Geßner, Georg - Noah oder die Arche - Vierte Rede. Die Sündfluth.

Geßner, Georg - Noah oder die Arche - Vierte Rede. Die Sündfluth.

Gottes Gericht und Rettung in Einem Text:

1. Mos. 7,1.6.7.10.11.16. 17-23.

1. Der HErr sprach zu Noah: Geh in die Arche, du und dein ganzes Haus; denn ich habe dich vor mir gerecht erfunden zu dieser Zeit.
6. 7. Noah aber war sechshundert Jahre alt, als die Wasser der Sündfluth auf die Erde kamen. Und Noah gieng mit seinen Söhnen und seinem Weib, und mit seiner Söhne Weiber vor dem Gewässer der Fluth in die Arche.
10.11.16. „Und als die sieben Tage vergangen waren, kam die Wasserfluth auf die Erde. In dem sechshundertsten Jahre des Alters Noah, am siebenzehnten Tage des andern Monats, an diesem Tage brachen alle Brunnen der großen Tiefe auf, und die Fenster des Himmels wurden geöffnet. - Da schloß der HErr hinter Noah zu.
17-23. Und die Wasserfluth kam vierzig Tage lang auf die Erde; und die Wasser wuchsen und erhoben die Arche; und sie wurden hoch über die Erde emporgehoben. Also nahmen die Wasser mächtig überhand und wuchsen sehr über der Erde, daß alle hohen Berge unter dem ganzen Himmel bedeckt wurden. Fünfzehn Ellen hoch nahm das Wasser überhand über die Berge, die bedeckt wurden. Da gieng alles Fleisch zu Grund, das auf Erden sich bewegte, an Vögeln, an Vieh, an Thieren, und an Allem, was sich auf Erden regte, und an allen Menschen. Alles, was auf dem trockenen Land einen lebendigen Athem hauchte, das starb. Also ward Alles vertilget, was auf dem Erdboden Leben hatte, vom Menschen an bis auf das Vieh, bis auf das Kriechende, und bis auf die Vögel des Himmels, das ward alles von der Erde vertilgt; allein Noah, und was mit ihm in der Arche war, die blieben übrig.

Vollendet hatte Noah den Bau, der seinen Glauben an Gottes Wort und seinen Gehorsam gegen Gottes Willen bewähren, so wie seine Rettung sichern sollte. Nur Eine Woche noch, und die verheerende Fluth sollte beginnen.

Der ihn gewarnt, ihm Rath und Anleitung zum Bau der Arche, und die Verheissung gegeben: „Mit dir erricht' ich meinen Bund!“ derselbe treue Gott spricht nun zu Noah: Geh in die Arche, du und dein ganzes Haus, denn ich habe dich vor mir gerecht erfunden zu dieser Zeit. Dein Glaube ist bewährt, auch mitten unter den Ungläubigen; dein Gehorsam hielt sich fest, auch mitten unter den Ungehorsamen, mein Wohlgefallen ruht auf dir. Bereite dich zum Eingang in die Arche, und nimm von allen Thieren, die auf dem Trocknen leben, zu dir; von denen, die den Menschen am wichtigsten sind, je sieben Paar von jeder Gattung, und ein Paar von den übrigen; denn nach sieben Tagen wird die Fluth eintreten, und Alles, was Leben hat, das ich gemacht habe, wird von der Erde vertilgt werden, was nicht bey dir im Rettungsschiffe geborgen ist.“

Der fromme Greise, der ehrwürdige Familienvater, mit seinen Söhnen, sammelte und ordnete der Thiere Schaar, wie Gott es ihm geboten hatte. Sechshundert Jahre hatte er schon zurückgelegt, und sollte noch auf lange sein Leben hinüber retten - der Letzte aus jenem ersten Geschlechte, das zu der langen Lebensdauer bestimmt war; der erste aus dem spätern, dem dann für's Künftige die Lebenstage sollen abgekürzt seyn. Mein Geist, so lautete der Gottes-Ausspruch, wird nicht immerzu mit den Menschen rechten; denn er ist Fleisch, und seine Tage werden hundert und zwanzig Jahre seyn. So lautete der Gottesausspruch. 6,2. Nun war also alles vollendet, was Noah zu vollenden hatte, auch die Sammlung dessen, was mit ihm, was zu seinem Dienste soll gerettet werden. Die Thiere alle kamen herbey, sagt die Urkunde, wie Gott ihm geboten hat. Nun geht auch er mit seinem Weibe, hinein in's Rettungsschiff, und mit ihm seine Söhne und seiner Söhne Weiber. Da schloß der HErr hinter ihn zu. Gott hatte sie geborgen. Wo seine Macht die Thüre schließt, da dringt das. Verderben nicht ein. Noah war mit den Seinen unter Gottes Schutz.

Da kam die Wasserfluth, die vierzig Tage stieg und stieg, die Wasser wuchsen mächtig, und trugen die Arche mit ihren von Gott geschützten Bewohnern, die gehorcht hatten dem Gottes-Wort, und gefolgt waren dem in sie gelegten Triebe. Die Arche schwebte über den steigenden Gewässern, die auch die höchsten Berge deckten.

Und nun ein Blick, ein schauervoller, auf die Menschen ausser der Arche. Unglaube an die Gottes-Warnung, Ungehorsam gegen Gottes Gebot, hatte die Menschen zum Gerichte reif gemacht. Ueppigkeit und Wollust begannen, stolze Verachtung des Heiligen, des Gottes-Worts, Tyrannen und Gewalt hat führten vollends zum Verderben. Da half kein Flehen mehr, kein Erklimmen der Bergspitzen, die höchsten wurden zur Tiefe unter der gestiegenen Fluth; auch das Fliegende sank, ohne Nahrung, ohne. Ruhe, ermattet in die Fluth und fand seinen Untergang. So gieng alles Fleisch zu Grund, das sich auf Erden bewegte. Was auf dem Trocknen einen lebendigen Athem hatte, das starb. Vertilgt ward Alles, was auf Erden Leben hatte, vom Menschen an bis auf das Vieh - allein Noah, und was mit ihm in der Arche war, die blieben übrig. Schrecklicher Untergang der ersten Welt! Sünde, Wollust, Stolz und Gewaltthat hatten ihn unvermeidlich gemacht. Gott ist Richter, aber auch mitten im Gericht ist Er Retter. Das zeugt

Die Sündfluth. Gottes Gericht und Rettung in Einem.

Lasset uns nach jener gegebenen kurzen Darstellung der Geschichte nun einen ernstbetrachtenden Blick werfen auf

I. Die verderbende Fluth, und auf
II. Die rettende Arche.

Allmächtiger! wenn dein Gericht auch schrecklich scheint, so ist es doch gerecht, und Gnade und Gerechtigkeit sind in Dir eins; das laß uns erkennen, und dadurch hingeleitet werden zum Glauben und zum Gehorsam!

1.

Es ist wahr, meine Freunde: daß jenes erste Gericht, auf das die Geschichte der Bibel uns aufmerksam macht, ein schreckliches Gericht war; wahr, daß wenn gleich kein so allgemeines, doch manches einzelne uns noch aufgezeichnet ist in den heiligen Schriften über Kanaans Völker, und selbst über das versunkene Israel, in früherer und späterer Zeit; Gerichte, wo es uns vorkommt, als schöne Gott auch selbst der Unschuld nicht mehr. Und wo wir immer Gerichte Gottes einbrechen sehen, was sie auch seyen, da wird dem Menschen immer, wenn er mit Gott rechten, wenn er sich erdreisten will, die Handlungsweise der Vorsehung gleichsam zur Rede zu stellen, o! wie manches auffallen müssen, was er sich nicht zu erklären, worauf er nicht zu antworten weiß.

Oder könnet ihr Hinblicken auf die Geschichte der Menschen und Völker, wo Verfall und Gericht, wo Versunkenheit der Menschen und Ernst der Wege der heiligen und gerechten Vorsehung in so genauem Zusammenhange stehen, ohne daß euch unbeantwortliche Schwierigkeiten aufstossen? Aber findet ihr dabey etwa Ruhe, Befriedigung, tröstende Aussicht, wenn ihr den Glauben an Gottes allwaltende Vorsehung verlassen, wenn ihr alles dann dem eiteln Spiele des blinden Zufalls zuschreiben wollet? Gewiß nicht.

