Christlieb, Alfred - Bilder aus Elias Leben

Inhaltsverzeichnis

Christlieb, Alfred - Bilder aus Elias Leben

Das erste Auftreten Elias.

Das Geheimnis des erhörlichen Gebets.

Elia war ein schwacher Mensch wie wir; und er betete ein Gebet, dass es nicht regnen sollte, und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und sechs Monate. (Jak. 5,17; vgl. 1. Kön. 17,1)

Viele Christen bewegt die Frage: „wie kann man erhörlich beten?“ Elias Gebet um Aufhören des Regens gibt uns eine wichtige Antwort auf diese Frage. Sein Gebet hatte auf wunderbare Wirkung. Es griff hinein in die Geschichte eines Volkes, und kein König konnte etwas gegen die Gewalt dieses gläubigen Gebets machen. Worin lag aber ein wichtiges Geheimnis jenes erhörlichen Gebets.? Es lag darin, dass sein Gebet mit dem Willen Gottes, der ihm geschriebenen Worte offenbart war, übereinstimmte. Nicht aus seinem Herzen hatte Elia den Gedanken genommen, dass für das gottlose Israel eine Zeit der Dürre heilsam wäre, sondern aus den göttlichen Gesetze. Gott hatte durch Moose vorausgesagt, dass, wenn Israel von Jehova anfalle, der Himmel zugeschlossen werden solle, dass kein Regen komme und die Erde ihr Gewächs nicht gebe (5. Mose 11,17). Gott wollte bei fortgesetztem anhaltenden Ungehorsam des Volkes „den Himmel wie Eisen und die er wie Erz machen“ (3. Mose 26,19). Nun lag zur Zeit des gottlosen Königs Ahab solcher schlimme andauernde Abfall von Gott in Israel vor. Der Beter Elia, dem der Zustand seines Volkes zu Herzen ging, und der um jeden Preis die Rückkehr desselben zum Herrn ersehnte, durfte sich also auf diese Worte stützen und es seinem Gott vorhalten. Der Glaube an die Wahrheit des göttlichen Wortes gab ihm Erlaubnis und Vollmacht, zu gelten, „dass es nicht regnete.“

Wenn wir erhörlich beten wollen, so lasst uns doch nicht versäumen, in dem geschriebenen Wort mit dem Willen Gottes vertraut zu werden. Lasst uns forschen, welche Verheißungen Gott zu unserer Zeit und Lage gegeben hat und mit diesen Verheißungen zum Gnadenthron gehen (Ps. 27,8; Daniel 9,2-3).

Das Geheimnis des machtvollen Zeugnisses.

Und es sprach Elia, der Tischbiter, aus Tischbe in Gilead zu Ahab: So wahr der HERR, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn. (1. Kön. 17,1)

Es gibt Menschen, welche die Kunst der Beredsamkeit in hohem Maße besitzen, und doch macht ihr Wort keinen Eindruck. Wiederum gibt es andere, die keine Spur von glänzender Rednergabe habe, und doch haften ihre Worte wie Spieße und Nägel. Woran liegt dies? Bei Elia können wir das Geheimnis der Vollmacht im Zeugen erfahren. Sein Wort drang mit Macht durch, obgleich es nur ganz einfach und ohne jedes rednerische Beiwerk war. Aber eines hatte Elias: er hatte eine unumstößlich, über jeden Zweifel erhabene Gewissheit von dem, was er verkündigte. Er kam mit einer Tatsache vor Ahab, die ihm felsenfest stand, an der niemand rütteln konnte. Solche Klarheit und Gewissheit war ihm vom Herrn gegeben, vor dem er stand. Er erschien nicht als ein kluger, geschickter Rednern, sondern er kam aus dem Heiligtum als ein Mensch, der von Gott etwas empfangen hatte. Das ist das Geheimnis seiner Vollmacht im Zeugnis.

Wenn unsere Aufgabe auch von der Elias noch so verschieden ist, so ist auch im tiefsten Grunde das Geheimnis des wirkungsvollen Zeugnisses dasselbe. Wenn wir selbst von unerschütterlichem Glauben an das was wir reden, durchdrungen sind, wenn wir uns vom Herrn Klarheit und Gewissheit über sein Wort haben schenken lassen, so wird das verkündigte Wort seinen Eindruck bei anderen nicht verfehlen. Gott mehre die Zahl der Boten, die etwas von Elias Glaubenskraft und Zeugengeist besitzen (vgl. Jona 3, 1-5).

Das Geheimnis der persönlichen Bewahrung.

Da kam das Wort des HERRN zu ihm: Geh weg von hier und wende dich nach Osten und verbirg dich am Bach Krith, der zum Jordan fließt. (1. Kön. 17, 2-3).

