Diedrich, Julius - Das zweite Wort am Kreuze: Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradiese sein.

Diedrich, Julius - Das zweite Wort am Kreuze: Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradiese sein.

Ev. St. Lucä 23, 43.

I.

Welche Musik hören wir in diesen Worten! Woher kommen sie denn? Könnte es doch für uns, für jeden unter uns, gesagt sein! Sind es die Seligen, welche, enthoben aus allem Kampf und aller Qual also zu uns herübersingen? Oder sind es die heiligen Engel, deren einer uns solche Töne hören läßt? Ach nein, es sind nicht die Seligen noch die heiligen Engel, welche uns also zusingen, nicht aus dem Reiche der Herrlichkeit schallt uns jene Stimme her: sie können ja nicht sagen: Wahrlich! Ich sage dir: denn sie wissen ja nicht alle Dinge zuvor und wer noch mit ihnen sein wird. Sie können auch nicht sagen: „mit Mir im Paradiese sein“, denn sie sind ihrer Viele und ihrer keiner ist der Mittelpunkt des Paradieses, um den sich das ganze Paradies drehte; sondern sie kreisen in himmlischem Reigen selbst um solchen Mittelpunkt, um das ewige Licht, welches Gott selbst ist. Sie machen nicht das Paradies, sondern sie genießen es nur. - Die Stimme ist auf Erden erschallt und schallt auch noch fort für uns, für dich und für mich. Die Stimme erschallt auf Golgatha, von der Schädelstätte, auf dem Rabensteine. Wer sagt's denn da? Sehet! Jesus, der Gekreuzigte, der elendeste aller Menschen. Er ist an die Heiden zu unerhörter, heidnischer Strafe überantwortet: Er ist als Gotteslästerer und Aufrührer zum Tode von Juden und Heiden verdammt, also als ein Feind Gottes und der Menschen, Nicht etliche haben Ihn verdammt: Nein das ganze Volk schrie „kreuzige“. Er sah, ob's Jemand jammerte; aber da war Niemand, - Zu Seiner Verteidigung rührte sich kein Mund: und auch Er selbst schwieg. Ja Gott selbst schwieg zu diesem Schauspiel. - Die Menschheit war in zwei Partheien gespalten: die eine Parthei bestand aus Juden und Heiden: vornehm und gering, reich und arm, gelehrt und ungelehrt: große und kleine, alte und junge: und auf der andern Seite war nur Einer, nur Einer, nur Jesus zu sehen. Jene halten alle diesen Einen des Kreuzes-Todes würdig. Und Er ließ Sich kreuzigen. - Entweder jene große Parthei mußte untergehen oder dieser Eine: so hat Er sich lieber dem Tode geweiht: obwohl Er keine Sünde gethan hat, ist auch kein Betrug in Seinem Munde erfunden; doch ist Er für uns zur Sünde gemacht. Wird Er sich nicht rächen? Er rächt sich schon, daß dem, der diese Worte vom Kreuze in seinem Herzen vernimmt, die Thränen aus den Augen stürzen. Thränen der Schaam und Thränen seliger Lust über solche Liebe, welche sich für die Sünder opferte.

