Cölius, Michael - Der Spruch St. Pauli zu den Ephesern am 2. Capitel ausgelegt

Cölius, Michael - Der Spruch St. Pauli zu den Ephesern am 2. Capitel ausgelegt

Aus Gnaden seid ihr selig geworden durch den Glauben, und Dasselbige nicht aus euch, Gottes Gabe ist es, nicht aus den Werken, dass sich nicht Jemand rühme; denn wir sind seine Werke, geschaffen in Christo Jesu zu guten werken, zu welchen Gott uns zuvor bereitet hat, dass wir darinnen wandeln sollen. (bei Spangenberg a.a.O. Fol. 184 ff.)

Meine Geliebten im Herrn, wir haben einen kurzen Text des heiligen Apostels St. Pauli gehöret; aber doch werden darin drei hochwichtige Sachen, einem Christen von Nöthen zu wissen, verfasset.

Zum Ersten lehret St. Paulus, welches die Hauptursach sei unserer Seligkeit, nämlich Gottes Gnade.

Zum Andern, welches das Mittel ist, dadurch der Mensch Gottes Gnade ihm zueigne, dass er derselben theilhaftig werde und selig, als nämlich ein wahrer, christlicher Glaube, woher derselbige komme, und was seine Art und Natur sei.

Zum Dritten, wann man nun aus Gottes Gnade durch den Glauben selig worden, wie und wodurch derselbige Glaube geübet und beweiset werden soll, dadurch er wachse und zunehme, als dass man nach Gottes Befehl in seinen Geboten wandele.

Zum Ersten.

Wann menschliche Vernunft in die Gedanken kommt, dass nach diesem Leben ein ander Leben sei, und in demselbigen Etliche selig, Etliche verdammt werden, und sie die Ursach der Seligkeit oder Verdammniss ergründen will, weil sie erkannt, dass ein Gott sei, der heilig, gerecht und fromm sei, wie alle Philosophi, kluge und weise Leute gehalten und gelehrt haben: hält sie es dafür, wer gerecht, heilig und fromm sei, Der werde selig, denn Gleich und Gleich gehört zusammen, widerum, wer das nicht sei, Der werde verdammt. Und das ist nach menschlicher Vernunft Etwas geredet, ferner kann sie auch nicht kommen; aber doch so fehlt’s menschlicher Vernunft daran, dass sie den rechten Gott, was er sei, und was sein Wille sei, nicht erkennt.

Darum, wenn sie irgend in Anfechtung und Noth kommt, so verzweifelt sie an Gott, lässt ihn fahren und sucht Hilfe, wo sie die finden kann, in ordentlichen und unordentlichen Mitteln; wenn sie die nicht findet, fällt sie in Verzweiflung, und müssen also alle Heiden und Ungläubigen in solcher Verzweiflung ewig verderben.

Kommt aber auch das Gesetz dazu, so weiset dasselbige und lehret wohl, wer der rechte Gott sei, aber es weis’t auch nicht mehr, denn wie die Vernunft, dass ein gerechter Richter sei und wolle Niemand selig haben, denn die auch gerecht, heilig und fromm sind, und nicht allein äusserlich, sondern auch innerlich. Denn es sagt: Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und allen deinen Kräften, und deinen Nächsten als dich selbst, Das thu’, sagt das Gesetz, so wirst du leben. Und das ist wohl eine feine Lehre, und wer durch Gottes Geist nicht erleuchtet ist, meinet, es sein kein gewisserer Weg zum ewigen Leben, denn dieser. Und ist wahr, wenn man Gott über alle Dinge und den Nächsten als sich selbst könnte lieben und dem Gesetz einen vollkommenen Gehorsam leisten, so wäre es der Weg zum ewigen Leben, und dadurch würde man selig. Wenn aber der heilige Geist kommt und straft die Welt um der Sünde willen, um die Gerechtigkeit und das Gericht, und werden dem Menschen seine Augen aufgethan, dass er voller Sünde des Unglaubens, und weder Gerechtigkeit, so vor Gott gilt und bestehet, noch Gericht in ihm ist, so muss er anheben mit St. Paulo zu den Röm. am 7. zu schreien: Ich armer, dürftiger Mensch, wer will mich nun erlösen von dem Leibe des Todes, das ist, der mir den Tod und ewige Verdammniss anthut? Das Gesetz ist geistlich, ich bin fleischlich, das Gesetz ist heilig und gut, ich bin aber ein Sünder, und ist nichts Gutes an mir.

