Eckbert - Meditationen - Erster Adventssonntag.

Eckbert - Meditationen - Erster Adventssonntag.

Jesu Christe, du ewiger König, mit dir will ich reden! Es macht die Liebe mich kühn, dich anzureden, mich das Geschöpf deiner Hand, das sich sehnt nach deiner Lieblichkeit und das von ganzem Herzen nach deiner Nähe verlangt. Wie lange soll ich eine Abwesenheit ertragen und warten auf die Erscheinung deines Angesichts? Wie lange soll ich dir nach seufzen, wie lange sollen meine Augen dir nachweinen? Du liebewerter Herr, wo wohnt en, wo bist du zur Herberge, wo sitzt du beim Abendmahl mit deinen Genossen und sättigst sie mit der Offenbarung deiner Herrlichkeit?

O wie selig, wie herrlich, wie heilig, wie mit allen Kräften zu erstreben ist jener Ort göttlicher Wonne, der Ort der ewigen Freuden. Mein Auge hat noch nicht durchgeschaut, mein Herz ist noch nicht hindurchgedrungen bis zur Fülle deiner Lieblichkeit, die du inwendig in deinem Heiligtume verborgen hältst deinen Kindern; nur ihr Duft, so weit das angeht, erquickt mich draußen vor der Tür. Ihr süßer Hauch dringt zu mir her aus der Ferne, er geht mir über den Geruch des Balsams und über das Knistern des Weihrauchs und der Myrrhe und allerlei Spezereien, und weckt in mir das Verlangen nach den reinen Wassern, von denen das Kosten so süß ist, aber sie gar austrinken, das vermag Niemand.

Was habe ich doch für ein Teil im Himmel? Was habe ich für einen Schatz droben in der Himmelskammer? Was habe ich für ein Erbgut im Land der Lebendigen? Ist es nicht Christus, ein Herr, mein einziges Heil, mein ganzes Gut, meine volle Freude? Und wie, o Herr, vermöchte ich mein Herz zurückzuhalten, dich nicht zu lieben? Wenn ich aber dich nicht liebte, was hieße ich lieben? Wenn ich meine Liebe von dir wendete, wo könnte ich sie würdiger Weise hinwenden? Ersehnter Herr, wo könnte außer dir meine Sehnsucht Ruhe finden? Wenn je außer dir meine Liebe Befriedigung suchte, würde sie unrein sein; wenn von dir die Sehnsucht meiner Seele abirrte, wäre sie eitel und nichtig. Bist du nicht liebenswert und begehrenswert mehr denn alles, was geliebt und begehrt werden kann?

Von dir hat jegliche Kreatur, was sie Liebliches hat und Köstliches; was Wunder also, wenn du sie in allem übertrifft? Unter den Gestirnen hast du die Sonne mit sonderlicher Klarheit geziert, aber du bist heller als die Sonne. Ja, was ist die Sonne, was ist alles Geschaffene, was ist selbst das Licht anders als Finsternis im Vergleich mit dir? Geschmückt hast du den Himmel mit Sternen, die himmlische Wohnung mit Engeln, die Luft mit Vögeln, das Wasser mit Fischen, die Erde mit Lilien, Blumen und grünen Reisern. Aber das alles hat keine Gestalt noch Schöne, verglichen mit dir. O Quell aller Schönheit, Herr Jesu, du hast dem Honig seine Süßigkeit verliehen, und bist doch süßer denn Honig; du hast dem Öle seine Lieblichkeit gegeben, und bist doch lieblicher als das Öl; allem, was duftet, hast du einen Wohlgeruch eingehaucht, aber dein Wohlgeruch, o Jesu, ist lieblicher und angenehmer denn alles, was duftet.

Unter allen Metallen hast du das Gold mit kostbarer Schönheit und sonderlichen Vorzügen begabt, und doch, o Herr, was hat es irgend für eine Gleiche mit deiner über alle Schätzung und über alles Maß erhabenen Klarheit, in welche die Engel gelüstet zu schauen? Das Werk deiner Hände ist allerlei köstlich Gestein, gar lieblich zu schauen, Sarder und Topas, Jaspis und Chrysolith, Onyx und Beryll, Saphir und Karfunkel und Smaragd; und doch, im Vergleichung mit dir, was sind sie mehr, denn arme Splitter? Mein König, wie hoch und hehr bist du zu lieben! Deiner Finger Werk sind die lebendigen und unsterblichen Kleinodien, mit denen du, weiser Baumeister, im Anbeginn der Welt die himmlische Wohnung herrlich hat ausgeziert zu Lobe und zu Ehren des Vaters.