Aber Dieser elendeste spricht: „Wahrlich, Ich sage dir: heute wirst du mit mir im Paradiese sein“! Ja Der sagt's und Der allein kann es sagen. Denn Der allein hat das Paradies uns eröffnet, nur einer, der so tief herabgestiegen, nur ein so gemarterter kann uns sagen: Wahrlich, Ich sage du, heute wirst du mit mir im Paradiese sein. Er ist wohl wahrer Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren; Er ist das Lamm mitten im Stuhle Gottes, und um Ihn dreht sich die ganze Welt. Er hat die Schlüssel der Hölle und des Todes: Er hat auch die Schlüssel des Paradieses. Der der niedrigste ward, ist auch der höchste. Ja der ist der höchste, welcher um der Liebe willen das meiste daran geben konnte: und das meiste konnte nur der daran geben und opfern, der alles zur Rechten des Vaters hatte. Er hat alle Herrlichkeit weit dahinten gelassen: Er ward arm und hatte nicht, dahin Er Sein Haupt legte: die auch sonst Seine Freunde sein wollten, die verriethen, die verleugneten Ihn, die verließen Ihn alle und flohen: ihrer keiner hatte auch nur Eine Stunde mit Ihm wachen können. Und das litt Er, und zwar in Seiner zarten, reinen und fleckenlosen Menschheit, so ließ Er Sich Seine Liebe lohnen! Mit solchen Menschen, die Ihm mit dem Kreuze lohnten, hatte Er sich bewußtermaßen eingelassen, sie zu erlösen. Sie stießen Ihn an's Kreuz und Er spricht: „Du sollst noch heute mit mir im Paradiese sein! Ja gerade durch Mein Kreuz und um Meines Kreuzes willen“. Der gekreuzigte Gottmensch und der allein kann dies Wort sprechen: Wahrlich ich sage dir, heute wirst du mit Mir im Paradiese sein. Das Paradies ist Seine Heimath und Er macht das Paradies durch Seine Liebe, darum kann Er es allein geben, und kein Seliger, kein Engel, ja Gott selbst nicht außer Jesu dem Gekreuzigten kann es uns geben. Nur Er der Sohn ward Mensch für uns: nur Er opferte sich ganz für uns und goß Seine Liebe über uns aus in Seinem Blute. Nur Er leistete in der Menschheit den vollen gläubigen Gehorsam. Drum kann Er's, der Gekreuzigte, mir nur sagen und kein andrer: Wahrlich Ich und kein andrer, Ich sage dir: heute wirst du mit Mir im Paradiese sein. Selig der, welchem Christi Wort und Wahrlich der überzeugendste Beweis ist: was vom Kreuze auf Golgatha tönt, ist wohl unzweifelhafter, als wenn etwas aus den Wolken tönte; aber nicht für jeden ist solche Gewißheit; sondern nur der, welcher der Gnade und liebenden Erbarmung Gottes fähig ist: fähig ist deren aber ein jeder, welcher sich derselben bedürftig erkennet.

II.

Im Paradiese sein, sagt der Herr! wie heimathlich, wie selig klingt das! Das Paradies war ja unserer ersten Eltern Heimath und außer dem Paradiese ist's so öde und so traurig, so unruhig und unheimlich. Im Paradiese aber ist Friede, Freude und ewig kindliches, ewig jugendliches Wesen. Da weiß man von keiner Krankheit, von keinem Tode, von keiner Sorge noch Furcht, von keinem Hasse noch Neide, von keiner Trennung noch Scheidung: von keinem Opfern und Verlieren; aber wie ist's nur bei uns? es giebt nichts, darin wir ruhen könnten. Wir suchen Ruhe außer dem Paradiese; aber finden sie nicht. Wir suchen Freude und sie flieht uns desto mehr, je eifriger wir ihr nachjagen. Es ist ein beständig, großes Rennen und Laufen, Stolpern und Aufraffen, bis wir in den Staub fallen. Es kann hier nichts bestehen und zusammenhalten; sondern die liebsten Bande werden nur geschlungen, daß sie auch wieder morsch werden und zerbrechen. Wie sind wir doch so grausam in die Fremde geschleudert? Ja haben wir uns nicht selbst aus dem Paradiese verbannt? Wir hatten ja das Paradies: Gott hatte uns für dasselbe geschaffen; und Gott wollte uns zu immer höherem Bewußtsein dessen führen, was wir an Ihm hätten; deß sollten wir recht inne werden, daß Er das höchste Gut allein ist, welcher das Paradies zum Paradiese macht. Deßhalb gab Er uns das eine Verbot. In bester Absicht gab Er uns das Verbot: Ein ganzes Paradies schenkte Er uns und nur Ein Bäumlein nahm Er aus: sollte uns das gegen den milden Vater mit Groll erfüllen? Er wollte unser einiges Wissen sein, so sollten wir darnach auch alles selig wissen. Aber durch des Teufels List ließen wir uns das väterliche Verbot vom Vater irre machen; wir kommen zu Scheu, Mißtrauen und Groll gegen Gott. Seine Creatur zu sein schien uns unser Unglück: wir wollten Gott selbst sein und da wir Gott aus dem Herzen gelassen, so war auch das Paradies dahin und das mußte uns Gott klar machen durch alle Noth, welche nun von außen über uns hereinbrach. Gottes Liebe machte das schöne Paradies; da wir uns aber gegen Gottes Liebe durch Mißtrauen verfinstert hatten, da halfen alle schönen Bäume nichts mehr. An dem Mangel mußten wir's nun erkennen, daß Gott das einzige, wahre und ewige Gut sei, was wir in lauter Seligkeit und im beständigen Genusse auch hätten erfahren können, wenn wir gehorsam gewesen wären.