Aber wenn ihr es euch saget: Wie oft wir auch selbst bey beschränkten Menschen die Pläne, die Absichten, die Gründe, warum sie so oder anders handeln, nicht einzusehen vermögen, so lange wir nur das wahrnehmen, was gerade vor Augen liegt, ohne daß wir zu erforschen vermögen, was sie eigentlich geleitet, wie sie das auszugleichen und zu vergüten im Falle sind, was unerklärlich scheint; und doch, wenn wir auch nur einigermaßen billig sind, so werden wir ihren sonst anerkannten Charakter deswegen nicht verdächtigen, weil etwas uns räthselhaftes in einer ihrer Handlungen liegt, das sogleich sich lösen und uns klar werden müßte, wenn wir tiefer in die Gründe ihrer Handlungsweise hineinblicken könnten; was sind denn wir Menschen in der Beurtheilung dessen, was Gottes heilige Vorsehung thut? Wie viel würdiger und angemessener unsrer Kurzsichtigkeit, unsrer Beschränktheit, dem Gefühl unsrer Kleinheit und Ohnmacht, wenn wir fest uns halten an der Ueberzeugung: Die Weisheit kann nie unweise handeln, wenn auch wir ihre Tiefen bey weitem nicht zu ergründen vermögen; die Gerechtigkeit kann nie ungerecht handeln, und wenn auch unsre Kurzsichtigkeit ihre Wege nicht versteht; die Liebe kann nie anders als liebevoll seyn, wenn auch wir nicht wissen, auf welche Weise sie vergütet, was uns unvergütbar scheint. Gewiß ists beym einfachen, kindlichen Glauben an Gott, und seine Alles leitende Vorsehung, kann uns wohl seyn.

2.

Schauet hin mit schauervollem Gefühle auf jene, ein ganzes Geschlecht der Menschen vertilgende Fluth, aber nicht, um mit Gott zu rechten, sondern um ernst zu beherzigen, was über jenes Geschlecht Verderben brachte, damit wir dem Verderben entfliehen, damit wir uns einen Sinn der Wachsamkeit, der Nüchternheit, der Demuth und des Rechtes eigen machen; jenen Sinn, der, wie Noah, uns mit Gott wandeln lehrt in unsrer Zeit, damit unsre Zeit gerade durch uns eine andre, eine bessere werde, als jene war.

Jene, ihr wisset, wie unser HErr und Heiland sie charakterisirte, wenn Er zum warnenden Beyspiel sie aufstellte in seinem Worte Matth. 24,37-39. Wie es zu Noahs Zeiten war, so wird es vor der Ankunft des Menschensohnes seyn. Denn wie sie in den Tagen vor der Sündfluth waren, sie aßen, sie tranken, sie nahmen und gaben zur Ehe, bis an den Tag, da Noah in die Arche gieng, und wollten nicht merken, welches Gericht ihrer warte, bis die Sündfluth kam, und sie Alle dahin riß; so wird auch die Ankunft des Sohnes des Menschen seyn. Sorglosigkeit, Leichtsinn, Verachtung der Warnung, das ist's, was dem Verderben ruft, was es dahin bringt, daß das Gericht kommt, wie ein Dieb in der Nacht. Das ist's, wovor das Hinschauen auf jenes, und auf jedes Gottes-Gericht, das über Menschen kommt, warnen, und das Wort unsers HErrn uns tief in die Seele graben soll: Wachet, seyd bereit; denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde, wo der Sohn des Menschen kommt. Selig ist nun der Knecht, den sein HErr, wenn er kommt, wachend finden wird.

3.

Noch eine Bemerkung über jenes Gottes Gericht soll uns nicht entgehen, Geliebte! Selbst in jenem Gerichte war Wohlthat - und in welchem werden wir dies nicht finden, wenn wir, mit dem kindlichen Blicke des Glaubens an Gottes Wege, hinschauen auf die Gerechtigkeit?

Seht die reinigenden Wasser der Sündfluth! Sie spühlt den Unflath weg, der Alles durchdrungen, Alles vergiftet hatte, und in dem ungeheuer langen Leben der damaligen Menschen nur desto mehr Nahrung fand. Die Erde sollte gereinigt werden, und dann in neuer Schöpfung gleichsam aufgehen. Die zur Unverbesserlichkeit herabgesunkene Menschheit wird weggetilgt, aber ein Menschenstamm wird gerettet. Denn das Geschlecht soll nicht untergehen. Gott hat mit ihm einen Bund gemacht. So schauet ihr in jenem Gerichte selbst einen Beweis der menschenfreundlichen Liebe Gottes - die Unverbesserlichkeit, die der Langmuth Hohn spricht, findet ihr Grab; aber einem neuen Menschengeschlechte wird sein Daseyn, sein Aufblühn, und die Möglichkeit gerettet, ein besseres Geschlecht zu werden, an dem die Zwecke Gottes sollen erreicht werden können. Oeffnet nicht Petrus uns diesen menschenfreundlichen Gesichtspunkt, aus dem wir, als Christen, jenes furchtbare Ereigniß ansehen können, ansehen sollen? indem er sagt: Inder alten Vorzeit, in Noahs Tagen, da die Arche gebaut ward, harrte die Langmuth Gottes auf Besserung. Da wurden in jener Arche wenige, nur acht Seelen ans dem Wasser gerettet. Diese Rettung dürfte ein Vorbild heissen von der, welche uns rettet - nämlich die Taufe. Freylich nicht das Abwaschen des unsaubern Körperlichen, sondern die Angelobung eines neuen Sinnes vor Gott, wozu nur der auferstandene Christus uns hilft.

