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Hus, Jan - An die Christen zu Luna

Hus, Jan - An die Christen zu Luna

(1411)

Magister Johann Hus, ein unwürdiger Diener Gottes, wünscht den gläubigen Bürgern von Luna Gnade und Frieden unsers Herrn Jesu Christi.

Wenn ich Euch, meine Liebsten, nicht mit meinen äußeren Augen sehe, sondern mit meinen inneren, so höre ich doch von Eurem standhaften Glauben und Eurer Liebe gegen Gott und sein Evangelium: wie der Heiland selbst euch im Glauben, im Frieden, in der Liebe und im Hören des Wortes Gottes verbunden hat, so daß eure Eintracht und Einmüthigkeit vor allen andern Städten des böhmischen Reichs in meinem Innersten aufbewahrt ist. Ich beschwöre Euch also, meine Liebsten, obwohl euch von Gesicht unbekannt, doch gläubig in Gott zu Eurem Heile, liebet Euch unter einander, bestehet in der Einigkeit und duldet auf keinerlei Weise unter euch Spaltung. Denn jene Einigkeit, die durch den wahren Glauben besteht, wird Euch Gott unverletzt erhalten. Gott verleihe Euch unter einander durch seine Barmherzigkeit einen glücklichen Fortgang, daß ihr Fleisch, Welt und Satan überwinden könnet. Dieß beobachtet und bedenkt wohl, meine Liebsten, damit nicht durch euch Spaltungen, Verrätherei, Eifersucht und Erbitterung entstehen. Ist einer unter euch ungefügig und Urheber von Zwietracht, den weiset unter Euch als einen Bruder zurecht. Streitet nicht vor dem Gericht, denn auf beiden Seiten bringt's großen Schaden an Seele, Leib und Gut. Suchet mehr die Beleidigung, die Gott zugefügt wird, als die, welche man Euch anthut, zu rächen. Ach, hierin irret die ganze Welt, daß man mehr seine eigene Beleidigung, als die Beleidigung Gottes zu strafen begehrt. Diesen Weg bereitet der Antichrist vornehmlich uns Priestern, die nicht wollen, daß die Satzungen der Menschen sorgfältiger, als das Wort Gottes beobachtet werden. Siehe da dieser Priester, Mönch oder Prälat treibt Ehebruch oder Hurerei, und thut dieß ungestraft, und, wenn er etwas nach seinem Willen lehrt, so will er dieß bei Strafe des Banns beobachtet wissen. In ähnlicher Weise strafen auch die Weltlichen nicht, wenn einer Gott lästert. Aber sagt einer zu denselben: versammelte Väter! ihr habt mich ungerecht verurtheilt, was öfters der Fall ist, dann strafen sie mit dem Schwerdt, weil er die Richter der Ungerechtigkeit zeihet.

Ich aber vertraue auf den Herrn, daß er Euch von jenem Uebel befreien wird, so daß Ihr mehr sein Gesetz haltet, als Menschensatzungen. Wenn Ihr dieses haltet, so wird Euch Niemand schaden können. Deßhalb, Theuerste, achtet doch auf solche Dinge, die ewig sind, die nie vergehen. Sie sind zweierlei, nehmlich die Verdammniß und das ewige Leben. Bei der Verdammniß ist ewiges Feuer, Finsterniß, ungeheure Qual und immerwährendes Brennen mit den Teufeln. Im ewigen Leben aber ist vollkommene Freude, Licht, keinerlei Schmerz noch Pein, Umgang mit Gott selbst und seinen Engeln: wie der h. Paulus sagt: „was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott bereitet denen, die ihn lieben“. Wir werden also selig sein, wenn wir jenes Glück genießen, wo die vollkommene Liebe sein wird: denn dort werden wir sehen, wer mit dem Bann belegt, verdammt und verflucht ist, dort werden alle Sünden, die jetzt in den Herzen der Menschen verborgen liegen, zum Vorschein kommen, dort werden wir eine Freude und einen Trost erfahren, der uns nie wird entrissen werden. Und wenn wir hier etwas um Christi willen leiden, so werden wir selig sein. Denn durch Kreuz und Trübsal werden wir, wie das Gold durch das Feuer bewährt durch den Meister, der die ganze Welt aus Nichts erschaffen hat. Wir werden also selig sein, wenn wir im Guten bis ans Ende beharren. Da Ihr nun, Theuerste, wißt, daß die Welt ihrem Verderben entgegeneilt, der Tod vor der Thür ist, und wir in Bälde von hinnen scheiden werden, so lebet für's Erste fromm und heilig und sterbet der Sünde ab, sodann trachtet nach dem, was im Himmel ist, endlich liebet Gott von ganzem Herzen und trauet auf ihn, daß er uns um der Verdienste Jesu Christi willen in seiner Herrlichkeit krönen und seines Reiches theilhaftig machen werde. Amen.

Quelle: Renner, C. E. - Auserlesene geistvolle Briefe der Reformatoren

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