Und also findet sich’s, dass das Gesetz, so uns zur Gerechtigkeit dienen sollte, Nichts aus uns machet, denn arme Sünder. Es sollte das Leben geben, so bringet’s den Tod; wir sollten dadurch einen gnädigen Gott haben, so richtet es Zorn an; in den Himmel heben, so stösst’s uns in die Hölle, wie das Alles aus St. Paulo zu den Römern am 4. und 7., item 2. Cor. 3. zu sehen ist. Das aber Alles ist nicht des Gesetzes Schuld, welches gerecht, heilig und gut ist, sondern unserer armen, verderbten Natur durch die Erbsünde. Es kann aber der Gerechtigkeit Gottes Nichts vorgehen, die ist uns aber unmöglich zu erfüllen; darum fällt’s die Sentenz über uns: Maledictus omnis qui non permanserit in omnibus quae scripta sunt in hoc libro legis (verflucht sei, wer nicht alle Worte dieses Gesetzes erfüllet. Deuteron 27,26). Und derhalben so ist das Gesetz auch nicht die Ursach zum ewigen Leben.

Wer aber nun wissen will, was die rechte Ursach sei zum ewigen Leben, Der höre hie St. Paulum, der sagt: Aus Gnaden seid ihr selig worden. Und ist auch sonst kein ander Mittel, noch Weg zum ewigen Leben, denn Gottes Gnade. Aber die weiset uns weder Vernunft, noch Gottes Gesetz, sondern allein das heilige Evangelion. Nach der Vernunft und dem Gebot hätte Paulus sollen sagen: Durch’s Gesetz und euer Werk seid ihr selig worden und dies durch euch, auf dass ihr euch zu rühmen habt. Nun aber kehret er’s um, geschweigt des Alles, ja verwirft’s als zur Seligkeit untüchtig und spricht schlechts dahin:

Aus Gnaden seid ihr selig worden durch den Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist’s, auf dass sich Niemand rühme.

Und aus diesem Allem siehet man, was für ein Unterschied ist unter dem Gesetz und Evangelio.

Das Gesetz verheisset wohl das ewige Leben, aber mit dem Beding, wann wir’s halten und einen vollkommenen Gehorsam leisten. Das Evangelion aber macht keine andere Bedingung, denn dass wir glauben, Gott wolle uns aus Gnaden schenken die Übertretung um seines lieben Sohnes willen. Das Gesetz fordert unsere Werke, das Evangelion schenkt uns Christi Verdienst. Das Gesetz ist menschlicher Vernunft bekannt, das Evangelion aber ist über alle menschliche Vernunft, ein verborgener Schatz, Dem bekannt, wem es Gott durch sein Wort offenbart.

Hie möchte vielleicht Einer fragen, weil denn Paulus hie sagt. Aus Gnaden seid ihr selig worden; was heisst denn Gnade?

Antwort. Es ist auch ein grosser Missverstand des Wörtleins Gnade im Papstthum entstanden, denn die Scholastici haben gesagt, Gnade sei eine Qualität oder Geschicklichkeit in uns, da der Glaube durch die Liebe formiret, gemalet oder zubereitet sei, und durch solche Liebe werde der Mensch selig. Aber das ist ein grosser Fehl und Irrthum, denn es menget das Gesetz und Evangelion in einander, dessgleichen auch unser Werk und Christi Werk, und muss der Mensch endlich in Verzweiflung fallen, und hat sein Glaube keinen gewissen Grund, darauf er haften und bestehen kann.