Dein Werk sind die Tausende und aber Tausende, die, des Vaters geheimnisvolle Befehle auszurichten, ohne Unterlass zwischen Himmel und Erde auf- und niederschweben, gleich wie die arbeitsamen Bienen zwischen ihrem Stock und ihren Blumen; sie führen alles herrlich hinaus, es ist ein bereites Volk, das nichts weiß von Makel und Flecken, das nichts weiß von Zögern und Weile. Dein Werk ist es, dass die Tausend mal Tausend und Zehntausend mal Zehntausend im Heiligtum stehen der himmlischen Tempelburg; sie schauen in dein Antlitz voller Majestät mit hellem, unverwandtem Auge und lassen dir Lieder ertönen des unaufhörlichen Lobgesanges zu Ehren des dreieinigen Gottes.

Dein Werk ist es, dass die Seraphim glühen, die Cherubim leuchten, die Thronen richten. Du unser Gott, du bist das Feuer, das brennt ohne zu verzehren, und durch deiner Gottheit unmittelbare Nähe wird ganz mit dem Feuer der Liebe erfüllt und mit flammendem Schimmer wie mit einem Kleide angetan die heilige Schar der Seraphim, die den süßen Wohlgeruch ihrer feurigen Glut weiter herab verbreiten in die niederen Engel Ordnungen, die dir dienen, und von deren Fülle auch uns etwas zu Teil wird, so wenig es auch sei.

Du unser Gott, du bist das wahre Licht, und von dir empfangen die Berge das Licht für dein Volk; die Schätze der Weisheit und der Erkenntnis, die in dir verborgen liegen, ergießt du reichlich durch dich selbst in die Cherubim, die dich ganz nahe mit Augen schauen, und lässt durch diese wiederum sie herabträufeln, zu erleuchten die niedriger stehenden Leuchten deines wunderbaren Gezeltes, die von deinem Antlitz, o Herr, unauslöschlich leuchten.

Du König aller Könige, du Richter aller Richter, groß und erschrecklich thronst du auf den erhabenen, hoch erhöhten Thronen, die nichts über sich haben, als dich, den Hocherhabenen, du thronst auf den lebendigen, lieblichen, friedevollen, durch vollendete Ruhe festvereinten Geistern, die du lehrst die verborgene Wahrheit erkennen und ein rechtes Gericht richten.

Du Herr bist der Herrscher, dich betet an die heilige Hoheit der Herrschaften, denen du sonderlich erhabene Herrscherrechte anvertraut hat; dich beten an diese demütig Stolzen, die unter den sehr edlen Helden deines Palastes nach deinem Willen den Vorrang führen in hoher Herrschaft. Der Fürstentümer edle Zier, durch dich erhoben zum Range der Fürstentümer, führt in neidlosem Vorzuge fürstlich Regiment über des Himmels Heerscharen und gibt durch ihren Vorgang ihnen gute Anleitung zur Ausführung deiner göttlichen Befehle, die im geheimen Rate deines Herzens du längst beschlossen hat. Dein, o Herr, ist die Gewalt der Gewalten, die in brennendem Eifer auf den Nacken treten den höllischen Fürsten, die dich in jenen fürchten, so dass sie nicht zu unserm Verderben so viele Bosheit auszuüben vermögen, als sie gern wollten.

