behalten. Gott schafft ihn in dem Menschen, wenn Er ihm Kraft gibt zum Sieg über alle Versuchungen. Wer sich mit seiner Vernunft oder natürlichen Kraft steigt, kann sich etwa gewisser sündlicher Ausschweifungen erwehren: hingegen herrscht die Sünde auf einer andern Seite und unter einer andern Gestalt über ihn, und er bildet sich alsdann selber Zweifel an der Wahrheit und falsche Religionsbegriffe, damit seine geliebte Sünde und sein ganzer Seelenzustand entschuldigt gerechtfertigt werde. Der gewisse Geist aber, den Gott schafft, ist der Sünde, der Welt und dem Satan ohne Ausnahme entgegengesetzt. Er schließt eine feste Ueberzeugung von der Wahrheit und einen beständigen und kräftigen Entschluß, dem HErrn zu leben, in sich. Treue ist dabei nöthig. Wer im Wachen und Beten nachläßt, von dem weicht die Kraft Gottes. Seine Seele wird wie eine offene Stadt ohne Mauer. Nun weiß sie nimmer, was sie glauben oder thun soll. HErr bewahre uns vor diesem Zustand.

Mel.:Was Gott thut, das ist etc. 1. Der Geist des HErrn macht recht gewiß,
Gott wolle Schuld vergeben;
Denn Gott, der dieses uns verhieß,
Schwört auch bei Seinem Leben.
Nichts ist so klar,
Nichts ist so wahr,
Das Herz fühlt Freudentriebe,
Und preiset Gottes Liebe.

2. Des HErrn Geist macht das Herz gewiß,
Wir stehen nun in Gnaden,
Weil Jesus selbst Sein Leben ließ,
Des Zorns uns zu entladen.
Nichts tröstet mehr,
Nichts freut so sehr;
Das Herz darf nun nicht wanken,
Nur glauben und nur danken.

3. Des HErrn Geist macht das Herz gewiß,
Gott nehm‘ uns an zu Kindern,
Der Geist des Sohnes zeugt uns dieß,
Wer will den Geist dann hindern,
Wenn er sich steift,
Das Wort ergreift
Und rühmt des Vaters Güte
Mit kindlichem Gemüthe!

4. Des HErrn Geist macht das Herz gewiß,
Wir werden ewig leben,
Gott woll‘ vom Holz im Paradies
Den Erben Gottes geben.
Das Herz wird froh,
Und singt schon so:
Lob sei von allen Zungen
Gott und dem Lamm gesungen!

11. Dezember. Abend-Andacht.

Lasset euch nicht verführen; böse Geschwätze verderben gute Sitten. 1 Kor. 15,33.

Gleichwie Paulus 1 Kor. 15,32. ein Sprüchwort roher Heiden, welche kein anderes Leben nach dem Tod glaubten, und deßwegen sagten: lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir todt, angeführt hatte, also führte er hernach einen bessern Spruch eines andern Heiden an, nämlich diesen: böse Geschwätze verderben gute Sitten. Die bösen Geschwätze, auf die Paulus hier deutet, waren die Reden einiger Korinther, welche sagten, die Auferstehung der Todten sei nichts, V. 12. Diese Rede floß noch aus einem Ueberbleibsel des heidnischen Sinnes, wie denn Keiner von den weisesten Heiden jemals auf den Gedanken von der Auferstehung der Todten verfallen ist, weßwegen sie auch entweder die Unsterblichkeit der Seele geleugnet, oder sich eingebildet haben, eines Menschen abgeschiedene Seele, welche nach ihrer Natur zur Vereinigung mit einem Körper bestimmt sei, fahre wieder in einen andern Leib; da dann in beiden Fällen keine Hoffnung eines ewigen Lebens in der Herrlichkeit statt hatte. Gleichwie nun Paulus 1 Kor. 15. die Lehre von der Auferstehung der Todten ausführlich bewies und erläuterte, also sagte er auch zur Warnung der Korinther: lasset euch nicht verführen; böse Geschwätze verderben gute Sitten. Noch schärfer und ausführlicher drückt er sich 2 Tim. 2,16.17.18.19. aus, wo er sagt: des ungeistlichen und losen Geschwätzes entschlage dich, denn es hilft viel zum ungöttlichen Wesen, und ihr Wort frisset um sich wie der Krebs, unter welchen ist Hymenäus und Philetus (die zwar nicht zu Korinth, sondern in Asien waren), welche der Wahrheit gefehlt haben und sagen, die Auferstehung der Todten sei schon geschehen, und haben Etlicher Glauben verkehrt. Aber der feste Grund Gottes bestehet und hat dieses Siegel: der HErr kennet die Seinen, und es trete ab von der Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi nennet. Paulus hielt also dafür, daß an einer reinen Lehre viel gelegen sei. Wer ihr mündlich oder auch durch geschriebene Bücher widerspricht, dessen Geschwätz ist unheilig und bös. Es tödtet die Seelen der Menschen wie die Krankheit, welche man den Krebs nennt, die Leiber. Es verdirbt gute Sitten, hilft viel zum ungöttlichen Wesen, und verleitet zur Ungerechtigkeit, von welcher die Christen abtreten sollten. Zu unserer Zeit hat die Gleichgültigkeit gegen die Wahrheit sehr überhand genommen, und es gibt angesehene Leute, welche meinen, es liege nichts daran, was man sich von diesen oder jenen Glaubensartikeln für Vorstellungen mache, wenn man nur einen Gott glaube, und eine gute Sittenlehre habe. Allein weder Christus noch die Apostel waren so gleichgültig. Der HErr Christus sagte, die Wahrheit müsse von der Sünde frei machen, und der Mensch müsse in der Wahrheit geheiligt werden, und hielt diejenigen Juden für verloren, welche Ihm, wenn Er die Wahrheit sagte, nicht glaubten, ob sie gleich das Gesetz des Moses beibehielten. Paulus drang überall auf eine Erkenntniß der Wahrheit zur Gottseligkeit, warnte vor Irrthümern, widerlegte sie, und behauptete einen jeden Glaubensartikel mit großem Eifer, weil er wußte, daß ein jeder zur Zuversicht gegen Gott, zur Liebe, Hoffnung, Geduld und zur Bildung guter Sitten sehr Vieles beitrage. Wir sollen uns also vor dem ungeistlichen losen Geschwätz der Gelehrten und Ungelehrten hüten, und gute Sitten durch die Wahrheit bei uns bilden lassen.

Mel.: Befiehl du deine Wege. 1. Ein Ausblick in die Ferne
Der lichten Ewigkeit
Macht, daß ich Vorsicht lerne
In dem Gebrauch der Zeit.
Wie bald ist viel verloren,
Wie leicht das Heil verscherzt,
Das mich, wie and’re Thoren,
Zu spät am Ende schmerzt!

2. Aus den Gesellschaftsstunden,
Die nach der Weltart sind,
Geht man gar oft mit Wunden,
Die man gefährlich find’t;
Man fühlt erst in der Stille
Und durch der Gnade Zucht,
Daß da des Fleisches Wille
Die Weide nur gesucht.

3. HErr! zieh‘ mich glaube den Kindern,
Die man zu Haus behält,
Das Böse zu verhindern,
Worein der Leichtsinn fällt;
Und bin ich dann alleine,
So lehre mich Dein Geist
Zu aller Zeit das Eine,
Das gut und selig heißt.

4. Da sag‘ mir von dem Himmel,
Wie’s dort so herrlich klingt,
Und wie das Lustgetümmel
Der Welt nur Jammer bringt;
So halten mich die Blicke
Nach jener Herrlichkeit
Von allem dem zurücke,
Was hier den Weltsinn freut.

5. Ziehst Du mir die Gedanken
So in die Stille ein,
So wird’s als einem Kranken
Einst mir was Süßes sein;
Ich bin an Dich gewöhnet,
Mit Dir nur umzugeh’n;
Mein Herz, das nach Dir sehnet,
Darf in den Himmel seh’n.

12. Dezember. Morgen-Andacht.

Du wirst erfahren, daß Ich der HErr bin, an welchem nicht zu Schanden werden, die auf Mich harren. Jes. 49,23.

In den Wegen Gottes geht die Nacht vor dem Tag, die Enge vor dem weiten Raum, der Sturm vor der Stille, der Kampf vor dem Sieg, die Erniedrigung vor der Erhöhung, das Glauben vor dem Schauen, der Tod vor dem Leben her. Wenn nun ein Mensch mit seinem Glauben eine Verheißung oder ein evangelisches Wort Gottes ergreifen und dabei harren kann, bis es erfüllt wird, so ehrt er Gott und wird nicht zu Schanden. Er muß aber bei diesem Harren etwas wagen und leiden, und wenn er sieben Tage geharret hat, hernach, wie Noah im Kasten, noch andere sieben Tage harren, ja er muß harren, bis dasjenige kommt, was er nach der Verheißung Gottes erbeten und gehofft hat. Wo sind aber die Glaubigen, die so harren? Wie Viele werden nach einem kleinen Anlauf wieder müde und lässig, versinken in’s Murren und Klagen, und geben wohl gar die ganze Anbetung, ja den ganzen Dienst Gottes auf, weil Gott nicht alsbald gibt und thut, was sie wollen. Jes. 49,4. bekennt der Messias: Er habe selbst einmal gedacht, Er arbeite in Seinem prophetischen Amt vergeblich, und bringe Seine Kraft umsonst und unnützlich zu, wiewohl Seine Sache des HErrn und Sein Amt Seines Gottes sei. Er mußte also auch auf den HErrn harren, und die Erfüllung der Verheißungen Seines Vaters erwarten, die V. 5-9. stehen. Hernach wird V. 14. von Zion oder dem Volk Gottes gesagt, daß es unter seinen schweren Bedrängnissen spreche: der HErr hat mich verlassen, der HErr hat mein vergessen. Es muß also harren, bis die Verheißungen in die Erfüllung gehen, die V. 15-23. stehen, und erfährt zuletzt, daß Gott, der diese Worte geredet hat, der Jehovah, der Ewige und Unveränderliche sei, an welchem nicht zu Schanden werden, die auf Ihn harren. Wer wird aber zu Schanden? Zu Schanden werden Alle, die im Unglauben dahingehen, und auf’s Eitle, nämlich auf Menschengunst, auf ihre eigene Klugheit, oder auf den Reichthum ihr Vertrauen setzen. Zu Schanden werden die losen Verächter, welche das Wort Gottes für etwas Unsicheres und Ungewisses, ja für ein loses Geschwätz, und das Harren auf die Erfüllung der göttlichen Verheißungen für eine Thorheit halten, ja welche diejenigen in ihren Herzen verachten, die sich an Gott halten, den man nicht siehet, und die um unsichtbarer und zukünftiger Dinge willen gegenwärtige Wollüste und mit Sünden verbundene Vortheile, wie Moses, verläugnen. Zu Schanden werden überhaupt alle Heuchler und Gottlosen, denn sie sind wie Spreu, die der Wind zerstreut. Ihr Weg vergeht. Ihre Hoffnung ist verloren. Vielleicht denkt Manche, er wollte gern auf den HErrn harren, wenn nur dieses Harren bei ihm nicht mit Unglauben vermengt wäre, wen nur nicht täglich Fehler mit unterliefen, und wenn nur im Gewissen keine Anklage wegen der vorher begangenen Sünden vorhanden wäre. Allein wenn diese Einwendungen gälten, so dürfte unter allen Menschen Keiner auf den HErrn harren. Was sagt aber der himmlische Vater V. 6. zu Seinem Sohn? er sagt: Ich habe Dich zum Licht der Heiden gemacht, daß Du Mein Heil seiest bis an der Welt Ende. Nun wenn Christus das allgemeine Heil der Menschen ist, so dürfen alle Menschen auf den HErrn harren; um Seinetwillen und in Seinem Namen dürfen sie harren, wenn sie schon schwach sind und keine eigene Gerechtigkeit haben. Harre also des HErrn, sei getrost und unverzagt und harre des HErrn.

Mel.: Jesu, hilf siegen etc. 1. Weisheit der Erde wird endlich zu Schanden,
Weil sie nicht Jesum als Weisheit erkennt;
Denn Er ist plötzlich als Richter vorhanden,
Den sie im Leben nicht Heiland genennt.
Jesum erkennen ist Ehre vor Allen,
Wenn Ihm die Feinde zu Füßen einst fallen.

2. Glauben an Götzen wird endlich zu Schanden,
Weil man nicht Gott nur in Jesu verehrt.
Kräftiger Irrthum führt Blinde in Banden,
Bis einst das Feuer die Bilder verzehrt.
Jesum verehren wird Ehre erscheinen,
Wenn die Verehrer der Götzen einst weinen.

3. Hoffnung auf’s Eitle wird endlich zu Schanden;
Jesu, Du bleibt uns zur Hoffnung allein;
Du, der dem Glauben zum Leben erstanden,
Führst uns vom Eiteln zum Ewigen ein.
Schenk‘ uns die Ehre, Dir Ehre zu geben
Und Dich zu loben im herrlichen Leben!

12. Dezember. Abend-Andacht.

Die Christo angehören, die kreuzigen (oder halten gekreuzigt) ihr Fleisch sammt den Lüsten und Begierden. Gal. 5,24.

Paulus hatte Gal. 5,19.20.21. siebenzehn Gattungen von offenbaren Werken des Fleisches namhaft gemacht, unter welchen die vier ersten so beschaffen sind, daß der Mensch dadurch an seinem eigenen Leibe sündiget, 1 Kor. 6,18. Das fünfte Werk des Fleisches ist unmittelbar wider Gott gerichtet, die zehn folgenden aber unmittelbar wider den Nächsten, denn was in unserer Bibel Zauberei heißt, ist eigentlich heimliche Vergiftung. Durch die zwei letzten aber ist eine Versündigung, wodurch man theils wider seine eigene Natur wüthet, theils den Seinigen Unrecht anthut, angedeutet. In Ansehung aller dieser Werke des Fleisches sagt Paulus, daß, die solches thun, das Reich Gottes nicht ererben. Hernach aber spricht er: welche aber Christo angehören, halten ihr Fleisch sammt den Leidenschaften und Begierden gekreuzigt. Wenn man diese Worte auch nur obenhin ansieht, so kann man daraus abnehmen, daß diejenigen, die Christo angehören, jene Werke des Fleisches nicht thun. Paulus redet aber hier von dem Fleisch, und von seinen Leidenschaften und Begierden. Das Fleisch, dessen Werke die V. 19.20.21. benannten Sünden sind, und welchem V. 22. der Geist entgegengesetzt wird, ist die verderbte menschliche Natur, welche auch noch von denen, die Christi sind, oder Christo angehören, empfunden wird. Die verderbte Natur hat ihre Leidenschaften und Begierden. Jene sind weniger willkürlich als diese, wiewohl die Verschuldung des Menschen, welcher die Leidenschaften bei sich hat entstehen lassen, sehr groß ist. Eine jede Begierde wird zu einer Leidenschaft, wenn sie oft ausgeübt wird, und durch die oftmalige Ausübung erstarkt und heftiger wird. Wer die Unreinigkeit und Unzucht, von welcher Paulus V. 18. redet, mehrmals ausübt, ja wer auch gewohnt ist, im Ehestand unmäßig zu handeln, geräth in die Lustseuche oder in eine Leidenschaft der Lust hinein, 1 Thess. 4,5. Welch‘ eine Gewalt hat nicht der Neid, der Zorn, die Sauflust über die Menschen, wenn sie sich diesen Sünden durch eine lange Gewohnheit ergeben haben! Wenn nun diejenigen, die Christo angehören, sich vor ihrer Bekehrung dergleichen Leidenschaften zugezogen haben, welche bei vorkommenden Gelegenheiten wieder aufwachen wollen, und wenn sie überdieß böse Begierden, welche nicht so heftig sind, in sich spüren, so halten sie ihr Fleisch sammt den Lüsten und Begierden gekreuziget. Warum aber gekreuziget? Darum weil der glaube an Christum den Gekreuzigten, und der Eindruck, den man bei dem Aufschauen auf Ihn von Seinem Leiden, Kreuz und Tod bekommt, das einzige kräftige Mittel ist, die bösen Leidenschaften und Begierden des Fleisches zu dämpfen. Paulus sagt deßwegen Gal. 6,14. auch in Ansehung der Welt, die locken und schrecken kann: es sei ferne von mir rühmen, denn allein von dem Kreuz unsers HErrn Jesu Christi, durch welchen mir die Welt gekreuziget ist, und ich der Welt. Wer also kein Sklave seiner bösen Affecte und Begierden werden, und gegen die verführerische Welt gesichert sein will, muß im Glauben an den gekreuzigten Heiland leben, und darf sich von diesem Heiland mit seinem Herzen nie entfernen.

Mel.: Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘. 1.Die Sünde ward an’s Kreuz gehenkt,
Dem Recht nach mußt’ sie sterben;
Nun wird uns Schuld und Straf‘ geschenkt,
Wir sollen nicht verderben;
Sie starb, da unser Mittler starb,
Der uns Gerechtigkeit erwarb;
Wer an Ihn glaubt, soll leben.

2.O Wohlthat, die nichts Gleiches hat,
Sie gibt ein ewig Leben,
Daß Gott den Sohn an uns’rer Statt
Selbst in den Tod gegeben!
So ist die Sünde allesammt
Am Kreuz an Christi Fleisch verdammt,
Zur Rettung armer Sünder.

3.Ich bin mit Dir, mein einzig Heil,
An Deinem Kreuz gestorben;
Mein Glaube nimmt an Allem Theil,
Was Du so theu’r erworben;
Du hast die Sünde abgethan,
Dein Opfertod geht mich auch an,
Auch mich Dein Wiederleben.

4.Zwar will die Sünde immerdar
In meinem Fleisch sich regen,
Ich wird‘ in meinem Tod erst gar
Den Sündenleib ablegen;
Doch halt‘ ich mich im Geist dafür,
Gekreuzigt sei mein Fleisch mit Dir
Sammt Lüsten und Begierden.

5.Dieß macht mich auch im Sterben froh;
Ich lass‘ den Leib dem Grabe;
Im Aufsteh’n ist es nicht mehr so,
Daß ich noch Sünde habe;
Dort kämpft man mit dem Fleisch nicht mehr,
Man geht in weißem Kleid einher,
Wie Sieger, die sich freuen.

13. Dezember. Morgen-Andacht.

Jauchzet ihr Himmel, freue dich Erde, lobet ihr Berge mit Jauchzen; denn der HErr hat Sein Volk getröstet, und erbarmet Sich Seiner Elenden. Jes. 49,13.

Gott hatte durch Jesajas vom vierzigsten Kapitel an bis auf das achtundvierzigste mit großem Nachdruck weissagen lassen, wie die Zerstörung Jerusalems durch die Chaldäer, die babylonische Gefangenschaft, und der vermeinte Sieg, welchen die Abgötterei der Heiden dadurch erhalten zu haben schiene, Seiner Ehre nicht nachtheilig sei, und Seinen Rathschluß in Ansehung Israels nicht vernichte; wie Er dann nicht nur durch Seinen Knecht Cores dem Volk Israel eine Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft verschaffen, sondern auch zu rechter Zeit Seinen eingebornen Sohn, dem ein Vorläufer den Weg bahnen werde, in die Welt senden, und durch Ihn sowohl Israel, als auch den Heiden ein großes Heil gewähren werde. Die Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft war, um des Zusammenhangs willen, den sie mit der Ehre Gottes und mit der Sendung des Messias hatte, so wichtig, daß Jes. 44,23. ihret wegen gesagt wird: jauchzet ihr Himmel, denn der HErr hat’s gethan: rufe du Erde hienieden; ihr Berge frohlocket mit Jauchzen, der Wald und alle Bäume drinnen; denn der HErr hat Jakob erlöset, und ist in Israel herrlich.

Nachdem nun obiges geweissagt war, so gab der Geist Gottes, welcher den Propheten des Alten Testaments die besonderen Schicksale der christlichen Kirche, die aus Juden und Heiden bestand, nie offenbaren wollen, dem Jesajas einen Blick auf die entferntesten Zeiten, und ließ ihn von der Bekehrung Israels, welche noch jetzt zukünftig ist, und welche auch Paulus Röm. 11,25.26. verkündiget, und aus Jes. 59,20. bewiesen hat, weissagen. Hier kommt nun kein Babel, aber auch kein Cores mehr vor. Die Noth Israels wird aber als sehr groß beschrieben, s. Jes. 49,14. 51,7.19.20.21. 54,6.11. Die Feinde Israels sind zu dieser Zeit nicht die Chaldäer, sondern gewisse Leute, welche der Prophet Schinder oder Tyrannen nennt, wie auch Anhänger einer falschen Kirche, die er Kap. 57,3. eine Hure nennt, und eines Königs, dessen V. 9. gedacht wird. Dem Volk Israel wird zum Trost in dieser Noth der Messias vor die Augen gemalt, wie Er in Seinem schweren Leiden von allen Menschen verlassen gewesen, und doch glaubig geblieben sei und obgesiegt habe. Es wird auch dem Volk die Versicherung gegeben, daß es wie der Messias selber aus der Noth werde errettet werden, und alsdann seinen ehemaligen Unglauben bereuen, Jes. 53. Die Errettung selber wird dem Messias selbst unmittelbar zugeschrieben, wie Er denn dazu keine tauglichen Werkzeuge finden wird, Jes. 63. Das Heil, welches dem Volk Israel alsdann widerfährt, ist nach der Weissagung des Propheten viel vollständiger, herrlicher und dauerhafter als jenes, welches ihm durch die Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft widerfuhr. Wegen dieses Heils nun sagt der Geist Gottes: jauchzet ihr Himmel und die ihr drinnen wohnet, freue dich Erde, und die ihr darauf wohnet, lobet ihr Berge, und die ihr auf denselben wandelt, mit Jauchzen; denn der HErr hat Sein Volk, das traurig war, getröstet, und erbarmet Sich Seiner Elenden. Auch dieser Spruch beweiset, daß Sünder durch Traurigkeit und Elend zur Erfahrung des göttlichen Trostes und der göttlichen Erbarmung zubereitet werden, und Gott für diese Führung ein großes und allgemeines Lob gebühre. Was ganzen Völkern widerfährt, widerfährt auch in gewissem Maße einzelnen Menschen.

Mel.: Werde munter, mein Gemüthe. 1. Jauchzt, ihr Himmel, freu‘ dich, Erde!
Gott ist’s, der Sein Volk noch tröst’t;
Er erbarmt Sich Seiner Heerde,
Die Elenden sind erlöst;
Leidet schon das Schlachtschaf hier
Von dem Drachen und dem Thier,
Wird des Feinds Arm doch zerbrochen,
Und der Armen Blut gerochen.

2. Seid getreu und hofft, ihr Schafe,
Tragt im Glauben Christi Schmach,
Auf ihr Wüthen folgt die Strafe,
Eurer Schmach die Ehre nach.
Duldet Spott mit Heldenmuth,
Kämpfet endlich bis auf’s Blut;
Braucht man euch zum Trauerspiele,
Euer Kleinod hängt am Ziele.

3. Gott, wir danken Deiner Treue,
Daß Du Deines Volks gedenkst,
Und uns immer auf das Neue
Trost auf Trost im Worte schenkst,
Daß du unsern Glauben gründ’st
Und in uns selbst überwind’st,
Bis wir nach dem kurzen Ringen
Dort das Hallelujah singen.

13. Dezember. Abend-Andacht.

Jesus sprach zu dem Gichtbrüchigen: stehe auf und gehe heim. Mark. 2,10.11.

Auch jetzt spricht der HErr Jesus zu vielen Kranken: stehe auf, ob Er sie gleich nicht so plötzlich gesund macht, wie den Gichtbrüchigen. Neben dem Gebrauch dienlicher Arzneimittel vermag hierin das Gebet des Gerechten viel, wenn es ernstlich ist; wenn nämlich der Geist Gottes zu diesem Gebet einen Antrieb gibt, und es selber in der Seele wirkt. Das Gebet das Glaubens kann dem Kranken helfen, daß ihn der HErr aufrichte, Jak. 5,15.16. Gott handelt aber hierin nach Seinem hohen und unbegreiflichen Majestätsrecht. Er läßt auch Kranke genesen, um deren Genesung Niemand betet. Ja Er läßt auch solche Leute zuweilen wieder gesund werden, welche Andern zur Plage leben, und über deren Tod sich Viele freueten. Hinwiederum läßt Er Gerechte bald sterben, um deren Genesung andere Gerechte zu beten versucht haben, die aber durch das Beten nichts haben ausrichten können, weil sie nur nach einer guten menschlichen Neigung und nicht im Glauben beten konnten. Auch läßt Er zuweilen gottlose Leute schnell und ohne ein Zeichen der Buße und Begnadigung dahin sterben, ehe sie alt werden, und ehe das Maß ihrer Sünden, wenn man es nach der Zahl der Jahre schätzen sollte, voll zu sein schiene. Andere Gottlosen haben eine längere Gnadenzeit. Warum? Niemand kann diese Frage beantworten. Warum mußten Saul und sein wackerer Sohn Jonathan zugleich sterben? Warum der König Manasse, der viel Böses that, lange leben und regieren, und der fromme Josias, der noch viel Gutes hätte anrichten wollen, als ein junger König sterben? Warum wurde der Apostel Jakobus bald nach der Himmelfahrt Jesu getödtet, und sein Bruder Johannes bis zu einem hohen Alter erhalten? Wer kann diese Frage zur Genüge beantworten? Genug ist’s, wenn man mit Moses sagen kann: die Werke des HErrn sind unsträflich, Alles, was Er thut, das ist recht. Treu ist Gott, und kein Böses an Ihm; gerecht und fromm ist Er. Auch ist aus solchen Wegen und Gerichten Gottes zu schließen, daß ein langes Leben nicht durchaus für ein großes Gut zu halten sei, weil es Gott sonst allen Gerechten angedeihen ließe, und daß es zur ewigen Wohlfahrt nicht darauf ankommen, wie lange, sondern wie wohl Einer lebe. Lasset uns die Gnadenzeit wohl anwenden, alldieweil sie da ist, weil wir ihre Dauer nicht wissen, und das ewige Leben zum Ziel unserer Wünsche machen. Wenn ein Gerechter auf dem Krankenbett liegt, und bei sich selbst wahrnimmt, daß der HErr dießmal nicht zu ihm sagen werde: stehe auf und gehe hin an deine Arbeit: so kann er sich der Rede Petri Matth. 14,28. erinnern, der zu dem HErrn Jesu, da Er auf dem Wasser lief, sagte: HErr, bist Du es, so heiß mich zu Dir kommen; wie auch der Antwort Jesu, der zu Petrus sprach: komm her. Ei nun, wenn der HErr Jesus zu einem Gerechten sagt: komm her, so ist’s erfreulicher, als wenn Er zu ihm spricht: stehe auf und gehe. Durch jenes Wort beruft Er den Arbeiter zur Ruhe, durch dieses weiset Er ihn wieder an die Arbeit.