Darum so sollet ihr das Wörtlein Gnade anders nicht verstehen, denn dass es Gottes gewisser Wille gegen uns sei, uns unsere Sünde um Christi willen zu vergeben, in Gnaden anzunehmen, gerecht und selig zu machen. Summa, es ist die Liebe, damit uns Gott geliebt hat in seinem geliebten Sohne, ehe der Welt Grund ist gelegt worden. Ephes. am 1. Und Das meint Christus, da er sagt Joh. am 3.: Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einigen Sohn gegeben hat, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Und St. Paulus zum Tito am 3.: Es ist erschienen die Freundlichkeit und Leutseligkeit unseres Heilandes, nicht um der Werke willen, sondern nach seiner Barmherzigkeit hat er uns selig gemacht. Und also sagt auch hie St. Paulus: Aus Gnaden seid ihr selig gemacht.

Und diese Gnade wird durch nichts Anderes uns offenbaret und fürgetragen, denn durch das heilige Evangelium und Gottes Geist, der durch das Wort wirket, daher denn St. Paulus abermals sagt: Das Evangelium ist eine Kraft Gottes zur Seligkeit Allen, die daran glauben. Wo aber nun die Gnade erkannt und in Glauben angenommen wird, so ist’s unmöglich, dass sie den Menschen nicht verneuere und wiederum gebäre. Denn sobald die Klarheit Gottes, dass er uns um seines Sohnes willen wolle gnädig sein und unsere Sünden nicht zurechnen, sondern dieselben vergeben und aus Gnaden selig machen, sich in uns spiegelt, so werden wir in dieselbige Klarheit durch Gottes Geist verwandelt, dass wir wiederum alles Gute von Gott halten, auf ihn unser Vertrauen setzen, lieben und fröhlich sein, trotzen wider Sünde, Tod, Hölle und Teufel und sind versichert und gewiss gemacht unserer Seligkeit. Da ist’s denn unmöglich, dass nicht folgen Danksagung, und dass man Gott lobe, ehre und preise. Und so Viel von dem ersten Stück der Hauptursache unserer Seligkeit.

Zum Andern.

Nun sagt St. Paulus nicht allein: Aus Gnaden seid ihr selig worden; sondern setzt hinzu und sagt: Durch den Glauben. Und Das ist das Andere, so uns St. Paulus zu bekennen erinnert, und lehrt, dass die Gnade, uns angeboten, nicht durch unser Werk oder sonst Etwas könne angenommen und derselbigen könne theilhaftig gemacht werden, denn allein durch den Glauben, wie Dasselbige St. Paulus auch kräftig erweiset im 4. Cap. zu den Römern und zu den Galatern am 3. und sonst an vielen Orten mehr. Und wären kräftige und genugsame Argumente oder Ursachen anzuzeigen, will aber um Kürze willen dieselben unterlassen, und wollen nun hören, was St. Paulus Glauben heisst. Denn auch über diesem Worte so wohl, als über dem Worte Gnade Irrungen eingerissen, die der Kirche nicht wenig Schaden zugefügt haben.

Denn es sind, die das Wörtlein Glaube nicht anders verstehen, denn dass es sei ein Bekenntniss im Gemüth einer Historie, wie die geschehen ist, und Glauben, dass es wahr sei, und das ist wohl ein Glaube, aber es ist nur ein historischer Glaube, da man glaubt, dass eine Geschichte wahr sei. Und da man wohl in der Kirche diesen Glauben auch haben muss, dass man glaube, dass Alles, was in der Schrift von Christo und sonst geschrieben ist, wahr sei, so ist es aber noch der Glaube nicht, davon hie Paulus redet:

Aus Gnaden seid ihr selig worden durch den Glauben.

Sondern es ist Das, wann uns Gott seine Gnade durch die Verheissung anbeut und predigen lässt, dass wir auf solche Anbieten fröhlich und getrost werden, in unserm Herzen all unser Vertrauen auf solche angebotene Gnade setzen und wider aller Höllen Pforten darauf pochen, dass wir nun Gottes Kinder sind und Erben des ewigen Lebens.