Schöne Vergleichung, zwischen jener Fluth, welche die Erde reinigte von den Greueln des ersten Geschlechtes, und den Wassern der Taufe, die auch Unreinigkeit wegspühlt, und neuen Bund mit Gott besiegelt.

Mit der ganzen Erdenschöpfung machte Gott nach der Sündfluth neuen Bund, und in diesem Bunde, Geliebte! sollen wir stehen. O! lasset uns ihn halten. Der feste Bund Gottes besteht, und hat dieses Siegel: der HErr kennet, die sein sind, und es weiche von der Ungerechtigkeit ab ein jeder, der den Namen Christi nennt. Christen! sehet den Zweck euers Hinschauens auf jenes Gericht.

II.

Nun, Freunde! auch noch einen nähern, aufmerksamen, ermunternden, tröstenden, ermuthigenden Blick auf die rettende Arche.

Sieht der forschende Blick des kindlichen Sinnes gegen Gott selbst in dem Gericht über die Unverbesserlichen nur Sorge für das Ganze, weiß die ächte Frömmigkeit auch dem Schrecklichen eine Seite abzugewinnen, wo es im menschenfreundlichen Lichte erscheint, wie leicht auffallend muß es dann für den Kindersinn seyn, die erbarmende Huld da zu sehen, wo nur Hülfe, nur Rettung, nur wohlthätige Schonung sich dem Blicke darstellt.

1.

Zwar kann uns der Gedanke nicht entgehen, wie viel Schweres auch selbst diese Rettung in jenen dunkeln Augenblicken für Noah haben mußte. War er auch in seinem Schiffe verschlossen, im Glauben an seinen allmächtigen Retter vor dem Untergange gesichert, durch das Vertrauen auf seinen Gott vollkommen gewiß, daß kein Unfall die in der Arche Geborgenen treffen, kein Sturm sie verschlagen, daß Gott vollenden werde, was Er begann; war er auch davon völlig versichert, dennoch, wie bange, dunkle Stunden mußte es in der Arche geben! Und hatte gleich der Bau seiner Sicherheitsstätte ihn auch vor dem Anblicke des Jammers geschützt, der seine Mitmenschen traf, und drang auch kein Ton ihres Klagegeschreys an sein Ohr, dennoch, wie mußte ihm zu Muthe seyn beym Gedanken an die Hundert und Tausend, die er alle mit Namen kannte, und von denen er wußte: Nun sind sie entweder schon zu Grunde gegangen in der verheerenden Fluth, oder sie kämpfen noch mit Noth und Tod.

Ist es, Freunde! nicht oft so, daß auch der Augenblick der wirklichen Rettung dennoch ein furchtbarer, schwerer Augenblick ist. Und in solchen Augenblicken, wo doch Gott durchhilft, was kann den Menschen ermuthigen, heben, stärken, als nur ein demüthiges Anlehnen an seines Gottes Treu und Huld? Selbst mitten in der Erfahrung der Hülfe bedarf es des Glaubens, daß wirklich Gott helfe - und wie schwer wird oft dieser Glaube? O Menschen! machet diesen Glauben euch eigen, pflanzet ihn tief ein in euer Herz, ehe die Stunde der schweren, heissen Prüfung kommt, damit er dann euch eigen sey, eure Seele erheitre, wenn vielleicht der Weg furchtbar, dunkel wird - der Weg, der dennoch zur Rettung hinführt.

2.

Wen wissen wir, Geliebte! in jener rettenden Arche geborgen? - den Mann, und um seinetwillen sein ganzes Haus; den Mann, dem Gott sagen konnte: Ich habe dich vor mir gerecht erfunden zu dieser Zeit. Der war es, den die Arche aufgenommen, den Gott darin verborgen hat zur bösen Zeit, damit es klar würde in demselben Augenblicke, der so laut zeugte, daß Gott nicht ein Gott sey, dem böses Wesen gefalle; klar wurde, daß derselbe Gott ein Belohner sey derer, die Ihn suchen.

