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Luther, Martin - Sermon vom Gebet.

Luther, Martin - Sermon vom Gebet.

Zum ersten, daß ein Gebet recht gut sey und erhört werde, sind zwey Dinge vonnöthen: das erste, daß man von Gott eine Verheißung oder Zusage habe und dieselbe zuvor bedenke, Gott derselben vermahne, und sich dadurch erwäge, tröstlich zu bitten. Denn so Gott nicht hätte heißen bitten und Erhörung zugesagt, mochten alle Kreaturen mit allem Bitten nicht ein Körnlein erlangen. Daraus denn folget, daß Niemand von Gott etwas erlanget, seiner oder seines Gebetes Würdigkeit halber, sondern allein aus Abgrund göttlicher Gütigkeit, der aller Bitten und Begierden zuvorkommt durch sein gnädig Zusagen und Verheißen uns beweget, zu bitten und begehren. Auf daß wir lernen, wie gar viel mehr er für uns sorget und mehr bereit ist zu geben, denn wir zu nehmen und suchen; und dadurch kühne werden tröstlich zu bitten; sintemal er mehr darbeut, denn wir bitten mögen.

Zum andern ist's Noth, daß man je nicht zweifele an der Zusagung des wahrhaftigen und getreuen Gottes. Denn eben darum hat er Erhörung zugesaget, ja zu beten befohlen, daß man einen gewissen und festen Glauben habe, es werde erhöret, als er saget Matth. 21, 22. und Marc. 11, 24. Ich sage euch, alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihrs empfahen werdet, so wirds euch werden. Und Luc. 11, 9 ff. Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgethan. Denn, wer da bittet, der nimmt; wer da suchet, der findet, und wer da anklopfet, dem wird aufgethan. Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater ums Brod, der ihm einen Stein dafür biete? Und so er um einen Fisch bittet, der ihm eine Schlange dafür biete? Oder so er um ein Ey bittet, der ihm einen Scorpion dafür biete? So denn ihr, die ihr arg seyd, könnet euren Kindern gute Gabe geben; vielmehr wird euer Vater im Himmel den heiligen Geist geben, denen, die ihn bitten. Auf diese und dergleichen Zusagung und Befehl muß man sich tröstlich erwägen und mit rechtem Vertrauen bitten.

Zum dritten: So jemand bittet, daß er zweifelt an der Erhörung Gottes und allein dahin setzt auf sein Gebet, es geschehe oder nicht, der thut zwey böse Stücke. Das erste, daß er sein Gebet selbst zu nichte macht und umsonst arbeitet. Denn also spricht St. Jacobus in seiner Ep. K. 1. V. 5. 6. 7. Wer von Gott etwas bitten will, der bitte im Glauben und zweifle nicht. Denn wer da zweifelt, der ist gleich wie die Meereswoge, die vom Winde getrieben und gewebt wird. Solcher Mensch denke nicht, daß er etwas von dem Herrn empfahen werde. Das meinet er also, daß desselben Menschen Herz nicht stille hält; darum kann ihm Gott nichts geben. Der Glaube aber hält das Herz stille und machet es empfänglich göttlicher Gaben. Das andere böse Stück ist, daß er seinen allergetreuesten und wahrhaftigen Gott für einen Lügner und einen losen, ungewissen Mann achtet, als einen, der seinen Zusagen nicht möge oder wolle genug thun, und also durch seinen Zweifel Gott die Ehre und den Namen der Treue und Wahrheit beraubet. Darinne so schwerlich gesündigt wird, daß auch durch dieselbe Sünde ein Christ zu einem Heiden wird, und seinen eigenen Gott verleugnet und verleuret; und so er darinne bleibet, ewiglich ohn allen Trost muß verdammt seyn. Wird ihm aber etwas gegeben, das er bittet, so wird es ihm nicht zur Seligkeit, sondern zu Schaden gegeben zeitlich und ewiglich; nicht ums Gebet willen, sondern aus dem Zorne Gottes, daß er belohne die guten Worte, die da in Sünden und Unglauben und göttlicher Unehre gesprochen werden.