Den ersten Glauben, als nämlich Erkenntniss der Historia, haben wir gemein mit allen Heuchlern und falschen Christen, ja solchen Glauben haben auch die Teufel, wie Jacobus sagt am 2. Cap. Sie glauben und erzittern, sie sind auch des Glaubens in grösserer Erfahrung, denn wir. Denn sie fühlen ja, wie Christus ihr Reich zerstöret, werden aber darum weder gerecht, noch selig. Denn dieser Glaube ändert die Herzen nicht, macht sie in Gott weder fröhlich, noch muthig, ja sie fallen dadurch in mehr Trauern und Zagen, oder, wie St. Jacob sagt, in Zittern, und dieweil die Papisten von keinem andern Glauben wissen, denn dem historischen, so ist’s kein Wunder, dass sie auch vom Glauben so Wenig halten, ja, schimpflich und spöttisch davon reden und lehren.

Darum so lehren wir nach Vermöge göttlichen Worts, dass der Glaube nicht allein Erkenntniss der Historia sei, im Gemüth oder Sinn des Menschen, sondern ist auch ein herzlich Vertrauen und Wohlgefallen im Willen und Herzen des Menschen auf seine angebotene Gnade, Güte und Barmherzigkeit, und macht aber ein solcher Glaube neue Gedanken und andere Gemüther gegen Gott, denn sonst der Mensch hat von Natur; ja er giebt Macht, Gottes Kinder und Erben des ewigen Lebens zu werden. Joh. 1.

Wo kommt aber solcher Glaube her? St. Augustinus, ob er schon erkannt, dass wir aus Gottes Gnade durch den Glauben selig werden, hat er’s eine lange Zeit dafür gehalten, der Glaube komme aus menschlichem Vermögen. Aber durch diesen Ort St. Pauli hat er den Missverständniss erkannt, in seinen Büchern retractiret. Denn hie sagt St. Paulus:

Und Das nicht aus euch, Gottes Gabe ist’s, auf dass sich nicht Jemand rühme.

Hie lehret St. Paulus klar, dass der Glaube nicht ein menschlich Werk sei, nicht von unserm Vermögen herkomme. Denn er spricht: Und Das nicht aus euch, Gottes Gabe ist’s. Allhie gäbe dieser Text wohl Ursache zu reden von des Menschen freiem Willen, was derselbige thue und vermöge in Sachen die Seligkeit belangend; wir wollen aber die Sache den Gelehrten befehlen, die jetzund darüber disputiren und in grossen Zank darüber wachsen. Es ist aber nicht für gemeine Leute, darum wollen wir bei den einfältigen Worten bleiben. St. Paulus sagt, der Glaube sei nicht aus uns, sondern eine Gabe Gottes; denn er wirket durch’s Wort und heiligen Geist, wie Das klar bewiesen wird zu den Römern am 10. und Galat. 3.

Warum aber zeigt St. Paulus die Ursach an und spricht: Auf dass sich nicht Jemand rühme? Diese Drei kann Gott nicht leiden: Rühmen, Rächen und Richten. Darum sagt St. Paulus zu den Römern am 3. Cap., dass unser Ruhm ausgeschlossen sei, nicht durch’s Gesetz der Werke, sondern durch’s Gesetz des Glaubens. Und Jeremias am 9. Cap. sagt: Der Weise rühme sich nicht seiner Weisheit, sondern, wer sich rühmen will, Der rühme sich des Herrn. Und Das sei gesagt vom andern Stück, nämlich dem Glauben, der Gottes Gnade ergreift, was derselbige sei, was er wirke und woher er komme.

Zum Dritten.

Weil wir nun gehöret haben die Hauptursach unserer Seligkeit, dass es sei Gottes Gnade, darnach, dass nur solche Gnade durch’s Wort fürgetragen, allein durch Wirkung des heiligen Geistes mit Glauben empfangen und angenommen werde, und welche ihnen dieselbige Gnade zueignen, die sind Kinder Gottes und Erben des ewigen Lebens, und das sind die ersten zwei Stücke gewesen, welche sind ein gewisser Grund unserer Seligkeit; denn wo die sind, da ist der Mensch schon begriffen mit dem ewigen Leben, und fehlet nun an Nichts, denn dass der Mensch Gnade und Glauben, so in ihm sind, übe und beweise, und also in derselbigen Gnade und Glauben wachse und zunehme. Zu Dem aber vermahnet nun ferner der heilige Apostel im dritten Punkte und spricht:

Denn wir sind seine Werke, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, zu welchen uns Gott zuvor bereitet hat, dass wir darinnen wandeln sollen.

In diesen Worten hören wir, dass es nicht die Meinung habe, wie etliche Leute meinen, wenn man Gottes Gnade und den Glauben, dadurch wir ihrer theilhaftig werden, predigt, dass man nun keine guten Werke thun solle, oder wie die Hypokriten schliessen, durch solche Lehre verbiete man gute Werke und gebe Ursach zu sündigen. Nein, die Meinung hat’s gar nicht, sondern wie hie St. Paulus sagt:

Denn wir sind seine Werke, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken

Hiemit lehret St. Paulus, dass es die Meinung gar nicht habe, wenn wir aus Gnaden durch den Glauben sind selig worden, dass wir nun müssig gehen oder danach übel thun mögen, sondern nun sollen wir erst recht anfahen, fromme Leute und, wie er zu Tito am 3. Cap. schreibt, eifrig, das ist, ganz willig und brünstig zu werden zu guten Werken, und giebt Dess zwei Ursachen.

Erstlich spricht er: Wir sind seine Werke, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken. Wir sind zwar durch die erste Geburt auch Gottes Werk und geschaffen, dass wir nicht sollen ledig gehen. Denn die Schrift sagt: Gott habe vor dem Fall Adam in’s Paradies gesetzt, dass er daselbst pflanzen soll und bauen. Darum, ob der Fall nicht geschehen wäre, so hätte doch der Mensch nicht sollen müssig gehen, sondern hätte gearbeitet und sein Tagewerk ausgerichtet. Dessgleichen nach dem Fall spricht Gott: Im Schweiss deines Angesichts sollst du dein Brodt essen; an welchem wir sehen, dass wir immer Etwas fürhaben und thun sollen, und soll die Creatur ihrem Schöpfer gehorsam sein. Aber Solches nun nach dem Fall geht gar schwerlich zu in der verderbten Natur, und geschieht Arbeit und andere Dinge mehr aus einem Zwang der Noth und dass man darin Geniess und Lohn sucht, denn aus einem freien, willigen Herzen und Gott zu ehren, und bleiben allhie Knechte und Arbeiter um den Groschen zum Tagelohn und werden zuletzt mit Ungnaden mit demselbigen zeitlichen Lohn aus dem Weinberge geweiset. Matth. 20.

Aber St. Paulus will, dass wir durch eine andere Meinung gute Werke thun sollen und spricht: Wir sind seine Werke, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken. Das ist, wir sind nun nicht mehr Knechte, sondern Kinder; darum dürfen und sollen wir nicht um Lohnes willen gute Werke thun, mit verdriesslichem Herzen. Sondern weil wir in Christo Jesu, das ist durch den Glauben an Jesum Christum, Gottes Kinder worden sind, so haben wir durch die Wiedergeburt schon die Erbschaft überkommen, und dadurch sollen wir mit freiwilligem Geiste gute Werke thun, Gott damit zu ehren, die Kindschaft zu beweisen und, dass das Erbe gemehret, wir in solcher Kindschaft wachsen und zunehmen. Und allhie wäre ferner zu sagen vom Unterschied der Werke, so die Gläubigen und Ungläubigen thun, wie und warum dieselbigen Gott gefallen, wie und warum er dieselbigen belohnet; aber es würde auf dies Mal zu lang werden. Darum wollen wir die andere Ursach hören; denn also sagt der Text weiter:

Zu welchen uns Gott zuvor bereitet hat, dass wir darinnen sollen wandeln.

Droben hat er gesagt, wir sind Gottes Werk in Christo Jesu, geschaffen zu guten Werken, will uns damit Ursach geben, mit fröhlichem und gutem Herzen gute Werke zu thun.

Aber dabei lässt er’s nicht bleiben, setzt hinzu und spricht: Zu welchen uns Gott zuvor bereitet hat. Hiemit giebt er zu verstehen, dass Gott nicht allein gute Werke gebiete, sondern die durch den Glauben an Jesum Christum aus Gnaden sind selig worden, Denen helfe auch Christus und wirke in ihnen, dass er ihre Herzen erwecket, dass sie zu guten Werken fröhlich und willig mögen werden und desto eher hinangehen, wie man denn auch in leiblicher Arbeit desto williger und fröhlicher ist, wer einen starken und willigen Mitarbeiter hat.

Wie bereitet uns aber Gott in Jesu Christo zu guten Werken, dass wir darinnen mögen wandeln? Das geschieht auf viererlei Weise.

Erstlich lässt er durch’s Wort des heiligen Evangelii verkündigen, er habe uns mit Gott, seinem himmlischen Vater, versöhnet, der sei nun unser gnädiger Vater auch und habe ein herzlich Wohlgefallen an uns, als an seinen lieben Kindern, und hiemit bereitet er uns zu guten Werken; denn welches Herz Das glaubet, das frohlocket über solche grosse Gnade und Barmherzigkeit Gottes, und ist ihm unmöglich, sich zu enthalten. Es muss demselbigen, seinem lieben Gott wiederum dankbar sein und thun, was ihm wohlgefällt, und Das ist die erste Bereitung.

Zum Andern, wenn nun dadurch das Herz zu guten Werken willig und bereit worden ist, zu thun, was Gott lieblich und dienstlich wäre, wenn es allein wüsste, was es thun sollte, so bereitet uns Gott zuvor zu guten Werken, dass wir darinnen wandeln, und lässt uns durch’s Gesetz anzeigen, was er für gute Werke von uns haben will, und das sind denn nicht Lumpenwerke des Papstes, was man essen, trinken und für Kleider wir tragen sollen, wie wir Wallfahrten laufen und Ablass lösen und heilige Dienste anrichten sollen, sondern die Summa seines Gebotes stehet hierin: Liebe Gott über alle Dinge und deinen Nächsten als dich selbst; was ihr wollet, dass euch die Leute thun sollen, Das thut ihr ihnen auch; und in Summa, wer wissen will, was ihm Gott zu thun und zu lassen befohlen hat, Der lerne die heiligen zehn Gebote verstehen mit allen ihren Umständen, das sind, die ihm gefallen und die er haben will, dass sie im Glauben und seinem Gehorsam geschehen sollen.

Dieweil aber unser lieber Gott weiss die Schwachheit unseres Fleisches, und der alte Adam Nichts gern umsonst thut, so bereitet er uns für’s Dritte zu guten Werken also, dass er auch seine Verheissung daran hänget, und kein Werk so gering sein kann, das er nicht belohnen will. Denn Christus sagt Matthäi am 10., dass auch ein Trunk kalten Wassers, in seinem Namen gegeben, nicht soll unbelohnt bleiben. Darum, ob wir wohl Vergebung der Sünde, Gerechtigkeit und ewiges Leben mit guten Werken nicht können verdienen, - dazu gehört allein Christus und der Glaube – so werden aber Denen, die durch Christum im Glauben selig sind, alle ihre guten Werke belohnt werden mit anderen Gaben, und, wie St. Paulus 1. Corinth. 15. sagt, wird unsere Arbeit im Herrn nicht vergeblich sein. Wer nun Dem nachdenkt und es mit Glauben fasset, dadurch bereitet ihn Gott zu guten Werken.

Noch zum Vierten, dass Gott ja an Nichts mangeln lasse, uns zu guten Werken zu bereiten, so giebt er auch und schüttet über uns seinen heiligen Geist, der uns erleuchte, regire, schütze und handhabe, dass wir von allen Höllenpforten unverhindert in guten Werken mögen wandeln. Und also haben wir aus diesen Worten St. Pauli gehört erstlich die Hauptursach unserer Seligkeit, nämlich Gottes Gnade; wodurch wir derselbigen theilhaftig werden, als durch den Glauben an Jesum Christum, und zum Dritten, dass wir dann durch gute Werke üben und beweisen sollen, denn uns Gott dazu in Christo Jesu geschaffen und bereitet. Wir wollen Gott danken und bitten, dass er uns dazu seinen heiligen Geist verleihe durch Christum, unsern Heiland. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/c/coelius/coelius-predigt1.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain