19. Die Gründe, warum die Messe nicht beizubehalten; von P. Melanchthon verfaßt und den Abend vor Maria Geburt dem Kurfürsten Johann übergeben.

19. Die Gründe, warum die Messe nicht beizubehalten; von P. Melanchthon verfaßt und den Abend vor Maria Geburt dem Kurfürsten Johann übergeben.

1) Es ist bekannt, daß die Widersacher schreiben und lehren: die Messe sei ein solch Werk, welches, wenn man es Lebendigen und Todten zueigne, nicht allein Vergebung der Sünden und Gnade, sondern auch allerhand andres Gutes, z. E. gute Gesundheit, Sieg und Reichthum, durch die bloße That (ex opera operato) ihnen verdiene und erwerbe.

2) Da nun das ein offenbarer, grober und schädlicher Irrthum ist: so können wir die Stillmessen in unsern Kirchen durchaus nicht wieder annehmen und anrichten.

3) Es bedarf aber keines Beweises, daß diese Zueignung dem Evangelio ganz zuwider laufe. Denn, wenn die Werke uns Gnade verdienen und vor Gott gerecht machen können durch die bloße That, wie sie sagen: so wird die Gerechtigkeit nicht aus dem Glauben kommen.

4) Es erhellet aber und ist offenbar aus Pauli Lehre, daß die Gerechtigkeit ohne alle unser Verdienst und Werke aus dem Glauben komme.

5) Wozu noch kommt, daß, wenn man der Messe ein Verdienst gibt, es eben so ist, als wenn ich sage: dieser Pfaffe ist Christus; denn wenn die Messe rc. eine Genugthuung für die Sünden ist, wozu dienet denn Christi Tod und Leiden? Man wolle denn Christi Leiden mit eines Pfaffen Gaukeleien vergleichen!

6) Hernach, da Christus einmal ein vollgültiges Lösegeld für aller Menschen Sünden bezahlet, wie die Schrift saget: „Durch ein Opfer sind die Heiligen vollendet;“ so folget, daß es weiter kein Opfer oder Genugthuung brauche.

7) Ferner, da Christus befiehlt: Man solle es zu seinem Gedächtniß und Erinnerung thun, so folget, daß das Sacrament dem Abwesenden nichts helfe oder reiche, als deren Glaube durch solcher Dinge Gedächtniß nicht erwecket wird. Da aber die Tobten abwesend sind, und nicht erinnert werden können, so muß nothwendig diese ganze Lehre hinfallen.

8) Ingleichen ist die Messe insonderheit dazu eingesetzet, daß das Wort Gottes in dergleichen öffentlichen Versammlungen dem Volke vorgetragen werde. Wie auch Paulus gebietet, da er spricht: „Sollet ihr des Herrn Tod verkündigen“ Den Todten aber kann dergleichen nicht verkündiget werden.

9) Ingleichen, da das allerheiligste Sacrament des Leibes und Blutes unsers Herrn Jesu Christi zu Nutz und Heil der ganzen Kirche eingesetzt ist, und zwischen der Laien und Pfaffen Communion nichts Besonderes ist, so folget, daß es höchst ärgerlich und eine Verwirrung des geistlichen Amtes sei, wenn man außer der gemeinen Communion und Versammlung opfert und Stillmessen anrichtet, als wenn der Pfaffen Communion ein besser Werk und etwas Verdienstlicheres wäre, als der Laien Communion.

10) Ingleichen, wie eines Laien Communion dem Andern Nichts nützet, noch Etwas hilft, so ist auch klar, daß der Pfaffen Communion Andern Nichts verdiene.

11) Ingleichen, da Christus im Sacrament uns sein Leib und Blut und alle andern Güter des Neuen Testamentes austheilet und anträgt: so folget, daß es kein Opfer ist, dadurch wir Gott Etwas geben, sondern nur empfahen, was Er uns darreichet.

Vom Canon (der Messe). Da auch die Zueignung durch den Canon vornehmlich gestärket wird, so können wir ihn auch, weil er durchgehends wider das Evangelium ist, nicht billigen oder annehmen. Denn wenn wir das thäten, so würden wir dadurch die Zueignung (auf Lebende und Todte) gut heißen und bestätigen.

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