Hutter, Leonhard - Inbegriff ... - Einige Nachrichten über Leonhard Hutters Leben und dessen Inbegriff der Glaubens-Artikel.

Hutter, Leonhard - Inbegriff ... - Einige Nachrichten über Leonhard Hutters Leben und dessen Inbegriff der Glaubens-Artikel.

Leonhard Hutter wurde im Januar 1563 zu Nellingen, einem schwäbischen Dorfe in dem Weichbilde Ulms, zwei Meilen von dieser Stadt, geboren. Sein Vater, Leonhard Hutter, ein frommer, gottesfürchtiger Mann, stammte aus Gredingen, und wurde 1553 zu Ulm als Lehrer an der dasigen Schule angestellt, wo er in der unteren Klasse die lateinische Sprache und andere Gegenstände lehrte. Zwei Jahre darauf vertauschte er das Schulamt mit dem Prediger-Amte, und wurde Pastor zu Nellingen. Doch nicht lange verweilte er hier, indem er schon 1565 nach Ulm zurückkehrte und daselbst Prediger an der Hauptkirche wurde, welches Amt er bis zu seinem Tode, 1601, treu und gottesfürchtig verwaltete. Die Mutter unsres L. Hutter war eine höchst achtbare Frau, Anna Höflich, aus sehr angesehenem Geschlecht. Seine beiden Eltern erzogen ihn nun in wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit, bis sie ihn, zu seiner höheren Ausbildung, der damals blühenden Schule zu Ulm übergaben, wo er treffliche Fortschritte in allen Gegenständen des Unterrichtes machte, so dass feine Lehrer ahnend vorhersagten, dass er einst Großes vollbringen werde. – Nachdem er den Schul-Cursus vollendet, begab sich Hutter, nach dem Willen seines Vaters, auf die Universität zu Straßburg im Elsaß, wo er sich unter der Leitung mehrerer trefflichen Lehrer, unter Andern des Melchior Junius, dem Studium der Philosophie und Theologie ergab, und nach zwei Jahren schon empfing er daselbst am 10. Octobr. 1583 von dem Prof. der Theologie Dr. Pappe die Würde eines Doctors der Philosophie. Von da an blieb er noch zehn Jahre in Straßburg und erwarb sich große Fertigkeit im Disputieren und in der Kunst, einen Gegenstand darzutun und zu beweisen. Bisher hatte er sich meist mit der Philosophie beschäftigt; allein er wollte sein Leben nicht in den Spekulationen des menschlichen Geistes verbringen, sondern die ganze Tiefe seines Geistes lieber auf die Erforschung und Durchdringung der heil. Schrift verwenden. Deswegen wandte er sich an Pappe, der ihm schon lange ein treuer Führer gewesen war, und dieser gab ihm den Rat, wenn er irgend den Namen eines Theologen verdienen wolle, müsse er die heiligen Schriften beider Testamente fleißig lesen, und was er gelesen, mit gottesfürchtigem Gemüte erwägen und wiederholen. Diesem Rate ist Hutter auch so treulich nachgekommen, dass man unter seinen Kleinodien ein Büchlein gefunden hat, in welches er sich den Inhalt aller biblischen Kapitel und die vorzüglichsten Erklärungen schwerer Schriftstellen aufgezeichnet hatte. – Im Jahr 1591 begab er sich von Straßburg nach Leipzig, und besuchte hier die theologischen Vorlesungen des Zacharias Schilter und Burchard Harbart, unter deren Leitung er die in Straßburg angefangenen theologischen Studien vollendete. Zwei Jahre später ging er nach Jena, wo er, aufgefordert von mehreren dasigen Professoren der Theologie, sich um die Würde eines Doctors der Theologie bewarb, und sie auch am 15. Januar 1594 erhielt. Nun hielt er theologische Vorlesungen zu Jena, welche er aber kaum zwei Jahre fortgesetzt hatte, als er, durch die Vermittlung des sächsischen Oberhofpredigers Polycarp Leyser, vom Fürsten Friedrich Wilhelm, dem Vormunde des damals noch unmündigen Kurfürsten Christian II., nach Wittenberg als Professor der Theologie berufen wurde. Hutter gehorchte diesem Rufe, und trat 1596 als Professor in die theologische Fakultät, neben Hunnius u. A., ein, und von jetzt an beginnt sein eigentliches, kräftiges Wirken in Wort und Schrift. Als akademischer Lehrer suchte er seine Zuhörer in das rechte Verständnis der heil. Schrift einzuführen, und viele Männer gingen aus seiner Schulen hervor, welche der Kirche Christi zu großem Segen gewesen sind. Mehr noch aber wirkte er durch seine Schriften. Als nämlich im J. 1607 der schweizerisch-reformierte Theolog Rud. Hospinian in seinem Buche „Concordia discors“ (d. i. uneinträchtige Eintrachtsformel) unsere Concordien-Formel gehässig angriff und sie um ihr Ansehn zu bringen suchte, wurde Leonh. Hutter höheren Orts beauftragt, eine Widerlegung dieses Buchs zu schreiben. Er gab daher im J. 1644 zu Wittenberg seine „Concordia concors, oder über den Anfang und Fortgang der Eintrachtsformel der Kirchen Augsburger Bekenntnisses“ heraus, nachdem ihm zur Verfertigung dieses Buchs das Archiv zu Dresden geöffnet worden war. Ebenso trat er als rüstiger Streiter auf, und schrieb, als die Reformierten sich bemühten, im Herzogtum Holstein ihre Lehre einzuschieben, ein Buch unter dem Titel: „Calvinista aulico-politicus, oder eigentliche Entdeckung und Widerlegung etlicher Calvinischen politischen Ratschläge, welche Johann von Münster fortzupflanzen und die verdammte Calvinisterey im Herzogtum Holstein einzuschieben sich bemühet.