Soll uns eine Arche bereitet seyn zur bösen Zeit, sollen wir hindurch gerettet werden durch das, was vielleicht Andern nur Jammer ist, hindurch gerettet werden selbst durch den Tod in jenes Leben, wo klarer wird, als hier, daß Gott mit denen, die sein sind, einen Bund aufgerichtet; diese Rettung wird nur dann für uns möglich, wenn Gott uns gerecht erfindet vor Ihm.

Christen! ihr wisset, wen Gott gerecht findet … den, welcher seiner Offenbarung glaubt, und durch diesen Glauben sich gedrungen fühlt zum Gehorsam. So war es bey Noah. Und bey uns, wie ist es? Bey uns, denen Christi Evangelium sagt: daß es nur Eine Gerechtigkeit gebe, die vor Gott gilt; nur die, welche aus dem Glauben kommt. Christen! ihr wisset, daß so wir aus dem Glauben gerecht gesprochen sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern HErrn Jesum Christum. In diesem Glauben, der zur That wird und zum Leben, in diesem Glauben liegt unsre Rettung, die höher ist und besser, als Noahs Rettung.

Er war hinübergeführt mit den Seinen zu einem freylich auch neuen Leben, zum Anschauen einer Umgestaltung der Dinge, die ihn anbethen machte auf der neu geschaffenen Erde - und wir, wenn wir gerecht erfunden werden vor Gott, wir sollen hinübergeführt werden zum Anschauen einer, o, wie andern Umgestaltung der Dinge, die uns wird anbethen machen den, der gesprochen: Siehe, ich mache Alles neu.

Darum, schauet ihr rückwärts auf jene Arche, die über den Wassern der Sündfluth schwebte, und schützend barg den Mann, den Gott gerecht erfand, und darum ihn mit den Seinen rettete, so schau auch vorwärts, wozu ihr hindurch gerettet werden sollet, und lasset euch bitten und ermahnen: Strebet nach der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt im Glauben. So, und nur so, dürfet ihr ruhig seyn bey Allem, was über euch, was über die Welt kommen mag; so, und nur so dürfet ihr getrost harren der Rettung, die euch zu Theil werden wird; so, und nur so, wird einst das Dunkel der Nacht, durch die ihr hindurch geführt werden sollet zum Tage des ewigen Lebens; das Dunkel des Leidens aller Art, die Finsternisse des Todes selbst werden euch erheitert werden durch milde Strahlen von oben, und Eure Seele wird frohlocken in der Gnade euers Gottes.

3.

Blickt, Freunde! auf die rettende Arche, und bethet dankbar an, wenn ihr im Geiste sie schweben sehet über verheerender Fluth. In ihr war nicht nur der Gerechte verborgen und bewahrt, sondern in ihm und mit ihm das Menschengeschlecht. Schon da war's: Wie durch Eines Sünde das Verderben kam, auch über jenes erste von ihm herstammende Geschlecht - so kam durch Eines Gerechtigkeit das Leben über zahllose Geschlechter. Freylich, wir wissen, daß Paulus dies im erhabnern Sinne sagt von dem Einzigen Sündenlosen, dem Tilger der Sünde, dem Geber des ewigen Lebens.

Aber es ist doch auch wahr, schon an Noah wahr, und an wie Manchem nach ihm sehen wir es bestätigt: Ein Gerechter, auf dem das Wohlgefallen Gottes ruht, den Gottes Hand hindurch rettet durch des Verderbens Fluth, wie Vielen kann er zum Retter werden. An seiner Hand wie Viele werden oft zum bessern Seyn hindurchgeführt, wenn sein Beyspiel leuchtet, wenn sein Gebethauch für Andre Gnaden erfleht, wenn sein Glaube Glauben weckt, und sein Gehorsam ihn fähig macht, daß Gott ihn auszeichnen kann durch seine Führung.

O! werde auch du, auch du so ein Gerechter, auf dem das Wohlgefallen Gottes ruht! und du wirst sehen, daß Gott mit dir noch Manchen rettet, deinem Gebethe Manchen schenkt, und einst erblickst du wohl in der neuen Welt eine nicht kleine Schaar, auf die dein frommer Sinn sich fortgepflanzt. O! werde ein Gerechter, und bleib es - denn die Gerechten werden leuchten im Reiche unsers Vaters, wie die Sonne, und die, welche die Menge zur Gerechtigkeit gewiesen haben, wie die Sterne Gottes ewiglich! Amen.

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