Hus, Jan - Vier Briefe des Mag. Johann Hus aus dem Gefängnisse – Brief 2

Hus, Jan - Vier Briefe des Mag. Johann Hus aus dem Gefängnisse – Brief 2

(In der Zeitschrift des böhm. Museum, Jahrg. 1848, finden sich S. 401-415 neun Briefe von M. Johann Hus aus der Zeit seiner Haft in Kostnitz, in dem, einer Handschrift aus dem J. 1472 entnommenen böhmischen Urtexte abgedruckt, von denen wir hier die Nummern IV, VI, VII und IX in deutscher Übersetzung geben).

b.

Magister Johann Hus, in der Hoffnung ein Diener Gottes, entbietet allen Getreuen, welche Gott und sein Gesetz lieben und lieben werden, seinen Wunsch, dass sie in der Wahrheit und in der Gnade Gottes zunehmen und bis in den Tod standhaft verharren! Geliebteste, ich ermahne euch, erschrecket nicht und lasset euch nicht deswegen einschüchtern, dass sie meine Bücher zum Verbrennen verdammt haben; bedenket, dass sie auch die Prohezeiungen des heiligen Jeremias, welche Gott niederzuschreiben befohlen, verbrannt haben; damit sind sie jedoch dem, was er vorhergesagt, nicht entgangen, denn nach der Verbrennung befahl ihm Gott, dieselbe Rede und mit noch mehren Zusätzen aufzuzeichnen, was auch geschah. Er sprach im Gefängnisse sitzend, und der heilige Baruch, der sein Schreiber war, schrieb es nieder. So steht es geschrieben in seinen Büchern, im sechs und dreißigsten und im fünf und vierzigsten Capitel. Auch in den Makkabäischen Büchern ist geschrieben, dass das Gesetz Gottes und diejenigen, welche es lehrten, verbrannt wurden; später hat man im neuen Bunde Heilige sammt den Büchern des göttlichen Gesetzes verbrannt. So haben auch Cardinäle die Bücher des heiligen Gregor, welche Moralium heißen, verdammt und verbrannt, und wollten sie alle verbrennen; aber Gott hat sie durch seinen einzigen Schüler Petrus gerettet. Auch den heiligen Johannes Chrysostomos haben zwei allgemeine Concilien als einen Ketzer verdammt; und doch hat der gnädige Gott ihre Lüge nach dem Tode des heiligen Johannes gezeigt. Wenn ihr diese Dinge vor Augen habet, so lasset euch nicht durch Drohungen dazu bringen, dass ihr das nicht leset, was ich geschrieben, oder dass ihr ihnen euere Bücher zum Verbrennen ausliefert. Bedenket, was uns der gnädige Heiland zur Warnung gesagt im Evangelium des heiligen Matthäus im vier und zwanzigsten Capitel, dass vor dem jüngsten Tag eine solche Trübsal sein wird, wie von Anbeginn der Welt nicht gewesen ist, und auch später niemals in solcher Art sein wird, dass es geschehen könnte, dass auch die Auserlesenen in Irrthum geführt werden; aber diese Tage werden abgekürzt werden für die Auserlesenen. Dieß bedenkend, Geliebteste, stehet fest, denn ich hoffe zu Gott, dass die Schule des Antichrist vor euch erschrecken wird; und - um euch zu beruhigen - das Concil wird von Kostniz nicht nach Böhmen kommen, denn ich halte dafür, dass viele aus dem Concil, ehe sie euch die Bücher abzwingen, früher sterben werden, und aus dem Concil wie Störche in die Welt auseinanderfliegen, und wenn der Winter kommt, erkennen werden, was sie im Sommer gethan. Wisset, dass sie ihr Oberhaupt als Ketzer verdammt haben. Nun antwortet, ihr Prediger, die ihr da prediget, der Papst sei der irdische Gott, dass er nicht sündigen könne, dass er nicht Simonie treiben könne, wie die Juristen sagen, dass der Papst das Haupt der ganzen heiligen Kirche sei, welche er sehr gut verwaltet, dass er das Haupt der heiligen Kirche sei, dass er das Asyl ohne Mangel sei, zu dem ein jeder Christ seine