“ Und nachdem 1613 der Kurfürst von Brandenburg, Johann Sigismund, zur reformierten Kirche übergetreten war, und die Reformierten nun ihre Lehre dort allgemein zu machen suchten, verfasste Hutter sein Buch „Calvinista aulico-politicus, oder christlicher und notwendiger Bericht von den fürnehmsten politischen Hauptgründen, durch welche man die verdammte Calvinisterey in die Kur- und Mark-Brandenburg einzuschieben sich stark bemühet, Wittenberg 1614. 8.“ Durch dieses Buch wurde Johann Sigismund freilich so erbittert, dass er die Einführung der Concordien-Formel in seinen Landen verbot, und seinen Untertanen untersagte, die Universität Wittenberg zu besuchen. – Mit nicht geringerer Schärfe des Geistes und Treue gegen Gottes Wort kämpfte Hutter, wie gegen die Reformisten, so auch gegen die Katholiken, und vorzüglich gegen den gelehrten Jesuiten Bellarmin, welche er in mehrern Schriften widerlegte. Aber auch für die Erbauung verfertigte er einige Schriften, als „Betrachtungen des Kreuzes Christi“ (Meditationes crucis Christi), und den „Biblischen Auszug“ (Epitome biblica), welcher einen Überblick des Inhaltes der einzelnen biblischen Abschnitte gibt, und zu einem tieferen, richtigen Verständnis der heil. Schrift sehr förderlich ist. – Hutter verheiratete sich im J. 1599 zu Ulm mit Barbara Manlich, einer tugendsamen Jungfrau aus berühmtem Geschlecht, mit welcher er sechszehn Jahre eine glückliche Ehe führte. Nachdem er schon dreimal das Rektorat der Universität geführt, starb er, wenige Tage nachher, als er, auf dringendes Bitten seiner Kollegen, dies hohe Amt zum vierten Male übernommen hatte, am hitzigen Fieber in der Mittagsstunde des 23. Septbr. 1616 im drei und fünfzigsten Lebensjahre. Seine Leiche ist zu Wittenberg in der Schlosskirche beigesetzt. – Mit der Entstehung des vorliegenden Inbegriffs hat es folgende Bewandtnis. Als Hutter 1602 seine dogmatischen Vorlesungen über Melanchthons Hauptartikel christlicher Lehre vollendet hatte, war er unschlüssig, welches Buch er künftighin seinen Vorlesungen über Dogmatik zu Grunde legen sollte. Er trug seine Bedenken der theologischen Fakultät vor, und diese berichtete an das Konsistorium nach Dresden, welches der Fakultät aufgab, einen Inbegriff der Glaubens-Artikel aus dem Concordien-Buch für die studierende Jugend zu verfertigen. Dies Geschäft wurde dem Leonh. Hutter übertragen, welcher im J. 1606 das Kompendium vollendete, worauf es die Fakultät mit ihrem Gutachten nach Dresden schickte. Der Kurfürst Christian II. übersandte es dann an die theologische Fakultät zu Leipzig, und an seine drei Schulen zu Meißen, Grimme und Pforte, damit sie es sorgfältig prüfen und ihm ihre Meinung darüber einreichen sollten. Nachdem die drei Schulen sowohl, als auch die Leipziger Fakultät beifällige Urteile und ihre Verbesserungen eingereicht hatten, schickte der Kurfürst das Buch abermals an Hutter, damit er ihm die vollendete Gestalt geben solle. Hutter benutzte die ihm zugekommenen Andeutungen zur Verbesserung seines Werkes gewissenhaft, und so erschien es 1610 in Wittenberg bei Joh. Gormann im Druck. Schon nach einem Jahre gab Casp. Holstein in Lübeck eine deutsche Übersetzung desselben heraus, welche aber so ungenügend ausgefallen war, dass Hutter selbst sein Buch ins Deutsche übersetzen musste, in welcher Form es 1613 zu Wittenberg erschien. Diese deutsche Übersetzung ist nur noch zweimal aufgelegt worden, zuletzt von Joh. Meisner, Prof. in Wittenberg, 1751, mit dem lateinischen Text zusammen. Das lateinische Original aber hat fast unzählige Auflagen erlebt, und viele berühmte Theologen haben Erklärungen zu demselben geschrieben und veröffentlicht. Bis fast in die Mitte des vorigen Jahrhunderts ist es beinahe im allgemeinen Gebrauche gewesen, bis man anfing den Geschmack an der reinen lutherischen Lehre zu verlieren, und es durch neuere, aber nicht bessere Schulbücher verdrängt wurde.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/h/hutter/inbegriff/biographisches.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain