Harms, Claus - Am Sonntag nach Neujahr 1845.

Harms, Claus - Am Sonntag nach Neujahr 1845.

Ges. 230. B. 1-8. Frohlockt, lobsinget Gott.

Das „einst“, wenn Gottes Kinder sich mit Christo freuen sollen, ist in der zukünftigen Stadt Gottes, die sie suchen; in der nicht bleibenden sind sie mehrentheils die Leidenden, gleichwie er selbst, als von ihm geschrieben stehet, an dem, das er litt, Gehorsam gelernt hat, vollkommen geworden und erhöhet worden und eine Ursache unsrer Seligkeit geworden ist.

Einiges Maaßes hat die Neujahrsfeier unsern Weihnachtsgang aufgehalten, indeß Christi geschwiegen haben wir doch auch am Neujahrstage nicht; heute und fortan ist die Bahn des Zeugnisses von Christo wiederum ganz frei. Seid willige Folger, meine Lieben, wenn ich vorangehe. Es ist im Grunde nichts anders zu predigen, als von Christo; wer's anders meint, hat in der Sache den richtigen Verstand nicht, und wer es anders begehret, der kennt sein wahres Seelenheil nicht. Darum vorwärts gegangen, wo wir Weihnachten gestanden sind, am ersten und auch am andern Festtage, ja an andern auch, da das Wort hier erwogen ist: Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme. Was spricht er denn? Sagen wir: Einerlei, was er spricht. Wir bekommen es aber zu hören, das Was, doch ohne es noch gehört zu haben, das Was, müssen wir sagen: Das kann uns niemand sagen, als er allein, das hat bis zu ihm kein Mensch noch gesagt, wird auch Keiner nach ihm kommen, welcher spricht: Nicht so, sondern so. Weiter, was er sagt, das dürfen wir nicht ungehört lassen; thun wir's, so ist's ganz gewiß zu unserm Schaden, hören wir aber, was er sagt, das kann nicht anders als zu unserm zeitlichen und ewigen Heile sein, wenn - das müssen wir sagen im Voraus - wenn - welches Wenn! - wenn nach der Weihnachtsverkündigung der da, das da zu Bethlehem geborne Kind der eingeborene vom Himmel gekommene Sohn Gottes ist, als in welchem Glauben allein wir Weihnachten halten, singen und predigen können, wie wir gethan haben, nicht wahr? wir Alle gethan haben, wenn auch eben nicht in diesem Gotteshause. Allein wir sollen hören keine Stimme, die nur einen Ton hat, aber kein Wort giebt; sie giebt Wort und das gelegt worden ist in Vieler Mund, die es ausbreiten, wie von den Hirten gelesen, daß die es gethan, und mit demselben in den Gemeinden, groß und klein, stehen, wie zur Stunde ich, derselben Einer, hier. Der Text:

Joh. 12, 44-50. Jesus aber rief und sprach: Wer an mich glaubet, der glaubet nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat. Und wer mich siehet, der stehet den, der mich gesandt hat. Ich bin gekommen in die Welt ein Licht, auf daß, wer an mich glaubet, nicht in der Finsternis bleibe. Und wer meine Worte höret, und glaubet nicht, den werde ich nicht richten; denn ich bin nicht gekommen, daß ich die Welt richte, sondern daß ich die Welt selig mache. Wer mich verachtet, und nimmt meine Worte nicht auf, der hat schon, der ihn richtet: das Wort, welches ich geredet habe, das wird ihn richten am jüngsten Tage. Denn ich habe nicht von mir selber geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot gegeben, was ich thun und reden soll, Und ich weiß, daß sein Gebot ist das ewige Leben. Darum, das ich rede, das rede ich also, wie mir der Vater gesagt hat.

Wie schon Advent angezeigt worden, wir gehn dies Jahr, so Gott will, den frei gelassenen Gang frei gewählter Texte; gewählt, genommen sind von mir die für die Kirchen eines andern lutherischen Landes ausgeschriebenen. Für heute sind es die eben verlesenen Worte, die das Thema zu einer Predigt geben sollen. Dies ist aber das Thema:

Wie alles Zeugniß von Christo nach Christi eignen Worten auftrete; daß es auftrete

1) mit entschiedener Erklärung über Christi Person, 2) mit lautem Widerspruch, daß der einen Gott habe, der keinen Christus hat, 3) mit unverholener Darlegung der Zukunft derer, die Christus und sein Wort verwerfen, 4) mit gern ausgesprochener Verheißung an die, von welchen Christus angenommen wird.

1) Was freilich auch Andre von Christo gezeugt haben von Johannes dem Täufer an, dem ersten, der Christum in Person sah, oder wollen wir Simeon den ersten nennen? dann die Jünger des Herrn, unter ihnen Petrum und Thomas zu nennen, darnach Stephanus, der ihn im offenen Himmel sah zur Rechten Gottes, und Paulus, der ihn vom Himmel herab hörte: Ich bin Jesus, - das hat Werth für uns, kann uns rühren, erschüttern, und anzunehmen ist, daß Viele allein auf diese Zeugnisse zum Glauben an Christum als an den Sohn des lebendigen Gottes gebracht worden seien. Indessen doch, liebe Christen, was uns doch über alles geht und unsern Glauben trügt, wie derselbe auch seinen Hervorgang meistens daraus hat, das ist Christi Zeugniß, wie er es selbst giebt von sich. Unter rechten Christen ist's bekannt, wie oft und unter welchen Umständen, mit welchen Worten, wie er ein solches Zeugniß von sich auch in unserm heutigen Texte giebt. So spricht er, ruft's aus: Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich - den vor ihm stehenden Menschen, - er geht weiter: er glaubt an den, der mich gesandt hat; und wer mich siebet, der siehet - nicht so wohl den Menschen, wie er vor ihm stehet, einen Menschen wie andre, - sondern er sieht den, der mich gesandt hat. Die Sehenden sind wir nicht, doch sind wir die Glaubenden. Thut's auch wahrlich das äußerliche Sehen nicht, als wären wir im Nachtheil gegen die, welche ihn sahen. Wenn es das wäre, hätte ja das ganze Volk an ihn geglaubt, dagegen das Hören, wie wir es ebensowohl haben wie jene, vor welchen er stand, dasselbe thut seinen Dienst, hat zu allen Zeiten den Dienst gethan, den zwiefachen, daß es den Glauben weckt und den Glauben stärket. Mit diesem Wort, mit Christi Zeugniß von sich selber, stehn bis diesen Tag, welche vor Andern hingestellt sind, vor die Versammlungen, treten vor und geben ihre entschiedene Erklärung über die Person Christi ab. Wie lautet ihre Erklärung denn? Wir machen nicht dies und jenes aus Christo, ihn hebend und schmückend, was irgend die menschliche Natur und Wesen Großes, Herrliches, Außerordentliches gewiesen hat, das zusammentragend und es auf ihn legend; so thun wir nicht, sondern mit dem alten Kirchenbekenntniß: Gott von Gott, Licht von Licht, wahrhaftiger Gott vom wahrhaftigen Gott, nicht geschaffen, mit dem Vater in einerlei Wesen, leibhaftig geworden durch den heiligen Geist, von der Jungfrau Maria. Christen und nicht Nichtchristen, wenn deren sind unter den heute hier Gegenwärtigen, wer nicht an die Gottheit Christi glaubet, was er sonst auch ist, ein Christ ist er nicht - darum Christen und Nichtchristen, hört die eben bestimmt gegebene Erklärung, begründet auf Christi eignes Zeugniß von ihm selber. Wenn daneben auch sonst noch in den Gläubigen vorgeht, welches nicht überall und nicht allezeit eben mit dem Wort verbunden ist, welches Christus zu hören giebt, so tritt dieses doch nicht so in die Rede und läßt sich nicht wohl aussprechen. Darum das Wort, wie er's geredet und das Zeugniß, welches er von sich abgelegt, hier über die Menschen, die um ihn waren, hingerufen hat, dasselbige Wort geben seine Zeugen wieder und fragen dann die Ungläubigen: Habt ihr eine Stelle für Christum, wenn er nicht ist, den er sich nennet? In's Irrenhaus müßt ihr ihn weisen, wenn er nicht Gottes Sohn ist. Und wenn ihr gleichwohl Redens macht von eurer Hochachtung seiner und von eurer Verehrung seiner, wo hinein gehört ihr selber denn? In das genennete Haus. War's aber, daß ihr von dieser Hochachtung und Verehrung nur so sprächet, meinetet es indessen nicht so, dann gebt euch selber den rechten Namen. Wir mögen ihn nicht aussprechen. So heißt unser Zeugniß von Christo, das gilt sein Wort, und wie er spricht, auch hier spricht, und alles Zeugniß von seiner Person tritt mit dieser entschiedenen Erklärung auf.

2) Würde auf dieses Zeugniß eingeredet, was denn aber viel ankomme darauf, daß jemand so von Christo denke, er könne doch ja Gott fürchten, lieben und ehren und in dieser Religion leben, so ist unser lauter Widerspruch da, welcher heißt: Wer keinen Christus hat, der hat auch keinen Gott. Es ist viel gesagt, stark gesagt, nicht wahr? Aber es ist nicht zu viel und nicht zu stark gesagt. Wollet hören. Nicht soll wiederholt werden nach seiner Länge, was Weihnachten gesagt ward aus dem Wort: Und das habt zum Zeichen; aber auf dies Eine Zeichen wollen wir doch hinweisen: Sehet da, hier sitzen bei einander, die in derselben Stunde aufhörten an Gott zu glauben, wenn sie den Glauben an Christum nicht bei sich fest halten könnten; der eine steht und fällt mit dem andern bei ihnen.

Sprech' ich nicht recht also, wenn ich dies hier von eurer Einigen zeuge? Ich bin von eurer Zahl, habe die Rede und fahre fort. Unterschied ist zu machen allerdings. Wer in einer andern als in der christlichen Religion geboren, unterrichtet, erzogen ist, fern geblieben oder sich gehalten hat von allen dem, was Christenthum oder Evangelium heißt, daß er es nicht zu hören bekommen und so wenig mit uns an der Krippe zu Bethlehem als unter dem Kreuz auf Golgatha gestanden hat, wer sich nimmer gemischt hat unter die Zahl der Gläubigen, daß er verspüret hatte, wovon diese bewegt werden in ihren Gemüthern und in ihrem Geist gehoben, in ihrer Seel' erquickt werden, - wo das nicht ist, nicht Wort noch Wahrnehmung hingekommen ist, kein christlicher Saame gestreut worden ist, da mag wohl Gottesfurcht ohne Christenthum sein. Aber wir reden von Solchen nicht, sondern von denjenigen, die mitten in der Christenheit leben, von Jugend auf Christum gelernt haben, Bibel gelesen, gläubige Gesänge mitgesungen, gläubiger Prediger Zeugniß gehört haben, ja an heiligen Handlungen Theil genommen haben. Gottesleugner sind sie vielleicht nicht, aber Gottesfurcht und Gottesliebe, welcher Art mag die doch bei ihnen sein! wenn überhaupt in einer Art! Den Gottgesandten nicht achten und doch Gott, den Sender verehren? für das Brod, das aus der Erde wächst, ihm danken, und das Brod, das vom Himmel gekommen ist, verschmähn? den Geber preisen, von dem Vater aber nichts wissen wollen? sich des Lichts des natürlichen Verstandes freuen und das menschliche Erhabensein über die Creaturen dem Schöpfer hoch anrechnen, aber nicht Hinblicken, wenn Gott ein solches Licht, wie Christus ist, in die Welt stellt, oder wenn wie unversehens von dieser Gottesliebe in die Seele ein Strahl fällt, sofort einen Schirm setzen oder einen Schieber an die offene Stelle schieben, - die so thun, nein, die haben in der That keinen Gott, der ihr Gott ist. Christi Wort ist's: Wer den Sohn nicht ehrt, der ehrt auch den Vater nicht, und Joh. 14, 1 steht es: Glaubet ihr an Gott, so glaubet ihr auch an mich. Wir wenden frei sein Wort und sagen: Wer nicht an Christum glaubt, der glaubt nicht an Gott.

3) Den dritten Theil angefangen wie den zweiten: Was kommt es denn viel darauf an, ob ein Mensch Gott fürchtet und an Christum glaubt? Wenn ein Mensch nur rechtschaffen handelt! Alles Zeugniß von Christo nach Christi eignen Worten tritt auf mit unverholener Darlegung der Zukunft derer, welche Christum und sein Wort verwerfen. Hier in der Welt gehn wir so nebeneinander her und es giebt tausend Gründe, zu sein, was man rechtschaffen nennt, ja noch mehr, als nur rechtschaffen d. h. nach dem Sprachgebrauch von groben Sünden frei und dies und jenes Gute, das so heißt, daneben, wobei jedoch ein Gedanke an Gott niemals vorkommt, geschweige daß Gott vom Schlechten abhält, zum Guten antreibt. Sehe jeder, welcher dies höret, nur bei sich selber zu, ob er es nicht so finde. Die Ehre bei den Menschen, davon eben vor unserm Texte steht, was thut allein die? und noch zu nennen das irdische Fortkommen und noch zu nennen die leibliche Gesundheit und noch zu nennen der Friede mit Menschen, was thun diese vier! wie ziehen sie allein den Wagen der sogenannten Rechtschaffenheit! Aber uns ist ein Licht angesteckt, welches die Zukunft heller macht, wie werden in der diejenigen fahren, die Christum und sein Wort verwerfen? Ich bin kommen in die Welt ein Licht, spricht Christus, auf daß, wer an mich glaubet, nicht in Finsterniß bleibe. Gedrehet das Wort Finsterniß auf den Seelenzustand: helle wird es und wie eine neue Welt öffnet es sich vor dem, der ein Christ wird, und eine schönere Verbindung, darein er tritt auf Erden und im Himmel. Halten wir aber das Licht in die Zukunft: Wer mich verachtet und nimmt mein Wort nicht auf, der hat, der ihn richtet, das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am jüngsten Tage. Welches Wort? Das sind die zehn Gebote nicht; denn die hat Christus nie eben sein Wort genennet. Welches Wort denn? Christi, Christi, wie er ja selber spricht, das er geredet hat und Keiner vor ihm. Das ist das Wort, lediglich das von dem Glauben an ihn, das wir den haben sollen, Christi Wort lediglich das, von der Liebe Gottes, die Gott bewiesen habe in der Sendung seiner, Christi Wort lediglich das von seinem Leben in uns und von unsern Leben in ihm, verglichen Joh. 15. mit dem Leben der Rebe an und aus dem Weinstock. Ich bin der Weinstock, spricht er. Wer dies Leben nicht in sich aufgenommen, wer dirs aufzunehmen verachtet hat und zugleich Gott verachtet hat, was der zu sehen bekommt - im Texte eben steht es nicht, doch reichlich anderswo - hier steht nur, und ist genug: der wird gerichtet werden. Gerichtet werden, gleichbedeutend hier mit „verdammet“ werden. Das eine wie das andere Wort ist Christi Wort. Wer das Wort nicht gelten läßt, der läßt auch ihn, den Sprecher, nicht gelten, sondern verwirft ihn. Ist's zu schwer gestraft, wenn er einst wirrer verworfen wird? So tritt das Zeugniß von Christo auf nach Christi eignen Worten und bittet nicht um Erlaubniß oder Entschuldigung.

4) Wehe mir, so spricht ein Zeuge, der Apostel Paulus spricht so 1. Cor. 9., wenn ich das Evangelium nicht predigte. Aber das Evangelium würde wenig Evangelium, fröhliche Botschaft sein, wenn es für die Empfänger eine gleichgültige Sache wäre, ob sie sie anhören und annehmen wollten oder sie von sich weisen und verwerfen. Sein Gebot ist die Botschaft; davon sagt Christus, es sei das ewige Leben. Dies ist die Zusage, die Verheißung, die gerne ausgesprochen, mit welcher das Zeugniß von Christo auftritt. Anderes hat es nicht zu bieten, Silber und Gold, Wohlergehen und langes Leben wird nicht in Aussicht gestellt. So thut das neue Testament nicht, das alte thut es, auf daß dir's wohlgehe und du lange lebest auf Erden.

Christus dagegen: Selig sind, die geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr, und: Selig sind die Leidtragenden; denn sie sollen getröstet weiden. Das ist die Verheißung. Kein Einschluß ohne Ausschluß, das Ausschlußwort lautet im mildern Ausdruck: Ich sage euch, daß der Männer keiner, die geladen sind, mein Abendmahl schmecken wird. Wir können indeß auch andere Ausschlußformeln preisen -. Amen.

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