Dein, du Kraft des Vaters, sind alle die wunderbaren seligen Kräfte, durch deren Dienst es geschieht, dass alle Welt in Verwunderung ausbricht und über deine Wunder staunend ausruft und spricht: „Alles, was er wollte, hat der Herr getan im Himmel und auf Erden, im Meer und in der untersten Tiefe.“ Dein, o Jesu, sind die hochherrlichen Erzengel, durch die deine Güte hochpreisliche Werke wirkt: denn du stehst nicht an, die so ehrenreichen Diener deines Palastes zu entsenden nach den untersten Örtern dieser Welt, aufzuhelfen uns Schwachen, die wir von Erde sind und zu Staub und Asche werden. Durch sie, die auf deinen Wink an uns wichtige Heilsgeschäfte verrichten, werden zu uns herniedergebracht die wichtigen Geheimbeschlüsse des himmlischen Rates, durch sie wird versorgt der Sterblichen Gesundheit, durch sie erhalten Bestand die Reiche und Herrschaften der Welt. Dein Michael, der Oberste unter ihnen, der edle Bannerträger des Himmels, er steht vor der Kämpferschar des lebendigen Gottes, er hebt empor ein flammendes Schlachtschwert und ruft mit schrecklicher Stimme allen deinen Feinden zu: „Wer ist, wie Gott?“

Aber auch jene liebenswürdige Unschuld der seligen Engel, ist sie nicht das Werk deiner Finger, du Weisheit Gottes? Woher hast du sie geschmückt gleichsam mit unvergänglichem Gewande an jenem Tage, da du sie schufst zum Werke deines heiligen Dienstes? Diese sind die lebendigen Gestirne des oberen Himmels, die Lilien des inneren Paradieses, die Rosen, gepflanzt an den Wassern Siloah, die stille gehen; sie schauen unverwandten Blickes zu den Bergen, von welchen uns Hilfe kommt. O Strom des Friedens! O Land der Wonne! O du einige Weisheit, die den Umkreis des Himmels erfüllt! Von dir her leuchten sie, glänzen und schimmern sie in hoher Weisheit, in jungfräulicher Keuschheit, in ewigen Gluten der Liebe. Das, o Herr, ist die Schar in blühender Jugend, die dir treulich dient, indem sie unserer Schwachheit auf hilft: bald nimmt sie uns bei der Hand, wie eine Mutter, und lenkt in der Finsternis dieser Welt unsere Schritte, bald schlägt die feindliche Angriffe von uns zurück, bald verkündet sie uns das Geheimnis deines Willens, bald stärkt sie den ungebundenen Geist zu allerlei guten Werken, bald trägt sie den Weihrauch unserer Gebete zum goldenen Altare, immer aber schaut sie dein Angesicht, heiliger Vater, und bittet für uns.

Also, lieber Vater, trägst du Sorge auch für uns, die wir noch ferne sind; wenn aber wir, das letzte Zehntel deiner Geschöpfe, die wir einst von deinem Herzen uns losrissen und nun endlich mit Mühe und Arbeit wieder zu dir gezogen werden, irgend einen Wert haben, so ist das dein frommes Verdienst, du gütiger Jesus. Wenn diese zehnte Saite göttlichen Lobpreises irgend einen süßen Klang gibt, so macht das deine liebliche Berührung, der du zur Ehre des Vaters spielt auf dem Psalter von zehn Saiten. Spiele, wie du denn tut, o Herr, lass mit behenden Fingern dem Vater erklingen das süße Loblied tausendfältigen Dankes. Berühre die neun ganz reinen Saiten im Himmel, die niemals traurig tönten. Berühre aber auch die ernste zehnte, deren oberer Teil, der schon hinaufgezogen ist zu dir, zwar fröhlichen Klang gibt, deren unterer aber, der noch an die Erde gebunden ist, gar trübselige Töne hören lässt.

Wenn ich, du eingeborener Gottessohn, aufmerksamen Geistes alle die Werke deiner Kraft betrachte, so überfällt mich stummes Staunen, weil du in ihnen auf allerlei Weise überaus glorreich erscheint. Aber sind sie auch sehr groß und schön und gut, so sind sie doch im Vergleich mit dir nur wie eitel nichts zu achten. Du bist der Schöpfer und Regent Himmels und der Erde und all ihrer Herrlichkeit, und das alles predigt deine Macht und Erhabenheit, deine Weisheit und Schönheit, deine Güte und Liebenswürdigkeit, und wie das Licht die Finsternis, also übertriffst du allein das alles.

