17) Trauriger Ausgang dieses fanatischen Unfuges

Dieser wiedertäuferische Fanatismus dauerte nun beinahe zwei ganzer Jahre, und je sanfter und nachsichtiger die Obrigkeit gegen diese Leute zu Werke gieng, desto stärker nahm das Unwesen zu, je schonender sie verfuhr, desto frecher und widersetzlicher benahmen sie sich gegen die Obrigkeit, so daß ihre Ausschweifungen, (was ganz natürlich war) nur immer weiter um sich griffen. Endlich aber konnte doch der Stadtrath nicht länger dabei bleiben, noch dem Unwesen ferner ungestört zusehen. Der an Leonhard Schugger im Wahnsinn verübte Brudermord, nöthigte die Obrigkeit jetzt ernstlicher und kräftiger einzuschreiten, und das erste was sie that, war, die beiden ledigen Weibspersonen, die sich den Namen Martha und Maria beigelegt hatten, und aus der Stadt gebürtig waren, gefänglich einzuziehen um im Kerker zum Nachdenken über ihr Vergehen zu bringen. Sie kamen auch wirklich durch eine vernünftige Behandlung nach und nach von ihrem Irrthume zurück, und verabscheueten in der Folge ihre ganze bisherige Handelsweise. Sie bekannten auch, daß von dem Zeitpuncte an, wo sie von dem Wege, den die hl. Schrift zeige, abgetreten wären, sie aus einem Irrthum in den andern verfallen, immer tiefer gesunken und auf den thörichten Gedanken gekommen wären - sie wären jene Freundinnen Jesu von Bethanien. Sie bekannten ferner, daß sie bei allem dem unter dem Scheine des Evangelii, unordentliche Hurerei vollbracht hätten, und warnten nachher jedermann sich vor einem solchen Irrthume zu hüten. Von einem dasigen Stadtrath wurde daher erkannt, daß beide den an einer Stange befestigten Lasterstein zum Spießerthor hinaus, und zum Multerthor wieder herein auf das Rathhaus tragen sollten; solches geschah d. 9ten November 1526.

So wie Schüler öfters von dem System ihres Lehrers abweichen, dasselbe mit allerlei Zusätzen veunstalten und den Weg, auf welchem sie anfänglich gewandelt, verlassen, - so war es auch mit den St. Galler Schwärmern der Fall. Conrad Grebel und Felix Manz, diese bekannten wiedertäuferischen Häupter in der Schweiz, bewiesen selber bei einem Besuch 1526 in St. Gallen über die vorgenannten Irrthümer und Abwege, in welche man hier verfallen war, ihr großes Mißfallen. Sie begaben sich von hier ins Appenzellerland und ins Gotteshaus (in die dem Abt von St. Gallen gehörigen Lande) und wendeten durch ihre Lehren und Predigten alles an, dem Fanatismus Einhalt zu thun, aber sie wurden jetzt von ihren ausgearteten sectirischen Anhängern, so wenig als andere Nichtwiedertäufer gehört, sondern für falsche Propheten und Schriftgelehrte gehalten, und mit ihren Anweisungen verhöhnet und verlacht. Grebel wandte sich daher voller Verdruß ins Oberland, und begab sich nach Meyenfeld. Durch seine ausschweifende Lebensart zog er sich einen frühen Tod zu, der ihn auf der Mitte seiner Laufbahn in der dortigen Gegend ereilte.1)

Es war ein Glück für ihn, daß er sich aus seiner Vaterstadt entfernte, wo man gegen Menschen der Art nicht so gelinde wie zu St. Gallen verfuhr, sondern sein Heil in der Flucht suchte; ohne Zweifel würde ihn das gleiche Schicksal, wie seinen Vater in Zürich, betroffen haben, der auf der Richtstätte unter Scharfrichters Händen, sein Leben endete. In ihm (dem Sohne) findet man den Beweis aufgestellt, daß bei den schönsten Talenten ein gesunder Kopf, ein redlich liebendes Herz, ein fester nach Grundsätzen handelnder Character, in einem durch Ausschweifungen zu Grunde gerichteten Körper nicht zu finden sind, und mit einem unbelehrbaren Eigensinne sich nicht vertragen.

Noch trauriger war das Ende des D. Balthasar Hubmeyer, von Waldshut. ER, der von Zwinglin so glimpflich war behandelt, aus kaiserlichen Händen errettet, und durch dessen Einsprache von Zürich mit Unterstützung war entlassen worden, verleumdete diesen edlen Wohlthäter auf das Schändlichste, und zeigte bei seinem wiedertäuferischen Irrthume, daß zugleich ein schlechtes Herz in seinem Leibe wohne. Er verharrete daher in seinem Irrthum, und da er sich zu Anfang des Jahrs 1528 mit seiner gleichfalls wiedertäuferischen Frau zu Nikolsburg in Mähren befand, und ohne Zweifel auch dort seine Meinungen verbreiten wollte, wurde er gefänglich eingezogen, nach Wien transportirt, und daselbst auf Befehl des Kaisers Ferdinand, in seinem wiedertäuferischen Sinne verharrend, verbrannt und seine Frau ertränkt.

Das gleiche Schicksal hatte Wolfgang Ulmann von St. Gallen, von dessen Eifer für die Wiedertaufe wir oben mehrere auffallende Beyspiele aufgestellt haben. Wegen den Verfolgungen, welche der Stadtrath in St. Gallen gegen alle Häupter der Wiedertaufe ergehen ließ, mußte er sich flüchtig machen. Mit Vergnügen wollte er daher der Einladung eines andern in diesen Irrthum versunkenen Bruders folgen, und sich nach Isle de France im Französischen begeben, wo man sehr wohlfeil lebte, und der König von Frankreich ihnen und allen ihren Glaubensgenossen eine Gegend eingeben wollte, die sie bebauen, und daselbst wohnen könnten. Aus allen Gegenden zogen sich also die Wiedertäufer dahin, weil sie überall verfolgt, eingefangen und am Leben bestraft wurden. Etliche führten nun wohl daselbst eine strenge Lebensart, was, wenn nur ihre Lehre rein und gegründet gewesen, wohl zu billigen und zu rühmen gewesen wäre; aber andere wieder blieben nicht bloß bei ihrem Irrthume, sondern führten auch noch überdies eine ausschweifende Lebensart. Als nun Ulmann mit seiner Frau und Familie, nebst mehrern andern seines Gleichen über den Bodensee, und von da in die damals östreichische Stadt Waldsee kam, wurden diese Personen sämmtlich (1527) gefangen und gefänglich eingezogen, die Männer enthauptet und die Frauen, welche von ihren Irrthümern nicht ablassen wollten, ertränkt. Die aber, welche der Wiedertaufe entsagten, begnadiget und sammt den Kindern wieder in ihre Heimath geschickt.

1)
Nicht ohne Unwahrscheinlichkeit darf man wohl annehmen, daß Zwingli in seinen Elenchus contra Catabaptistan p. 15 auf den Tod und das endliche Schicksal Grebels in jener Welt, mit den Worten angespielt habe: „ - „cum homo jam indubio apud inferoa tantum aestuet, quantum hic catabaptismo pollutua alsit, missum facere duximus ejus nomen. - Gleich dem großen Luther, war auch Zwingli, wie es scheint, nicht immer im Stande seinen Ausdruck zu mäßigen, wenn er einen Gegenstand berührte, der sein Innerstes tief erschütterte.
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