Mel.: Ach bleib‘ mit Deiner Gnade. 1. Wenn ich mich im Erkranken
Zu Bette legen muß,
So leg‘ ich in Gedanken
Dir, Jesu, mich zu Fuß.

2. HErr! bet‘ ich, ist’s Dein Wille,
So hilf und heile Du;
Wo nicht, so schweig‘ ich stille,
Du führst mich himmelzu.

3. Das Blut aus Deinen Wunden
Wascht meine Seele rein;
Dieß laß in letzten Stunden
Mir noch zur Labung sein.

4. Laß nur mir Deine Gnade,
Daran genüget mir;
Der Bund im Wasserbade
Gibt mir ein Recht zu Dir.

5. Da lieg‘ ich als ein Sünder,
Und nehm‘ an Dir doch Theil;
Denn Du bist der Erfinder
Von uns’rem ew’gen Heil.

6. Den Geist, der uns lehrt beten
Und Glauben in uns schafft,
Den laß auch mich vertreten,
Der geb‘ mir Glaubenskraft.

7. Ist mir denn nun vergeben,
So geh‘ ich Alles ein;
Läßst Du mich hier nicht leben,
So wird’s dort besser sein.

8. Heilt Dein Wort nicht die Glieder,
So heilt’s die Seele doch;
Die geb‘ ich Dir jetzt wieder;
Ich sterb‘ und lebe noch.

9. Dein Wort vom Auferstehen
Sei mir wie Honigseim;
Dein Ruh wird einst geschehen:
Steh‘ auf und gehe heim!

14. Dezember. Morgen-Andacht.

Der Glaube wird kräftig durch Erkenntniß alles des Guten, das wir in Christo Jesu haben. Philemon 6.

Der Glaube ist an sich selbst ein Vertrauen, das man auf die Gnade des HErrn Jesu setzt, und das der verborgene Mensch des Herzens in sich faßt. Was zwischen dem HErrn Jesu und einer glaubigen Seele vorgeht, macht kein Geräusch. Niemand weiß es, als der HErr Jesus und die glaubige Seele selbst. Der Glaube ist an sich selbst ein stilles Aufsehen auf Jesum, eine geheime Zuneigung Seines Verdienstes, eine verborgene Zuversicht auf Gott. Er verlangt, empfängt und genießt Vieles in der Stille, und verehrt Gott durch eine Anbetung, die Niemand sieht. Der glaube hat aber auch eine andere Seite. Er ist auch kräftig oder wirksam, und diese seine Wirksamkeit bricht in das äußerliche Leben aus. Paulus beschreibt sie Hebr. 11., und erzählt viele und vielerlei Thaten, welche der glaube bei den Gerechten, die zur Zeit des Alten Testaments lebten, unter großen Schwierigkeiten und Leiden hervorgebracht habe. Paulus betete für den Philemon, daß auch sein Glaube wirksam werden möge durch die Erkenntniß alles Guten, das sie beide in Christo Jesu haben, und wies ihm sogleich eine Gelegenheit dazu an, indem er ihm seinen entlaufenen Sklaven Onesimus, welcher sich zu Rom auf den Zuspruch Pauli bekehrt hatte, zu einer gütigen Aufnahme empfahl. Eines jeden Christen Glaube hat viele ähnliche Gelegenheiten, seine Wirksamkeit zu zeigen; wie denn Petrus 2 Petr. 1,5.6.7. viele Tugenden namhaft macht, die man im Glauben darreichen müsse, und V. 8. hinzusetzt: wenn diese Tugenden sich bei euch befinden und im Ueberfluß da sind, so lassen sie euch nicht müssig noch unfruchtbar sein, was die Erkenntniß unsers HErrn Jesu Christi betrifft. Er bezeugt aber auch V. 9.10.11., wie nöthig die wirksame Kraft des Glaubens sei, indem er sagt: wer diese Tugenden nicht bei sich hat, ist blind, siehet nichts von Weitem, und hat die Reinigung von seinen alten Sünden , die er einmal durch den Glauben erlangt hatte, in Vergessenheit gestellt. Darum seid vielmehr, ihr Brüder, beflissen, euren Beruf und Auswahl fest zu machen, denn so ihr diese Dinge thut, werdet ihr niemals straucheln; denn also wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unsers HErrn und Heilands Jesu Christi. Kurz zu sagen, der Glaube muß thätig sein, so lange die Gnadenzeit währt, sonst erstirbt er, und derjenige, der ihn hatte, geht verloren. Er wird aber kräftig oder thätig durch die Erkenntniß alles des Guten, das man von Christo Jesu empfängt. Und was ist dann dieses Gute? Es ist Gnade und Friede, Gerechtigkeit und Stärke, Licht und Leben, Trost und Hülfe. Es ist die Kindschaft Gottes und die Erbschaft des ewigen Lebens. Zuerst empfängt der Glaube dieses Alles als in einer Summa. Hernach soll der glaubige Christ das Empfangene auseinander lesen, und oft ruhig betrachten, damit er dadurch erweckt, entzündet und gedrungen werde, dem HErrn Jesu, durch den er so viel Gutes empfangen hat, zu leben, zu dienen, und bei allen Gelegenheiten Alles zu Gefallen zu thun. HErr Jesu, laß auch meinen Glauben kräftig werden durch die Erkenntniß alles des Guten, das ich von Deinetwegen habe.

Mel.: Valet will ich dir geben. 1. O Jesu, wie viel Gutes
Hat unser Glaub‘ in Dir!
Das Lösgeld Deines Blutes,
Das theure, gilt auch mir;
Des Vaters Liebeswille
Schenkt in Dir alles Heil;
Aus Deiner Gnadenfülle
Nehm‘ ich auch meinen Theil.

2. ich Sünder suche Frieden:
Mein Friede bist nur Du;
Wünsch‘ Ruhe im Ermüden:
Und Du bist meine Ruh;
Will wahre Weisheit haben:
Du bist dazu gemacht;
Verlange Geistesgaben:
Du hast sie uns gebracht.

3. Möchte ich recht können beten,
So bitt‘ ich nur auf Dich;
Bedarf ich ein Vertreten:
Du bittest selbst für mich;
Will ich ein ewig Leben:
Du mußt mir solches sein.
Der Vater will nichts geben,
Als nur in Dir allein.

4. So will ich Dich denn ehren,
Daß Du mir Alles bist;
Ich will den Ruhm vermehren,
Den Jesus würdig ist;
Ich will Dir Opfer bringen,
Da bin ich, nimm mich hin;
Ich will Dein Lob besingen,
Wenn ich im Himmel bin.

14. Dezember. Abend-Andacht.

Ich will den Vater bitten, und Er soll euch einen andern Tröster geben, daß Er bei euch bleibe ewiglich. Joh. 14,16.

Der sichtbare Umgang Jesu mit Seinen Jüngern war für sie sehr erwünscht und eine unschätzbare Wohlthat; wie Er denn selber Luk. 10,23.24. zu ihnen sagte: selig sind die Augen, die da sehen, das ihr sehet, denn Ich sage euch, viele Propheten und Könige wollten sehen, das ihr sehet, und haben’s nicht gesehen, und hören, das ihr höret, und haben’s nicht gehöret. Die Jünger erkannten dieses selber; deßwegen wurde ihr Herz voll Trauerns, da Jesus zu ihnen sagte; Er gehe hin zu Dem, der Ihn gesandt habe. Bei dieser Traurigkeit tröstete Er sie vornehmlich durch die Verheißung, daß Er den Vater bitten wolle, ihnen einen andern Tröster zu geben, welcher nicht mehr von ihnen weggehen, sondern ewiglich bei ihnen bleiben werde. Er redet hier von dem Heiligen Geist, dessen kräftige und heilsame Wirkungen die Jünger Jesu schon in ihren Seelen erfahren hatten, der ihnen aber auf die Fürbitte Jesu von dem himmlischen Vater auf eine neue Weise gegeben werden sollte. Derselbe ist immer unsichtbar, weßwegen bei Ihm kein Verlust einer sichtbaren Gegenwart entstehen kann. Sowie man Ihn empfängt (man empfängt Ihn aber zur Inwohnung in der Seele), will Er ewiglich bleiben, und als ein anderer Tröster oder Beistand den Mangel der sichtbaren Gegenwart Jesu ersetzen.

Wir, die wir nun an diese sichtbare Gegenwart gewohnt worden sind, sollen zuversichtlich glauben, daß um der Fürbitte Jesu willen Alle, die es begehren, den Heiligen Geist als einen Tröster oder Beistand empfangen sollen, der in ihnen Abba Vater rufen, sie mit unaussprechlichen Seufzern vertreten, führen, und als der Geist der Kraft und der Liebe und der Zucht regieren will. Soll Er aber uns gegeben oder zu uns gesandt werden, so wird Er uns zuvörderst überzeugen, daß wir nicht bei uns selber weise sein, oder uns selber für klug halten, und unsern Willen nicht störrig behaupten sollen. Er wird uns unser eigenes Leben hassen lehren, und das Widerstreben gegen Seine Zucht und Leitung in uns zerstören. Alsdann wird Er aber auch unser treuer Beistand sein, und dasjenige an uns thun, was der HErr Jesus an Seinen Jüngern, da Er sichtbarlich bei ihnen war, gethan hat. Er wird uns lehren, trösten, antreiben, bestrafen und zurückhalten. Er wird uns beten, reden, arbeiten und geduldig leiden lehren. Er wird den Vater und Sohn in uns offenbaren, und uns durch den Glauben an Christum und durch die Heiligung zur Aufnahme in das himmlische Reich Gottes zubereiten. Auch wird Er nicht wieder von uns weichen, sondern ewiglich bei uns bleiben. Nicht nur wenn wir mit Gott reden, und Sein Wort geflissentlich verkündigen und betrachten, sondern auch alsdann, wenn wir mit Menschen umgehen und handeln, und mit irdischen Dingen bemühet sind, wird Er bei uns sein und uns regieren. Auch in der letzten Todesnoth und bei dem wirklichen Sterben wird Er unser Beistand bleiben.

Gott sei Dank in aller Welt. 1. Seht, was Jesus uns verheißt:
Er erbittet uns den Geist,
Welchen uns der Vater send’t,
Der bleibt bei uns bis an’s End‘.

2. Denn daß Jesus in uns bleibt,
Zeigt der Geist an, der uns treibt,
Und den der verklärte Sohn
Uns erbeten auf dem Thron.

3. Bleibe bei mir, Geist des HErrn,
Wo Du bist, da bleibst Du gern;
Leite mich nach Deinem Rath,
Als mein treuer Advocat.

4. Weiß ich kein Wort, rede Du;
Bin ich schüchtern, sprich mir zu;
Will ich irren, führe mich;
Alles gehe nur durch Dich.

5. Wider meinen Widerpart
Schütz‘ mich Deine Gegenwart;
Wo Du bist mit Deinem Wort,
Müssen Welt und Satan fort.

6. Hilf stets meiner Schwachheit auf,
So erlieg‘ ich nicht im Lauf,
Wenn ich bis zum Glaubensziel
Dich als Beistand bei mir fühl‘.

7. Lege mir das Zeugniß bei,
Daß ich in der Kindschaft sei,
Und mach‘ mir durch Christi Blut
Alles bei dem Vater gut.

8. Ruf‘ das Abba noch in mir,
Wenn ich Kraft und Sprach‘ verlier‘,
Und vertritt nach Deinem Brauch
Mich beim letzten Seufzer auch.

9. Wenn wir endlich Jesum seh’n,
Da wird’s an ein Loben geh’n,
Da hat in dem Heiligthum
Vater, Sohn und Geist den Ruhm!

15. Dezember. Morgen-Andacht.

Der HErr wird mich erlösen von allem Uebel, und wird mir aushelfen zu Seinem himmlischen Reich, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. 2 tim. 4,18.

Paulus schrieb dieses mit einer innerlichen Zufriedenheit seines Herzens, da er seinen nahen Tod vor sich sah, wie er denn 2 Tim. 4,6. schrieb: ich werde jetzt durch einen blutigen Tod geopfert, und die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden. In der Aussicht auf dieses Abscheiden sagte er also: der HErr wird mich erlösen von allem Uebel, oder von allem bösen Handel. Böse Händel oder leidige Begebenheiten hatten den Paulus vorher immer verfolgt, und auch in diesem seinem letzten Brief klagte er Kap. 4,16.: in meiner ersten Verantwortung stand Niemand bei mir, sondern sie verließen mich Alle. V. 14.: Alexander der Schmied hat mir viel Böses bewiesen. V. 10.: Demas hat mich verlassen, und diese Welt lieb gewonnen; und Kap. 2,16.17.: das ungeistliche lose Geschwätz der Verführer frißt um sich wie ein Krebs. Alle diese Begebenheiten waren leidig und kränkend: nun, sagte aber Paulus, wird mich der HErr von diesem Allem erlösen, nun werde ich bald nichts Kränkendes mehr sehen und hören; nun haben auch die Arbeiten, die Schläge, die mühsamen Reisen, die Fährlichkeiten und alle die Schwachheiten ein Ende, die ich 2 Kor. 11. genannt habe; nun werde ich bald keine Ketten mehr tragen, bald keinen gottlosen Wächter und keinen ungerechten Richter mehr vor mir sehen, aber auch keine Sünde mehr in mir fühlen. Der HErr wird mich erlösen von allem Uebel. Er wird mir aber zugleich aushelfen zu Seinem himmlischen Reich. Wo kein Uebel ist, wo Friede und Freude herrschen, wo es heilig und herrlich zugeht, dahin wird Er mir aushelfen, und mir meinen Platz da anweisen. Ihm sei Ehre in Ewigkeit, weil Er den Seinigen eine solche Erlösung und eine solche Aufnahme in Sein himmlisches Reich bereitet hat. Hat sich nun der sterbende Paulus mit diesen Worten, wie auch mit denen, die Kap. 4,7.8. stehen, selber gleichsam parentirt, so sollen wir uns befleißen, in unserem Glauben auch so weit fortzurücken, daß wir ihm seine Worte ohne Heuchelei nachsprechen können, weil doch in denselben kein apostolisches Vorrecht, sondern ein Bekenntniß der Hoffnung, welche alle Kinder Gottes haben sollen, enthalten ist. Zur Zeit unserer Kindheit und Jugend war die Zeit für uns eine gute Zeit, weil uns von den leidigen Händeln, die darin vorgingen, wenig berührte: je älter wir aber werden, desto mehr erkennen und fühlen wir, daß die Zeit böse sei, und die leidigen Begebenheiten, die in dem Lehr-, Wehr- und Nährstand vorkommen, berühren unsere Seelen immer mehr. Ist es nun einem Christen zu verargen, wenn er mit einer Zufriedenheit, ja mit einer Sehnsucht sagt: der HErr wird mich erlösen von allem Uebel u.s.w.? Dieses Bekenntniß seiner Hoffnung steht ihm wohl an; doch muß eine harrende Geduld dabei sein. Paulus hatte viele Jahre vor seinem Ende ein Verlangen, bei dem HErrn daheim zu sein, 2 Kor. 5,8., dachte bei seiner Reise nach Jerusalem an die Vollendung seines Laufs, Ap. Gesch. 20,24., und hatte hernach in seiner ersten Gefangenschaft Lust, abzuscheiden, Phil. 1,23. Endlich aber kam das rechte Nun oder die rechte Zeit dazu, 2 Tim. 4,6. Diese Zeit hatte er geduldig erwartet: sie kam ihm aber auch alsdann nicht zu bald.

Mel.: Meine Armuth macht mich schreien. 1. Jesus wird Sein Volk erlösen
Von dem Bösen;
Knechte Christi, tröstet euch;
Wenn Er wird der ganzen Erden
Richter werden,
Da hilft Er auch aus zum Reich.

2. Fällt euch hier die Drangsal schmerzlich,
Glaubt nur herzlich,
Hofft geduldig, harret aus,
Liebet Ihn und Sein Erscheinen;
Denn die Seinen
Führt Er in des Vaters Haus.

3. HErr, wir danken voller Rührung
Deiner Führung,
Die uns hier zum Kreuz gewöhnt;
Denn wir werden gleich dem Haupte,
Das auch glaubte,
Und ist nun mit Preis gekrönt.

4. Gott, wir loben Dein Erbarmen,
Das uns Armen
Hat in Christo auserwählt,
Daß Er uns nicht im Verdammen
Zu den Flammen
Einst zur Welt als Richter zählt.

5. Mach‘ uns Dir einst vor dem Throne
Und dem Sohne,
Als erlöst, zum Lob bereit;
Laß dieß Lied dort von uns Allen
Dir gefallen,
Ihm sei Ehr‘ in Ewigkeit!

15. Dezember. Abend-Andacht.

So wahr Ich lebe, spricht der HErr HErr, Ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen. Ezech. 33,11.

Der Prophet Ezechiel predigte den Juden, die aus ihrem Land weggeführt waren, und als verachtete und bedrängte Leute im Lande der Chaldäer wohnten. Diese Juden nun sagten in einem traurigen Unglauben V. 10.: unsere Sünden und Missethaten liegen auf uns, daß wir darunter vergehen, wie können wir denn leben? das ist, wie können wir uns der Gnade unsers Gottes rühmen und gutes Muthes sein? Ob nun gleich diese Leute allein über ihre Sünden und Missethaten zu klagen schienen, so wußte doch der Herzenskündiger, daß die Klage auch über Ihn ergehe, s. V. 17.20. , und Er von ihnen beschuldiget werde, Er lasse sie unter ihren Sünden und Missethaten vergehen und verschmachten, und habe ein Wohlgefallen an ihrem Verderben: darum hieß Er den Propheten zu ihnen sagen: so wahr Ich lebe, spricht der HErr HErr, Ich habe kein Gefallen am Tod des Gottlosen. Gott setzte hier dem Unglauben der Juden nicht nur Seinen Ausspruch, der an sich selbst schon glaubwürdig gewesen wäre, sondern auch einen Eid entgegen. Er stieß aber dasjenige nicht um, was die Juden von ihren Sünden und Missethaten gesagt hatten, sondern ließ es gelten, daß der Mensch, an dessen Tode Er keinen Gefallen habe, ein Gottloser sei. Aber an des Gottlosen Tod, sagt Er, habe Ich kein Gefallen. Dieser Tod ist dem Leben entgegengesetzt, welches die Sünden und Missethaten unmöglich zu machen scheinen, V. 10., da dann freilich nicht das natürliche Leben gemeint ist, als welches auch bei einer großen Sündenlast und in kümmerlichen Umständen fortgesetzt werden kann, sondern das Leben in der Gnade Gottes, und der gute Muth, den das Wohlgefallen Gottes und die Hoffnung eines ewigen Lebens macht. Der Tod also, von dem der HErr redet, schließt Alles in sich, was der Zorn Gottes mit sich führt: Unmuth, Finsterniß, Unfall, Herzeleid, Sterben ohne Hoffnung, und ein Hinfahren in eine finstere Hölle, von dem die Juden eine richtige Erkenntniß hatten. V. 8. befahl der HErr dem Propheten, er solle zu dem Gottlosen sagen: du mußt des Todes sterben. Aus einem solchen Ausspruch, der freilich nicht den leiblichen Tod, sondern die Verdammniß ankündigt, wollten die Juden schließen, sie seien als gewesene Gottlose unwiderruflich verloren, und es bleibe nun dabei, daß sie ohne Gnade sterben müssen: deßwegen entdeckte hernach der große Gott, wie es mit jenem Ausspruch gemeint sei. Es werde dem Gottlosen dadurch freilich angezeigt, was er verdient habe, und diese Anzeige solle bei ihm einen heilsamen Schrecken verursachen, und aus diesem Schrecken, wie auch aus der damit verbundenen Einsicht in die ohne Verstellung angekündigte Todeswürdigkeit, solle die Bekehrung folgen, da dann der HErr immer gern zeigen werde, daß Er bei der Veränderung, die mit dem Gottlosen vorgegangen, das Todesurtheil nicht vollstrecken, sondern ihn ewiglich leben lassen wolle. Wir können hieraus lernen, was es um des Sohnes Gottes willen, welcher den Menschen zum Erlöser und Fürsprecher gesetzt ist, mit dem Gesetz für eine Bewandtniß habe. Es ist ein wahres Wort Gottes. Sein Fluch ist ein gerechter und ernstlicher Fluch. Der Gottlose soll seiner nicht spotten, weil er ihn sonst auf die schrecklichste Weise fühlen wird. Nur soll er in Christo das Leben suchen.

Mel.: Gott des Himmels und der Erden. 1. Wenn ein Glaubiger gefallen,
So gibt oft der Satan ein:
Du, der Schlimmste unter allen,
Mußt nun gar verloren sein;
Deine Sünde ist zu schwer,
Du find’st keine Gnade mehr.

2. Nein, das ist vom Geist der Lügen!
Gott hat einen Eid gethan,
Daß der Sünder Gnade kriegen
Und das Leben haben kann.
Nur Bekehrung fordert Gott,
Aber Er will nicht den Tod.

3. Welch‘ ein Reichthum hoher Gnaden!
Hört’s ihr Sünder, glaubt es nur:
Ihr seid nicht nur eingeladen,
Gott betheurt’s mit einem Schwur.
Das muß in der tiefsten Pein
Uns’rer Seelen Anker sein.

4. HErr! ich bin im Fleisch auf Erden;
Petrus fiel, und wer bin ich?
Ich kann noch gefället werden:
Fiel‘ ich, bitte auch für mich;
Nach dem Weinen sprich mir Du
Bald auch wieder Frieden zu.

5. Würde auf dem Krankenbette
Mit das Herz von Aengsten wund,
Gib nur, daß Dein Eid mich rette,
Davon wird ein Herz gesund;
Mach‘ mein Herz der Freude voll,
Daß der Sünder leben soll.

16. Dezember. Morgen-Andacht.

Ihr waret wie die irrenden Schafe, aber ihr seid nun bekehret zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen. 1 Petr. 2,25.

Wenn die Bekehrung recht ausgeführt sein soll, so muß man zu Christo als dem Hirten und Bischof der Seelen bekehrt worden sein, denn wenn dieses nicht geschieht, so bleibt man immer noch ein irrendes und verlornes Schaf. Der Vater ziehet die Menschen zu Seinem Sohn, und der Sohn Gottes sagt: kommet her zu Mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, und der Heilige Geist verkläret Jesum in den Seelen. Von diesem Jesu zeugen alle Propheten, daß durch Seinen Namen Alle, die an Ihn glauben, Vergebung der Sünden empfahen sollen. Gleichwie aber die Menschen sich zu Ihm als einem Erlöser und Versöhner bekehren sollen, durch dessen Namen sie Vergebung der Sünden empfahen: also sollen sie Ihn auch als den Hirten und Bischof der Seelen erkennen, zu dem die irrenden Schafe umkehren sollen. So lange sie als irrende Schafe herumlaufen, thun sie, was sie wollen und sind, wie Paulus röm. 6,20. sagt, frei von der Gerechtigkeit, sobald sie aber bekehrt sind, stehen sie unter Jesu als ihrem Hirten und Bischof oder Aufseher. Und dieses soll ihnen nicht leid sein, denn dieser gute Hirte waidet sie alsdann auf einer grünen Aue, führet sie zum frischen Wasser, erquicket ihre Seelen, und führet sie auf rechter Straße um Seines Namens willen, Ps. 23. Seine Schafe hören Seine Stimme, und Er kennet sie und sie folgen Ihm, und Er gibt ihnen ewiges Leben, und sie werden nimmermehr umkommen und Niemand wird sie aus Seiner Hand reißen, Joh. 10, 27.28. Als der Bischof der Seelen wandelt Er mitten unter den goldenen Leuchtern, Off. 2., das ist unter den christlichen Gemeinen, und ist der treueste, weiseste, gütigste, aber auch thätigste Aufseher sowohl über ganze Gemeinden und ihre Lehrer, als auch über alle einzelnen Seelen, da denn seine Bestrafungen und thätigen Züchtigungen eben so wohl aus der lautersten Liebe fließen, als Seine Belehrungen und Tröstungen, Sein Schutz und Seine Hülfe. Zu diesem Hirten und Bischof der Seelen sollen wir bekehrt sein, oder uns von nun an bekehren. Sind wir aber zu Ihm bekehrt, so werden wir gern unter Seinem Hirtenstab und unter Seiner Aufsicht stehen, oder wie er anderswo sagt, gern Sein Joch, welches sanft ist, und Seine Last, welche leicht ist, tragen; denn wie Er Seine Macht über Seine Schafe und über die Seiner Aufsicht anvertrauten Seelen ausübt, also erzeigt Er ihnen auch eine unendliche Treue und Güte. Es soll ihnen nichts mangeln, sie sollen Leben und volles Genüge haben, Ps. 23,1. Joh. 10,11. Uebrigens ist die Verbindung glaubiger Seelen mit dem Hirten und Bischof ihrer Seelen viel inniger als die Verbindung der Unterthanen mit einem irdischen Regenten. Unterthanen bekommen nämlich von ihrem König oder Fürsten mündliche oder schriftliche Befehle, sind aber meistens weit von ihm entfernt, und empfangen auch keine Kraft von ihm, seine Befehle zu halten. Von dem HErrn Jesu haben glaubige Seelen zwar auch ein geschriebenes Wort, worin Er ihnen Seinen Willen geoffenbart hat: sie fassen aber dieses Wort nicht ohne Ihn selbst, und Ihn nicht ohne das Wort. Wer ein Ohr hat zu hören, der höre, was der Geist aus dem Mund Jesu durch Sein Wort den Gemeinden sagt.

Mel.: Jesus, meine Zuversicht. 1. Eh’mals war ich nicht ein Kind,
Eh’mals war ich nicht in Gnaden;
Ich war auch, wie Viele sind,
Die sich Zorn auf Zorn aufladen:
Aber nun bin ich bekehrt;
Gott, das ist ein Danklied werth!

2. Nicht ich selbst bekehrte mich,
Nicht ich selbst gab mir das Leben;
Gott, mein Gott, erbarmte sich,
Was ich bin, hat Er gegeben.
Gott, mein Gott, nimm, was ich bin,
Nun zum Dank für Gnade hin!

3. Jesus, der getreue Hirt,
Ist mit Fleiß mir nachgegangen,
Er hat mich, da ich verirrt,
In dem Sturz noch aufgefangen,
Und dieß Eine rühm‘ ich blos:
Jesu, Deine Huld ist groß!

4. Gottes Geist hat mich bestraft
Ueber meiner Menge Sünden,
Also ward ich aufgerafft,
Daß ich konnte Gnade finden,
Und den Glauben schuf Er mir;
Ewig sei Ihm Dank dafür!

5. Hab‘ ich vormals nie begehrt,
Gott die Ehre zu erweisen,
O so will ich, als bekehrt,
Nun die Gnade kindlich preisen;
Gott, mein Gott, bereite Du
Mich zum Dank auf ewig zu!

16. Dezember. Abend-Andacht.

Jakob anwortete: ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn. 1 Mos. 32,26.

Das nächtliche Ringen Jakobs, welches 1 Mos. 32. beschrieben ist, gehört unter die außerordentlichen Dinge, durch welche Gott lehren wollte, was in der Führung glaubiger Seelen auf dem schmalen Weg gewöhnlicher Weise vorzugehen pflege; denn wenn man dasjenige, was bei diesem Ringen sichtbar und leiblich war, auf die Seite setzt, so ist es nichts Anderes als das anhaltende Beten und Hoffen einer glaubigen Seele, welche Gott Seine heilige Strenge eine Zeit lang fühlen läßt, und dadurch in die Enge treibt und tief demüthigt. Jakob hat, wie Hosea K. 12,4.5. sagt, von allen Kräften mit Gott gekämpft. Er hat mit dem Engel (der Gott war) gekämpft und gesiegt; denn er weinte und bat Ihn. Jakob war damals wegen seines Bruders Esau in einem großen Gedränge; da er aber bei Nacht sich von seinen Weibern, Kindern und Heerden abgesondert hatte, um genug zu beten, so rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröthe anbrach. So kommt zuweilen eine Noth zu der andern, eine innerliche zu der äußerlichen, wiewohl diese Noth bei dem Jakob auch äußerlich, dabei aber das Bild einer innerlichen Anfechtung war. Der Mann, der mit dem Jakob rang, war Gott, wie Hosea sagt, nämlich das wesentliche Wort, welches hier in einer menschlichen Gestalt erschienen war, und deßwegen der Engel oder Gesandte des HErrn genannt wird. Jakob hat Ihn vermuthlich zuerst nicht gekannt, sondern überhaupt nur gemeint, es überfalle ihn ein Feind, der ihn tödten wolle. Er wehrte sich mit dem Leib, aber auch mit Thränen und mit Flehen. Hier wurde sein Glaube geprüft, ob er sich noch fest an die Verheißung Gottes halte, die 1 Mos. 28,13.14.15. geschrieben steht, und auf die er sich 1 Mos. 32,12. berufen hatte. Weil nun der Glaube Jakobs in der Probe wohl bestand, so ließ Gott, der ihn ohnehin nicht zu tödten, sondern nur zu prüfen vorhatte, von ihm ab, und vergönnte ihm die Ehre, der Sieger bei diesem Ringen zu sein. Jakob sahe bei dem Schein der Morgenröthe das ehrwürdige Angesicht dessen, der mit ihm rang, und erkannte wenigstens damals, daß er eine göttliche Person sei. Diese göttliche Person aber hatte Lust, Sich zu stellen, als ob sie überwunden und schwach sei, und sagte zu Jakob: laß Mich gehen, denn die Morgenröthe bricht an; aber er antwortete: ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn. Es war also dem Jakob nicht genug, dem Verderben entronnen zu sein, welches ihm zuerst gedroht ward, sondern er wollte auch noch einen Segen davon tragen, und bat mit einer großen Dreistigkeit um denselben. So muthig war sein Glaube unter dem Ringen geworden! Er bekam auch einen Segen, nämlich den neuen Namen Israel, und mit demselben ohne Zweifel eine neue Glaubenskraft, damit er diesen Namen wahrhaftig führen, und nach der Bedeutung desselben ein Fürst Gottes oder ein siegreicher Glaubensheld sein könnte. Auch wir sollen in schweren Prüfungsstunden mit glauben und Beten anhalten, bis wir einen neuen Segen erlangen.

Mel.: Nun ruhen alle Wälder. 1. Dein Wort, HErr, ist geschehen, Zur Heimath soll ich gehen: So führe mich dahin, Geh‘ mit, ich will Dich fassen, Ich werde Dich nicht lassen, Bis ich von Dir gesegnet bin. 2. Willst Du mit mir noch ringen, Bis Du mich heim wirst bringen, So ringst Du nicht als Feind; Mit Weinen und mit Bitten Wird leicht mit Dir gestritten; Du segnest, wenn’s genug geweint. 3. So sieh‘ denn meine Thränen, Und sprich mir unter denen Auch Deinen Segen ein; Ich werde Dich nicht lassen, Gib Kraft, Dich fest zu fassen; Wer Dich hält, wird gesegnet sein. 4. Du warst ja für die Deinen Auch selbst versucht im Weinen, Im Blutschweiß rangest Du; Daher kann’s uns gelingen, Im Fleh’n mit Gott zu ringen; Du führst auch segnend himmelzu. 5. Ach segne mich mit Leben, Mit Gnade, mit Vergeben, Mit Gut, das ewig freut; Mit Glaubenstrost, mit Lieben, Mit Hoffnung und mit Trieben Von Deinem Geist der Herrlichkeit. 6. Auch wenn ich soll erblassen, Will ich Dich doch nicht lassen, Ich hänge mich an Dich; So läßst Du mir’s gelingen, Auch durch den Tod zu dringen, Da segnest Du mich ewiglich!

17. Dezember. Morgen-Andacht.

Wir sind erlöst mit dem theuren Blut Christi, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. 1 Petr. 1,19.

Nicht mit vergänglichem Silber oder Gold sind wir von unserm eiteln Wandel nach väterlicher Weise erlöset, sondern mit dem theuren Blut Christi, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Es ist klar, daß hier dem Blut Christi ein hoher Werth zugeschrieben wird, mit welchem es den Werth des vergänglichen Silbers oder Goldes unendlich übertrifft, und daß die Erlösung durch das Blut Christi einem Kauf ähnlich ist, wodurch man ein Recht bekommt, etwas an sich zu ziehen und für sein eigen zu halten. Man kauft sonst mit Silber und Gold: wir aber sind mit dem Blut Christi, das theuer ist oder einen großen Werth hat, erkauft, um ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priesterthum, ein heiliges Volk, ein Volk des Eigenthums zu sein, 1 Petr. 2,9. Silber und Gold sind vergänglich, das Blut Christi aber ist unvergänglich; und da das Silber und Gold, das ein Mensch besitzt, immer mit einer gewissen Ungerechtigkeit befleckt ist, und deßwegen nebst der übrigen habe ein ungerechter Mammon heißt (wie denn Niemand behaupten kann, daß er im Einnehmen und Ausgeben die Regel der Gerechtigkeit immer auf’s Genaueste treffe), so ist dagegen Christus, da Er Sein Blut vergoß, ein unschuldiges und unbeflecktes Lamm, folglich Sein Blut, wie Sein ganzes Wesen, heilig gewesen. Er war unschuldig und untadelich, weil Er nie keine Sünde gethan oder keinen Fehler gemacht hat; Er war unbefleckt, weil auch keine böse Lust in Ihm war. Ja Er war, da Er Sein Blut vergoß, als Christus der Sohn Gottes in einem so hohen Grad heilig, daß Er die Heiligkeit aller Erzengel unendlich übertrag, weßwegen der heilige Gott Sein vergossenes Blut mit dem höchsten Wohlgefallen ansehen, und um desselben willen Sich mit Gnade zu dem menschlichen Geschlecht wenden konnte. Indem uns aber Christus mit Seinem Blut erlöst und erkauft hat, um ein ewiges Eigenthum Gottes zu sein, so hat Er uns auch von unserm eitlen Wandel nach väterlicher Weise erlöst. Von diesem eitlen Wandel, bei welchem man nur der Augenlust, Fleischeslust und dem hoffärtigen Leben nachhängt, müssen wir weggeleitet werden, wenn das Blut Christi uns zum Heil gereichen soll; denn derselbige Wandel, welcher der Heiligkeit, die Gott um Christi willen bei uns aufrichten will, gerade entgegen gesetzt ist, führt in’s Verderben hin, und bekommt dadurch keine Rechtfertigung, daß er eine väterliche Weise, oder eine bei unserm Geschlecht fortgepflanzte Gewohnheit ist. Sind unsere Voreltern eitle Leute gewesen, so soll jetzt bei uns etwas Neues entstehen. Wir sollen gleichsam aus der Art schlagen; wir sollen heilig werden, wie Gott heilig ist, und unsern Wandel, so lange wir hier wallen, mit Furcht führen, V. 16.17. Dazu will uns aber Gott um des vergossenen theuren Blutes Christi willen Licht und Kraft verleihen. Er will uns als der Gott des Friedens durch und durch heiligen, und so zur künftigen Herrlichkeit bereiten. Es geschehe dieses an mir und den Meinigen!

Mel.: Nun sich der Tag geendet hat. 1. Wie hast Du, unbeflecktes Lamm,
Doch ein so theures Blut;
Wie stillt es doch so wundersam
Des Höchsten Eifersgluth!

2. Wie ist es doch für eine Welt,
Die voll von Sündern war,
Ein unvergleichlich Lösegeld;
Du brachtst’s dem Vater dar.

3. Wie macht’s doch so vollkommen rein
Von allem Sündenwust;
Wie flößt es doch das Leben ein
In eines Sünders Brust!

4. Wie ist es doch ein Wunderblut
Vom wahren Gottessohn;
Wie redet es für uns so gut
Vor Gott auch auf dem Thron!

5. Wie wascht es doch das Herz so schön,
Wie glänzend macht es doch;
War zur Versühnung auserseh’n,
War todt und lebet noch!

6. Das sei mein Schatz, sonst will ich nichts;
Das sei mein Ruhm allein,
Und in dem Erbtheil jenes Lichts
Soll das mein Anzug sein.

7. Lob sei denn Gott, vor dem es floß,
Der es zur Zahlung nahm;
Lob sei auch Dem, der es vergoß,
Dem unbefleckten Lamm!

17. Dezember. Abend-Andacht.

Wer an den Sohn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer nicht glaubet, der ist schon gerichtet, denn er glaubet nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes. Joh. 3,18.

Wenn des Menschen Sohn kommen wird in Seiner Herrlichkeit, und alle heiligen Engel mit Ihm, dann wird Er sitzen auf dem Stuhl Seiner Herrlichkeit, und werden vor Ihm alle Völker versammelt werden, und Er wird sie von einander scheiden (Matth. 25,31.32.), und über einen jeden von den zwei Haufen ein Urtheil fällen, denn Er ist von Gott verordnet ein Richter der Lebendigen und der Todten zu sein, Ap. Gesch. 10,42. Der Kreis des Erdbodens, das ist das ganze menschliche Geschlecht, welches auf dem Erdboden gewohnt hat, wird alsdann mit Gerechtigkeit gerichtet werden, Ap. Gesch. 17,81. Dessen ungeachtet ist wahr, was Christus Joh. 3,18. gesagt hat: wer an den Sohn Gottes glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubet, der ist schon gerichtet, denn er glaubet nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes. Warum wird derjenige, der an den Sohn Gottes glaubt, nicht gerichtet? Darum, weil er das ewige Leben schon hat, und schon vom Tod zum Leben durchgedrungen ist, Joh. 5,24., und die Barmherzigkeit sich bei ihm wider das Gericht rühmet, Jak. 2,13. Es ist freilich klar, daß die Worte richten und Gericht Joh. 3,18. Joh. 5,24. Jak. 2,13. eine fürchterlicher Bedeutung haben, da sie hingegen Ap. Gesch. 10,42. 17,31. von einer allgemeinen Bedeutung sind. Der HErr Jesus wird alle Menschen, auch diejenigen, die an Ihn geglaubt haben, richten, insofern Er sie öffentlich selig preisen, ihnen das Reich Gottes als ein Erbe durch einen Ausspruch schenken, und einem Jeden unter ihnen einen reichen Gnadenlohn nach seinen Werken geben wird. Er wird sie aber in einem andern Verstand nicht richten, weil sie schon vorher begnadigt waren, und weil Er Sich im Neuen Testament, dessen kurzer Inhalt Hebr. 8,8-12. beschrieben ist, anheischig gemacht hat, ihrer Untugend und ihren Sünden gnädig zu sein, und ihrer Ungerechtigkeit nicht mehr zu gedenken.

Wer aber an Ihn nicht glaubt, ist schon gerichtet; der Zorn Gottes schwebt und bleibet über ihm, Joh. 3,36., der Ausschlag zu seiner Verdammniß ist schon vorhanden, ehe er stirbt, und ehe der jüngste Tag anbricht; denn er glaubet nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes. Wie viel ist also an diesem Glauben gelegen! Wie wichtig und herrlich ist die Folge desselben! Wenn ich der ehrbarste, artigste und gutthätigste Mensch wäre, und glaubte nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes, der mir gepredigt worden ist, so wäre ich nach Gottes Urtheil schon gerichtet, oder unter die Verdammten gerechnet, wiewohl das Urtheil der Verdammniß erst am jüngsten Tag öffentlich und feierlich über mich würde ausgesprochen werden. Wenn ich aber auch der größte Sünder wäre, und gelangte bei Leibesleben durch die Wirkung des Heiligen Geistes unter einer redlichen Reue noch zum Glauben an den Namen des Sohnes Gottes, so würde ich schon bei Leibesleben begnadigt. HErr, lasse diese Glückseligkeit mir und den meinigen an jenem Tage widerfahren!

Mel.: Jesus, meine Zuversicht. 1. Jesus kam nicht zum Gericht,
Das war nicht des Heilands Sache,
Auch des Vaters Vorsatz nicht:
Sondern daß Er selig mache;
Wer nun glaubt, der hat es schon;
Denn er glaubt an Gottes Sohn.

2. Wer nicht glaubt, ist schon gericht’t,
Denn er flieht den Sohn der Liebe;
Seine Seele haßt das Licht,
Weil’s die Finsterniß vertriebe;
Da er könnte selig sein,
Rennt er in die Höll‘ hinein.

3. HErr! Du weißt’s, ich glaub‘ an Dich;
Daß ich glaube, ist aus Gnaden:
Und ich denke sicherlich,
Mir wird das Gericht nicht schaden;
Denn ich liebe Dich, das Licht,
Und so trifft mich kein Gericht.

4. Du bist Christus, Gottes Sohn,
Darauf will mein Herz bestehen,
Und mein Mund bekennt es schon,
Eh‘ wir Dich als Richter sehen;
Selbst Dein Geist zeugt mir davon,
Du sei’st Jesus, Gottes Sohn.

5. Ach erhalt‘ mir diesen Sinn,
Welche mir Dein Geist gegeben,
Weil ich noch auf Erden bin,
Bis ich werde bei Dir leben,
Daß mich auch Dein Ruf nicht schreckt,
Wenn er zum Gericht erweckt.

6. In dem Glauben laß mich einst
Meinen Leib zur Ruhe legen,
Rück‘ mich hin, wenn Du erscheinst,
In den Wolken Dir entgegen,
Daß ich, vom Gericht befreit,
Bei dem HErrn sei allezeit!

18. Dezember. Morgen-Andacht.

Das Lamm, das mitten im Thron ist, wird sie waiden und leiten zu den Lebenswasser-Brunnen. Offenb. 7,17.

Johannes sahe im Himmel einen Thron, welcher der Thron Gottes war. In der Mitte dieses Thrones, und rings um denselben waren vier lebendige Wesen, welche mit den Cherubim, die Ezechiel gesehen hat, eine große Aehnlichkeit haben, aber in der Mitte der Oberfläche des Thrones, folglich auf demselben und in der Mitte der vier lebendigen Wesen und der vierundzwanzig Aeltesten, die den Thron umgaben, ist das Lamm Gottes, welches deßwegen kommen, und das Buch mit sieben Siegeln aus der Hand Dessen, der auf dem Thron saß, empfangen konnte. Diejenigen, die vor dem Thron standen, standen auch vor dem Lamm, Offenb. 7,9., und dieses Lamm waidet sie und leitet sie zu den Lebenswasser-Brunnen. Wie wunderbar ist doch die Beschaffenheit der göttlichen und himmlischen Dinge! Damals, da der HErr Jesus dem Johannes auf der Insel Patmos erschien, und Johannes, der auf dem Boden stand, zu desselben Füßen hinfallen konnte, war eben dieser Jesus auch im Himmel auf dem göttlichen Thron; und indem Er da gesehen und angebetet wird, ist Er auch bei denen, die vor dem Thron stehen, und waidet sie als ihr Hirte, und leitet sie zu den lebendigen Wasserbrunnen; gleichwie Er auch auf dem Berg Zion bei den 144,000 Auserwählten ist, Offenb. 14,1. Es ist also die heilige und anbetungswürdige Person Jesu in keinen Raum eingeschlossen. Sie ist so hoch erhaben als Gott der Vater und als der Heilige Geist, den Johannes als sieben Fackeln, die vorne auf dem Thron brannten und leuchteten, gesehen hat; sie ist aber überall denen nahe, deren Hirt und Aufseher Er ist, und die Ihn lieben und anbeten. Auch im Himmel waidet Er die Auserwählten; denn Er ist Lamm und Hirt zugleich. Paulus redet Hebr 6,5. von Kräften der zukünftigen Welt, welche ein erleuchteter Christ schon bei Leibesleben schmecken könne. Denjenigen nun, welche in jene Welt durch die Gnade gelangt sind, wird das Lamm Gottes zum völligen Genuß dieser Kräfte oder kräftigen Dinge verhelfen, und deßwegen wird sie nicht mehr hungern, V. 16. Er wird sie aber auch zu den Lebenswasser-Brunnen leiten, und deßwegen wird sie nicht mehr dürsten, V. 16. Ohne Zweifel wird dadurch eine völligere Mittheilung des Heiligen Geistes angedeutet, welcher oft in der heiligen Schrift das Lebens-Wasser genannt wird. Die Seligen im Himmel werden sehr gern unter der Leitung des Lammes Gottes stehen, und durch das Trinken von den Lebenswasser-Brunnen oder durch die völligere Empfahung des Heiligen Geistes voll von Licht, Freude und Kraft, aber auch immer mehr mit Gott dem Vater und dem Sohn, dessen Geist der Heilige Geist ist, verbunden werden. Von diesem allem aber muß auf Erden ein Anfang gemacht werden, wie denn David Ps. 23. sagte: der HErr ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln. Er waidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele, Er führet mich auf rechter Straße um Seines Namens willen. Auch hat Christus Joh. 10. dieses Alles mit andern Worten Seinen Schafen verheißen. Wer im Himmel von dem HErrn Jesu gewaidet werden will, werde auf Erden Sein Schaf, und wer im Himmel von Ihm zu den lebendigen Wasserbrunnen geleitet werden will, bitte Ihn hier um das lebendige Wasser, wie Er Joh. 4. das samaritische Weib angewiesen hat, und lasse sich nach jeder Hitze der Anfechtung nirgends hin als zu diesem frischen Wasser führen.

Mel.: 1. Freut euch, Schäflein, auf die Freude,
Daß euch einst das Lämmlein waide
An den ew’gen Lebenswassern;
Da ist Friede von den Hassern,
Da ist Ruhe von den Thränen,
Da folgt Ehre nach dem Höhnen,
Da ist Leben auf das Sterben,
Auf die Armuth Alles erben.

2. Da ist Zutritt vor dem Throne,
Da ist Jauchzen vor dem Sohne,
Da ist’s von dem Seufzen stille,
Da ist statt des Durst’s die Fülle,
Da ist Wollust für die Schmerzen,
Da ist Liebe in den Herzen,
Da ist Segen, Heil und Wonne,
Da ist selbst das Lamm die Sonne.

3. Jesu, nimm hier von den Deinen
Tausend Dank, auch wenn sie weinen,
Und doch mit bethränten Freuden
Sich schon an dem Trostwort waiden.
Ist’s schon Waide noch auf Erden,
O was wird’s im Himmel werden!
Gib uns bald ein ewig Leben,
Dir Dein ewig Lob zu geben!

18. Dezember. Abend-Andacht.

Gott kann überschwenglich thun über Alles, das wir bitten oder verstehen. Eph. 3,20.

Die Liebe Christi übertrifft alle Erkenntniß; die Glaubigen sollen mit aller Gottesfülle, die kein menschlicher Verstand ergründen kann, erfüllet werden; und Gott kann überschwenglich thun über alles, was wir bitten oder verstehen. Mit diesen Aussprüchen, die Eph. 3,19.20. stehen, lehrt Paulus, daß das wahre Christenthum keine Kunst sei, die man auslernen, und kein Stand, dessen ganze Beschaffenheit man deutlich erklären könne. Schon auf Erden hat ein Christ mehr, als er versteht. Er glaubt und empfindet oft, daß ihn der HErr Jesus liebe: diese Liebe des HErrn Jesu aber ist viel größer, als er weiß. Er ist ein Tempel Gottes und empfindet das Leben Jesu in sich selbst, ohne eine anschauende Erkenntniß desselben zu haben. Er ist zu einem himmlischen Stand bestimmt, den man zwar nach dem Zeugniß der heiligen Schrift für herrlich, vergnügt und unvergänglich halten kann, dessen ganze Vortrefflichkeit aber kein sterblicher Mensch begreifen kann. Gott kann das Licht aus der Finsterniß hervorrufen, ja Er kann dem, das nicht ist, rufen, daß es werde, und beweiset diese Seine Kraft auch in uns, wenn Er uns wiedergebiert und erleuchtet: wer kann aber diese Wirkung der göttlichen Kraft ganz verstehen? Wer kann zusehen, wenn Er etwas Neues in der Seele schafft? Man bittet nach Seinem Wort um Gnade, Hülfe, Licht und Leben, und um die Aufnahme in die ewige Herrlichkeit, und wenn man bei seinem Bitten alle die Schriftworte gebraucht, worin uns alles Gute verheißen und angeboten wird, so kann man freilich sagen, Gott werde nicht mehr thun, als wir bitten; weil Er Seinen ganzen Liebesvorsatz in Seinem Wort entdeckt hat. Wenn man aber den glaubigen Vater fragt, wie er seine Bitten verstehe, und was er sich von den Gnadengaben Gottes, um die er bittet, für Begriffe mache, so wird er bekennen, daß er zwar wahrhaftige, aber doch unvollkommene und kindische Begriffe davon habe, und er wird inne, daß Gottes Wirkungen und Gaben das Maß seines Gebets, wie er es selber verstanden habe, unendlich übertreffen. Wenn man aber auch außer der Gebetsübung den göttlichen Gaben und Wirkungen nachdenkt, so erreicht man sie bei Weitem nicht mit seinem Verstand. Aus diesem Allem kann man schließen, daß die Vollkommenheit des Menschen nicht in die Grenzen seines Verstandes eingeschlossen sei, weil die heilsamen Wirkungen Gottes fortgehen, wo der blick unsers Verstandes aufhört. Man lehrt die Menschen richtig denken, und es steht ihnen wohl an, wenn sie darin geübt sind. Wenn ich aber lange Vieles überdacht habe, so ist noch die Frage, was ich erfahre, habe und genieße. Wer im Denken von dem Geist Gottes geleitet und von Seinem Licht erleuchtet wird, denkt freilich richtig, wenn aber dieses Licht nicht ein Licht des Lebens wäre, und wenn die Gabe des Lebens, die man von Gott empfängt, nicht weiter reichte als der geübteste und erleuchtetste Verstand mit seinem Denken, so wären wir übel berathen. Gott thut nie weniger, als die Glaubigen bitten und verstehen: Er thut aber überschwenglich mehr. Lasset uns also Seiner im Bitten nicht schonen. Lasset uns Vieles von Ihm bitten. Lasset uns mehr von Ihm erwarten, als wir deutlich erkennen und erklären können.

Mel.: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende. 1. Wir glauben, ob wir’s schon nicht sehen,
Denn Gott kann überschwenglich thun,
Mehr als wir bitten und verstehen.
Auf dem Wort kann das Herz beruh’n;
Man fragt nicht: wie kann’s möglich sein?
Man glaubt: Gott kann’s und thut’s allein.

2. Wer hat gebeten und verstanden,
Daß Gott den Sohn uns geben wollt‘,
Und da Er in der Welt vorhanden,
Daß Er am Kreuzholz sterben sollt‘?
Doch ist’s gescheh’n, Gott hat’s gethan,
Der überschwenglich geben kann.

3. Dem Schächer ward noch mehr geschenkt,
Als er verlangte und verstund.
Wenn noch ein Sünder oft gedenket:
O nur nicht in den Höllenschlund!
So zeigt Gott, wie Er Großes thu‘,
Und gibt den Himmel noch dazu.

4. Mein Gott! ich bitte nur um Gnade,
Die da in Christo Jesu ist;
Begreif‘ ich’s nicht im höchsten Grade,
So weiß ich, daß Du mächtig bist.
Es wird noch mehr an uns gescheh’n,
Als wir jetzt bitten und versteh’n.

5. Kann ich auf Erden schon nicht fassen,
Was wir im Himmel werden sein,
Will ich Dich, Vater, machen lassen,
Du machst es gut und kannst’s allein.
Nur Dir sei Ehre allezeit
Von Ewigkeit zu Ewigkeit!

19. Dezember. Morgen-Andacht.

Auf daß euer Glaube rechtschaffen und viel köstlicher erfunden werde, denn das vergängliche Gold, das durch’s Feuer bewähret wird. 1 Petr. 1,7.

