Flattich, Johann Friedrich - 1. Kor. 12, 30

Flattich, Johann Friedrich - 1. Kor. 12, 30

Reden sie Alle mit mancherlei Sprachen? Können sie Alle auslegen? 1 Korinth. 12, 30.

Unter denen, welche über die Gemeinde gesetzt waren, waren auch solche, die nicht mit mancherlei Sprachen reden, auch selbige nicht auslegen konnten. Mithin ist nicht schlechterdings nothwendig, daß ein Pfarrer allerlei Sprachen können muß. Nun ist es höchst nöthig, daß es Leute giebt, die in den Sprachen, besonders in den Grundsprachen recht geübt sind. Wenn Dr. Luther die Sprachen und besonders die Grundsprachen nicht erlernt hätte, so hätte das große Werk der Reformation nicht durch ihn geschehen können, und auch seine Uebersetzung, welche so vielen Leuten zum Nutzen ist, wäre unterblieben. Weil das göttliche Wort sehr viele Sachen in sich enthält, und kein Mensch allein solche alle versteht und einsieht, so muß es immerdar in der Kirche Leute geben, welche in der Grundsprache recht bewandert sind, damit der Eine diese, und der Andere eine andere Wahrheit, je nach dem er Erfahrung und Einsicht hat, vermittelst der Grundsprachen recht auslegen kann. Gleichwie es aber zwar nöthig ist, daß es Leute giebt, welche das Feld bauen und Früchte pflanzen, dennoch aber daraus nicht folgt, daß ein jeder Mensch ein Bauer werden müsse, sondern der Bauer pflanzt auch für andere Leute; also ist zwar nöthig, daß sich einige Leute recht auf die Sprachen legen, dennoch aber muß man auch Leute von andern Gaben haben, die sich das, was die Sprachverständigen herausbringen, zu Nutz machen. Es wäre freilich etwas Gutes und Schönes, wenn Einer Alles lernen könnte, wie es gut wäre, wenn man seine Speisen selbst pflanzen und zubereiten könnte, damit man nichts Betrügliches und Schädliches genießen dürfte. Allein Gott hat eine solche Ordnung gemacht, daß ein Mensch den andern braucht, und daß auch ein Mensch dem andern glauben und trauen muß. Wie muß man z. B. einem Bäcker, Metzger, Wirth rc. trauen? Weil zu den Sprachen vornehmlich ein gutes Gedächtniß erfordert wird, und hingegen viele junge Leute kein sonderliches Gedächtniß haben, so kann man diejenigen nicht schlechterdings für untüchtig zum Studiren halten, welche sich in dem Gedächtniß nicht auszeichnen, sondern man muß auch auf andere Gaben sehen.

Quelle: Ledderhose, Karl Friedrich - Johann Friedrich Flattich's Schriften

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