Und du, mein Herr, wirst mir im Himmel behalten, als der Lohn deines Knechtes, du selbst der Geber und die Gabe des Heiles, das meine Seele von dir erwartet. Und was wohl wollte ich auf Erden von dir, als dich allein? Was hielt ich für besser und liebenswürdiger als dich, so dass ich mein Herz von dir gewendet hätte, irgend etwas in der Welt zu begehren ohne dich? Wehe mir Armen! Warum doch habe ich in meinem ganzen Leben etwas anderes geliebt und begehrt als Jesum Christum, meinen Herrn? Warum habe ich zu irgend einer Zeit verschoben und unterlassen dich, o Jesu, in mein Herz hineinzunehmen, und mit ganzer Seele dich zu umfassen, und mich an deiner Lieblichkeit zu ergötzen im Geiste meines Gemüts? Wo war ich nur, als mein Geist nicht bei dir war? Wohin geriet mein Verlangen, als es nicht nach dir allein stand?

Gott meines Lebens, wie eitel habe ich zugebracht, wie fruchtlos entschwand mir meine Zeit, die du mir gabst, dass ich in ihr deinen Willen täte und ich tat ihn nicht! Wie viele Jahre, wie viele Tage und Stunden sind für mich verloren, in denen ich ohne Frucht von dir lebte! Und wie soll ich bestehen, wie soll ich meine Augen zu deinem Antlitz erheben an deinem großen Gerichtstage, wenn ich Rechenschaft geben muss von allen meinen Tagen und du an jedem einzelnen Frucht suchen wirst?

Lieber Vater, der du voller Geduld bist und Langmut, lass nicht also ergehen, sondern lass vergessen sein von dir die ach nur zu große Zahl meiner Tage, die ich mit Eitelkeit verderbt habe; die gar wenigen aber, die ich unter deinem Beistande, o Herr, etwas nützlich verbrachte, die lass in ewigem Gedächtnis bleiben. Lass wenigstens, geliebter Vater, das noch vorstehende Restlein meiner Zeit durch deine Gnade fruchtreich und geheiligt sein, dass es mir in die Ewigkeit nachfolge und mir zugerechnet werde von dir.

Darum müsse jetzt nun mein ganzes Herz und all sein Verlangen erglühen und ausbrechen gegen Jesum, meinen Herrn. Wohlauf mein Herz! Bislang hast du lange genug gezögert; eile, dahin du willst; suche, den du suchst. Du suchst Jesum von Nazareth, den Gekreuzigten? Er fuhr auf gen Himmel und ist nicht hier; er ist nicht mehr, wo er war; er ist nicht hier, wo er keine Stätte fand, ein edles Haupt hinzulegen. Er ist nicht hier, wo er wandelte im Ofen der Trübsal, ganz mit Verachtung überschüttet. Er ist nicht hier, wo er vor dem Antlitz Pilati stand, seines Richters. Er ist nicht hier, wo er geschmäht und verspottet stand vor Herodes. Er ist nicht hier, wo er einherschritt verspielen, gegeißelt, verwundet, von Blut überflossen. Er ist nicht hier, wo er hing inmitten der Übeltäter. Er ist nicht hier, wo er lag unter einem Steine verwahrt und bewacht von heidnischem Kriegsvolk.

Wo aber ist denn der Geliebte Gottes? Er wohnt unter dem Schirm des Höchsten und keine Plage wird zu einer Hütte sich nahen; durch seine eigne Kraft ist er aufgefahren in den Himmel und hat alle Hoheit der Engel unter sich gelassen, er sitzt auf dem Throne der höchsten Herrlichkeit zur Rechten des Vaters, mit dem er gleich einig und gleichen Wesens ist, umgürtet mit göttlichem Licht, gekrönt mit Ehre und Herrlichkeit, in frohlockender Freude, in der Fülle der Allmacht, in der Herrschaft Himmels und der Erde, wie es ziemt dem eingeborenen Sohne Gottes.

Dort beten ihn an alle Engel Gottes und die ganze Menge der Bürger des himmlischen Zion. Aller Herzen freuen sich einmütiglich in ihm, an seinem lieblichen Angesicht weiden sich die Augen aller Seligen. Von allen Seiten her geht aller Verlangen auf ihn, ihm jauchzt, ihm ruft Beifall, ihn erhebt, auf allerlei Weise erhöht den Glanz seiner Herrlichkeit die ganze Dienerschar, die ehrenreiche Bürgerschaft des Himmels.