Gott hat von Anbeginn der Welt die vernünftigen Geschöpfe, welche unter allen die edelsten sind, auf Proben gesetzt, worin sie ihre Treue gegen Ihn haben beweisen, und sodann eine Vermehrung ihrer Gaben und Glückseligkeit von Ihm empfangen sollen. Mit den Engeln hat Gott so gehandelt, und da ein Theil derselben in der Probe übel bestand, so hat er diejenigen, welche Ihm treu blieben, in ihrem seligen und herrlichen Zustand so befestigt, daß sie nun keiner weitern Prüfung, welche die Gefahr eines Falles mit sich führte, ausgesetzt sind. Wären Adam und Eva in der Prüfung, die Gott im Paradies mit ihnen vornahm, wohl bestanden, so wäre ohne Zweifel ihr Licht und ihre geistliche Kraft vermehrt und ihre Glückseligkeit befestigt worden. Nun da die Menschen durch den Glauben an Christum sich wieder aufrichten und die Gemeinschaft mit Gott auf’s Neue erlangen können, so muß auch dieser Glaube durch mancherlei Anfechtungen mehr als einmal geprüft werden, da dann, wenn die Prüfungen gut ablaufen, und der Glaube immer als rechtschaffen und köstlich erfunden wird, Alles auf Lob, Preis und Ehre bei der Offenbarung Jesu Christi am jüngsten Tag hinausläuft, und alsdann alle Gefahren überstanden sein werden. Bei einer jeden solchen Prüfung kommt dem Menschen etwas vor, das ihn anficht oder versucht, oder das ihn veranlassen will, dem Willen Gottes ungehorsam zu werden. Von dieser Art war bei unsern ersten Eltern die betrügliche Rede der Schlange, und die scheinbare Annehmlichkeit der Früchte des verbotenen Baumes. Auch bei denen, die an den HErrn Jesum glauben, kommt Vieles vor, das ihren Glauben zernichten oder doch schwächen will. Mit Unlust müssen sie oft böse Gedanken und Lüste in sich selbst leiden. Mit Schmerzen müssen sie empfinden, wie die Wege Gottes ihrem Sinn und Willen zuwider seien, und wie insonderheit die Welt, mit welcher sie umgeben sind, auf einem breiten Weg ihr glück sucht und das Reich Jesu Christi haßt. Unter diesen Versuchungen darf man traurig werden, wie Petrus V. 6. sagt, aber unglaubig darf man nicht werden. Der Entschluß Assaphs: dennoch bleibe ich stets an Dir, Ps. 73,23., muß im Herzen fest bleiben. Auch vor lässigen Händen und müden Knieen und ungewissen Tritten, Hebr 12,12.13., welche schon ein Zeichen eines überhand nehmenden Unglaubens sind, muß man sich hüten. Legt aber der Glaube in den Versuchungen eine gute Probe ab, so ist er viel köstlicher, denn das vergängliche Gold, das durch’s Feuer bewähret wird. Gleich wie nämlich das Gold im Feuer als wahres Gold erkannt, und zugleich von den Schlacken gereinigt wird, also wird der Glaube in den Versuchungen als ein wahrer und lebendiger Glaube erkannt, und von dem Vertrauen auf’s Eitle, das zuerst noch unvermerkt dabei war, gereinigt. Ein solcher glaube hat vor Gott einen sehr großen Werth. Unter der Reinigung wächst er; und sein Ende ist der Seelen Seligkeit bei einer unaussprechlichen und herrlichen Freude. Lasset uns also die Anfechtungen, die eine kleine Zeit, V. 6., währen, nach ihrem guten Zweck und ewigen Nutzen betrachten und in denselben Glauben halten.

Mel.: O Welt sieh‘ hier dein Leben. 1. Ihr in der Welt Betrübte,
Und doch von Gott Geliebte,
Laßt’s euch nicht fremde sein;
Die Hitze in dem Tiegel
Schmelzt doch des Geistes Siegel
An eurem Glaubensgold nicht ein.

2. Wenn ihr mit Christo duldet,
Und leidet unverschuldet;
Seid muthig und erfreut,
Daß ihr frohlocken könnet,
Von Christo ungetrennet,
Im Ausbruch Seiner Herrlichkeit.

3. HErr, dieser Trost ist theuer;
Wenn einst die Welt im Feuer
Mit ihrem Gold vergeht,
So wird dieß Gold doch dauern,
Daß man an Salems Mauern
Als ein durchscheinend Steinlein sieht.

4. HErr, der den Glauben mehret,
Und ihn im Feu’r bewähret,
Wir danken Dir darum;
Nach Deinem Maß der Gnade
Machst du des Feuers Grade;
So gibt’s ein Gold zum Heiligthum.

5. Dir, HErr, soll Ehre geben
In dem und jenem Leben,
Wem Du so wohl gewollt.
In Deiner Offenbarung,
O selige Erfahrung,
Strahlt erst Dein Licht in solchem Gold!

19. Dezember. Abend-Andacht.

Jesus spricht: siehe, Ich komme bald. Und der Geist und die Braut sprechen: komm! Und wer es höret, der spreche: komm! Off. 22,12.17.

Der HErr Jesus und die Braut begegnen einander in diesen Worten mit einer liebevollen Ansprache. Er spricht: siehe, Ich komme bald. Ist dieses nicht ein Wort der zärtlichsten Liebe, welches die Braut trösten und erfreuen soll? Und der Geist und die Braut sprechen: komm! Ist dieses nicht ein Ausdruck des liebreichen Verlangens, welches die Braut nach ihrem Bräutigam hat? Wenn der Bräutigam spricht: siehe, Ich komme bald, so wäre es unfein, wenn die Braut dadurch in eine Furcht gesetzt würde; denn Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibet die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein; wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe, 1 Joh. 4,18. Und eben diejenigen, die völlig in der Liebe sind, stehen in dem Stand der Braut, welches hier des Johannes Augenmerk ist. Weil es aber noch Seelen gibt, bei denen die völlige Liebe die Furcht noch nicht ausgetrieben hat, so werden diese von Johannes auch zu diesem seligen Brautstand eingeladen; denn er sagt, wenn sie den HErrn Jesum sagen hören: siehe, Ich komme bald, so sollen sie auch ohne Furcht sprechen lernen: komm! Die Liebe schließt das Verlangen in sich, den Geliebten zu sehen, und mit Ihm so genau, als es möglich ist, vereinigt zu werden. Dieses Verlangen wird durch die Zukunft Jesu völlig gestillt. Durch dieselbe offenbart Sich Jesus Seiner Braut noch mehr, als er Sich vorher den Seelen im Himmel offenbaren konnte; denn der Tag Seiner Zukunft ist ein Tag der Offenbarung. An diesem Tage werden Ihn auch diejenigen Braut-Seelen das erstemal sehen, welche bis an das Ende der Welt lebendig geblieben sein werden. Alle Heiligen werden Ihm alsdann in einem fröhlichen Liebestrieb in den Wolken und der Lust entgegen gerückt werden, 1 Thess. 4,17. Wenn Er sie aber auch schon Seiner Rechten wird gestellt haben, so wird Er noch zu ihnen sagen: kommet her ihr Gesegneten Meines Vaters! und von da an werden sie bei dem HErrn sein allezeit, 1 Thess. 4,17. Denn wenn sie mit einander als die geschmückte Braut des Lammes in dem neuen Jerusalem wohnen werden, so wird er bei ihnen wohnen; das neue Jerusalem wird auch Sein und des Vaters Hütte sein; der Thron Gottes und des Lammes wird darinnen sein; Er wird ihre Leuchte und ihr Tempel sein, Offenb. 21. und 22. Welch‘ eine Liebe, Freude und Herrlichkeit wird da im Schwang gehen! Kein Menschenverstand reicht jetzt bis dahin; doch soll eine jede Seele begierig sein, die Liebe Jesu bei Leibesleben zu genießen, und etwas von demjenigen zu erfahren, was Ps. 45., im ganzen Hohenlied, Hos. 2. und Eph. 5. von denjenigen Seelen bezeugt wird, mit denen Sich der HErr Jesus verlobt hat. Man soll also in der Liebe, welche durch den Genuß der Liebe Jesu entzündet wird, immer weiter rücken, bis sie völlig wird, und man ohne Furcht den HErrn Jesum könne sagen hören: Ich komme bald, und bis der Zuruf, komm! als ein liebevolles Echo dagegen erschallen könne.

Mel.: Ach‘ bleib mit Deiner Gnade. 1. Ich komme zu vergelten,
Es ist Mein Lohn mit Mir:
Das läßt uns Jesus melden,
Und Sein Wort haben wir.

2. Die Braut ruft Ihm entgegen:
HErr Jesu! komme Du;
Der Geist gibt das Vermögen
Und spricht auch selbst dazu.

3. Wer diese Worte höret,
Der stimme auch mit ein,
Wie Christi Geist ihn lehret:
Komm, Du sollst willkomm‘ sein!

4. Mir will ich’s sagen lassen,
Ich will des Geistes Ton,
Ich will der Braut Sprach‘ fassen:
Komm, Jesu, Gottes Sohn;

5. Ich liebe Dein Erscheinen
Und freu‘ mich, Dich zu seh’n,
In Hoffnung, mit den Deinen
Vor Deinen Thron zu geh’n.

6. Mein Werk darfst Du jetzt finden,
Es ist im Glauben gut,
Es ist von allen Sünden
Gereinigt durch Dein Blut.

7. Ich will mich Dein nicht schämen,
O nein, mich dürstet ja,
Und wer da will, darf nehmen,
Weil Lebenswasser da.

8. Dieß soll in meiner Seelen
Mein stetes Rufen sein;
Und wenn mir Kraft will fehlen,
Sprech‘ mir Dein Geist es ein.

9. So bleibt mir auch im Grabe
Die Anwartschaft zur Ruh‘,
Weil ich gerufen habe:
HErr Jesu, komme Du!

20. Dezember. Morgen-Andacht.

Ich preise Dich, Vater und HErr Himmels und der Erden. Matth. 11,25.

Der HErr Jesus hat oft mit Seinem Vater geredet, und Niemand zuhören lassen, aber Matth. 11,25. u.ff. Joh. 11,41.42. Joh. 12,27.28. Joh. 17. und in der Leidensgeschichte sind einige Seiner Ansprachen an Seinen Vater beschrieben, bei deren Betrachtung unter anderem auch zu bemerken ist, wie Er Ihn genannt habe. Er nannte Ihn aber gemeiniglich Vater, am Oelberg: Mein Vater, Joh. 17.: heiliger Vater. Am Kreuz in tiefster Noth: Mein Gott, Mein Gott, Matth. 11,25. aber: Vater und HErr Himmels und der Erden. Alle diese Benennungen waren Ausdrücke Seines Herzens, und ein jeder derselben kam mit dem Zustand, worin Er jedesmal war, und mit der Sache, von welcher Er redete, überein. Niemand hat den Namen Gottes so geheiligt wie Er, Niemand hat ihn mit einer so geziemenden lautern und vollkommenen Ehrerbietung und Liebe ausgesprochen wie Er. Auch hierin ist Er unsere Gerechtigkeit worden, weil wir unreine Lippen haben, und unsere Reden von Gott und mit Gott viele Mängel haben, und einer Vergebung bedürfen.

Was nun die Ansprache Jesu an Seinen Vater anbelangt, die Matth. 11,25. beschrieben ist, so drückt in derselben das Wort Vater die lauterste Liebe, und der Name: HErr Himmels und der Erden die reinste Ehrerbietung aus. Der HErr Jesus glaubte immer, daß Er der Sohn Gottes sei, obschon der Teufel in der Wüste und ohne Zweifel auch zu andern Zeiten diesen Seinen Glauben angefochten hat, und nennt deßwegen Denjenigen, der aller Menschen Gott ist, mit der größten Gewißheit Vater, ja Er sagte am Oelberg mit einer großen Inbrunst zu Ihm: Mein Vater, welches keiner Seiner Jünger jemals gethan hat, oder hat thun dürfen, wie Er denn diese sagen hieß: unser Vater. Da Er Ihn aber den HErrn Himmels und der Erden nannte, so redete Er als derjenige, der freiwillig ein Knecht dieses HErrn worden, und Ihm in allen Stücken gehorsam war. Er betrachtete damals die Frucht Seines Lehramts, welches Er auf der Erde führte, um die Menschen zur Aufnahme in den Himmel tüchtig zu machen. Er dachte daran, wie das Evangelium, so deutlich Er’s auch vortrage, Einigen verborgen bleibe, Andern aber so klar werde, daß sie es glauben können. Jene nannte Er weise und kluge Leute, weil ihre gewohnte Weise zu denken sich zu dem Wesen der eitlen Welt reimte, und sie deßwegen dieselbe nicht aufgeben wollten, wenn sie das Evangelium, welches ihren Sinn ändern sollte, hörten: diese aber nannte Er Unmündige, weil sie wie Kinder keine vorausgefaßte Weisheit und Klugheit dem Evangelio entgegen setzten, sondern sich sagen ließen und glaubten. Anstatt Sich zu kränken, erhub Er Sein Herz bei dieser Betrachtung fröhlich zu Seinem Vater und sagte, derselbe habe, als der HErr Himmels und der Erden, das Evangelium jenen verborgen und diesen geoffenbart. Er entschuldigte damit jene nicht, weil Er ihnen sonst V. 21-24. keine Strafe hätte androhen können, sondern gab zu verstehen, der Vater habe Ihm ein solches Evangelium zu predigen befohlen, welches die Weisen und Klugen nicht fassen, und nur die Unmündigen durch seine Wirkung glauben können. Die Sünde solcher Weisen und Klugen besteht darin, daß sie nicht Unmündige werden wollen.

Mel.: O Jerusalem, du schöne. 1. Gott, Du bist der HErr der Erden,
Wie Du HErr des Himmels bist;
Denn Du hießest beide werden,
Da noch nichts gewesen ist;
Und auf diesem trock’nen Rund
Machst Du Deine Herrschaft kund.

2. Dahin ward der Mensch gestellet,
Dein Bild aus der Hand voll Thon;
Als die Schlange den gefället,
Gabst Du solche Deinem Sohn,
Welcher auf die Erde kam
Und ein Fleisch vom Menschen nahm.

3. Du sandt’st Deinen Sohn herunter,
Gabst Immanuel Sein Land
Zu dem Schauplatz Seiner Wunder,
Machtest’s lang zuvor bekannt,
Wo Er Krippe, Kreuz und Grab
Und den Berg zur Auffahrt hab‘.

4. HErr, die Erde muß Dich loben,
Die Sein Blut geheiligt hat;
Will der Drache da schon toben,
Find’t er doch nicht lange Statt;
Christi Rechte sieget doch
Auf der alten Erde noch.

5. Kommt, die wir auf Erden leben,
Gebt dem HErrn der Erde Ruhm,
Bis wir Ihm im Himmel geben,
Macht sie so zum Heiligthum;
Wenn die alte wird vergeh’n,
Läßt uns Gott die neue seh’n.

20. Dezember. Abend-Andacht.

Von Seiner Fülle haben mir Alle genommen Gnade um Gnade. Joh. 1,16.

Paulus spottete der Korinther auf eine liebreiche und heilige Weise, da er 1 Kor. 4,8. schrieb: ihr seid schon satt werden, ihr seid schon reich worden, ihr herrschet ohne uns, das ist, ihr habt eurer Meinung nach alle Gefahren überstanden, und wollte Gott, ihr herrschetet wahrhaftig, auf daß auch wir mit euch herrschen möchten. Wer auf diese Weise satt und reich ist, hungert und dürstet nicht mehr nach Gnade, und sucht nichts Weiteres über dasjenige, was er schon hat; da dann nicht nur ein Stillstehen auf dem Weg des Lebens unvermeidlich ist, sondern es auch bald dahin kommt, daß der Mensch, der zuerst fein gelaufen war, wieder zurückgeht und die empfangene Gnade verliert. Wir aber wollen nicht also gesinnt sein; denn bis das Ende kommt, von welchem Paulus 1 Kor. 15,24-28. redet, und bei welchem Gott Alles in Allen sein wird, muß ein Christ aus der Fülle Jesu Gnade um Gnade, das ist eine Gnade nach der andern empfangen, folglich von einer Stufe zu der andern aufsteigen. Auch alsdann, wenn eine gerechte Seele von ihrem Leib geschieden sein wird, wird dieses Aufsteigen noch fortwähren, wie denn das weiße Kleid, Offenb. 6,11., das Waiden und Leiten, Offenb. 7,17., und die reine und schöne Seide, womit das Weib Jesu im Himmel zur Hochzeit geschmückt wird, Offenb. 19,7.8., andeuten, daß die Heiligen auch noch im Himmel Gnade um Gnade empfangen. Wir Pilgrime aber, die wir durch die Wüste der Welt wallen, wir Streiter, die wir noch auf dem Kampfplatz stehen, haben insonderheit nöthig, aus der Fülle Jesu Gnade um Gnade zu empfangen; denn wenn wir nicht durch die Gnade vorwärts fortrücken, so drücken uns die Versuchungen, die uns aufstoßen, zurück, und wenn wir nicht in einem jeden neuen Kampf durch die Gnade überwinden, so werden wir überwunden. Das Wort Gnade bedeutet hier nicht nur die Huld und Barmherzigkeit Jesu Christi, die uns unsere Sünden täglich vergibt, und uns trägt und schützt, sondern auch alles dasjenige, was uns zur Gleichförmigkeit mit Christo, zum Sieg über den Argen, zum Halten der Gebote Gottes, und endlich zu einer seligen Vollendung nöthig ist. Dieses Alles soll uns von Christo mitgetheilt werden; denn Er ist voll davon. Er ist Licht und Leben; Er ist voll Gnade und Wahrheit. Alles Gute ist ohne Maß in Ihm: und eben dieses ist Seine Fülle, oder Sein unerforschlicher Reichthum, Sein unermeßlicher Ueberfluß. Das Nehmen aus dieser Seine Fülle geschieht durch den Glauben, durch welchen man sich zu Ihm wendet und nicht zu Menschen, aber auch nicht zu dem Gesetz, das durch Mosen gegeben worden ist. Soll man aber aus der Fülle Jesu eine Gnadengabe nach der andern zur Behauptung des Gnadenstandes und zum geistlichen Wachsthum empfangen, so muß man ein leeres Gefäß werden; denn in ein volles kann Niemand etwas hineingießen. Wohl dem, der von eigener Weisheit, Gerechtigkeit und Kraft ausgeleert wird, damit ihn Jesus erfüllen könne! Wohl dem, der schwach wird, wie Paulus 2 Kor. 12,10. von sich sagt, damit er in dem HErrn stark werde! Wohl dem, in dem der alte Mensch mit seinen Lüsten und Begierden getödtet wird, damit Jesus in ihm leben könne! Wohl dem, der schwach wird, wie Paulus 2 Kor. 12,10. von sich sagt, damit er in dem HErrn stark werde! Wohl dem, in dem der alte Mensch mit seinen Lüsten und Begierden getödtet wird, damit Jesus in ihm leben könne! Jenes Leer- und Schwachwerden und jenes Sterben thut wehe, macht aber der Gnade Raum, daß sie sich mit ihren Gaben immer völliger in uns erweisen kann.

Mel.: O Gottes Sohn, HErr Jesu etc. 1.Herr Jesu! Gnade quillt aus Dir
Und wird zu ganzen Strömen;
Aus Deiner Fülle dürfen wir
Um Gnade Gnade nehmen.
Weil denn ein Jeder nehmen soll,
So schöpf‘ auch ich mein Herz mir voll
Aus Deiner Gnadefülle.

2.Du hast aus Deinem Leib Dein Blut
So rein und reich gegeben,
Daß es an Todten Wunder thut,
Weil Sünder davon leben.
Im Glauben leb‘ ich auch davon;
Denn durch das Blut von Seinem Sohn
Hat Gott auch mich versühnet.

3.Den Geist der Gnade goß’st Du aus
Mit unerschöpften Gaben;
Was wird man in des Vaters Haus
Aus diesem Meer erst haben!
Hier bring‘ ich Dir mein Herz auch her,
Das von sich selber dürr und leer,
Dieß wollest Du auch füllen.

4.Dir, Jesu, nimmt man nie zu viel,
Du willst uns nicht beschämen;
Du setzst auch weder Zeit noch Ziel,
Man darf auf ewig nehmen;
Zerlechzt mein Eimer einst am Born,
Doch fürcht‘ ich künftig keinen Zorn:
Ich nehme Gnad‘ um Gnade!

21. Dezember. Morgen-Andacht.

Als der HErr solches gesagt hatte, ward Er aufgehoben zusehen, und eine Wolke nahm Ihn auf vor ihren Augen weg. Ap. Gesch. 1,9.

Der HErr Jesus erschien nach Seiner Auferstehung Seinen Jüngern und Jüngerinnen neunmal, und verschwand jedesmal wieder, nachdem Er eine kurze Zeit sichtbar gewesen war, da Er ihnen aber das zehntemal erschienen war und mit ihnen geredet hatte, wurde Er aufgehoben zusehens. Dieses war etwas Neues. Die Jünger sahen dem HErrn Jesu nach, so lange sie konnten, aber eine Wolke nahm Ihn vor ihren Augen weg. Nun hätten sie über diese Begebenheit allerhand Auslegungen machen können: zwei Männer aber in weißen Kleidern, welche bei ihnen standen, sagten zu ihnen: dieser Jesus, welcher von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird wieder kommen, wie ihr Ihn gesehen habt gen Himmel fahren. Nun konnten sie sich der Worte Jesu erinnern: ihr werdet sehen des Menschen Sohn auffahren dahin, da Er vor war; Ich verlasse die Welt und gehe zum Vater; Ich fahre auf zu Meinem Gott und zu eurem Gott, zu Meinem Vater und zu eurem Vater. Die Jünger Jesu sahen nur etwas Weniges bei der Himmelfahrt Jesu, da Wort Gottes aber entdeckte ihnen und uns noch viel mehr. Nach demselben jauchzten bei der Himmelfahrt Jesu die Seelen der Gerechten, die Engel bliesen mit hellen Posaunen, die bösen Engel mußten Seinen Triumph als Gefangene zieren und wurden zur Schau dargestellt, die menschliche Natur Jesu bekam eine unvergleichliche Herrlichkeit, Er nahm als König den Himmel als Sein Reich ein, Er ging als Hoherpriester durch Sein eigenes Blut in das himmlische Heiligthum ein, erschien vor dem Angesicht Gottes für uns, und fand, daß die Erlösung, welche Er ausgeführt hatte, eine ewige Gültigkeit habe. Der Vater sprach zu Ihm: setze Dich zu Meiner Rechten, bis daß Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege; und Er setzte Sich zur Rechten des Vaters auf den Thron der Majestät in der Höhe, wo Er nun mit Preis und Ehre gekrönt ist, und Freude die Fülle und liebliches Wesen ewiglich genießt. Wer ist aber derjenige, der zu Bethlehem in einer Krippe gelegen, vor dem Herodes geflohen, und zu Nazareth ein armer Knabe und hernach ein Zimmermann gewesen ist. Er ist derjenige, der als arm und geschmähet im jüdischen Land herumgereiset, und hernach von Seinem Volk verworfen, den Heiden übergeben, und am Kreuz in einer erbärmlichen Gestalt gestorben ist. Von der tiefsten Niedrigkeit ist Jesus bis zur höchsten Höhe aufgestiegen. Auf diesem Wege und in dieser Ordnung werden aber auch alle Glaubigen erhöhet; wie Er denn selber sagte: wer sich selbst erniedriget, der wird erhöhet werden. Weil aber nun Christus als König zur Rechten Gottes sitzt, so lasset uns Ihm williglich dienen im heiligen Schmuck der Gerechtigkeit; denn da der HErr zu Seiner Rechten Könige, die Ihm nicht unterthan sein wollen, zur Zeit Seines Zorns, und insonderheit zur Zeit der großen Schlacht das Haupt über große Lande (das Thier aus dem Abgrund) zerschmeißen wird, Ps. 110., wie vielmehr würde Er uns geringe Leute zerschmeißen, wenn wir Jesu nicht dienen wollten? Weil wir auch einen großen Hohenpriester haben, Jesum den Sohn Gottes, der gen Himmel gefahren ist, so lasset uns halten an dem Bekenntniß des Glaubens und der Hoffnung, Hebr. 4,14. Lasset uns bei der Gnade und dem Schutz Jesu nichts fürchten. Lasset uns Ihn um Vieles bitten, weil Er Alles geben und thun kann.

Mel.: Alles ist an Gottes Segen. 1. Vor dem auserwählten Volke
Stieg der HErr in eine Wolke,
Wie in Seinen Wagen ein,
Und im Jauchzen heil’ger Schaaren
Ist Er zu dem Thron gefahren,
Wo Er sollte König sein.

2. HErr, erleuchte mir die Augen,
Daß sie aufzusehen taugen,
wo Du bei dem Vater bist,
Für die Deinen mächtig bittest
Und den Feind zu Boden trittest,
Bis Dein Volk erlöset ist.

3. Ja in majestät’scher Wolke
Kommest du einst Deinem Volke,
Das sein Herz gen Himmel kehrt,
Und befreit vom Schwefelpfuhle,
Dich auf Deinem Königsstuhle
In getreuem Glauben ehrt.

4. Jesu, dieses sei mein Leben,
Dir die Ehre hier zu geben,
Als dem eingebornen Sohn;
Endlich stelle mich auch droben,
Dich in Ewigkeit zu loben,
Großer HErr, vor Deinen Thron!

21. Dezember. Abend-Andacht.

Wir haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist. 1 Kor. 2,12.

