Luther, Martin - Über Christi Höllenfahrt

Luther, Martin - Über Christi Höllenfahrt

Gleichwie aber die erste Welt zum höchsten verderbt gewesen ist, so ist sie auch schrecklicher Strafe unterworfen worden, also, daß nicht allein die Alten, so Gott mit ihren Sünden erzürnet hatten, umkommen sind, sondern auch die unschuldige Jugend, die noch nichts verstehet und wissen kann, was gut oder böse ist, und werden ohne Zweifel ihrer viel durch ihre Einfältigkeit betrogen worden seyn. Aber Gottes Zorn macht hier kein Unterschied, sondern überfällt und verderbt die Alten mit den Jungen, die Witzigen und Verständigen mit den Einfältigen. Eine solche schreckliche Strafe hat St. Petrum den apostel auch bewegt und verursacht, daß er mit solchen Worten herausfähret, die wir noch bis auf diesen tag nicht verstehen können: denn so sagt er 1. Petr. 3.: Christus lebendig gemacht im Geist, ist im Geist hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängniß u.s.w.

Dieses ist gewiß ein wunderliches Urtheil, und schier eine thörichte Rede, damit der Apostel dieses schreckliche Spektakel dargethan hat, wie es sich ansehen läßt. Denn Petrus zeiget auch mit diesen Worten an, daß etwa eine unglaubige Welt gewesen sey, welcher nach seinem Tod der verstorbene Christus geprediget habe. So dieß also wahr ist, können wir nicht zweifeln, Christus wird zu denselben Gefangenen im Gefängniß auch gebracht haben Mosen und die Propheten, daß er aus der unglaubigen Welt eine neue und glaubige Welt mache.

Auf diese Meinung lauten eigentlich St. Petri Worte, wiewohl ich davon nichts beschlüßliches reden will. Dennoch ists auch kein Zweifel, daß die, welche er eine unglaubige Welt nennet, nicht gottlose Verächter, noch Tyrannen sind, von denen man gewiß sagen kann, daß sie verdammt sind, so sie in ihren Sünden umkommen sind. Es läßt sich aber ansehen, daß er die jungen Kinder, und andere, welche ihre Einfältigkeit zum Glauben verhindert hat, eine unglaubige Welt nennet. Denn durch die Aergerniisse der Welt sind die als durch einen starken Strom mitgenommen und hingerissen, daß sie zugleich mit umkommen, und nur acht Seelen sind erhalten worden. Auf eine solche Weise streicht Petrus den großen und schrecklichen Zorn Gottes heraus, und preiset doch gleichwohl auch darneben die Gedult Gottes, daß er die des seligmachenden Worts nicht beraubet hat, die zur selben Zeit nicht geglaubet haben, oder nicht haben können glauben. Wie aber das zugegangen sey, wissen wir nicht: das aber wissen und glauben wir, daß Gott in seinen Werken wunderbarlich ist, und alles vermag: welcher derhalben hat können lebendig predigen den Lebendigen, der hat auch können nach seinem Tode den Todten predigen. Uns aber ist es ehrlich, wenn wir gleich etliche Geheimnisse der h. Schrift nicht wissen. Denn die apostel haben ihre sonderliche Offenbarung gehabt, und wer viel davon disputiren wollte, thät vermessentlich oder närrisch. Eine solche Offenbarung ist dieses auch von Christo, daß er die Seelen gelehret hat, derer, die zur Zeit der Sündfluth umkommen sind darauf nicht übel kann gezogen werden der Artikel im Glauben, daß Christus zur Höllen gefahren sey. So hat St. Paulus auch eine Offenbarung gehabt vom Paradies, vom dritten Himmel, und andern Dingen mehr, daß uns keine Schande ist, wenn wir es gleich nicht wissen: eine vermessenheit aber wäre es, so einer für den, so es wüßte, wollte angesehen seyn. St. Augustinus und andere Lehrer mehr haben auch mancherlei Spekulationen, wenn sie von solchen Dingen disputiren: wer wollte aber nicht glauben, daß die apostel solche Offenbarungen gehabt haben, welche Augustinus und andere nicht gehabt?

Quelle: Sander - Der Menschenfreund

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