Humburg, Paul - Die ganz große Liebe - Die ganz große Liebe

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„Da ging sein Vater hinaus und bat ihn.“ (V. 28)

Was hatte der Vater doch für Last mit seinen beiden Söhnen! Mit beiden! Kaum freut er sich über den einen, der von schlimmem Sündenweg heimgekehrt ist und seine Vergebung erbat, da wird des anderen Verlorenheit offenbar. Des anderen, der neben ihm gegangen ist all die Jahre, aber verschlossen, innerlich abwesend, auch verloren wie sein Bruder.

Da kommt der Vater in neue Not, in neue Not der Liebe. Er freut sich des einen, des Wiedergefundenen, und sieht den andern sich entfernen. Soll er sich mit dem einen, dem Heimgekehrten, zufriedengeben? Soll er den andern, der so verständnislos für sein Vaterherz ist, der ihm so unendlich fernsteht und jetzt gerade so bitter wehe tut, gehen lassen? O nein, ich muss sie beide haben, meine beiden verlorenen Söhne! So ging er heraus und bat den älteren Bruder. Der Vater will sie beide haben. Und wenn jemand bei der Geschichte vom verlorenen Sohn geglaubt hat, er sei nicht gemeint, so kommt jetzt das Wort auch zu ihm: Der Vater will sie beide haben, alle seine verlorenen Söhne, die verkommenen und die frommen.

Welch eine Liebe klopft in des Vaters Herz! Er hätte doch zornig werden können. Wir wären wahrscheinlich ärgerlich geworden über diese Herzenshärtigkeit, über diesen Pharisäer; aber die Freude über den Wiedergefundenen lässt ihn freundlich sein auch zu dem Zornigen. Der Vater schickt nicht einen Knecht hinaus, er lässt ihn nicht holen und zu sich rufen, nein, er geht selbst hinaus: Komm doch herein! Er erzählt ihm die Geschichte seines verlorenen Bruders, den er doch so lange vermisst hat. Und bei dem Erzählen wird ihm wieder warm. Wenn er vielleicht anfangs fast erschrocken war über die Kälte seines verlorenen Sohnes, über diese Stahlwand von Härte, nun wird er wieder freudig und feurig: Komm! Er bat ihn: „Du solltest fröhlich und guten Mutes sein.“

So hat es der Vater im Himmel auch gemacht. Er ging heraus in Christus, seinem Sohn, und er bat auch die Pharisäer. Er bittet auch die Harten unter uns, die durch all die Liebe Gottes hindurchschreiten, ohne aufzulauschen, alle Jahre in den Festen der Kirche mitten durch die große Liebe hindurchwandern und bleiben kalt und hart. Sollten wir einen Heiland haben, so musste er so sein, wie hier des Vaters Liebe geschildert wird. Nur solch einen Heiland konnten wir brauchen, der sich durch die Härte des Menschenherzens nicht abschrecken ließ, durch solche unsympathische und selbstgefällige Art. Er musste nicht nur der Sünderheiland sein, sondern auch ein Erbarmer für die Pharisäer, die Harten und Abweisenden. „Er bat ihn.“ Vielleicht, dass über diesem Wort solch ein harter Mann zum „verlorenen Sohn“ wird.

Ob der ältere Bruder hineingegangen ist, ob er draußen blieb? Und ob die Pharisäer es merkten, dass Jesus mit diesem Gleichnis gerade nach ihrem Herzen griff, mit weichem, zartem Finger an ihre Seele klopfte? Jetzt, in diesem Augenblick gerade, wurde es für sie Wahrheit: „Da ging sein Vater heraus und bat ihn“, jetzt, in diesem Gleichnis, das Jesus gerade ihnen erzählte. Ob sie die offenen Arme sahen, die bittenden Augen, das brennende Herz, das so voll Erbarmen war auch über die, die sich so sicher und stark fühlten und meinten, keines Erbarmens zu bedürfen? Jesus! In diesem Namen hat alle Liebe des Vaters für uns Gestalt angenommen, die Liebe, die nicht den Schmutz der Befleckten scheute, und die noch größere Liebe, die die Stolzen und Selbstgerechten zu sich rief.

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