1. Da wir nicht an Gott festhielten, da hielten auch Leib und Seele in uns nicht mehr aneinander, der Leib war dem Staube und die Seele dem Tode verfallen. Die geschwisterliche, die elterliche, die kindliche, die eheliche Liebe war zugleich zerbrochen. Die unvernünftige Schöpfung war uns nicht mehr unterthan; sondern war auch alsbald im Aufruhr gegen uns. Wir waren uns selbst feind, wir waren uns unter einander feind und alles war uns feind. Daß wir uns nur jetzt darüber nicht täuschen, denn also ist es durch die Sünde und es ist gut, daß man dies bei Zeiten einsieht. Wehe dem, der noch immerfort versucht in irdischen Dingen außer Gott sich Paradies zu bauen: es muß alles nur desto mehr Hölle werden. Uns kann nur der Gekreuzigte das Paradies wiedergeben. Die Sünde macht die Hölle und so lang wir in der Sünde verharren, müssen wir auch fern vom Paradiese sein.

2. Nun heißt's: Du sollst wieder im Paradiese sein! Gott ist Mensch geworden in Christo Jesu und darnach aus der bittersten Kreuzesnoth zum Paradiese in Seiner Menschheit zurückgekehrt. Er war rein und bewies die lauterste Liebe gegen Seine Feinde: so ist mit Ihm die Menschheit wieder im Paradiese; aber Er ist jetzt darin, daß Er uns alle da hinein zurückversetze. Die Menschheit hat in Ihm treulich an Gott gehangen und sich selbst und die Welt unter den bittersten Schmerzen in Gethsemane und auf Golgatha verleugnet, so ist sie mit Gott Eins geblieben und hat das Paradies wieder errungen für Menschen. Damit steht es aber offen und kann nicht wieder verschlossen werden. Für die Menschheit ist es wieder offen, da der Menschheit Haupt, unser Bruder, darin König ist; alles, was Christo gehört, soll nun auch hinein und bei Ihm sein. Und Ihm gehört von Rechtswegen alles, was Mensch heißt, denn der ganzen Menschheit Schuld hat Er gesühnt mit Seinem Leiden. Wir wollten uns durch eigne Lust noch ein besseres Paradies als Gottes Paradies schaffen, nämlich eins ohne Verbot, ohne alle Schranke, ohne Gott, damit sind wir zur Hölle gekommen. Darum hat nun Jesus freiwillig Höllenpein geduldet, daß wir wieder zum Paradiese zurück können. Wir konnten durch Betrug des Teufels nicht einmal im Paradiese ohne Pein und in lauter Seligkeit bei Gott verbleiben: das gerechte, väterliche Gebot, welches uns zur volleren, lebendigeren Erkenntniß des Paradieses in Gott führen sollte, haben wir uns zum Anstoß dienen lassen und darüber Gott verleugnet. Jesus hingegen, der Sohn, hat das Gesetz der steinernen Tafeln in der gefallnen Welt für uns in Knechtsgestalt unter unsäglichen Schmerzen erfüllt und somit uns das erste und einige Paradies wieder eröffnet.

3. Wem sagt Er nun: Wahrlich dir sage ich, heute sollst du mit mir im Paradiese sein! eigentlich der ganzen Menschheit, jedem, der es hören will. Er spricht: Warum willst du draußen stehen, du Gesegneter des Herrn?- Ja warum wollen wir noch fort und fort uns vom Teufel auf's neue bethören lassen und Gott mißtrauen, nachdem Seine Liebe in Christo am Kreuze offenbar geworden ist? nachdem Christus spricht: du sollst mit Mir im Paradiese sein?

Ach daß wir's alle hörten! Da ist Niemand ausgenommen auch kein todeswindiger Menschen- und Gottesfeind, auch kein Mörder, wie jener Schacher zur Rechten war. Unsre bisherige Sünde soll uns nicht mehr ausschließen, wenn sie gleich blutroth wäre. - Wie geht's denn aber zu, daß doch so viele draußen bleiben und daß so wenige von den Freuden des Paradieses zu sagen wissen? Das liegt nicht an Jesu, Der es uns ja eröffnet hat und die Sünder einlädt, frei einzutreten; sondern es liegt an uns, daß wir Ihn nicht erkennen wollen. Gerade Seine Liebe, daß sie sich also offenbart, nämlich am Kreuze, macht unserm hoffährtigen Fleische Anstoß. Aber nur der Gekreuzigte, der Zertretene konnte uns hoffährtige Sünder zurückführen. Lassen wir diesen Anstoß nicht fahren, so bleiben wir ewig draußen. Daß wir doch in Ihm Gottes Liebe erkennten! Wie könnte Er uns denn noch weiter nachgehen als in unsre Hölle? Was soll Er noch mehr thun als für uns zur Sünde und zum Fluche werden? Wer sich an Seiner elenden Gestalt stößt, der hat sich an Seiner Liebe selbst gestoßen. Haben wir das noch zum Theil gethan, so sei solch Wesen doch von heute ab von uns selbst verflucht. Wir wollen doch nicht fern bleiben, da Er uns das Paradies eröffnet hat und uns desselben mit Ihm genießen lassen will.

Nein diesem Gekreuzigten, der solche treue Liebe gegen uns bewiesen, dem allein können und müssen wir vollkommen trauen. Wo solche Liebe bleibt, da wird immer Paradies sein. Wenn wir Ihm und Seiner Liebe glauben, so ist ja unser Groll, unsre Scheu und unser Mißtrauen gegen Gott überwunden: so sehen wir ja mit seliger Schaam, wie Gott grade umgekehrt ist, als wir dachten: wir dachten durch des Teufels Verleumdung, Gott enthalte uns die Herrlichkeit vor, so sehen wir nun, was Er sich's kosten ließ, sie uns Abtrünnigen noch wieder zu erwecken! Wir kommen jetzt wieder an Gottes Herz und so muß sich das Paradies von selbst finden.

Es ist uns also allen gesagt, wenn wir nur Dem glauben wollen, der für uns gestorben ist: wenn wir in Ihm die Liebe Gottes und die Gerechtigkeit der Menschheit erkennen, damit Er uns Gott versöhnt hat. Daran hängt für uns das Paradies, und an nichts anderem. Nimm also deine Zuflucht zum Blute Christi: laß deine Seele ihr alleiniges Unterkommen in Seinen Wunden haben. Seine Wunden sind der schreiendste Ausdruck Seiner väterlichen Liebe zu uns: Seine Wunden sind aber auch zugleich die Erfüllung alles Gesetzes der Menschheit: Er hat alles Gesetz durch diese Liebe überboten, da Er für die Mörder betete, für sie starb und ihnen das Paradies öffnete, welche Ihn in Höllenpein gestoßen hatten. In solcher Liebe ruhe, dann ruhst du an Gottes Herzen: dann Haft du das Paradies wieder: und aus solcher Liebe lebe nun auch lauter Liebesleben, so wird auch um dich her das Paradies immer mehr aufgrünen. Christi Blut ist der lebendige Strom göttlicher Liebe, der alles neu macht.

4. „Heute,“ sagt der HErr, „sollst du mit mir im Paradiese sein“. Ist's denn so bald möglich? Sagte nicht der HErr jenes Wort zu einem, der in ein paar Stunden aus dieser Welt gehen mußte? Ja freilich! Der Schächer ist in ein paar Stunden in jene Welt gegangen und da war Er im Paradiese. Aber man kommt nicht dadurch in's Paradies, daß man stirbt; sondern das Paradies ist Leben und die Hölle ist Tod. Dieser kam in's Paradies trotz des Todes. Man erwarte also nicht vom Tode als solchen das Paradies, Leben kommt nur vom Leben; aber nicht aus dem Tode an sich.