Frohlockt und lobt, die ihr in Zion wohnt, denn mitten unter euch ist der große Heilige in Israel. Frohlockt über Jesum, euren edlen Sohn, ihr erlauchten Patriarchen, weil in ihm alle eure Hoffnung erfüllt ist. Sehet, er ist sehr erhaben und in ihm, d. h. in eurem Samen, werden gesegnet alle Völker, wie das euch einst die göttliche Verheißung zugesagt hat.

Freut euch in dem großen Propheten, ihr Propheten, ihr Männer der Wahrheit, weil ihr alles wunderbar und herrlich erfüllt sieht, was ihr von ihm im heiligen Geist verkündigt habt, und durch ihn wahrhaftig erfunden seid in aller eurer Rede.

Freut euch in Jesu, eurem Herrn und Meister, ihr ruhmreichen Hochgestalten des Himmels, ihr seligen Apostel. Freut euch in ihm und mit ihm, als die Hausgenossen seiner Freude.

Denn siehe, den ihr einst mitten unter euch Hunger, Durst, Müdigkeit und allerlei ähnliche Schwachheit des Fleisches ertragen saht, den ihr saht von den Menschen verworfen und unter die Übeltäter gerechnet, den seht ihr nun als Sieger, als Herrscher, alles ist unter seine Füße getan, wie herrlich leuchtet er in seinem göttlichem Licht und hat nun zu seiner Freude und seiner unaussprechlichen Herrlichkeit Genossen euch, die ihr einst in seinen Versuchungen bei ihm verharrt habt und Teil hattet an seinen Plagen. Betet nun an jene lieblichen Knie, die sich vor euch bis zur Erde beugten, als ihr saßt beim allerheiligsten Mahle. Betet nun an jene allerheiligsten Hände, mit denen euch die Füße vom Staube rein zu waschen und abzutrocknen sich herabließ der König aller Könige.

Freut euch in Jesu, dem Fürsten und Führer eurer streitbaren Schar, ihr siegreichen Märtyrer; denn siehe, ihn selbst, für den ihr euer Leben in den Tod gegeben habt, ihn selbst, Jesum, den Sohn Gottes, den habt ihr nun zum Lohn eures Kampfes.

Freut euch in Jesu, dem Lehrer der Wahrheit, ihr ehrwürdigen Bekenner; den ihr durch heilige Lehre und gerechte Werke einst vor den Menschen bekannt habt, der bekennt sich nun zu euch vor Gott seinem Vater und seinen heiligen Engeln.

Freut euch in Jesu, dem Reinen, der eure Reinheit heiligte, ihr, die ihr reines Herzens wart und nun den Engeln gleich geworden seid; denn siehe, den ihr liebtet, den ihr ersehntet, nach dem ihr in glühendem Verlangen begehrtet, um dessen Liebe willen ihr alle Herrlichkeit der Welt verachtetet, den Sohn des allerhöchsten Königs, den schaut ihr nun, den umfangt ihr nun, in seiner reinen Liebe ruht ihr nun und keine List des Bösewichtes kann ihn von euch losreißen.

Wer aber unter den Seligen wird reichere Freude haben, als du, Maria, jungfräulichste Jungfrau, Gebenedeite unter den Weibern, du Rose voll himmlischer Anmut. In deinem Jesu freue dich hoch und hehr; denn denselbigen, den du als Mensch geboren und an deinen Brüsten genährt hat, den betest du nun an, mit den Engeln und allen Bürgern des Himmels, als den lebendigen und wahrhaftigen Gott.

Freue dich, selige Maria; denn den du sahst am Holze hangen, den siehst du nun in großer Herrlichkeit im Himmel regieren; du sieht alle Hoheit derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, sich vor seiner Majestät beugen und alle Macht seiner Feinde zerscheitert.

Freude über Freude müsse erfüllen die ganze Heerschar der Heiligen, das himmlische Jerusalem, das unser aller Mutter ist; feire fröhliche und unaufhörliche Feste im Anschauen Jesu Christi deines Friedefürsten, deines Befreiers.

Und nun, liebe Seele, mit allem Eifer, des du fähig bist, schwinge dich aufwärts und mische dich unter die heiligen Tausende, die sich freuen im Herrn Jesus. Dorthin fahre auf auf dem Wagen des Glaubens und der Hoffnung, dort verweile ohne Aufhören durch die Glut deiner Liebe, wo Christus ist, der zur rechten Hand Gottes sitzt. Richte die Augen deines Geistes auf seine leuchtenden Augen. Beschaue und küsse in dankbarer Ehrfurcht die Narben seiner seligen Wunden, aus denen die kostbare Flut sich ergoss des heiligen Blutes, mit dem der eingeborene Gottessohn dich erkauft und geheiligt hat zum ewigen Leben.

