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Hiob - Kapitel 19

Hiob - Kapitel 19

(Leander van Eß)

Hiob fordert seine Freunde auf, ihn der Beschuldigungen zu überführen; Gott sey es, der ihn, wie seinen Feind, verfolge; er sey der verlassenste und elendste der Menschen; darum sollten sich doch die Freunde seiner erbarmen. Es werde eine Zeit kommen, wo seine Unschuld zu ihrer Beschämung anerkannt werde.

1 Und Hiob hob an, und sprach:
2 Wie lange wollet ihr betrüben meine Seele; mich zermalmen mit Worten?
3 Schon zehnmal habet ihr mich gehöhnet; schamlos übertäubet ihr mich.
4 Und habe ich auch wirklich mich verirret; so bliebe bei mir mein Irrthum.
5 Wollet ihr wirklich so groß thun wider mich; so beweiset wider mich meine Schande.
6 Wisset denn, daß Gott mich beugt; und Er sein Netz um mich geworfen.
7 Siehe! ich rufe über Unrecht; und werde nicht gehört; ich schreie, doch geschieht kein Recht.
8 Meinen Pfad hat er ummauert, ich kann nicht darüber; auf meine Wege legt er Finsterniß.
9 Mein Ehrenkleid zog er mir aus; und nahm die Krone mir vom Haupte.
10 Er zerstörte mich ringsum; und ich bin dahin; ausgerissen hat er wie einen Baum meine Hoffnung.
11 Entbrannt ist gegen mich sein Zorn; und er achtet mich wie seine Feinde.
12 Sämmtlich rücken seine Schaaren an; und bahnen sich zu mir den Weg; und belagern ringsum mein Zelt.
13 Meine Brüder hat er von mir entfernt; und meine Vertrauten, auch die ziehen sich zurück von mir.
14 Es weichen meine Nächsten; und meine Bekannten vergessen mich.
15 Meine Hausgenossen, selbst meine Mägde, achten mich wie einen Fremden; ein Fremdling bin ich in ihren Augen.
16 Meinem Knechte rufe ich; er antwortet nicht; mit meinem Munde muß ich sie flehentlich bitten.
17 Mein Athem ist zuwider geworden meinem Weibe; auch die Söhne meines Leibes muß ich flehentlich bitten.
18 Selbst Kinder verachten mich; stände ich auf, sie redeten wider mich.
19 Es verabscheuen mich meine Vertrautesten alle; selbst die ich liebte, haben sich gegen mich gewendet.
20 Zwischen Haut und Fleisch hängt mir mein Gebein; kaum bin ich davon gekommen mit der Haut meiner Zähne.
21 Erbarmet euch mein, erbarmet euch mein, ihr meine Freunde! denn die Hand Gottes hat mich geschlagen.
22 Warum verfolget ihr mich, wie Gott; und wollet nicht satt werden an meinem Fleische?
23 O, würden doch aufgeschrieben meine Worte; würden doch in ein Buch sie eingegraben!
24 Mit eisernem Griffel und Blei auf ewig in Felsen eingehauen!
25 Doch ich weiß, mein Retter lebt; auftreten wird er endlich über dem Staube;
26 und wenn auch diese meine Haut zerstört ist; so werde ich ohne Fleisch Gott schauen.
27 Ihn werde ich schauen, mir zu gut; meine Augen werden ihn sehen, doch nicht mehr als Feind; deß schmachten meine Nieren im Busen.
28 Dann werdet ihr sprechen: Warum verfolgten wir ihn; und entdeckten die Wurzel des Streites in ihm?
29 Fürchtet euch vor dem Schwerte; denn Zorn ist ein Vergehen, des Schwertes schuldig. Wisset denn: es gibt ein Gericht!

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