Zum vierten, sprechen etliche, Ja, ich wollte wohl vertrauen, mein Gebet würde erhöret, wenn ichs würdig wäre und wohl machete. Antwort: Wenn du nicht eher bitten willst, du wissest denn und empfindest dich würdig und geschickt, so mußt du nimmermehr bitten. Denn, wie vor gesagt ist, unser Gebet muß sich nicht gründen oder halten an unsere oder seine Würdigkeit, sondern auf die unwandelbare Wahrheit göttlicher Zusagung. Und wo sichs auf sich selbst oder etwas anders gründet, so ists falsch und betrügt dich, ob es auch für großer Andacht das Herz zerbräche und eitel Blutstropfen weinete. Denn darum bitten wir, daß wir nicht würdig sind zu bitten, und eben dadurch werden wir würdig zu bitten, und werden erhöret, daß wir glauben, wir seyn unwürdig, und allein auf die Treue Gottes uns tröstlich wagen. Sey wie unwürdig du magst, so schaue drauf und mit ganzem Herzen nimm wahr, daß tausendmal mehr, ja alles allein daran gelegen ist, daß du Gottes Wahrheit ehrest, und nicht in deinem Zweifel deine treue Zusage zur Lügen machest. Denn deine Würdigkeit hilft dich nicht, deine Unwürdigkeit hindert dich nicht; aber die Mißtreue verdammt dich, und die Zuversicht würdigt und hält dich.

Drum hüte dich dein Lebenlang, daß du dich nimmer würdig oder geschickt achtest, zu bitten oder empfahen; es sey denn, daß du dich findest einen freyen Waghals auf das wahrhaftige und gewisse Zusagen deines gnädigen Gottes, der dir seine Barmherzigkeit also will offenbaren, daß zugleich, wie er dir Unwürdigen, Unverdienten, aus lauter Gnaden, ungebeten, Erhörung zugesaget hat, also will er auch dich unwürdigen Beter aus lauter Gnaden, zu Ehren seiner Wahrheit und Zusagung erhören; auf daß du nicht deiner Würdigkeit, sondern seiner Wahrheit, damit er die Zusagung erfüllet, und seiner Barmherzigkeit, damit er die Zusagung gethan hat, danksagest. Daß bestehe der Spruch des 25. Psalms, V. 10: Alle Gottes Werke sind eitel Barmherzigkeit und Wahrheit. Barmherzigkeit in der Zusagung; Wahrheit in der Erfüllung und Erhörung der Zusagung.

Zum fünften soll man sich in solchem Vertrauen also halten, daß man Gott nicht ein Ziel stecke, Tag oder Stätte bestimme, noch die Weise oder Maaße setze seiner Erhörung; sondern das alles seinem Willen, Weisheit und Allmächtigkeit heimgebe, nur frisch und fröhlich warten der Erhörung. Doch Nichtwissen wollen, wie und wo, wie bald, wie lange, durch welche? Denn seine göttliche Weisheit wird überschwenglich bessere Weise und Maas, Zeit and Statt finden, denn wir gedenken mögen. Wie im alten Testament 2 Mos. 14, da die Kinder Israel Gott anvertrauten, er würde sie erlösen, und war doch kein mögliche Weise vor Augen, noch in allen ihren Gedanken; da thät sich das rothe Meer auf, und gab ihnen einen Weg hindurch und ertränkte alle ihre Feinde auf einmal. Also Judith, Kap. 8, die heilige Frau, da sie hörete, daß die Bürger zu Bethulia in fünf Tagen die Stadt wollten übergeben, wenn ihnen Gott indeß nicht hälfe, strafte sie dieselbigen und sprach: Wer seyd ihr, daß ihr Gott versucht? Das dienet nicht, Gnade zu erwerben, sondern vielmehr Zorn und Ungnade. Wollt ihr dem Herrn eures Gefallens Zelt und Tag bestimmen, wenn er helfen soll? Darum half ihr auch Gott wunderlich, daß sie dem großen Holofernes sein Haupt abschlug und die Feinde also vertrieben wurden. Also spricht auch St. Paulus Eph. 2, 20: Das Gottes Vermögen ist also gethan, daß er überschwenglich höher und besser thut, denn wir bitten oder verstehen. Darum soll man sich erkennen zu gering dazu, daß wir nennen, abmalen, oder dargeben mögen Zeit, Statt, Maas und andere Umstände deß, das wir bitten von Gott; sondern ihm alles heimstellen, und unverrückt festiglich gläuben, er werde uns erhören.

Quelle: Kraußold, Lorenz - Das Betbüchlein Lutheri

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