Es ist eine heidnische Redensart zu sagen: der Tod bringe alles zum Frieden: das kann er gar nicht: er thut nur alle Hüllen hinweg und macht alles offenbar. Damit ist noch nicht Frieden, daß dein Sorgen und Zagen, Husten und Schwitzen, Fürchten und Beben in dieser Welt ein Ende hat. Der Tod giebt nichts, gar nichts, denn er ist selbst ganz arm. Er nimmt nur die Hüllen weg und wohl dir, wenn dir damit genützt ist. Das wird ja aber sein, wenn dein Kern gut gemacht ist durch Gottes Gnade. Ein solcher Tod wie Christi Tod kann wohl Leben geben, denn ein solcher Tod ist selbst auf's höchste Lebens voll; aber unser Tod macht kein Leben und keine Seligkeit. Doch sollen wir trotz des Todes die Seligkeit und das Leben haben im Paradiese. Aber können wir das auch „heute“ oder müssen wir dazu erst sterben? Wenn's das Sterben nicht macht, so bedürfen wir auch dazu nicht des Sterbens. Im Paradiese sein heißt in Christo sein, in der Liebe Gottes sein: Vergebung der Sünden und demgemäß Leben und Seligkeit haben. Und das alles sollen wir noch heute haben. Laß heute deinen Groll gegen Gott und Seine Führungen, traue Ihm heute in Christo und nimm in Dem deine Versöhnung gläubig an, so ruhst du wieder in Gott. - Unser Glaube wird hier zwar nichts Vollkommnes, das Fleisch wird nicht gläubig; sondern es ist dem Glauben entgegengesetzt und wird nur vom Geiste gezähmt, gezügelt und beherrscht. Darum ist auch das Paradies noch nicht ganz mein Aufenthalt; sondern es ist noch ein Aus- und Eingehen. Wir haben es hier im Glauben: d. h. nicht, wir haben es bloß in der Einbildung und nicht in der Wirklichkeit; sondern wir haben es in der höchsten Wirklichkeit aber so, daß es noch nicht in all unserm Thun und äußerlich um uns gewirkt ist; sondern nur in unserm Empfangen aus Gott ist lauter Paradies. Mein Gott ist mir wieder paradiesisch und in Seiner Liebe ruhen ist das Paradies der Seelen: äußerlich aber ist noch nicht Paradies um uns her; sondern „in der Welt habt ihr Angst“ spricht Christus: und Er Selbst war am Kreuz für uns und doch vergiebt und verheißt Er lauter Paradies: so ist doch Sein Herz der Quell alles Paradieses-Lebens. Mag ich also hier noch am Kreuze hängen: mag das Fleisch seine Noth haben; durch den Glauben an diesen Christum am Kreuz ist das Paradies der Seele doch schon wieder aufgegangen. Die ersten Eltern waren bis zum Abende des unseligen Tages noch in dem schönen Garten; aber sie konnten die schönen Blumen und Fruchtbäume nur mit stechenden Schmerzen sehen: alles war ihnen voll verdammender Vorwürfe: für sie war kein Paradies mehr: sie suchten das Dunkel, weil das Paradies aus dem Herzen durch Mißtrauen gegen Gott entschwunden war. Uns giebt Gott das Paradies in's Herz durch unsern HErrn Jesum, der bringt uns die Liebe Gottes in die Seele; aber äußerlich um uns her ist es um unsers bösen Fleisches willen noch nicht da, sondern oft eher der Schein der Hölle durch Trübsal, Angst, Verfolgung, Hunger, Blöße, Fährlichkeit und Schwerdt, Das alles soll uns aber nicht mehr von der Liebe Gottes scheiden. Das Kreuz soll uns nicht mehr irre machen an Gottes Liebe, hat doch Christus für uns am Kreuze gehangen und durch's Kreuz uns erlöst. Sind wir hierüber klar und ruhig geworden, dann kommt darnach auch das ewige „Heute“, da nichts mehr als lauter Paradies auch um uns sein wird. Wenn das Fleisch abgelegt ist, und der neue Mensch ohne Hülle und Schlacken dasteht, dann wird er mit Jesu in lauter Paradiese sein. Das hat Er uns durch Sein Kreuz erworben und von Seinem Kreuze her ruft Er uns: „Wahrlich Ich sage dir: heute wirst du mit mir im Paradiese sein“. Daß wir's nun Alle gehört und verstanden hätten, so wäre uns auf ewig wohl geschehen!

Gebet. Habe Dank o HErr Jesu, daß Du uns Gottes Liebe in unsre Verbannung nachgetragen und für uns in bittrem Leiden den Gehorsam so fromm erfüllt hast, den wir im Paradiese nicht erfüllen wollten: Deine Wunden sind nun unsrer Seelen Ruhe: durch sie ruhen wir wieder in des Vaters Schooße und glauben, daß Du uns auch lauter Paradies durch alles Kreuz und den Tod hindurch schaffen werdest. Ach gieb uns solches immer freudiger zu glauben und zu erkennen durch Dein bittres Leiden und Sterben, Amen.

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