Johannes redet 1 Joh. 4,1. von Geistern, die man prüfen solle, ob sie von Gott seien, und v. 3. von dem Geist des Widerchrists, von welchem die Glaubigen, an die er schrieb, gehört haben, daß er kommen werde, der aber schon zur selbigen Zeit in der Welt sei. Auf eine ähnliche Weise redet Paulus 1 Kor. 2,12. von dem Geist der Welt, den er und andere Knechte Gottes nicht empfangen haben. Das Wort Geist bedeutet hier nicht den Teufel; denn man sagt nicht, daß der Teufel in die Welt komme, oder daß ihn Jemand empfange: sondern die Fähigkeit und den Trieb böser Menschen, einzelne Lehrpunkte oder ganze Lehren und Künste auszubilden, da dann freilich der Teufel oft als ein unsichtbarer Lehrer und Treiber dahinter steckt. Wer den Geist der Welt empfangen hat, ist ein natürlicher Mensch, V. 14., und redet mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, V. 13.; da dann dasjenige, was er denkt und redet, entweder so beschaffen ist, daß es keinen andern Nutzen hat, oder daß es der seligmachenden Wahrheit entgegen gesetzt, folglich höchst schädlich ist. Auch im ersten Fall hat der natürliche Mensch, so lange er ein solcher bleibt, die wahren Begriffe von den Worten der heiligen Schrift nicht, und ist also in sich selbst blind, zu geschweigen, daß seine Weisheit oft nur auf irdische Dinge gerichtet ist. Wer aber sich von seine Trieb und Witz sogar hinreißen läßt, der Lehre von Christo zu widersprechen, oder einen andern Christum zu predigen, als Paulus gepredigt hat, hat den Geist des Widerchrists. Nicht der Geist der Welt, sondern der Geist aus Gott, nämlich der Heilige Geist, der vom Vater und Sohn ausgeht, macht die Menschen tüchtig zu wissen, was ihnen von Gott gegeben ist. Viele denken zwar, sie bedürfen dieses göttlichen Geistes nicht, weil doch in de Bibel deutlich gesagt sei, daß Gott Seinen eingebornen Sohn für uns Alle dahin gegeben, und daß Er uns um Seinetwillen das ewige Leben schenken wolle: folglich könne ein Jeder, der einen natürlichen Verstand, oder wohl gar auch einige Gelehrsamkeit hat, leichtlich wissen, was uns von Gott gegeben und zugesagt sei. Allein zu geschweigen, daß bei dieser Vorstellung einer hohen und edlen Gabe Gottes, nämlich der Gabe des Heiligen Geistes, welche Niemand erkennt, als wer sie hat, vergessen ist: so erinnert uns Paulus 1 Kor. 8,2., daß nicht ein jedes Wissen rechter Art sei. Weiß ich recht, daß Gott Seinen eingebornen Sohn in den Tod hingegeben hat, um mich zu erlösen, so ist’s unmöglich, daß ich nicht mein Vertrauen auf die Liebe des Vaters und die Gnade des Sohnes setze und dafür herzlich, mündlich und thätig dankbar sei. Weiß ich recht, daß mir Gott das ewige Leben in Seinem Sohn gegeben hat, so ist’s unmöglich, daß ich noch irdisch gesinnt sei, und den Bauch zum Gott mache. Ueberhaupt versteht derjenige noch nichts vom Evangelium, ob er’s gleich liest, hört und selber predigt, der dabei ein trockenes, todtes und fühlloses Herz behalten, und in der Eitelkeit des Sinnes dahin gehen kann. Der Geist aus Gott, welcher der Geist der Wahrheit heißt, lehre uns das wahrhaftige Wort Gottes recht verstehen, damit wir selig werden.

Mel.: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende. 1. Wir haben nicht den Geist empfangen,
Den argen, der die Welt regiert;
Den hat sie längst schon von der Schlangen,
Die gleich das erste Paar verführt,
Sie weiß im Mangel wahren Lichts
Vom Vater und von Christo nichts.

2. Der Geist aus Gott ist mir gegeben,
Der Gottes Sohn in uns verklärt
Als unser Licht und unser Leben;
Wir werden von dem Geist gelehrt,
Damit das Herz unfehlbar wüßt‘,
Was uns von Gott gegeben ist.

3. O Geist des HErrn! laß meine Seele
Dein Haus und Deine Schule sein;
Da lehr‘ mich, wie viel mir fehle,
Und präge mir nur Jesum ein;
Wenn dann mein Herz nun geistlich denkt,
So weiß ich, was mir Gott geschenkt.

4. Will sich der Weltgeist an mich schleichen,
Verstellt in einen Schein des Lichts,
Laß mich nicht seinen Lügen weichen;
Ich wisse außer Jesu nichts,
Und daß in Ihm Gott Alles schenkt,
Den doch die Welt an’s Holz gehenkt.

5. Der Weltgeist führt nur zum Verderben,
Der Geist aus Gott zur Seligkeit.
O Geist des HErrn! mach‘ auch im Sterben
Zur Anschau Jesu mich bereit,
Daß ich dort himmlisch weiß und denk‘,
Was Gott uns bei dem Lämmlein schenk‘!

22. Dezember. Morgen-Andacht.

Alles soll loben den Namen des HErrn; denn Er gebeut, so wird’s geschaffen. Ps. 148,5.

Gott hat im Anfang geboten, daß die Himmel, die Engel, die Sonne, der Mond und die Sterne, und die Wasser, die über der Feste sind, und überhaupt alle Geschöpfe werden sollten: und so sind sie geschaffen worden. Damals wurde erfüllt, was Ps. 33,9. steht: so Er spricht, so geschieht’s, so Er gebeut, so stehet’s da. Von Seines Willens wegen habe alle Dinge ihr Wesen bekommen, und sind geschaffen worden, Offenb. 4,11. Wenn nun einem Geschöpf sein Wesen lieb ist, wenn es über sein Dasein froh ist, wenn es lieber ist, als nicht ist, wie denn keines Geschöpfes Trieb auf das Nichtsein geht: so soll es den Namen des HErrn, der es geschaffen hat, loben. Es soll, wenn es einen Verstand hat, mit den 24 Aeltesten im Himmel sagen: HErr, Du bist würdig zu nehmen Preis und Ehre und Kraft, denn Du hast alle Dinge und auch mich erschaffen. Deiner Liebe und Deinem gebietenden allmächtigen Willen habe ich es zu danken, daß ich nicht Nichts, sondern Etwas bin, und daß ich durch Deine Güte ein ewig glückseliges Geschöpf sein kann. Auf diese Weise führt uns die heilige Schrift in Ansehung des Lobes Gottes bis zur Schöpfung zurück. Wer traurig, bedrängt und verlassen ist, kann doch Gott wegen der Schöpfung loben, da insonderheit nach dem Evangelio immer Hoffnung vorhanden ist, daß die Traurigkeit in Freude, und der bedrängte und verlassene Zustand in einen wonnesamen werde verwandelt werden. Wie können aber die Geschöpfe die keinen Verstand haben, als die Sonne, die Sterne, die Wallfische und dergl. ihren Schöpfer loben? Sie können es so, wie diejenigen, die dem Dienst der Eitelkeit wider ihren Willen unterworfen sind, harren, warten, und sich sehnen und ängsten können, Röm. 8,19.20.22. Auch loben sie Gott durch ihr Dasein und durch ihre Wirkungen, indem sie zur Ehre des Schöpfers vorhanden sind und sich bewegen, und verständigen Menschen eine Veranlassung zum Lob Gottes geben.

Lasset uns aber hiebei auch bedenken, daß Gott, ob Er schon die Welt seit dem Ende des sechsten Schöpfungstages mit keinen neuen Gattungen der Geschöpfe vermehrt, doch immer wirke und schaffe. Die Götzen der Heiden können weder reden noch sehen, weder hören noch riechen, weder greifen noch gehen: aber unser Gott ist im Himmel, Er kann schaffen was Er will, Ps. 115,3-7. Seine Rede, Sein Wort, Sein Sprechen ist immer wirksam, Ps. 147,15-18. Er hat Israel durch viele Gnadenerweisungen geschaffen, daß es Sein Volk sei, Jes. 43,15.21. Er macht die Menschen durch die Kraft Seines Evangeliums zu neuen Creaturen, Gal. 6,15., und schafft in einem jeden Gerechten, was er vor oder hernach thut, Ps. 139,5., das ist, Er schafft alle seine guten Gedanken, Neigungen und Werke, wie sie der Ordnung nach auf einander folgen. Auch bei dieser Schöpfung ruft Gott dem, das nichts ist, als ob es wäre, Röm. 4,17., und läßt das Licht aus der Finsterniß hervorleuchten, 2 Kor. 4,6. Alles soll also den Namen des HErrn loben, weil Er bei Seinen Geschöpfen täglich viel Neues schafft. Hallelujah! Das Schaffen kostet ihn keine Mühe, denn durch Sein Sprechen und Gebieten stellt Er Alles dar.

Mel.: Wachet auf, ruft uns etc. 1. Gott ist’s, der alle Dinge,
Die herrlichen und die geringe,
Zu Seinem Lob allein erschuf.
Die Erde soll Ihn ehren,
Die Himmel Gottes Lob vermehren;
Dieß war Sein Rath und dann Sein Ruf.
Das ist des Seins nicht werth,
Was nicht den Schöpfer ehrt.
Hier auf Erden
Lobt man Ihn schon
Auf Seinem Thron
Durch Seinen Geist in Seinem Sohn.
2. Wir, die wir uns verloren,\\
Sind nun zum Himmel neugeboren,\\
In Christo sind wir, was wir sind,\\
Nun sollen uns’re Seelen,\\
Die Gnade, die uns schuf, erzählen;\\
Wer Ihn nicht ehrt, ist nicht Sein Kind.
Er hat uns zubereit’t
Zum Lob der Herrlichkeit.
Dort im Himmel
Lobt Alles Ihn;
HErr, bring mich hin,
Daß ich Dir da zum Lobe bin!

22. Dezember. Abend-Andacht.

Ihr werdet sehen des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft, und kommen in den Wolken des Himmels. Matth. 26,64.

Zweimal wurde der HErr Jesus gefragt, ob Er Christus der Sohn Gottes sei. Diese zwei Namen wurden zusammengesetzt, weil nach der Lehre der Propheten, welche den Rathsherren zu Jerusalem wohl bekannt war, derjenige, der Christus ist, auch der Sohn Gottes ist. Das erstemal wurde der HErr Jesus von dem Kaiphas unter einer starken Betheurung so gefragt, und Er antwortete: du sagst es; doch Ich sage euch, von nun an wird’s geschehen, daß ihr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft, und kommen in den Wolken des Himmels. Dieses geschahe in der Nacht zwischen dem Donnerstag und Freitag, und zwar in dem Palast des Hohenpriesters, worin der ganze Rath auf eine außerordentliche Art versammelt war. Ob nun gleich damals die Rathsherren den HErrn Jesum alsbald zum Tode verdammten, so fehlte doch noch etwas zu der rechtlichen Form, welche dieses Todesurtheil haben sollte. Es war nämlich nicht am rechten Ort ausgesprochen; und deßwegen versammelten sich die Rathsherren, welche schon bei Nacht den Schlaf gebrochen hatten, Morgens früh in ihrem gewöhnlichen Rathhaus, und führten Jesum auf den Tempelberg, wo dasselbe stand, hinauf; da dann das Verhör ganz kurz war; denn sie sprachen zu Jesu: bist du Christus? Sage es uns. Er sprach aber zu ihnen: sage Ich’s euch, so glaubet ihr nicht; frage Ich aber, so antwortet ihr nicht, und lasset Mich doch nicht los. Darum von nun an wird des Menschen Sohn sitzen zur rechten Hand der Kraft Gottes. Da sprachen sie Alle: bist du denn Gottes Sohn. Er sprach zu ihnen: ihr sagt’s, denn Ich bin’s; Sie aber sprachen: was dürfen wir weiter Zeugniß? Wir haben’s selbst gehört aus seinem Munde, Luk. 22,66-71. Und nun wurde der HErr Jesus durch Mißdeutung des Gesetzes, das 3 Mos. 24,16. steht, zum Tod verdammt, hernach aber, weil der Rath damals kein Todesurtheil vollstrecken durfte, dem Pilatus zugeführt, wo seine Ankläger, weil die Steinigung bei den Römern nicht gewöhnlich war, auf die Kreuzigung drangen. Niemand verwundere sich, daß der HErr Seine Antwort mit keinen Beweisen unterstützt habe; denn Er sprach selber Luk. 22,67.68., Sein Sagen und Fragen würde bei den Rathsherren nichts verfangen. Und was könnte man bei Männern für Beweise führen, die als Bösewichte dachten: lasset uns Ihn tödten, so wird das Erbe unser sein, Matth. 21,38. Mark. 12,7. Sie wußten nämlich wohl, daß wenn Jesus der Messias und der Sohn Gottes sei, sie Alle sich Ihm unterwerfen müssen. Sie dachten also. lasset uns Ihn tödten, so wird das Erbe, das jüdische Land, unser sein, und wir können alsdann ferner gewaltthätig handeln, und uns bereichern. Der HErr Jesus verwies sie also geradezu auf den jüngsten Tag, und sagte, an demselben werden sie Ihn sehen sitzen zur rechten Hand der Kraft, und kommen in den Wolken des Himmels. Alsdann werden sie nämlich zitternd glauben müssen, was sie jetzt zu ihrem heil nicht glauben wollen, nämlich daß Er Christus der Sohn Gottes sei. Wehe dem, dem erst der jüngste Tag die Wahrheit der Glaubensartikel beweisen muß!

Mel.: O Durchbrecher aller Bande. 1. Wenn ich sehe Wolken steigen,
Daß ein Donnerwetter kracht,
Seh‘ ich sie zwar an als Zeugen
Von des Schöpfers großer Macht;
Denn Er ist der Gott der Ehren,
Der im Himmel Donner schafft,
Und Er will uns Ehrfurcht lehren
Gegen seine Gotteskraft.

2. Doch ich denk‘ auch: solches Alles
Gab der Vater Seinem Sohn,
Und die Herrschaft dieses Balles
Führt Er auf des Vaters Thron.
Er bricht einst in einer Wolke
Als des Bösen Rächer ein,
Und dem theu’r erkauften Volke
Wird Er ein Erlöser sein.

3. Nicht genug ist’s Gott erkennen
Als den Bauherrn der Natur;
Die den Namen Christi nennen,
Folgen einer höhern Spur.
Jenes mag ein Heid‘ zwar wissen,
Daß Gott HErr des Himmels ist;
Aber auch den Sohn zu küssen,
Weiß kein Mensch, als nur der Christ.

4. HErr! ich liebe Dein Erscheinen,
Komm und bring‘ mich auch dahin,
Wo ich in der Zahl der Deinen
Vor Dir weiß gekleidet bin.
Ist’s schon selig auf der Erden,
Wenn man glaubt, daß Du uns liebst;
O wie wird’s im Himmel werden,
Wenn Du Dich zu schauen gibst!

23. Dezember. Morgen-Andacht.

HErr, erquicke mich durch Dein Wort. Ps. 119,154.

Ach Gott, ich bedarf auch oft, daß mein Geist wieder lebendig werde, wie der Geist Jakobs, da ihm die erfreuliche Nachricht gebracht wurde, daß sein Sohn Joseph noch lebe, weil ich auch, wie er, oft in eine niederschlagende Traurigkeit gerathe. Auch bedarf ich, daß die Verheißung an mir erfüllt werde: Ich lebe, und ihr sollt auch leben, weil ich auch wie die Apostel unter den Anfechtungen in den Schatten des Todes hineingerathe und schwach werde. Wer kann mich aber so beleben oder erquicken als Du, der Du der selige, freundliche und allein mächtige Gott, Licht und Liebe und die Quelle des Lebens bist? HErr, erquicke mich also durch Dein Wort. Ich begehre meine Erquickungen nicht in den Dingen zu suchen, die mir Dein Wort nicht verheißt noch anbietet. Ich verlange keine üppigen Mahlzeiten, Spiele, Scherze, Schauspiele und andere dergleichen Sachen zu meiner Aufmunterung, weil dieselben mir zwar dazu verhelfen könnten, daß ich meines Anliegens eine Zeit lang vergäße, mir aber keinen gründlichen Trost gäben, und meine Seele überdieß befleckten. Aber was Dein Wort anbietet, ist wahrhaftig gut, und gibt dem Geist neues Leben. Deine Liebe, o himmlischer Vater, Deine Gnade, HErr Jesu, Dein Trost, o Heiliger Geist, Deine Hülfe zur rechten Zeit, ein von Dir geschenkter Vorschmack des ewigen Lebens erquickt mich gründlich, gibt mir Müden eine neue Kraft, und verwandelt meine Traurigkeit in eine stille Zufriedenheit oder gar in eine Freude. Erquicke mich also HErr durch Dein Wort, damit ich wieder wacker werde zu laufen auf dem Weg Deiner Gebote, und Deinem Willen zu dienen in der Zeit, die Du mir dazu einräumest. Du weißt, daß ich ohne Deine Erquickungen lässige Hände und müde Kniee bekäme, und ein träger Unmuth bei mir überhand nähme, durch den Dein Name entheiligt würde: darum erquicke mich zur rechten zeit um Deines Namens willen durch Dein Wort, in welchem unter Anderem verheißen ist: der HErr erhält Alle, die da fallen, und richtet auf Alle, die da niedergeschlagen sind, und wiederum: Er gibt den Müden neue Kraft und Stärke genug den Unvermögenden, und wiederum: wir arme Sünder sollen bei dem Hinzunahen zu dem Gnadenstuhl Barmherzigkeit empfahen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hülfe noth ist. Erquicke mich durch Dein Wort, wie Du Deine Kinder von Anbeginn der Welt erquicket hast, welche, ob sie gleich frömmer und treuer waren, als ich, doch keinen andern Gott hatten als ich, und keine anderen Verheißungen, als diejenigen, die auch mich armen Sünder angehen. Erquicke mich auf dem Weg meiner Wallfahrt, auf welchem ich bei vielen Anfechtungen auch vieler Erquickungen bedürftig bin, die mir Niemand geben kann als Du. Erquicke mich aber auch bei dem Ausgang meiner Wallfahrt, und verschaffe, daß mich alsdann der Satan nicht sichte, die Noth nicht überwältige, und zuletzt der Tod nicht tödte, sondern für mich nur eine Auflösung sei, durch welche meine Seele in den Ort der ewigen und völligen Erquickungen, nämlich in den himmlischen Tempel und vor Deinen Thron hin versetzt werde. Da wirst Du mich mit Leben sättigen und mit den Freuden Deines Angesichts erquicken. Da wirst Du alle meine Klagen in Lob und Dank verwandeln und alle Thränen von meinen Augen abwischen.

Mel.: O Durchbrecher aller Bande. 1. HErr, Dein Wort ist unvergleichlich,
Menschenworte taugen nichts;
Seine Kraft wirkt immer reichlich,
Wie Gott redet, so geschicht’s;
Bricht der Himmel, dieses stehest;
Schnaubt die Hölle, dieses bleibt;
Wenn durch dieß dieß Rund vergehet,
Fällt kein Jota, das Er schreibt.

2. Werthe Schriften vom Erbarmen!
Göttlich Wort von Gottes Huld!
Hier ist Reichthum für die Armen,
Und ein Freibrief für die Schuld;
Hier ist Balsam für die Wunden,
Hier ist Trost für alle Noth;
Es gibt Nahrung den Gesunden,
Lebenswasser für den Tod.

3. Gott, wir danken Deiner Gnade,
Die uns solch‘ ein Wort geschenkt,
Welches auf dem Lebenspfade
Uns das Herz zum Himmel lenkt.
Laß es Dir zum Lob geschehen,
Daß wir, wie Dein Wort verheißt,
Jetzo glauben, künftig sehen
Gott, den Vater, Sohn und Geist!

23. Dezember. Abend-Andacht.

Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, und war klug wie ein Kind, und hatte kindische Anschläge. Da ich aber ein Mann war, that ich ab, was kindisch war. 1 Kor. 13,11.

Paulus vergleicht also seinen irdischen Zustand mit einem kindischen und seinen himmlischen mit einem männlichen. Wie ist’s aber möglich, daß Paulus von sich selbst so hat schreiben können, da er doch ein Apostel war, und den HErrn gesehen hatte, und das Evangelium von keinem Menschen, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen hatte, Gal. 1,12., ja, ehe er den ersten Brief an die Korinther schrieb, bis in den dritten Himmel und bis in’s Paradies entzückt worden war? Aber eben diese Entzückung, bei welcher er unaussprechliche Worte hörte, die kein Mensch sagen kann, hat ihn ohne Zweifel gelehrt, den sehr großen Unterschied zwischen einem irdischen Menschen und einem himmlischen Menschen einzusehen, welcher nach V. 12. darin besteht, daß jener, wenn er auch Gesichte hat, nur etwas Räthselhaftes, das einer Auslegung bedarf, als in einem Spiegel, worin sich das Wesen sichtbar macht, sieht, dieser aber Gott geradezu von Angesicht zu Angesicht sieht, und daß jener alles nur nach gewissen Theilen, dieser aber vollkommen erkennt, wie er selbst von Gott erkannt wird. Um aber diesen Unterschied ein wenig faßlicher zu machen, vergleicht er auch den irdischen Zustand dem kindischen Stand und Alter, da man wie ein Kind redet, wie ein Kind klug ist, und kindische Anschläge hat: den himmlischen aber mit einem männlichen, da man abthut, was kindisch ist. Nun waren freilich die Apostel unter allen Kindern, das ist unter allen Menschen, die auf Erden leben, die Verständigsten. Weil sie bei der Verkündigung des Evangeliums nichts redeten, als was Christus durch sie wirkte, Röm. 15,18., so redeten sie alsdann die reinste Wahrheit oder das lauterste Wort Gottes. Ihre Klugheit war von oben. Ihre Anschläge waren nicht fleischlich, 2 Kor. 1,17. Und doch waren sie Kinder, wenn man sie mit dem Zustand vollendeter Gerechten verglich. Stand es nun bei ihnen so, was wollen wir von uns denken? Uns gilt zwar die Ermahnung des Paulus: werdet nicht Kinder am Verständniß, sondern an der Bosheit seid Kinder, 1 Kor. 14,20. Wir sollen also in der Vergleichung mit andern irdischen Menschen, unter denen wir leben, keine unverständigen Kinder sein; aber in der Vergleichung mit denjenigen, die Gott von Angesicht zu Angesicht sehen, werden wir immer Kinder bleiben. Wir werden im Stand der Vollkommenheit nicht mehr so denken, so reden, und solche Anschläge fassen wie jetzt. Zwar werden wir dasjenige, was wir bei Leibesleben durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes aus dem Wort Gottes erkannt haben, nicht für falsch erklären, aber doch werden wir einsehen, wie unsere Erkenntniß so schwach und eingeschränkt gewesen sei, und in diesem Betracht sie ablegen. Aber eben damit werden wir auch die mannigfaltige Mühseligkeit und Traurigkeit, die mit unserer gegenwärtigen Erkenntniß verbunden ist, ablegen. Wir werden Männer sein, die nimmer wachsen, und eben darin wird die vollkommene Ruhe bestehen, daß wir zu keiner neuen Stufe der Weisheit und Heiligkeit werden aufsteigen dürfen; wobei wir aber doch nicht läugnen wollen, daß Gott und durch die Mannigfaltigkeit Seiner Offenbarungen und Mittheilungen ewiglich ergötzen werde. Ach Gott, wie klein ist der Mensch auf Erden! Wie herrlich das Ziel, wozu er berufen ist! Bringe uns zu diesem Ziel.

Mel.: Herr Jesu Christ, mein’s Lebens Licht. 1. Wiewohl wir Gottes Kinder sind,
So reden wir doch, wie ein Kind,
Und wie man in dem Himmel spricht,
So lernt’s hier uns’re Zunge nicht.

2. Wir beten Gott und Christum an,
Doch nur wie hier ein Kind es kann,
Und wenn Sein Lob von uns erschallt,
So ist es jetzt doch nur gelallt.

3. Wir bilden uns hier Vieles ein,
Das anders wird im Himmel sein,
Und was uns hier als Kinder freut,
Weit herrlicher in Ewigkeit.

4. Wir denken jetzt noch Kindern gleich
Von unsers großen Heilands Reich;
Dort werden wir es erst versteh’n,
Wenn wir den Thron des Lämmleins seh’n.

5. Dem Weltmann kommt dieß kindisch vor,
Er dünkt sich weis‘, und wird ein Thor;
Denn Niemand als ein Gotteskind
Wird einst, wie Gottesmänner sind.

6. Ach Vater! bilde meine Sprach‘
Nur Deinen lieben Kindern nach,
Daß ich, wie sie, einst als ein Mann
Auch reden, fassen, denken kann.

7. Mein Glaube rede ohne Scheu‘,
Die Hoffnung fasse Deine Treu‘,
Die Liebe denke nur an Dich,
So ist es hier genug für mich.

8. Sind dann die Kinderjahre aus,
So führ‘ mich zu Dir in Dein Haus,
Woselbst man in Vollkommenheit
Dich ewig lobt, sich ewig freut!

24. Dezember. Morgen-Andacht.

Hiob sprach: der HErr hat’s gegeben, der HErr hat’s genommen; der Name des HErrn sei gelobet. Hiob 1,21.

Mitten in dem Schmerze, welchem dem Hiob das gehäufte Unglück, das über ihn ergangen war, und bei welchem er sein Kleid zerriß und sein Haupt raufte, verursachte, fiel er auf die Erde und betete an, und sprach: ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahin fahren; der HErr hat’s gegeben, der HErr hat’s genommen; der Name des HErrn sei gelobt. Hier sah man die Erfüllung des Spruchs, Ps. 94,18.: mein Fuß hat gestrauchelt, aber Deine Gnade, HErr, hielt mich. In schweren Leiden, welche plötzlich über einen Gerechten kommen, entsetzt sich seine Natur, und sein Schmerz leuchtet aus seinen Worten und Geberden heraus; aber der gnädige Beistand des Heiligen Geistes, den er zu eben dieser gelegenen Zeit genießt, erhält ihn, gibt ihm etwa die schnelle Einsicht, daß Alles, was er gehabt habe, ein Geschenkt des Allerhöchsten gewesen sei, und daß der HErr, was Er ihm geschenkt habe, ihm ohne Ungerechtigkeit wieder nehmen könne. Er demüthigt sich also, er betet an, er lobet den Namen des HErrn. Ein Christ steht in einem solchen Kampf in der Gemeinschaft mit dem am Oelberg ringenden Erlöser, und überwindet durch Seine Kraft, da ohnehin Gott treu ist, und ihn nicht über Vermögen versucht werden läßt. Was denkt und thut aber die Welt bei solchen Fällen? Einerseits ärgert sie sich an dem Klagen, Schreien und Weinen eines Gerechten, da doch der Psalter und andere Bücher der heiligen Schrift dessen mehrmals gedenken, weil sie sich einbildet, der Glaube mache einen Menschen unempfindlich; und andererseits weiß sie nichts von dem unsichtbaren Beistand der Gnade, wodurch ein Christ bei seinem Straucheln erhalten, und bei seinem Zagen zur Anbetung und zum Lob Gottes gestärkt wird. Hiob stellte sich ungeberdig und redete hernach zuweilen thöricht, allein seine Thorheit war noch besser als die Weisheit seiner Freunde, welche ihn lieblos richteten und ihm Vieles von der Bekehrung und Rechtschaffenheit vorpredigten. Uebrigens war der Gedanke Hiobs edel, daß Gott ihm als einem Menschen, er nackend in die Welt gekommen, Alles gegeben habe, und daß Gott ihm Seine Geschenke wieder nehmen könne, und ihn nackend zur Welt hinausschicken könne. Er sah also nicht auf die Araber und Chaldäer, die seine Heerden geraubt hatten, sondern auf den HErrn, der solches über ihn verhängt habe, und der HErr bestätigt auch diese seine Gedanken Kap. 41,2. durch den Machtspruch: wer hat Mir Etwas zuvor gegeben, daß Ich’s ihm vergelte? Es ist Mein, was unter allen Himmeln ist. Freilich denkt ein leidender Gerechter zuweilen: warum nimmt Gott mir, was Er mir geschenkt hatte? Sollte nicht billiger der Ungerechte solch‘ Unglück haben, und ein Uebelthäter so verstoßen werden? Hiob 31,3. Allein die Antwort hierauf ist in der ganzen Rede Gottes aus dem Wetter, Kap. 38-41., enthalten, deren Summe diese ist: so du glauben würdest, solltest du die Herrlichkeit Gottes sehen, Joh. 11,40. Uebrigens hat freilich das Neue Testament auch in Ansehung der Lehre von dem Leiden eine überschwengliche Klarheit, und tröstet reichlicher als das Alte. Es steht keinem Christen an, ohne Glauben zu jammern, zu sorgen und zu zagen.

Mel.:Wer Jesum bei sich hat. 1. Es jamm’re, wer nicht glaubt,
Ich will mich stillen;
Mir fällt kein Haar vom Haupt
Ohn‘ Gottes Willen;
In Jesu hab‘ ich hier
Das beste Leben;
Und sterb‘ ich, wird er mir
Ein bess’res geben.

2. Es sorge, wer nicht traut,
Mir soll genügen;
Wofür mir jetzo graut,
Das wird Gott fügen.
Er weiß, was nöthig sei,
So mag Er sorgen;
Mir ist des Vaters Treu‘
Auch nicht verborgen.

3. Es zage, wer nicht hoffe,
Ich will mich fassen;
Er hat mich’s schon so oft
Erfahren lassen;
Er hört Gebet in Noth,
Wenn sie am größten;
Sein Geist kann auch im Tod
Mit Jesu trösten.

4. So wein‘ ich, wenn ich wein‘,
Doch noch mit Loben;
Das Loben schickt sich fein
Zu solchen Proben;
Man kann den Kummer sich
Vom Herzen singen.
Nur Jesus freuet mich;
Dort wird es klingen!

24. Dezember. Abend-Andacht.

Achtet es eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallet, und wisset, daß euer Glaube, wenn er rechtschaffen ist, Geduld wirket; die Geduld aber soll fest bleiben bis an’s Ende. Jak. 1,2.

Obschon Jakobus in seinem Brief als ein sehr ernsthafter Apostel erscheint, und mehr Gebote als Tröstungen darin vorgetragen hat, so steht er doch darin auf einer Glaubenshöhe, welche weder Moses noch die übrigen Propheten des Alten Testaments haben erreichen können. Schon der Anfang seines Briefs beweiset dieses, als in welchem er zu den glaubigen Israeliten, an die er schrieb, sagte: achtet es eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallet. Ein Beispiel einer solchen Freude war Jakobus selbst nebst den übrigen Aposteln; denn als das ganze Häuflein der Apostel auf Befehl des hohen Raths zu Jerusalem gestäupt worden war, folglich ein Jeder unter ihnen 39 harte Streiche bekommen hatte, so gingen sie freudig von des Raths Angesicht, daß sie würdig gewesen waren, um des Namens Jesu willen Schmach zu leiden, Ap. Gesch. 5,40.41. Als Paulus und Silas nach empfangenen noch härteren Schlägen im Gefängniß zu Philippi beteten und Gott lobten, so empfanden sie ebenfalls etwas von einer solchen Freude, Ap. Gesch. 16,23.24.25. Auch die Hebräer, an die Paulus seinen Brief geschrieben hat, haben den Raub ihrer Güter mit Freuden erduldet, da sie um des Namens Christi willen verfolgt wurden, Hebr. 10,34. Ein jeder Christ kann es bei sich selbst fühlen, daß er diejenigen Anfechtungen, in die er um des Namens Christi willen fällt, das ist die Verfolgungen, die er als ein glaubiger Jünger Jesu von der unglaubigen Welt leiden muß, am leichtesten für eitel Freude achten können, weil er sich dadurch in eine besondere Aehnlichkeit mit Christo und vielen Heiligen gesetzt sieht, und eine himmlische Gnadenbelohnung mit Zuversicht hoffen darf. Eine solche Verfolgung führt ihre besondere Ehre mit sich, welche auch die Apostel empfanden, da sie sich freuten, daß sie der Schmach Christi gewürdigt worden seien, Ap. Gesch. 5,41. Aber auch andere Anfechtungen, in welchen ein Christ zwar nicht um Christi willen, aber doch mit Christo leidet, kann er, wenn sein Geist recht heiter und sein Glaube recht aufgerichtet ist, für Freude achten, weil er erkennt, daß er dadurch diesem seinem geliebten HErrn von außen und innen ähnlich wird, und daß dieselbe zeitliche und leichte Trübsal eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit schafft. Gesetzt aber, er könne eine solche Anfechtung bei seiner Schwachheit noch nicht für Freude achten, so soll er doch darin ruhig und mit Gott zufrieden sein, und Gott als denjenigen, der Alles wohl macht, in seinem Herzen heiligen. Die Wurzel des ganzen rechtschaffenen Verhaltens in den Anfechtungen ist der Glaube, der, wenn er rechtschaffen ist, Geduld oder die Unterwürfigkeit des Leidenden unter den Willen Gottes wirket; dieser Geduld aber soll kein nahes Ziel eigenmächtig gesteckt werden, sondern sie soll bis an’s Ende, es sei nahe oder entfernt, fest bleiben. Alsdann bringt die Trübsal, sie sei von was für einer Art sie wolle, Bewährung, die Bewahrung bringt Hoffnung, die Hoffnung aber schließt schon eine Freude oder wenigstens eine herzliche Zufriedenheit in sich.

Mel.: Von Gott will ich nicht lassen. 1. Herz! acht‘ es eitel Freude,
Wenn du versuchet bist;
Gedenk‘ in allem Leide,
Daß Gott noch Vater ist;
Er ist dem Glauben hold,
Der Ihn im Leiden ehret,
Und dieser wird bewähret
Im Feuer, wie das Gold.

2. Das ist des Glaubens Probe,
Er wirket die Geduld,
Man duldet Gott zu Lobe
Und rühmt sich Seiner Huld;
Geduld soll aber steif
Bis an das Ende bleiben,
Sich in’s Vollkomm’ne treiben,
Bis ihre Früchte reif.

3. Geduld und Glaubensgaben
Sind, mein Gott, nur von Dir;
Aus mir kann ich’s nicht haben,
So wirke Du in mir.
Wenn mich Versuchung trifft,
So mache Du mich feste;
Es stärke mich auf’s Beste
Dein Geist aus Deiner Schrift.

4. Sind’s an dem Leibe Schmerzen,
Verlust an Ehr‘ und Gut,
Ist’s etwas, das dem Herzen
Von innen wehe thut:
Ach so erhalte Du
Auch mich, wie meine Brüder,
Und sprich dem Herzen wieder
Von eitel Freude zu.

5. Sag‘ mir in letzten Stunden,
Daß ich in Jesu bin;
Hat Jesus überwunden,
So sieg‘ ich auch durch Ihn.
Wie muthig stirbt’s sich’s so!
Man fällt Ihm in die Hände;
Es macht uns an dem Ende
Die Lebenskrone froh.

25. Dezember. Morgen-Andacht.

Er selbst der Vater hat euch lieb, darum daß ihr Mich liebet, und glaubet, daß Ich von Gott ausgegangen bin. Joh. 16,27.

Als der HErr Jesus in der Stadt Davids, nämlich zu Bethlehem, geboren war, sagte der Engel zu den Hirten: euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der HErr; und vorher sprach der Engel Gabriel zu der Maria: das Heilige, das von dir geboren wird, wird Gottes Sohn genannt werden. Dieses Alles faßten Maria und Joseph, die Hirten und alle Jünger Jesu bald und bekannten es auch, ungeachtet andere Laute von Jesu mancherlei irrige Gedanken hatten. Doch war die Erkenntniß der Person Jesu bei den Jüngern noch unvollständig, bis Er am Ende Seines letzten ausführlichen Gesprächs, das Er vor Seinem Leiden mit ihnen hielt, zu ihnen sagte: Er selbst der Vater hat euch lieb, darum daß ihr Mich liebet, und glaubet, daß Ich von Gott ausgegangen bin. Indem Er dieses zu ihnen sagte, theilte Er ihnen Sein Licht mit, daß sie diese Worte verstehen und glauben konnten. Er setzte aber, um ihre Erkenntniß heller und fester zu machen, hinzu: Ich bin vom Vater ausgegangen, und kommen in die Welt; wiederum verlasse Ich die Welt, und gehe zum Vater; die Jünger aber wiederholten den ersten Theil Seiner worte, und sagten V. 30.: wir glauben, daß Du von Gott ausgegangen bist; und der Heiland drückte das Siegel Seines Wohlgefallens darauf, indem Er V. 31. sprach: jetzt glaubet ihr. Es war also dem Heiland sehr daran gelegen, Seine Jünger noch vor Seinem Leiden dahin zu bringen, daß sie glaubten, Er sei vom Vater oder von Gott ausgegangen. Sie hatten solches vorher nie geleugnet, aber, wie es scheint, nie daran gedacht. Nun war es ihnen klar, daß der Heiland nicht erst durch Seine Empfängniß und Geburt von der Maria entstanden, sondern vorher schon gewesen, und von Gott ausgegangen sei, da Er in die Welt kam. Er hatte schon bei dem Vater eine unermeßliche Herrlichkeit, ehe die Welt war, Joh. 17,5. Er ist das Leben, das bei dem Vater war, ehe es erschien, 1 Joh. 1,2. Er war als das Wort im Anfang bei Gott, Joh. 1,1., und wurde hernach Fleisch. Er kam als das Licht, welches vorher in der Finsterniß geschienen hatte, aber von der Finsterniß nicht begriffen worden war, durch Seine Menschwerdung in die Welt, Joh. 1,5.9. Da Er ein Mensch wurde, wurde Gott im Fleisch geoffenbart, 1 Tim. 3,16., und das Leben, das bei dem Vater gewesen war, erschien, 1 Joh. 1,1.2. Diese Aussprüche der heiligen Schrift zeigen deutlich an, daß Christus neben dem Fleisch, nach welchem Er von den Vätern herkam und von einem Weibe geboren wurde, auch noch eine göttliche Natur habe, nach welcher Er zwar mit dem Vater immer Eins blieb, aber doch auch vom Vater ausging, um in die Welt zu kommen, und Sich der Welt als Gottmensch zu offenbaren, und insonderheit mit den Menschen durch Annahme der menschlichen Natur in eine neue Verbindung zu treten, bei welcher Er der Mittler zwischen Gott und ihnen sein könnte. Wer nun dieses Alles glaubt, und Jesum als seinen Erlöser, in dem alle Fülle der Gottheit leibhaftig wohnet, und aus dessen Fülle man Gnade um Gnade nehmen kann, lieb hat, den liebt der Vater; denn weil der Vater den Sohn mit einer unermeßlichen Liebe liebt, so liebt Er auch alle diejenigen, die Seinen Sohn lieb haben. Lasset uns also Jesum lieben, damit die Liebe, womit der Vater Seinen Sohn liebt, nach Joh. 17,26. auch in uns sei, und Er in uns.

Mel.: Jesus, meine Zuversicht etc. 1. Selbst der Vater hat uns lieb:
Kinder, singt es Ihm zu Ehren;
Singt es durch des Geistes Trieb,
Denn derselbe muß es lehren,
Der zeugt eurem Geist davon,
Daß euch Gott liebt in dem Sohn.

2. Er, der Vater, liebet uns,
Den der Sohn mit Blut versühnet;
Der Gehorsam Seines Thuns
Hat des Vaters Huld verdienet;
Und der Glaube macht uns werth,
Der im Sohn den Vater ehrt.

3. Er, der Vater, liebt uns treu,
Weil wir Jesum herzlich lieben
Und, von eitler Liebe frei,
Kindlichen Gehorsam üben.
Stäupt Er auch, so liebt Er doch,
Und die Kinder glauben noch.

4. Er, der Vater, liebt uns sehr,
Wenn wir auch im Beten lallen,
Und das Loben lässet Er
Sich in Christo wohlgefallen.
Vater, liebst Du in der Zeit,
Lieb‘ uns auch in Ewigkeit!

25. Dezember. Abend-Andacht.

Ohne Mich könnet ihr nichts thun. Joh. 15,5.

Der HErr Jesus ist durch Seine Menschwerdung der Weinstock geworden, an dem wir als Reben hangen und Frucht bringen sollen. Ohne Ihn können wir nichts thun. Die durch die Schöpfung in den Menschen gelegten geistlichen Kräfte sind verloren. Finsterniß und Tod ist in ihn eingedrungen; und doch war er noch verpflichtet, nach dem Willen Gottes Gutes zu thun, und Gott hatte das Recht, es zu fordern, nicht aufgegeben oder verloren, weßwegen Er auch auf dem Berg Sinai ein strenges Gesetz gab, wovon Paulus Gal. 3,12. sagt, daß der Mensch, der es thue, leben werde. Allein dieses Gesetz konnte nicht lebendig machen, wie Paulus eben daselbst V. 21. bezeugt, das ist, es konnte dem Menschen die Kräfte, Gutes zu thun, nicht geben, und die Sünde wurde durch dasselbe nur mächtiger, Röm. 5,20., oder überaus sündig, Röm. 7,13. Was aber dem Gesetz unmöglich war, sintemal es durch das Fleisch geschwächt war, oder für sich selbst zu schwach war, dem fleischlichen Menschen Kräfte zu geben und aufzuhelfen, das that Gott, und sandte Seinen Sohn, ohne ein sündliches Fleisch, aber doch in der Gestalt des sündlichen Fleisches, und verdammete die Sünde, die im Fleisch aller Menschen ist, durch ein Sündopfer, das ist durch den Tod Christi, damit sie nimmer herrschen, ja nimmer bleiben möchte, sondern die Gerechtigkeit, vom Gesetz erfordert, in uns erfüllt würde, die wir nun nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist, Röm. 8,3.4. Ist nun durch den Tod Christi die Sünde gleichsam zum Tod verdammt worden, so wird uns dagegen aus Christo dem Weinstock Leben und Licht geschenkt; auf daß, gleichwie die Sünde geherrschet hat zum Tode, also auch die Gnade herrsche zum ewigen Leben durch Jesum Christum unsern HErrn. Röm. 5,21.

Wenn wir also heute Christum als ein neugebornes Kind in der Krippe betrachten, so sollen wir glauben, daß in diesem Kind schon alle Fülle gewohnt habe, aus welcher man eine Gnade nach der andern durch den Glauben hat nehmen können, und daß es der einige saftreiche Weinstock unter den Menschen gewesen sei, in den alle diejenigen eingepfropft werden müssen, welche tüchtig werden sollen, Gutes zu thun. Diese Fülle bleibt aber ewiglich in Ihm, und sie wird durch’s Geben und Nehmen nicht vermindert, und noch viel weniger erschöpft. Er ist auch ewiglich der kraftvolle Weinstock, in welchem alle fruchtbringenden Reben bleiben müssen; durch Seine heilige Menschheit fließen die göttlichen Kräfte in uns ein. Niemand aber wird Seiner froh und theilhaftig, als wer sowohl in der ersten Buße als auch in der täglichen Armuth des Geistes erkennt, daß er ohne Ihn nichts thun könne. Ach wie fertig ist der Mensch, seine Naturkräfte aufzubieten und anzustrengen, um etwas zu thun, das ein gutes Werk heißen könne, oder eine Tugend bei sich auszugebären; wenn aber das göttliche Licht dieses Werk oder diese Tugend beleuchtet, so ist jenes und diese nichts, ja weniger als nichts, nämlich Sünde und Heuchelei. Bei solchen Versuchen wird der Mensch mühselig und beladen, bis er als ein solcher zu Christo kommt, und sich ergibt eine Rebe an Ihm zu werden, und Alles von Ihm zu empfahen.

Mel.: O Gottes Sohn, HErr Jesu Christ. 1.Man kann nichts ohne Jesum thun,
Wer auch was Gut’s will üben;
Die Sünde läßt das Herz nicht ruh’n,
So kann es Gott nicht lieben.
HErr Jesu“ gib mir Deine Kraft,
Daß ich nicht ohne Frucht und Saft
Wie Reben muß verdorren.

2.Man kann nicht ohne Jesum sein,
Daß man ein Leben habe;
Das Leben ist in Ihm allein,
Und das ist Gottes Gabe.
HErr Jesu! daß mir nicht der Tod
Hernach noch mit dem zweiten droht,
Sei Du mein ewig Leben.

3.Man kann nichts ohne Jesum seh’n,
Wer sonst ein Licht will wissen;
Man weiß nicht, wo man hin soll geh’n,
Und tappt in Finsternissen.
HErr Jesu! sei nur Du mein Licht,
Daß ich im Tod und Leben nicht
Muß in dem Finstern bleiben.

4.Man kann nicht ohne Jesum geh’n,
Wer will zum Vater kommen;
Man wird von Gott nicht angeseh’n
Und wird nicht angenommen.
Sei Du mein Weg, Herr Jesu Christ,
Der Du nun bei dem Vater bist,
Und uns auch zu Ihm führest.

5.Kurz, ohne Jesum ist kein Heil,
Auf das wir könnten sterben;
Hat nicht an Ihm der Glaube Theil,
So stürzt man in’s Verderben.
Ich sterbe, Jesu, nur auf Dich;
Du hast die Kraft, Du weckest mich,
Daß ich Dein Heil kann sehen!

26. Dezember. Morgen-Andacht.

Ihr gedachtet es böse zu machen; Gott aber gedachte es gut zu machen. 1 Mos. 50,20.

Dieses ist immer die Weise des Teufels und der Welt, deren Gott und Fürst er ist, daß sie es böse zu machen gedenkt; es ist aber auch die beständige Weise Gottes, daß Er’s gut zu machen gedenkt, und wirklich gut macht; wie denn solches zuletzt an den Tag kommt. Ein Beweis hievon ist die Geschichte Josephs, bei dem seine Brüder es böse zu machen gedachten, da sie ihn verkauften, bei dem es aber Gott gut machte, da Er seinen Sklavenstand zu einer Vorbereitung auf einen Herrenstand machte, bei welchem er ein göttliches Werkzeug war, viele Menschen in der Theurung zu erhalten, und den Rath Gottes, nach welchem das Geschlecht Jakobs nach Aegypten ziehen sollte, zur Wirklichkeit zu bringen. Auch bei dem Kind Jesus gedachte es Herodes böse zu machen, da er es tödten wollte, und wenigstens zu einer beschwerlichen Flucht nöthigte; Gott aber hat es gut gemacht, indem Er verschaffte, daß hiebei die alte Weissagung: aus Aegypten habe Ich Meinen Sohn gerufen, erfüllet würde. Niemals aber hat’s der Teufel und die Welt böser machen wollen, als da Juden und Heiden zusammenstimmten, Jesum zu verdammen, zu verspotten, zu kreuzigen und zu tödten. Sie wollten Ihn dadurch vertilgen, sie wollten Seiner auf immerhin los werden; aber Gott hat es gut gemacht, indem Er Alles zur Erlösung des menschlichen Geschlechtes ausschlagen ließ. Auch bei den Jüngern und Nachfolgern Jesu gedenkt es die Welt böse zu machen, indem sie dieselben haßt, drückt, verfolgt und tödtet, wie Stephanus, der erste Märtyrer unter den Christen, in einem vollen Maße erfahren hat; Gott aber macht es gut, indem Er durch dieses Alles sie bewährt, und ihnen Gelegenheit macht zu zeigen, daß sie Ihn nicht um eines schändlichen Gewinns willen lieben, sondern Ihn über Alles lieben; und indem Er zuletzt die Bitte gewährt: HErr Jesu, nimm meinen Geist auf! folglich ihre Seelen dahin aufnimmt, wo kein Haß, kein Druck, keine Verfolgung und kein Tod sie mehr berühren kann.

Diese Betrachtung kann uns lehren, wie wir uns an der göttlichen Zulassung des Bösen nicht ärgern sollen. Im Himmel geschieht der Wille Gottes geradezu und in der schönsten Ordnung, und Gott offenbart dadurch Seine Herrlichkeit auf das Völligste. Aber auf der Erde gibt es Meisterstücke der göttlichen Weisheit, die man sogar im Himmel nicht wahrnehmen kann; indem Gott die bösen Geister und die bösen Menschen Böses denken und thun läßt, und doch Alles gut macht. Wie mancher Rath böser Menschen wird zunichte gemacht! Bei dem Streit zwischen Licht und Finsterniß, zwischen dem Guten und dem Bösen, der auf Erden ist, fällt der Sieg immer auf die Seite Gottes und Seines Sohnes Jesu Christi. Sein Rath besteht, Sein Wort wird erfüllt, zu Seiner Ehre muß Alles ausschlagen. Es ist also gut auf den HErrn vertrauen, und sich nicht verlassen auf Menschen. Es ist gut im Reich Gottes leben, und Ihm dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die Ihm gefällig ist, und sich nicht an die Welt hängen, und nach ihrer Weise dem Irrwisch eines eiteln Glücks auf dem Weg der Bosheit nachjagen. Es ist aber auch nöthig Glauben halten, geduldig sein, und harren, bis Gott in dem verwirrten Lauf der irdischen Dinge Seinen Rath ausgeführt hat. Das Ende Seiner Werke ist besser als ihr Anfang.

Mel.: Meinen Jesum laß ich nicht. 1. Das ist Deiner Weisheit Kunst,
Gott, aus Bösem Gut’s zu machen;
Hat ein Mensch nicht Menschengunst,
So errettet ihn Dein Wachen;
Joseph, seiner Brüder Spott,
Wird ein Herr durch seinen Gott.

2. Hat der Schlange Neid und List
Gott sein Ebenbild entehret,
So hat Gott durch Jesum Christ
Das zum Besten noch gekehret,
Er erneuert solches schon
Durch den eingebornen Sohn.

3. Freute nicht die Schlange sich,
Da sie Ihm den Fuß zerstochen?
Aber Dieser hat den Stich
Am zertret’nen Kopf gerochen.
Tobt der Drache? das währt kurz,
Und darauf erfolgt sein Sturz!

4. Gott, Du handelst wunderbar
Noch bei vielen Sündenwegen;
Was des Fleisch’s Verderben war,
Machst Du letzt dem Geist zum Segen;
Mancher will der Hölle zu,
Zu dem Himmel kehrst ihn Du.

5. HErr, wer diese Weisheit kennt,
Wird Dir Dank und Ehre wissen,
Wer dem Feuer zugerennt,
Und Du ihn herausgerissen.
Dort klingt’s einst im Heiligthum:
Gott sei Weisheit, Heil und Ruhm!

26. Dezember. Abend-Andacht.

Euer Herz erschrecke nicht. Glaubet ihr an Gott, so glaubet ihr auch an mich. Joh. 14,1.

Als der Engel des HErrn den Hirten bei Bethlehem erschien, und die Herrlichkeit des HErrn sie umleuchtete, fürchteten sie sich sehr; weßwegen der Engel zu ihnen sagte. fürchtet euch nicht, siehe, ich verkündige euch große Freude u.s.w. Furcht und Schrecken überfiel auch die Jünger bei einem außerordentlichen Fischzug, den sie nach dem Worte Jesu thaten, bei einem Sturm auf dem Meer, und bei Seiner Verklärung auf dem Berg. Als Jesus hernach zu verstehen gab, daß Er bald von ihnen gehen, und sie Ihn über ein Kleines nicht mehr sehen werden, so bedurften sie auch des Zuspruchs: euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. Von Jesu aber sagt die heilige Schrift, daß Er betrübt gewesen sei, niemals aber, daß Er erschrocken sei oder Sich gefürchtet habe. Die Traurigkeit kann also ein reiner Affekt sein, Furcht und Schrecken aber niemals. Die Traurigkeit kann bei dem Frieden Gottes und bei einem völligen Glauben statt haben, Furcht und Schrecken aber sind immer dem Glauben entgegen gesetzt. Wenn dem Menschen etwas Ungemeines vorkommt, wovon er die liebliche Gestalt oder den Nutzen, oder wenigstens die Unschädlichkeit nicht alsbald erkennt, so fürchtet er sich und erschrickt. Wie aber, wenn er glauben könnte, er stehe mit seinem Leib und seiner Seele unter der gnädigen Vorsorge Gottes, der HErr sei ihm nahe, ihm müsse Alles zum Besten dienen, das Sterben selber sei sein Gewinn, und nicht Alles, was ungewöhnlich ist, sei schädlich: würde er wohl sich fürchten? Würde er erschrecken? Mit nichten. Aber an diesem Glauben liegt’s eben. Wer nur immer glaubig genug wäre, wer nur immer in dem Glauben, den er schon hat, sich recht fassen und besinnen könnte, der würde der Furcht und des Schreckens in allen Fällen überhoben sein. Im Himmel wird es oft neue Erscheinungen der Herrlichkeit Gottes geben. Es wird oft etwas Neues, Prächtiges zum Vorschein kommen, das den Glanz, den die Hirten bei Bethlehem sahen, weit übertreffen wird: bei den Engeln und den Geistern der vollendeten Gerechten wird aber keine Furcht und kein Schrecken entstehen, weil sie Gott als Liebe genugsam kennen, und von Seiner Huld ganz vergewissert sind.

Der Glaube an Gott und Christum befreiet von der Furcht und dem Schrecken. Gott ist das höchste, weiseste, mächtigste, gütigste und Alles erfüllende Wesen. Er ist wahrhaftig in Seinem Wort, und treu in demjenigen, was Er verheißt. Er ist allein gut. Ihn haben und genießen ist mehr, als Himmel und Erde besitzen. Er ist der Lebendige, und wer Ihn hat, der hat das ewige Leben. Dieses Alles faßt der Glaube, insofern er ein Glaube an Gott ist. Christus aber ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen und der Weg zum Vater. Er ist unsere Versühnung, unsere Gerechtigkeit, und der Fürsprecher für uns. Um Seinetwillen ist uns Gott günstig; um Seinetwillen werden wir begnadigt und begabt. HErr Jesu, erhalte und stärke meinen Glauben an Gott, und meinen Glauben an Dich, und befreie mich dadurch von der Furcht, die da Pein hat.

Mel.: Gott sei Dank in aller Welt. 1. Faß‘, mein Herz, was Jesus spricht:
Euer Herz erschrecke nicht;
Spricht dir Jesus dieses zu,
Glaub‘ an Ihn, so hast du Ruh‘.

2. Schreckt die Sünde, die so groß,
Glaube, daß Er Blut vergoß,
Und durch Sein Blut könn’st du rein
Von der Menge Sünden sein.

3. Kommt dich Furcht an vor dem Tod,
Glaube, so hat’s keine Noth;
Weil Sein Tod für uns gescheh’n,
Werden wir nur schlafen geh’n.

4. Scheust du die Verwesung noch,
Glaube, Jesus weckt dich doch;
Er ist’s, der nach Seiner Kraft
Einst verklärte Leiber schafft.

5. Aengstigt dich auch das Gericht,
Glaube, was Er uns verspricht,
Daß ein Herz, vom Glauben voll,
Nicht gerichtet werden soll.

6. Ficht dich Welt und Satan an,
Glaube, sie sind abgethan;
Jesus steht uns bei im Krieg,
Und der Glaube ist der Sieg.

7. Macht dir deine Schwachheit Angst,
Glaube, wenn du Kraft verlangst,
Daß Er deiner nicht vergißt,
Und in Schwachen mächtig ist.

8. HErr! ich glaube, hilf mir Du;
Schreckt mich etwas, gib mir Ruh;
Und das Wort aus Deinem Mund
Sei mein fester Glaubensgrund.

9. Zeichne in des Vaters Haus
Mir auch eine Wohnung aus;
Bring‘ mich ohne Furcht dahin,
Wo ich ewig bei Dir bin.

27. Dezember. Morgen-Andacht.

Der da hält die sieben Sterne in Seiner Hand, der da wandelt unter den sieben goldenen Leuchtern. Offenb. 2,1.

Der HErr Jesus sagte zu dem Apostel Petrus nach Seiner Auferstehung: waide Meine Lämmer, waide Meine Schafe; von dem Apostel Johannes aber sagte Er zu dem Petrus: so Ich will, daß er bleibe, bis Ich komme, was geht es dich an. Da nun der HErr Jesus kam, und dem Apostel Johannes in seinem hohen Alter auf der Insel Patmos erschien, so waren die Lämmer und Schafe Jesu indessen zu geordneten Haufen oder Gemeinden erwachsen, und Petrus, der damals schon gestorben war, waidete sie nicht mehr, sondern es waren Bischöfe, Gemeindeengel, oder Aelteste gesetzt, welchen Allen das Waiden der Heerde Christi nach 1 Petr. 5,2. befohlen war. Der HErr Jesus erwählte, als Er dem Johannes auf der Insel Patmos erschien, sieben Bischöfe und sieben Gemeinden in Asien als solche, welche alle Hirten und Bischöfe und alle Gemeinden der Christenheit vorstellen sollten, und diktirte dem Johannes sieben Briefe an diese sieben Bischöfe, und sagte in einem jeden derselben: wer ein Ohr hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt; weil nämlich diese sieben Briefe alle Gemeinden und ihre Bischöfe oder Vorsteher angingen. Im Anfang des ersten Briefs der an den Gemeinengel zu Ephesus geschrieben war, sprach Er: das saget, der da hält die sieben Sterne in Seiner Hand, der da wandelt unter den sieben goldenen Leuchtern. Die Hirten und Lehrer, welche als Gesandte Gottes Engel hießen, sind Sterne, weil sie ein Licht von Christo, der Sonne der Gerechtigkeit, empfangen haben, welches in ihrem Amt von ihnen ausstrahlen soll. Gesetzt auch, daß Viele von ihnen nur, wie der Bischof zu Sardes, den Namen haben, daß sie leben, und doch todt sind, oder wie der Bischof zu Laodicea weder kalt noch warm sind, so haben sie doch Amtsgaben, sie haben Pfunde, welche am Tage der Zukunft des HErrn von ihnen genommen werden. Gleichwie nun der HErr die sieben Sterne oder die sieben Engel der asiatischen Gemeinden in Seiner Hand hatte, also hat Er zu allen Zeiten alle Sterne, das ist alle Engel oder Lehrer, in Seiner Hand. Sie sind in Seiner Gewalt, Er hält und schützt sie. Und gleichwie Er unter den sieben goldenen Leuchtern, das ist unter den sieben asiatischen Gemeinden, gewandelt hat, also wandelt Er zu allen Zeiten unter allen Gemeinden als ein immer gegenwärtiger Erzhirt und Aufseher, der auf Alles Achtung gibt, und stets weiß, wie viele fromme und gottlose Personen in einer Gemeinde seien, und wie sich diese und jene insgeheim und öffentlich zu allen Stunden bezeugen.

Hirten und Lehrer sollen also ihr Amt im Vertrauen auf Jesum, de sie in Seiner Hand hat, getrost und treulich verwalten, und als Sterne das von Jesu empfangene Licht durch die Lehre und durch ihren Wandel leuchten lassen. Alle Gemeinden sollen aber wissen, daß sie nicht nur schwache Menschen zu Aufsehern haben, sondern Jesum den Sohn Gottes selber. Gleichwie Er die Nicolaiten zu Pergamus und die falsche Prophetin Isabel zu Thyatira kannte, also kennet Er alle schlechten und ärgerlichen Glieder aller christlichen Gemeinden; gleichwie Er auch alle diejenigen zu Thyatira, welche die Lehre der Isabel nicht angenommen hatten, und die Leute zu Sardes, welche ihre Kleider nicht befleckt hatten, mit Wohlgefallen kannte, also kennt Er noch jetzt mit Wohlgefallen alle diejenigen, die Seine Schafe und rechtschaffenen Knechte und Mägde sind. Er gibt auch, weil Er Alle genau kennt, einem Jeden nach seinen Werken. Darnach richte sich ein Jeder, der ein Mitglied einer christlichen Gemeinde heißt.

Mel.: Von Gott will ich nicht lassen. 1. Der Heiland der Gemeinen
Hat sie mit Blut erkauft,
Die Er noch als die Seinen
Mit Geist und Wasser tauft;
Er trägt in Seiner Hand
Als Erbherr noch die Sterne,
Er ist von uns nicht ferne
Bis zu der Erde Brand.

2. Er hat Sein Wort zum Lichte
Uns selber aufgesteckt;
Vor Seinem Angesichte
Ist Alles aufgedeckt.
Er bleibt der Kirche nah‘,
Und sind in Seinem Namen
Zween oder drei beisammen,
So ist Er mitten da.

3. Dir danken, HErr, die Deinen,
Daß Du noch bei uns bist,
Und Lehrer und Gemeinen
In Gnaden nicht vergißst.
Sei bei uns jeden Tag;
Erhalt‘ uns bei dem Worte,
Daß auch der Höllen Pforte
Uns nicht bezwingen mag.

4. Führ‘ endlich aus der Wüsten
Die da genährte Braut,
Zur Hochzeit sie zu rüsten,
Da wird sie Dir vertraut;
Da betet sie alsdann
Dich Erben jenes Thrones,
Als Braut des Königssohnes,
Im Himmel herrlich an.

27. Dezember. Abend-Andacht.

Der HErr ist nahe. Sorget nichts. Phil. 4,5.6.

Weil der HErr nahe ist, soll man seine Lindigkeit kund werden lassen allen Menschen, folglich den Eifer über das Böse, das von den Menschen geschieht, sich nicht zum Richten und Verdammen hinreißen lassen, aber auch der Empfindung des Unrechts, das man selber leiden muß, nicht so weit nachhängen, daß man dächte, es sei keine Gerechtigkeit, welche dem Unschuldigen helfe und das Recht an’s Licht bringe, und man sei deßwegen gezwungen, selber Rache auszuüben. Aber nein: der HErr ist nahe, und wird bald den Erdboden richten mit Gerechtigkeit, und einem Jeden, der Unrecht gethan hat, seine Bosheit vergelten, dem Unschuldigen aber, der unterdrückt worden ist, helfen. Paulus sagt ferner: sorget nichts; warum? Weil man beten darf. Wenn man so etwas haben sollte, das man nicht hat, oder etwas thun, das vielen Bedenklichkeiten unterworfen ist, so soll man seine Bitte im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden lassen, und sich nicht mit Sorgen und Bedenklichkeiten verzehren. Wenn man sorgt, so wird man finster und schwach, und macht viele Fehler, aus welchen eine neue Unlust entsteht, wenn man aber mit Bitten und Danksagen betet, so wirft man sein Anliegen auf den HErrn, bleibt heiter, und erfährt bei der Erhörung des Gebets die gnädige Vorsorge des himmlischen Vaters, dessen Rath wunderbar ist, der aber Alles herrlich hinaus führt.

Als der HErr Jesus nach Seiner Auferstehung den Apostel Petrus Joh. 21. dreimal gefragt hatte: Simon Johanna, hast du Mich lieb? und Petrus solches bejahet hatte, so rückte der HErr mit der Weissagung von dem Kreuzestod heraus, welchen Petrus leiden sollte, indem Er Joh. 21,18. sagte: wenn du alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein Anderer wird dich gürten, und führen, wo du nicht hin willst. Ein Anderer hätte sich entsetzt, und den Leuten, die ihn umbringen würden, zum Voraus in seinem Herzen Böses gewünscht, und überdieß gesorgt, wo er die Geisteskräfte zur Erduldung eines langsamen und schmerzlichen Todes hernehmen werde: allein die Liebe zu Jesu, welche auf den Glauben gebaut war, erhob die Seele des Petrus über das Entsetzen, über den Grimm und über alle Sorgen. Als hernach Petrus den Johannes sah, und seinetwegen fragte: HErr, was soll aber dieser? so antwortete Jesus: so Ich will, daß er bleibe, bis Ich komme, was geht es dich an? Folge du Mir nach. Hier hätte auch Johannes sorgen können, weil ihm der HErr Jesus seine künftigen Schicksale und den Ausgang seines Lebens nicht deutlich voraussagte, sondern ihm nur das Bleiben in der argen Welt, bis zu einer gewissen Zukunft des HErrn, die er erleben werde, weissagte. Allein die Seele des Johannes blieb ruhig, weil er wußte, daß sein Bleiben und sein Abschied aus der Welt, und Alles, was ihm dabei begegnen werde, von dem Willen seines HErrn abhange, der ihn lieb habe, folglich nichts Schädliches über ihn verhängen werde.

Ist unter den zukünftigen Dingen etwas, das ein ernstliches Bedenken und eine fleißige Bereitschaft erfordert, so ist es die Zukunft des HErrn. Man ängstet sich oft über zukünftige Dinge, die nicht kommen, und hofft künftige Begebenheiten, die nicht erfolgen: aber die Zukunft des HErrn ist gewiß und wichtig. Weil wir nun darauf warten sollen, so sollen wir, wie Petrus 2 Petr. 3,14. schreibt, vor Ihm unbefleckt und unsträflich im Frieden erfunden werden.

Mel.: Alles ist an Gottes Segen. 1. Auf den Tag des HErrn sich rüsten,
Sind die Sorgen rechter Christen,
Welche nicht vergeblich sind;
Da ist erst der lange Morgen,
Wo der Mensch von seinen Sorgen
Ewig seinen Ausschlag find’t.

2. Sorg‘, mein Herz, für dieß alleine,
Daß Er, eh‘ Sein Tag erscheine,
Dir noch alle Schulden schenkt;
Sorg‘ um jenes wahre Leben,
Wo Er von dem Man will geben,
Und vom Strom des Lebens tränkt.

3. Sorge nur um solche Kleidung,
Daß du nicht in jener Scheidung
Bloß erfunden werden mußt;
Mach‘ dein Kleid, der Tag kommt schnelle,
In dem Blut des Lammes helle;
Dieß macht rein von allem Wust.

4. Arm und bloß sein, das ist kläglich;
Geist des HErrn! präg‘ Du mir täglich
Diese Seelensorge ein;
Diese treib mich, was ich thue,
Sie soll mit mir, wenn ich ruhe,
In mir, wenn ich bete, sein.

5. Wenn ich diese jetzt nicht hätte,
Fielen auf dem Sterbebette
Mich erst tausend Sorgen an;
Nun ist’s, Jesu, Deine Gabe,
Daß ich diese Sorgen habe,
Und Dich froh erwarten kann!

28. Dezember. Morgen-Andacht.

Es waren alle Tage auf Dein Buch geschrieben, die noch werden sollten, und derselben keiner da war. Ps. 139,16.

Die Tage eines Menschen verfließen schnell und unvermerkt, und Gott hat die Erkenntniß desselben so eingeschränkt, daß er an keinem Morgen weiß, was ihm am selbigen Tag begegnen werde, und an keinem Anfang einer Woche oder eines Jahres, was ihm in selbiger Woche oder in demselben Jahre widerfahren werde, ja es führt oft eine Stunde, eine Minute, oder ein Augenblick etwas Neues mit sich, das man in der vorhergehenden Stunde, Minute oder Augenblick nicht vermuthet hätte; weßwegen auch meistentheils die angenehme Hoffnung, mit welcher man auf zufällige, künftige Freuden wartet, oder die Angst, mit welcher man ein künftiges Unglück fürchtet, vergeblich ist. Ein Mensch kann das Werk nicht finden, das unter der Sonne geschieht; und je mehr der Mensch arbeitet zu suchen, je weniger er findet; wenn er gleich spricht: ich bin weise, und weiß es, so kann er’s doch nicht finden, Pred. Sal. 8,17. Was man aber mit seinem Verstand nicht finden kann, kommt von einem Augenblick zum andern, von einem Tag zum andern an’s Licht. Gott aber sind alle Seine Werke bewußt von der Welt her, Ap. Gesch. 15,18. Es ist Alles bloß und entdeckt vor Seinen Augen, Hebr. 4,13. Es waren, da wir noch unbereitet im Mutterleibe lagen, alle unsere Tage auf Sein Buch geschrieben, die noch werden sollten, da derselben noch keiner da war. Ohne Zweifel ist dasjenige, was hier von unsern Tagen gesagt wird, nicht nur von der Anzahl der Tage, sondern auch von allen Zufällen zu verstehen, welche in allen unsern Tagen vorkommen. Auch diese waren Gott vorher bekannt, und zwar sowohl diejenigen, welche ohne der Menschen Willen von Ihm verhängt werden, als auch diejenigen, welche unter Gottes Wohlgefallen oder Zulassung von der Menschen Weisheit oder Thorheit, Treue oder Untreue, Liebe oder Haß bestimmt werden. Man bedenke, wie viele solche Begebenheiten der Heilige Geist den Propheten geoffenbart habe, und vorher verkündigen lassen; da man dann den richtigen Schluß machen kann: wenn Gott diese Begebenheiten vorher gewußt hat, so hat Er auch alle die übrigen, die nicht vorher verkündigt worden, gewußt, da ohnehin Alles in der Welt zusammenhängt. Gott hat diejenigen, die selig werden, erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, folglich hat Er sie selbst und ihren ausharrenden Glauben schon damals erkannt.

Wenn wir auf unsere verflossenen Lebenstage zurücksehen, so haben wir Gott Vieles abzubitten, und für Vieles zu danken. Es ist kein Weiser, der sich nicht seiner ehemaligen Thorheit schämen, und kein Heiliger, der nicht begangene Sünden bereuen müßte. Wenn die Weisheit und Heiligkeit in dem Menschen anfängt reif zu werden, so ist er seinem Uebergang in die selige Ewigkeit nahe; neben ihm aber fangen Andere ihren Lauf mit einem kindischen Unverstand an, oder setzen ihn mit einem jugendlichen Leichtsinn fort: und deßwegen kann die Erde nie etwas Vollkommenes aufweisen, und muß immer ein Schauplatz einer mannigfaltigen Thorheit und eines drückenden Elends bleiben. Dank sei aber dem großen Gott für Seine Geduld und Langmuth, womit Er die armen Menschen trägt. Dank sei Ihm für die Wohlthaten, die Er ihnen an Einem fort erzeiget. Der glücklichste Tag in unserem Leben ist der Tag unserer Begnadigung; unser Todestag aber soll besser sein als der Tag unserer Geburt.

Mel.: O Durchbrecher aller Bande. 1. Wenn ich meine Tage zähle,
Da ich noch in Sünden lag,
O so grauet meiner Seele;
Denn mich reut ein jeder Tag!
Zähl‘ ich dann die Gnadentage,
Seit mich Jesus zu Sich rief,
Weiß ich fast nicht, was ich sage:
Das Erbarmen ist zu tief!

2. Tage, da ich war auf Erden,
Schließt zwar meine Rechnung ein;
Aber die noch sollen werden,
Steh’n auf Gottes Buch allein.
Schreib‘, HErr, alle mir zu gute
Nur mit dieser Beischrift an:
Da hat Jesus mit dem Blute
Seine Wunder auch gethan.

3. Gib mir, daß ich jeden Morgen
Deiner Gnade Lob besing‘,
Und wenn sich das Licht verborgen,
Dir den Ruhm der Wahrheit bring‘.
Zähl‘ mir auf mein ewig Leben,
Denn auf dieß bin ich geliebt,
Da will ich den Dank dir geben,
Wie man Dir im Himmel gibt!

28. Dezember. Abend-Andacht.

Siehe, Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe, darum seid klug wie die Schlange, und ohne Falsch wie die Tauben. Matth. 10,16.

O ihr, die ihr durch die Macht der Gnade euren natürlichen Sinn geändert habt, aus Gott geboren worden seid, und den Heiligen Geist empfangen habt, ihr seid wie die Schafe; ihr könnet Niemand vorsätzlich beleidigen, begehret Jedermann nützlich zu sein, und habt ein Wohlwollen gegen die ganze Welt in euch. Aber die andern Menschen, unter denen ihr lebet, sind nicht so geartet wie ihr. Sie sind nach verschiedenen Graden Wölfe. Weil sie nicht wiedergeboren sind, so können sie beleidigen, hassen, tödten. Zwar wendet die Welt jetzt großen Fleiß und Witz an, Schafskleider für die Wölfe zu machen, oder die Menschen, die inwendig des Teufels Bild haben, artig, freundlich und in gewissen Fällen gutthätig zu machen. Trauet aber solchen verstellten Menschen nicht; denn sie sind inwendig doch reißende Wölfe, ob sie schon äußerlich Schafskleider an sich haben. Hütet euch vor den Menschen, doch ohne Kleinmüthigkeit, und ohne Verleugnung des Namens Jesu. Seid nur klug wie die Schlangen, daß ihr bedenket, wann ihr reden oder schweigen, wenn ihr etwas vertrauen oder verbergen sollet, und wie viel ihr von den Menschen begehren oder erwarten dürfet. Seid aller menschlichen Ordnung unterthan, damit die Wölfe kein Recht finden, euch als unbotmäßige Leute zu zerreißen. Wachet und haltet eure Kleider, damit ihr nicht bloß wandelt, und man nicht eure Schande sehe. Lasset euch den Geist Gottes regieren und treiben, der euch lehren wird, wann ihr streng oder sanft handeln, wann ihr unthätig bleiben oder dem Bösen steuern sollet. Seid aber auch ohne Falsch wie die Tauben. Begehret nicht die Arglist der Welt mit Arglist, ihre Ungerechtigkeit mit Ungerechtigkeit, ihren fleischlichen Zorn mit fleischlichem Zorn, oder ihren Stolz mit eurem Stolz zu überwältigen. Weltmenschen mag solches unter der Zulassung Gottes gelingen, aber euch, die ihr Schafe sein sollet, und Christum nicht also gelernt habt, wird es nicht gelingen. Seid also ohne Falsch wie die Tauben, sehet mit einem einfältigen Auge auf Gottes Wort und Wohlgefallen, und auf euren Vorgänger Christum. glaubet das Evangelium, das ihr bekennet, von Herzen. Redet auch im gemeinen Umgang die Wahrheit von Herzen. Bleibet und wandelt in der Liebe. Suchet was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, trachtet nach dem, das droben ist, und nicht nach dem, das auf Erden ist; und habt das Leiden lieb, weil es eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit schafft.

Wie geht’s aber den Schafen unter den Wölfen, wenn sie sich nach dieser Regel Christi richten? Der HErr, der sie sendet, sagte: kaufet man nicht zween Sperlinge um einen Pfennig? Noch fället derselben keiner auf die Erde ohne euren Vater. Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupte alle gezählet; darum fürchtet euch nicht, ihr seid besser als viele Sperlinge. Er sagte auch: wer Mich bekennet vor den Menschen, den will Ich auch bekennen vor Meinem himmlischen Vater; und setzte hinzu: wer bis an’s Ende beharre, werde selig. So werden also diejenigen nicht zu Schanden, HErr Jesu, die Dein harren, und Dein Wort halten: aber zu Schanden müssen sie werden die losen Verächter.

Mel.: O Durchbrecher aller Bande. 1. Vorsicht ist uns höchst vonnöthen;
Denn wir sind noch in de Welt,
Die bald küßt und bald will tödten,
Bis sie einen Christen fällt.
Doch uns Schafe unter Wölfen
Hat des Hirten Stimm‘ bewahrt;
Hier soll Schlangenklugheit helfen,
Und der Tauben sanfte Art.

2. Jesu! Du hast Deine Jünger
Diese Vorsicht selbst gelehrt;
Die Gefahr ist nicht geringer,
Die auf uns’re Zeiten währt.
Du bewahrtest sie in Gnaden;
Dein Geist spreche mir auch zu,
Daß der böse mit nicht Schaden,
Noch ich Bösen Schaden thu‘.

3. Was ist’s, wenn der Bösen Rotte
Unser Klugsein Schalkheit schilt,
Und der Welt in ihrem Spotte
Frommheit nur für Dummheit gilt.
Uns genügt bei solchen Proben,
Daß wir Christi Jünger sind;
Weil ihr Schelten oder Loben
Keinen Eingang bei uns find’t.

4. Laß mich, wenn Gefahr vorhanden,
Um den Geist der Weisheit fleh’n,
Und wenn eine überstanden,
Doch nicht unvorsichtig geh’n.
Nur nach Deinem Wohlgefallen
Richte sich mein ganzer Sinn,
Bis ich nach vollbrachtem Wallen
Sicher in der Heimath bin!

29. Dezember. Morgen-Andacht.

Jesus rief laut, und sprach: Vater, Ich befehle Meinen Geist in Deine Hände. Und als Er das gesagt, verschied Er. Luk. 23,46.

Auf eine so geziemende Weise beschloß der HErr Jesus Sein Leben und Leiden auf Erden. Die schweren Leiden, welche der Vater Ihm aufgelegt hatte, hatten Ihn nicht unzufrieden und unglaubig gemacht, weßwegen Er am Ende derselben noch in dem völligsten Glauben und in der reinsten Liebe Ihn Vater nannte. Er befahl Seinen Geist, der nun aus der Hütte des Leibes ausgehen sollte, in Seine Hände, ohne Sich etwas besonders auszubedingen. Es war Ihm genug, wenn der Vater denselben in Seine Hände nehmen, und als eine gute Beilage annehmen und bewahren würde, weil Er gewiß glaubte, daß Er alsdann vor allen weitern Anfällen der Welt und böser Geister bewahrt werden, und Erquickung, Ruhe und Herrlichkeit genießen werde. Er rief die Worte: Vater, Ich befehle Meinen Geist in Deine Hände, laut aus, weil Er sie in einem großen Ernst und in einer starken Begierde aussprach, und weil Er Sich durch dieselben aus dem großen Gedränge, worin Er vorher gestanden war, herausarbeiten, und durch alle Feinde, die Ihn umgaben, durchdringen wollte. Auch wollte Er durch das laute Schreien anzeigen, daß Er nicht an der Verblutung oder am kalten Brand sterbe, wie andere Gekreuzigte, sondern Sein Tod ein freiwilliger Tod, ja ein Sterben im lautersten Gehorsam sei, wie es auch zur Erlösung des menschlichen Geschlechts nöthig war. Er verschied, nachdem er diese Worte ausgerufen hatte, und wurde durch Seinen Tod das Sündopfer, welches allein die Kraft hatte, die Welt mit Gott zu versühnen.

Bei der Betrachtung dieser Worte denke ich billig auch an den Ausgang meines irdischen Lebens, an welchen mich auch der Ausgang dieses Jahres mahnt, welches mich, da es nun beinahe verflossen ist, zu demselben um ein Merkliches näher hingebracht hat. Wann und wie ich mein Leben endigen werde, weiß ich nicht. Die vielerlei Krankheiten, welche den Menschen befallen können, sind neben den gewaltsamen Anfällen auf sein Leben gleichsam vielerlei Thore, durch welche sie aus der Stadt dieser Welt hinausgeführt werden. Welches nun das Thor sei, durch welches ich da hinausgehen werde, weiß ich nicht; dieses aber weiß ich, daß auch meine letzten Tage und Stunden von dem Willen des HErrn werden eingerichtet werden, daß alsdann ein Leiden auf mir liegen werde, daß ich aber bei meinem Abschied aus der Welt nicht mehr werde laut rufen können, sondern daß ich schwach sein, und vielleicht außer den Gebrauch meines Verstandes und meiner Sinnen gesetzt sein werde. Ich befehle also heute, HErr Jesu, meinen Geist in Deine Hände. Mein letztes Leiden sei eine Gemeinschaft mit Deinen Leiden, die Du als ein Sterbender am Kreuz ausgestanden hast, und werde dadurch gesegnet und geheiligt. Dein Geist erhalte mich in Deinem Frieden und in der Vereinigung mit Dir. Zerbrich meine Leibeshütte sanft, und wenn meine Seele aus derselben gehen wird, so führe sie in das Haus Deines himmlischen Vaters, und die Wohnung, welche Du ihr darin bereitet hast. Durch Deinen Todeskampf und blutigen Schweiß, durch Dein Kreuz und Tod, durch Dein heilig Auferstehen und Himmelfahrt, in unserer letzten Noth hilf uns, lieber HErr Gott.