Zuflucht nehmen muß! Ei, schon ist das Haupt abgeschlagen, der irdische Gott in Banden, schon ist er in Sünden verkündet, schon ist die Quelle versiegt, die Sonne verfinstert, das Herz herausgerissen, das Asyl aus Kostniz geflohen und in Gewahrsam gebracht, auf dass ja niemand zu ihm seine Zuflucht nähme, das Concil hat ihn als Ketzer verdammt, weil er Ablässe und Bisthümer und andere Pfründen verkauft, und jene haben ihn verurtheilt, von denen viele von ihm gekauft und andere unter anderen gemarket! Da hatte Johann, Bischof von Leitomysl, um das Prager Erzbisthum gefeilscht, aber andere haben ihn überboten. Und warum haben sie nicht früher ihren Zorn gegen ihren Feind gekehrt? es sagt doch ihr Recht, dass wenn jemand seine Würde durch Geld erlangt, er deren entsetzt werden soll? Ei, geschmäht seiet ihr Verkäufer und Käufer und Mäkler und Zwischenhändler! Der heilige Petrus schmähte und verfluchte den Simon, weil er den heiligen Geist um Geld erkaufen wollte. Diese haben den Verkäufer geschmäht und verdammt, und sie selbst, die Käufer und Mäkler und Verkäufer in ihrem Hause, sind in Kostniz geblieben. Der Bischof, welcher gekauft, der andere, welcher verkauft, und der Papst, welcher für die Zustimmung Geld nahm! So steht es auch in Böhmen, wie euch bekannt. Wenn Gott im Concil sagen würde, wer von euch frei ist von der Sünde der Simonie, der verdamme den Papst Johann; mir scheint, dass einer nach dem anderen herauslaufen würde. Und warum sind sie also vor ihm gekniet, warum haben sie seine Füße geküsst und ihn den heiligsten Vater genannt, da sie es wussten, dass er ein Ketzer, Mörder und geheimer Sünder sei? Wenn seine Sünden an's Licht gekommen, warum haben ihn die Cardinäle zur päpstlichen Würde erkoren, da sie doch wussten, dass er ein so arger Mörder sei, dass er den heiligsten Vater getödtet? Warum haben sie ihm erlaubt Simonie zu treiben, so lange er Papst war, da sie doch zu seinen Rathgebern deswegen bestellt waren, damit sie gut rathen; und wenn die nicht schuldig sind, welche mit ihm Simonie getrieben, warum hat, ehe er von Kostniz entflohen war, keiner gewagt, ihn anders zu nennen, als „heiligster Vater“? Denn damals haben sie sich noch gefürchtet; als ihn aber der weltliche Arm ergriffen, mit Gottes Zulassung oder willen, da haben sie sich zusammengerottet und sich ausgesprochen, dass er niemals loszulassen sei. Fürwahr, schon hat sich die Bosheit, Schmach und Schande des Antichrist am Papste und an anderen im Concil geoffenbart. Schon können die treuen Diener aus den Worten des Heilands merken, was er gemeint hat, als er sprach: „Wenn ihr den Gräuel sehen werdet auf der wüsten Stätte, von welchem Daniel vorhergesagt hat“ - wer liest, der verstehe: „der große Gräuel“, das ist die Hoffart, der Geiz, der Pfründenhandel; „auf der wüsten Stätte“, das ist die Würde, welcher aller Demuth und anderer Tugenden bar, so wie wir augenfällig an denjenigen sehen, welche das Amt der Würde bekleiden. O wenn es möglich wäre, die Bösartigkeit zu beschreiben, auf dass die getreuen Diener sich davor bewahren, gerne würde ich es thun. Aber ich hoffe zu Gott, dass Er nach mir andere Rüstigere geben wird, welche besser die Boshaftigkeit des Antichrist verkünden werden, und die ihr Leben einsetzen werden zum Tode für die Wahrheit des Herrn Jesu Christi, welcher mir und euch die ewige Freude geben wird. Amen.

Quelle: Helfert, Josef Alexander - Hus und Hieronymus

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