Müller, Heinrich - Von der geistlichen Trunkenheit.

Müller, Heinrich - Von der geistlichen Trunkenheit.

Der Wein redet durch mich.

Sagt ein Trunkener. Das ist nicht gut. Du lachst, ich erschrecke. Der Wein durch dich. Durch den Wein der Teufel. Der Teufel durch dich. Regiert der Teufel deine Zunge, so besitzt er auch dein Herz. Herz und Zunge hat die Natur durch ein Aederlein fest zusammengebunden. Das Herz ist die Quelle, darin der Bösewicht sein Gift kocht, die Zunge die Rinne, dadurch er es ausgießt. Wie kommt der Teufel in den Wein? sprichst du. Lieber, wie kam er in die Schlange? Er weiß sich fein behend in die Creatur zu wickeln und schleicht durch dieselbe ins Herz. Wahrlich ich habe mit dir nichts zu schaffen. Hat er durch die Schlange Eva betrügen können, warum nicht auch mich und dich? Aber laß so sein. Du rühmst dich, daß der Wein durch dich rede; ich rühme michs auch. Der Wein redet durch mich vielleicht öfter als durch dich. Merkst du nicht, wenn ich predige, wie die Fülle des Geistes oft zum Munde herausquillt? Manchmal steht mein Herz in tausend Sprüngen, und ein jeder Sprung geht in den Himmel hinein. Ich bin so muthig, daß ich mit meinem Jesu wohl durch Spieß und Schwerter, durch Feuer und Flammen, durch Noth und Tod dringen wollte. Ich weiß selbst nicht, wie mir zu Muthe ist und bin im Geist gleichsam entzückt. Der fleischliche Mensch begreifts nicht. Wer die Kräfte des Himmels geschmeckt hat, merkt wohl, daß ich trunken bin. Höre. Wenn mich mein Jesus bitterlich betrübt hat und es mit mir wieder gut machen will, so führt er mich in seinen Weinkeller. Hohel. 2, 4. Und tränkt mich mit Wollust als mit einem Strom. Ps. 36, 9. Dann werd ich voll Geistes, und weß das Herz voll ist, deß geht der Mund über. Matth. 12, 34. Ich singe und sage von meinem Jesu, wie süß er sei. Ich jauchze vor Freuden und rufe den Seelen, die im Geist mit mir verbunden sind, zu: Ach kommt doch, schmeckt und sehet, wie freundlich der Herr ist. Wohl dem, der auf ihn traut. Ps. 34, 9. Da rede nicht ich, sondern die Fülle des Geistes, der himmlische Freudenwein redet durch mich. Da gehts wie Paulus sagt. Ephes. 5, 19. Werdet voll Geistes und redet unter einander von Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in euren Herzen. Siehe, so redet der Wein nicht allein durch dich, sondern auch durch mich.

Ach Jesu,
Laß mich schmecken
Dein Süßigkeit im Herzen,
Und dürsten stets nach dir.

Quelle: Müller, Heinrich - Geistliche Erquickstunden

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