Mel.: Alles ist an Gottes Segen. 1. Jesus, an das Kreuz geheftet,
Starb nicht so, wie wir, entkräftet,
Schlief nicht so, wie Menschen, ein;
Er schrie laut bei Seinem Ende:
Vater, nur in Deine Hände
Soll Mein Geist befohlen sein.

2. Er hat, weil Er stark gestorben,
Uns’rem Geist die Kraft erworben,
Durch den Tod zu Gott zu geh’n.
Brich, mein Herz, in Jesu Namen,
Sein Gebet ist mir ein Amen,
Und der Vater läßt’s gescheh’n.

3. Lähmt das Sterben mir die Zunge,
O so kommt mein Geist zum Schwunge,
Zum erkämpften Vaterland;
Jesus weiß ihn abzuholen;
Denn Er hat ihn schon befohlen
Zu des Vaters treuer Hand.

4. Jesu, laß Dein letztes Schreien
Mir zur Kraft im Tod gedeihen,
Jetzt schon dank‘ ich Dir dafür;
Dort laß meine Stimme klingen,
Auch das Lied des Lamms zu singen;
Denn mein Geist befiehlt sich Dir!

29. Dezember. Abend-Andacht.

Bis daß mein Ende kommt, will ich nicht weichen von meiner Frömmigkeit: von meiner Gerechtigkeit, die ich habe, will ich nicht lassen. Hiob 27,5.6.

Die Freunde Hiobs glaubten, es müsse in dieser Welt allen Frommen wohl und allen Gottlosen übel gehen. Weil es nun dem Hiob sehr übel gegangen war, so schlossen sie daraus, er sei kein frommer Mann gewesen, und predigten ihm deßwegen Vieles von der Buße und Besserung seines Lebens mit der angehängten Verheißung, daß es ihm alsdann wieder wohl gehen werde. Allein dieses Alles war in den Wind geredet; denn Hiob war einer von den Gerechten, welche der Buße nicht bedürfen, und sollte zu seiner Zeit ein Beispiel werden, woran man erkennen könnte, daß Gott auch den Heiligenaus wichtigen und heilsamen Ursachen viele Leiden auflege. Er vertheidigte sich also zuweilen wehmüthig und zuweilen heftig gegen die Reden seiner Freunde, und sagte unter Anderem: bis daß mein Ende kommt, will ich nicht weichen von meiner Frömmigkeit: von meiner Gerechtigkeit, die ich habe, will ich nicht lassen. Er gab mir diesen Worten zu verstehen, daß er bis an sein Ende nicht aufhören wolle zu behaupten, daß er ein frommer und gerechter Mann sei, ob er schon von Andern für einen Heuchler gehalten werde; wie ihn denn sein Gewissen auch damals seines ganzen Lebens halber nicht beiße, oder keines Lasters beschuldige. Wollte er aber diesen Ruhm bis an sein Ende behaupten, so mußte er auch bis an sein Ende fromm und gerecht bleiben; denn wenn er’s nicht geblieben wäre, so hätte sein gutes Gewissen und seine Freimüthigkeit, mit welcher er den Beschuldigungen widersprach, auf einmal zu Boden fallen müssen.

Ein Christ muß in der Welt durch Ehre und Schande, durch böse Gerüchte und gute Gerüchte gehen. Gleichwie ihn Einige für ein frommes Kind Gottes halten, also halten ihn Andere für einen Heuchler und Bösewicht, oder für einen schwachen und thörichten Menschen. Alle diese menschlichen Urtheile aber vergehen bald wieder wie ein Nebel; weßwegen Paulus 1 Kor. 4,3.4. schrieb: mir ist’s ein Geringes, daß ich von euch (Korinthern) gerichtet werde, oder von einem menschlichen Gerichtstag – der HErr ist’s, der mich richtet. Weil aber der HErr uns Alle richtet, so ist nöthig: daß wir bis an unser Ende lauter und unanstößig seien, in der Wahrheit wandeln, Glauben und ein gutes Gewissen bewahren, und in demjenigen, das uns befohlen ist, treu erfunden werden. Wenn wir in diesem Allem nur Gott offenbar sind, und von Ihm erkannt werden, so kann uns genügen: doch müssen wir uns dabei immer auch an dem Gewissen der Menschen beweisen; und diejenigen Menschen, welche die Stimme ihres Gewissens hören, werden uns als treue und redliche Diener Gottes erkennen; auch wird Gott immer einige Seiner Kinder zur brüderlichen Liebe und vertraulichen Verbindung mit uns neigen, daß wir fest an einander halten können, in Einem Sinn und in einerlei Meinung, 1 Kor. 1,10. Wer den Lauf gut anfängt, erweckt eine gute Hoffnung von sich: wer ihn aber wohl vollendet, empfängt die Krone der Gerechtigkeit.

Mel.: Wer Jesum bei sich hat. 1. Bis an mein Ende hin
Will ich nicht wanken
Von meinem Christensinn
Und Heilsgedanken;
Weiß ich mich immer rühm‘,
Sind Christi Wunden,
Ich Sünder bin in Ihm
Gerecht erfunden.

2. Was mir Sein Wort verheißt,
Das will ich fassen;
Ich will mich Seinen Geist
Stets treiben lassen;
Ich will mich aller Schuld
Mit Ernst entschlagen;
Ich will auch in Geduld
Mein Leiden tragen.

3. Im Glauben will ich steh’n,
Will Liebe üben,
Will hoffen ohne Seh’n,
Bis zum Zerstieben;
Was ich von mir nicht bin,
Kann Er mir geben;
Ich halte mich an Ihn,
Er ist mein Leben.

4. Ich weiß, Er läßt mich nicht
Bis zum Erkalten;
Getreu ist, der’s verspricht,
Der wird’s auch halten.
Welt haß‘ und höhne mich,
Ich bleibe feste,
An Jesum glaube ich,
Das ist das Beste.

5. Sein Geist zeugt mir dabei
Bis an mein Ende,
Daß ich gezeichnet sei
In Seine Hände.
So kann ich aus der Zeit
Mit Freuden gehen,
Und Seine Herrlichkeit
Im Himmel sehen!

30. Dezember. Morgen-Andacht.

Es begab sich, daß der Arme starb und ward getragen von den Engeln in Abrahams Schooß. Luk. 16,22.

Auch dieses gehört zu dem Dienst Gottes, um deßwillen die Engel auf die Erde gesandt werden, daß sie den Seelen der Gerechten, wenn sie aus ihren Leibern gehen, Beistand leisten, bis sie an dem guten Ort sind, den ihnen Gott bereitet hat, wo sie aber wiederum in der Gemeinschaft heiliger Engel stehen werden. Lazarus war auf Erden ein elender Bettler, und hatte zuletzt einen Leib voll von Geschwüren. Weil diese nicht verbunden, ja nicht einmal mit Kleidern bedeckt waren, so kamen Hunde und leckten ihm dieselben. Er starb endlich, und genoß auch bei seinem Sterben die Pflege und Wartung nicht, welche viele Andere genießen. Wer hätte gedacht, daß dieser in der Welt unglückselige Mann von Gott so geliebt und werthgeachtet sei, daß er Engel senden werde, um ihn in Abrahams Schooß zu tragen. Es geschahe aber, und Lazarus verwunderte sich ohne Zweifel sehr, daß er, der vor der Thüre des reichen Mannes gelegen und Jedermanns Fußtuch gewesen war, so vornehme Träger haben, und von ihnen – wohin? bis zu dem Abraham, dem berühmten Heiligen, dessen sich alle Juden rühmten, getragen werde. Die Engel setzten ihn in Abrahams Schooß nieder, und Abraham nahm ihn in denselben auf, weil er ihn für einen Menschen hielt, der sein ächter Sohn durch den Glauben geworden sei. Da konnte nun Lazarus ruhen, da wurde er getröstet, da war er von denjenigen, welche Qual leiden, durch eine große Kluft geschieden.

Ich werde auch sterben. Wenn aber meine Seele aus dem Leib gehen wird, so wird sie in eine neue Welt gehen, von welcher ich zwar Vieles in der heiligen Schrift gelesen, die ich aber nie gesehen habe. Wie soll sie da den Weg finden? Dieses wird ohne mein Sorgen geschehen. Gott wird sie aufnehmen. Er wird Seinen Engeln über ihr Befehl thun, und sie wird ohne Zweifel auch von gerechten Seelen, die schon vor ihr dahin gekommen sind, Handreichung genießen. Nur soll ich bis an mein Ende in den Fußstapfen des Glaubens Abrahams wandeln, und nach seinem Vorbild Gott, der in Seinem Wort mit mir redet, glauben, und gewiß sein, daß Er, was Er verheißt, auch thun könne, und daß Er Todte lebendig mache, und dem, was nicht ist, rufe, wie dem, was ist, Röm. 4,17.21. Die Gemeinschaft der Heiligen im Himmel wird sehr erquicklich sein. Lazarus hatte den Abraham bei Leibesleben nie gesehen, weil dieser viele hundert Jahre vor ihm gestorben war: nun kamen sie aber in einem guten Ort zusammen; gleichwie auch Moses und Elias mit einander auf dem Berg erschienen, auf welchem Jesus verklärt wurde. Auch Johannes sahe die seligen Menschenseelen in der Offenbarung immer bei einander, und hörte ihr harmonisches Lob Gottes. Ohne Zweifel kennen sie einander, und die Liebe unter ihnen ist größer und reiner, als sie auf Erden ist.

So lange wir auf Erden wallen, soll uns die Gemeinschaft mit Kindern Gottes theuer, und das Angedenken derer, die vor uns ihren Lauf vollendet haben, wichtig sein. Wenn wir aber sterben, so genießen wir etwa die Fürbitte, den Zuspruch und die thätige Hülfleistung von christlichen Freunden, bis wir dahin fahren. Alsdann hören sie auf, uns zu dienen. Niemals werden wir also ohne eine Gemeinschaft sein. Doch wird Gott über Alles von uns geliebt und gepriesen werden. Ihn sehen, Ihn als das höchste gut genießen, wird unsere größte Glückseligkeit sein.

Mel.: Valet will ich dir geben. 1. Als Jesus uns versühnet
Und aufgewachet war,
So ward Sein Grab bedienet
Von einem Engelpaar.
Auch unser Sterbensbette,
Stirbt man nur in dem HErrn,
Wird eine Engelsstätte,
Da zeigen sie sich gern.

2. Sie sind nicht Leichenträger,
Zu Jesu muß der Geist,
Zu Jesu, der der Pfleger
Der Himmelsgüter heißt;
Die Engel tragen Seelen,
Die bis zum Tod geglaubt,
Nun frei von Welt und Quälen,
Zu Jesu, Ihrem Haupt.

3. So ist der Gotteswagen
Viel tausend tausend Mal,
Die Seelen aufwärts tragen
Zu der Gerechten Zahl.
Letzt sammeln sie den Waizen
Dem HErrn zur Scheuer ein.
Ach sollt‘ uns das nicht reizen,
Zum Himmel reif zu sein?

4. Wir danken die Bedienung
Dir, Jesu, der uns starb,
Durch blutige Versühnung
Uns dieses Recht erwarb.
HErr, gib an meinem Ende
Mich auch den Engeln hin,
Daß ich Dir in die Hände
Zum Lob geliefert bin.

30. Dezember. Abend-Andacht.

Jesus nahm die Zwölfe zu sich, und sprach zu ihnen: sehet, wir gehen hinauf gen Jerusalem. Luk. 18,31.

Mit gutem Willen, mit der hellsten Einsicht und mit dem lautersten Gehorsam ging der HErr Jesus in Seinen Tod hinein; denn Er wußte, was Ihm zu Jerusalem begegnen werde, und ging doch mit Seinen Jüngern dahin. Seine Apostel mußten mit Ihm dahin gehen, damit sie nicht nur Zeugen Seines Leidens und Seiner Auferstehung sein, sondern auch in die Gemeinschaft Seiner Leiden und Seiner Freude nach Seiner Auferstehung eintreten könnten. Jerusalem wird in der heiligen Schrift die Stadt des großen Königs und eine heilige Stadt genannt, weil der Tempel oder das Haus Gottes darin war. Noch mehr ist diese Stadt durch den Sohn Gottes geehrt worden, welcher darin oft gelehrt und Wunder gethan hat. Merkwürdig aber ist, daß diese Stadt, die doch bei ihren großen Vorzügen eine Mörderin der Propheten, ja des Sohnes Gottes wurde, das Vorbild der Stadt Gottes war, welche das neue Jerusalem genannt ist. Gleichwie das irdische Jerusalem von der Zeit Davids an eine gemeinschaftliche Stadt der Israeliten war, wie es denn zwar das ganze Volk Israel um der irdischen Unvollkommenheit willen nicht fassen konnte, aber doch Leute von verschiedenen Stämmen darin wohneten, 1 Chron. 10. Esr. 2., und alle israelitischen Männer jährlich dreimal sich darin versammeln mußten: also ist das neue Jerusalem die gemeinschaftliche Wohnung derer, die aus den zwölf Stämmen Israels durch den Glauben die völlige Seligkeit erlangen, und der Glaubigen aus den Heiden, welche diesen zwölf Stämmen einverleibt und für Israeliten gerechnet werden; weßwegen auch die Namen dieser zwölf Stämme an die zwölf Thore dieser heiligen Stadt geschrieben sind. Gleichwie auch in dem irdischen Jerusalem der Tempel Gottes und der von Gott bestätigte Thron Davids war: also wird zwar in dem neuen Jerusalem kein erschaffener Tempel, doch aber der Thron Gottes und des Lammes, übrigens aber Gott selber der Tempel sein. Zu diesem neuen Jerusalem sind die Glaubigen des Neuen Testaments, alldieweil sie noch auf Erden wallen, gekommen, wie Paulus Hebr. 12,22. redet. Sie sind so dazu gekommen, daß sie es als das Ziel ihres Laufes vor Augen haben, es zu erreichen hoffen, und bei dieser Hoffnung sich an der Herrlichkeit desselben, die im Wort Gottes beschrieben ist, ergötzen dürfen. Dieses Alles aber hätte nicht statt, wenn der HErr Jesus nicht in das irdische Jerusalem hinaufgegangen und da ein Opfer für unsere Sünden worden wäre. Bei der Verklärung auf dem Berge redeten Moses und Elias von dem Ausgang, den Jesus zu Jerusalem erfüllen solle; also sollen wir bei der Betrachtung des herrlichen neuen Jerusalems an den Todeskampf, an die Schmach, Schläge, Verurtheilung und den Kreuzes-Tod gedenken, die Jesus in und bei dem alten Jerusalem zu unserm Heil gelitten hat. Durch diese Leiden ist Er uns der Weg in das neue Jerusalem und zum Vater selber worden.

Mel.: HErr Jesu Christ, mein’s Lebens etc. 1. Mein HErr ging gen Jerusalem,
Daß Er Sein Kreuz dort auf sich nähm‘.
O blutig’s Ziel von Seinem Lauf!
Und dennoch fuhr Er dort auch auf.

2. Auch wir geh’n gen Jerusalem;
Der Weg ist nicht dem Fleisch bequem:
Allein es ist so wunderschön,
Die Gottesdienste dort zu seh’n.

3. Da kommt man in die Gottesstadt,
Die den allmächt’gen Bauherrn hat;
Da darf man in den Tempel geh’n,
Der Eingang ist mit Blut gescheh’n.

4. Man sieht darin den Gnadenthron,
Man hört daselbst der Harfen Ton
Und mehr als man jetzt sagen kann:
Man betet Gott dort sichtbar an.

5. Das lohnet ja sich wohl der Müh‘,
Daß man dahin im Glauben zieh‘,
Wenn man auch, bis man drinnen ist,
Vom Kreuz gedrücket weinen müßt‘.

6. HErr! laß mich nicht verdrossen sein;
HErr! sprich mir Muth und Hoffnung ein;
Treibt mich Dein Geist, stärkt mich Dein Wort,
So geht es Schritt für Schritte fort.

7. Wie wohl wird’s da der Seele thun,
Vom Weg, vom Kreuz, vom Weinen ruh’n!
Was sieht man da für Herrlichkeit,
Die Leib und Seele ewig freut!

8. So bleibe denn mein Angesicht
Stracks gegen diese Stadt gericht’t;
O daß ich bald als Bürger käm‘
Zum himmlischen Jerusalem!

31. Dezember. Morgen-Andacht.

Der Geist und die Braut sprechen: komm! und wer es höret, der spreche, komm! Offenb. 22,17.

Es ist in der Offenbarung Johannis oft von der Zukunft Christi die Rede. Siehe, Er kommt in den Wolken, sagt Johannes Kap. 1,7., und Kap. 22,12. sagt der HErr selber: siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, zu geben einem Jeglichen, wie seine Werke sein werden. Es gereicht aber zum Wohlgefallen des HErrn Jesu, wenn diesen Seinen Worten entgegen schallt: kommt! gleichwie es auch V. 20. geschieht, wo der HErr Jesus spricht: Ja, Ich komme bald, Amen, und Johannes in seinem und aller Gerechten Namen antwortet: Ja komm, HErr Jesu! Gleichwie der HErr Jesus durch die Verheißung: Ich komme bald, den Glaubigen die Versicherung gibt, daß Er sie bald in den völligen Genuß der Herrlichkeit, die Er ihnen bereitet habe, einführen wolle, also zeigen diese durch den Zuruf: komm! hinwiederum an, daß sie nicht nur die verheißene Zukunft glauben, sondern auch Jesum und Seine Erscheinung lieb haben, und derselben wachend und verlangend entgegen sehen. Der Geist und die Braut werden hier besonders genannt, wie Ap. Gesch. 15,28. der Geist und die Apostel, in denen Er war, und Röm. 8,26. der Geist und die seufzenden Christen, in denen Er das Seufzen wirket. Also ist auch der Geist in der Braut, und wenn Er in derselben spricht: komm! so spricht es die Braut zugleich. Es ist ein einiges Sprechen, dessen Urheber der Heilige Geist ist, und dem der neugeschaffene menschliche Wille der Braut beistimmt. Eben so verhält es sich mit dem Ruf: Abba, Vater! welcher Gal. 4,6. dem Heiligen Geist, und Röm. 8,15. den Kindern Gottes, welche ihn durch den Heiligen Geist thun, zugeschrieben wird. Niemand kann dem HErrn Jesu mit einem willigen Herzen zurufen: komm! es sei denn, daß ihn der Heilige Geist dazu erwecke; wer Ihm aber durch die Kraft des Heiligen Geistes so zuruft, gehört zu der Gemeine Gottes, welche Eph. 5., und Off. 19. die Braut und das Weib des Lammes genannt wird, und hat also das Recht, dereinst in dem neuen Jerusalem zu wohnen, weil diese Stadt, nämlich die Einwohnerschaft dieser Stadt, Offenb. 21,9. eben diesen Namen führet. Gewißlich, wer dem HErrn Jesu zurufen kann: komm! hat ein liebreiches Verlangen nach Ihm, wie eine Braut nach ihrem Bräutigam; und wem Er die liebreiche Verheißung gibt: ja Ich komme bald, Amen, den liebt Er mit der Liebe eines Bräutigams. Doch weil die Anzahl derer, welche mit einander die Braut und das Weib des Lammes ausmachen sollen, noch nicht ganz ist, so setzt Johannes hinzu: wer höret, was der HErr Jesus von Seiner Zukunft sagt, und wer höret, was der Geist und die Braut sagen, gebe alsbald eben demselben Geist bei sich Raum, und spreche: komm! damit er auch ein Glied der Braut werde, und der HErr Jesus durch diesen Zuruf von ihm geehrt werde.

Was soll ich nun am Ende dieses Jahres thun? Die Weltzeiten fließen hurtig dahin. Hat der HErr Jesus schon zu dem Johannes gesagt: siehe, Ich komme bald, so darf ich heute mit dem größten Recht dafür halten, Er komme bald. Habe ich nun Gnade und den Heiligen Geist empfangen, bin ich los vom bösen Gewissen, ist Seine Liebe in meinem Herzen ausgegossen, stehe ich in der gewissen Hoffnung des himmlischen Erbes, so darf und soll ich Ihm entgegen rufen: komm! Ja komm, HErr Jesu, und mache dem Leid und dem Streit, der Gefahr und der Noth ein Ende. Komm und erfülle Deine Verheißungen, und lasse das Warten derer, die Dich lieben, zur Freude werden. Ja komm, HErr Jesu! Deine Gnade sei mit uns Allen. Amen.

Mel.: Wachet auf, ruft uns etc. 1. HErr, da Du einst gekommen
Und uns’re Menschheit angenommen,
Sang‘ Dir der Engel lichte Schaar;
Dann bist Du nach dem Siegen
Vom Grab auf Deinen Thron gestiegen,
Beherrschest Alles wunderbar.
Bald kommst Du wiederum,
Nun ruft Dein Eigenthum:
Komm, HErr Jesu! Wir warten Dein,
Bei Dir zu sein.
Komm, HErr, und führ‘ uns zu Dir ein.

2. Der Glaube hat sein Siegel
Und kennt Dich durch des Wortes Spiegel
Bereits in Deiner Herrlichkeit;
Die Liebe will Dich sehen,
Die Hoffnung Dir entgegen gehen,
Weil Deine Zukunft uns erfreut.
So spricht der Geist uns zu;
Die Braut spricht: komme Du
Komm, HErr Jesu!
Da betet man Dich, König, an,
Da ist Dir Alles unterthan!

31. Dezember. Abend-Andacht.

Die Gnade des HErrn Jesu sei mit Allen. Offenb. 22,21.

Ein Jahr ist nun verflossen, und in demselben Vieles verschwunden, was sichtbar gewesen war, Vieles gefallen, was gestanden ist, Viele sind gestorben, die gelebt haben: ja in der ganzen Welt, die so wenig als das Meer ruhig sein kann, sind unzählbare Veränderungen vorgefallen. Jesus Christus aber ist gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit, und Seine Gnade währet von Ewigkeit zu Ewigkeit über die, so Ihn fürchten, und Seine Gerechtigkeit auf Kindeskind, bei denen, die Seinen Bund halten, und gedenken an Seine Gebote, daß sie darnach thun, Hebr. 13,8. Ps. 103,17.18. Diese Seine Gnade, die Er weislich und in einer heiligen Ordnung erweiset, und die deßwegen auch Gerechtigkeit genannt wird, sei denn mit uns Allen. Die Gnade ist nicht nur ein Wohlwollen gegen uns, das der HErr Jesus in Seinem Herzen heimlich verschlossen behielte, sondern sie ist eine thätige Gunst, ein wirksames Wohlwollen. Der HErr Jesus ist den Menschen geneigt, weil Er ein Mensch worden ist, und weil Er’s übernommen hat, ein Mittler zwischen Gott und ihnen zu sein. Weil Er ihnen aber geneigt ist, so will Er sie aus dem Schlaf und Tod der Sünden erwecken, Buße und Glauben in ihnen wirken, sie rechtfertigen, heiligen, und endlich zur Herrlichkeit erheben. Auch will Er ihnen die Nahrung und Nothdurft des Leibes geben, und sie überhaupt spüren lassen, daß Er ihr höchster Wohlthäter sei. So sei denn die wohlthuende und segnende Gnade des HErrn Jesu mit Allen. Er hat eine Fülle, aus welcher Alle, ohne daß sie erschöpft oder nur vermindert würde, Gnade um Gnade nehmen können. Zu dieser Fülle werden Alle eingeladen, Alle haben den Zutritt dazu, ohne daß die Unwürdigkeit Jemand ausschlösse; denn die Gnade siehet nicht auf die Würdigkeit oder auf’s Verdienst der Werke. ungeachtet also alle Menschen Sünder sind, so sei doch die Gnade des HErrn Jesu mit Allen, und erweise sich so an einem Jeden, wie er’s bedarf und verlangt. Wer das Ende dieses Jahres erlebt hat, danke Gott und gewinne eine Zuversicht, wie von Paulus Ap. Gesch. 28,15. gesagt wird. Der Gnade des HErrn Jesu haben wir alle empfangenen Wohlthaten zu danken, und eben dieselbe Gnade ist der Grund der Zuversicht auf die künftige Zeit. diese Gnade züchtige uns aber auch, daß wir verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste, und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt, und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung des großen Gottes und unsers Heilandes Jesu Christi, Tit. 2,12.13. Bei dieser Erscheinung wird die Fülle Jesu recht überfließen, und der Reichthum Seiner Gnade recht offenbar werden, und alle Heiligen werden nach ihrer Verherrlichung und nach der Empfahung des himmlischen Erbes sagen: von Gottes Gnade sind wir, was wir sind, und Seine Gnade an uns ist nicht vergeblich gewesen. Es sei also die Gnade unsers HErrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes mit uns Allen. Amen.

Mel.: Ach bleib mit Deiner Gnade. 1. Die Gnade sei mit Allen,
Die Gnade unsers HErrn,
Des HErrn, dem wir hier wallen
Und seh’n Sein Kommen gern.

2. Auf dem so schmalen Pfade
Gelingt uns ja kein Tritt,
Es gehe Seine Gnade
Denn bis zum Ende mit.

3. Auf Gnade darf man trauen,
Man traut ihr ohne Reu‘;
Und wenn uns je will grauen,
So bleibt’s: der HErr ist treu.

4. Die Gnade, die dem Alten
Half zwei Weh‘ übersteh’n,
Wird die ja auch erhalten,
Die in dem dritten fleh’n.

5. Wird stets der Jammer größer,
So glaubt und ruft man noch:
Du mächtiger Erlöser,
Du kommst, so komme doch!

6. Damit wir nicht erliegen,
Muß Gnade mit uns sein;
Denn sie flößt zu dem Siegen
Geduld und Glauben ein.

7. So scheint uns nicht ein Schade.
Was man um Jesum mißt;
Der HErr hat eine Gnade,
Die über Alles ist.

8. Bald ist es überwunden
Nur durch des Lämmleins Blut,
Das in den bös’sten Stunden
Die größten Thaten thut.

9. HErr! laß es Dir gefallen,
Noch immer rufen wir:
Die Gnade sei mit Allen,
Die Gnade sei mit mir!

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