Hofacker, Ludwig - Autobiographisches

Hofacker, Ludwig - Autobiographisches

Das kurze Leben dieses getreuen Knechtes war reich an den ernstesten, wie an den köstlichsten Christen-Erfahrungen. Wir hören ihn wohl am liebsten selbst davon reden. „Ich bin,“sagt er in seinem Lebenslauf, „den 15. April 1798 zu Wildbad (im Königreich Würtemberg) geboren. Bis in mein vierzehntes Jahr war ich für das Schreiberei-Fach bestimmt. Erst an meinem Confirmationstage entschloß ich mich zur Theologie (dem geistlichen Stande), obgleich mir mein Vater sagte, daß ich noch viel zu lernen hätte, wenn ich in's Kloster (eine höhere Lehranstalt) aufgenommen werden wollte. Mein Oheim, Rektor Reuß, welchem ich übergeben wurde, that viel an mir; er trieb mich scharf in's Lernen hinein, und nach anderthalb Jahren kam ich in's Kloster nach Schönthal. Die folgenden fünf Jahre ging ich elendiglich dahin; ich lernte so mit dem großen Haufen fort, war auch nicht sehr fleißig, weil ich meistens Studenten-Gedanken im Kopfe hatte. Beim Anfang des Studiums der Theologie entstand in mir die Frage: Was ist Wahrheit? - Ich merkte, daß sich jeder Wahrheit, welche die Vernunft findet, wieder eine andere entgegensetzen läßt, dachte aber: ich möchte doch Etwas finden, auf das ich leben und sterben, das ich auch glauben könnte. -

Nach manchem vergeblichen Bemühen, ward der Entschluß in mir geboren: ich brauche Christum, wenn ich nicht soll zu Schanden gehen; ich soll Sein Diener werden; ich will Ihm auch nachfolgen!

Nun las ich die Bibel fleißig; aber ich wurde sehr vom Unglauben geplagt. Ich betete und seufzte viel zum Heiland, und Er schenkte mir allmählig Glauben und Frieden. Statt meiner bisherigen Kameraden bekam ich nun Freunde und Brüder, und das ist mir zu manchem Segen gewesen. Im Anfang ging ich einen schweren, gesetzlichen, schwärmerischen Gang; aber unter alles Treiben des Gesetzes hinein schenkte mir der Heiland zuweilen eine Stunde, wo ich mich Seiner herzlich freuen konnte. Ich merkte durch Umgang, Gebet und Forschen in der Heiligen Schrift immer deutlicher, daß das Wort von der Versöhnung aus Gnaden, ohne Zuthun der Werke, die Hauptsache sey.

Im August 1820 wurde ich auf der Straße von einem durch die Sonnenhitze aufgerührten Nervenfieber plötzlich befallen; ich stürzte bewußtlos nieder, verwundete mich am Kopfe und mußte vier Wochen im Bette bleiben. Sobald ich mich erholt hatte, bezog ich ein Pfarr-Vicariat, zuerst in Stetten, dann in Plieningen. Nach einem Vierteljahr befiel mich meine vorige Krankheit wieder und ich mußte in's elterliche Haus zurück, um mich kuriren zu lassen. Das dauerte zwei Jahre, und ich starb fast vor Ungeduld, bis ich ein wenig Geduld lernte. Endlich stellte der Herr meine Füße wieder auf freieren Raum; ich konnte zwei Jahre lang das Amt meines kranken Vaters an der St. Leonhardskirche in Stuttgart versehen und habe die Ueberzeugung, daß ich nicht vergeblich gearbeitet habe. Im Februar 1825 wurde ich wieder krank, und mußte endlich nach St. Moritz nahe zur italienischen Gränze reisen, um meine Gesundheit zu stärken; da ward mir des Herrn Wort zum Trost: „Ich habe dein Reisen zu Herzen genommen!“

Nachdem ich zurückkam, überfiel mich ein entsetzliches Nervenfieber. Unvergeßlich bleibt mir, in welche Tiefe mir hier der Herr gestoßen, was ich namentlich auch an der Seele für angst der Hölle erlitten; aber auch unvergeßlich die Liebe, die ich in dieser schweren Zeit von Bekannten und Unbekannten erfuhr. Nach einem Jahre fühlte ich mich wieder kräftiger und erhielt, auf meine Bitte, die Pfarrei Rielingshausen.“

So weit erzählt der liebe Hofacker selbst. Noch aber hatte seine Prüfung nicht das volle Maaß erreicht. Ein bösartiges Uebel setzte sich an einen Finger und drohte seine Kräfte zu verzehren; man nahm ihm im Februar 1827 den Finger ab. Bald darauf verlor er seine innig geliebte Mutter. Er arbeitete noch immer im Amte fort und schrieb an den vortrefflichen Predigten, welche er auf dringendes Verlangen herausgab. Allein seine Kräfte schwanden immer mehr dahin; endlich warf ihn eine Brustentzündung hart darnieder, die sofort eine Wassersucht und den Tod ihm zuzog. Mit großer Sehnsucht sah er seiner Auflösung entgegen; aber mit gleich großer Geduld harrete er in dem Ofen der Trübsal bis zum letzten Augenblicke aus. Er verschied den 18. Novbr. 1828.

Quelle: Sander - Der Menschenfreund

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