O Jesu, wer dich nicht liebt, der sei Anathema; wer dich nicht liebt, der Seele müsse bittrer Leiden voll sein. Deine Liebe, o Herr, ist keusch und duldet nichts unreines; deine Liebe macht das Herz einfältig und wendet den Geist nicht vom Rechten; deine Liebe ist süß und hat nichts bitteres. Denn sie versüßt auch das Bittere dieser Welt und was die Welt Süßes hat, das macht sie bitter. In der Enge kommt sie nicht ins Gedränge, unter dem Druck wird sie nicht unterdrückt, im Mangel kommt sie nicht um, in Trauer wird sie nicht kleiner, in Trübsalen bleibt sie geduldig, bei Drohungen sicher, bei Verfolgung wohlgeborgen, bei Verlockungen unverführt, in Folterqualen verharrt sie unbesiegt, im Tode ist sie ewig lebendig.

Wie am verborgenen Schatz der glückliche Besitzer sich erfreut, und wie an der Liebe des einzigen Kindes die Mutter sich ergötzt, so ist Freude und liebliche Ergötzung in deiner Liebe, o Jesu, für eine Seele, die dich umfasst. O Jesu, du bist dem, der dich liebt, süß wie Honig, lieblich wie Milch, schmackreich wie starker Wein; allerlei kostbare Speise ergötzt nicht so sehr den Gaumen derer, die davon kosten, als deine Liebe die Seele derer, die dein genießen. O Jesu, lebendiges Brot, köstliche Traube, lieblicher Wein, sanftes Lamm, starker Löwe, arglose Taube, schneller Adler, Morgenstern, ewige Sonne, Engel des Friedens, Lichtquell der ewigen Lichter, dich liebt, dich sucht, an dir letzt sich und dich bewundert ein Herz, das Sinn fürs Gute hat, ein Herz, an dem du Wohlgefallen hat.

Herr Jesu Christe, du bist mein Gott und meines Herzens Teil. Treibe du aus meinem Herzen allen Stolz und aus meinem Fleische alle böse Lust und lebe du in mir; entzünde in mir die feurige Glut deiner Liebe und lass sie emporwachsen zur vollen Flamme. Pflege und nähre durch deine Gnade in mir jene Flamme, dass sie ohne Aufhören auf dem Altar meines Herzens brenne, dass sie mein innerstes Mark durchglühe, dass sie lodere in den Tiefen meiner Seele, auf dass ich am Tage meiner Vollendung vor dir erfunden werde als ein wahrhaft Vollendeter. An dem Tage, da du mich ausziehen heißt dies Kleid der Sterblichkeit, das ich noch umtrage, an dem Tage bewahre mich durch deine Nähe, umgib mich mit deiner Liebe und mache sie meiner Seele gleichsam zum Kleide deiner Ehren, auf dass ich nicht bloß, sondern bekleidet erfunden werde und haben möge, worin ich meine Schwachheit vor deinen Augen berge.

Die Glut deiner Liebe müsse fremdes Feuer, das Feuer, das deine Feinde verzehrt, fern halten von mir; sie müsse meine Seele zu ihrem Schöpfer erheben, und, so weit das sein kann, sie in dein göttlich Licht einstecken. Herr Jesu, alle, die dich lieben, müssen erfüllt werden mit deinen Segnungen, alle, die dir nacheilen, müssen im Himmel angeschrieben stehen und unter dem Schatten deiner Flügel Friede finden für ewig. Dir aber, eingeborner Gottessohn, mit dem ewigen Vater und dem heiligen Geist sei unaufhörliches Lob, unverletzliche Herrlichkeit und unvergängliche Herrschaft von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!

Quellen: Kessler, Hermann/ Senf, Friedrich - Fromme Betrachtungen aus alten Tagen. Nach der Ordnung des Kirchenjahres

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autoren/e/eckbert/meditationen.txt · Zuletzt geändert: von aj
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