Der Anfang von Elias Geschichte beantwortet uns nicht nur die Frage, wie wir erhörlich beten und wie wir kraftvoll zeugen, sondern auch, wie wir persönlich im Dienst des Herrn bewahrt werden können. Das erste öffentliche Auftreten eines Zeugen Gottes, der im ganzen Lande bekannt wird, hat seine besonderen Gefahren für diesen selbst. Auch Elia, der ein Mensch war wie wir (Jak. 5,17), war diesen Gefahren ausgesetzt. Wie hätte die Anerkennung von vielen jetzt an sein Ohr dringen können! Wie hätte man ihm sagen können: „Das war ein kräftiges Wort an Ahab! Gott sei Dank, dass der König auch einmal solchen Ton hörte. Die Worte klangen doch anderes als die Reden der Baalspriester.

Welch einen Eindruck dies Wort machte! Und dergleichen mehr. Auf der anderen Seite hätte man von dem königlichen Hofe aus ihn zu beeinflussen gesucht, dass er nicht ganz so streng und ernst reden solle. Wie manche anfangs gesegnete Zeugen Gottes sind diesen Gefahren erlegen, dass sie entweder durch die Lobreden von Menschen aus der Demut fielen oder durch den Druck von welchem Einfluss bestimmt wurden, der Wahrheit ihre Scharfe und Spitze wegzunehmen. Gar mancher verlor auf diese Weise seine geistlichen Simsonslocken. Wie wurde Elia vor all diesen Gefahren bewahrt? Er folgte dem göttlichen Leiten, das ihn gleich nach seinem ersten Auftreten in eine gründliche Stelle an den Bach Krith rief. Dort war er nicht nur vor Ahab Zorn, sondern auch vor jedem schädlichen Einfluss bewahrt.

Auch uns ruft Gott in die Stille zu unserer Bewahrung (vgl. Mark. 6,30-31). Verfolgt man die Geschichte entgleister und gestrauchelter Gottesknechte bis auf den Anfang, so wird man gar oft das wehmütige Bekenntnis des Pearsal Smith hören, dass er sich nicht genug in die Stille zurückgezogen habe.

Elia am Bach Krith.

Und du sollst aus dem Bach trinken, und ich habe den Raben geboten, dass sie dich dort versorgen sollen. Er aber ging hin und tat nach dem Wort des HERRN und setzte sich nieder am Bach Krith, der zum Jordan fließt. Und die Raben brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends, und er trank aus dem Bach. Und es geschah nach einiger Zeit, dass der Bach vertrocknete; denn es war kein Regen im Lande. (1. Kön. 17,4-7).

Wir wollen uns in den Aufenthalt Elias am Bach Krith versenken. Er kämpfte hier nicht vor Volk und König gegen den Abfall einer ganzen Nation. Es galt hier einen anderen Kampf. Ehe Elia oben auf dem Karmel vor aller Öffentlichkeit jene gewaltige Schlacht schlug, aus der sein Glaube siegreich hervorging, hatte er vorher in der Stille, wo kein Mensch ihn beobachtete, Feinde ihm eigenen Herzen überwinden müssen. Zwei Gefahren lagen ihm dort ganz nahe: Sorgengeist und Ungeduld.

Zuerst der Sorgengeist. Er hatte nichts weniger, als eine menschlich gesicherte Stellung. Sein Unterhalt wurde ihm durch Raben gebracht. Der Bach, aus dem er das im Morgenland besonders wichtige Trinkwasser holte, wurde durch die Dürre täglich kleiner. Schaute Elias nur auf die immer spärlicher fließenden Wassertropfen, so konnte er in die Macht des Sorgenteufels geraten. Da galt es von menschlichen Garantien Weg auf den Herrn zuschauen. Er gibt schon zur rechten Zeit, wenn der letzte Tropfen verschwindet, einen neuen Wink zur Versorgung (V. 7 u. 8).

Die zweite Gefahr war die Ungeduld. Er, der kräftige Mann, der später am Karmel Volksmassen mit seinem Wort im Zaun hielt, musste hier Tag für Tag ohne jede Tätigkeit in Israel still liegen! Wie mochte neben dem Sorgengeist auch die Ungeduld des eigenen Herzens ihn fortzureißen suchen! Elia blieb still. Er lief nicht eigenmächtig vom Krith an den Königshof, um Ahab zu bekehren. Wenn Gott Zeit hatte, so hatte er auch Zeit. Wenn Gott seine Tätigkeit nach außen jetzt nicht brauchte, so drängte er sich nicht in die Arbeit, sondern wartete auf Gottes Stunde. Wohl uns, wenn wir in solchen verborgenen Proben auch überwinden.

Elia in Zarpath.

Elia erzieht die Witwe in Zarpath zum Glauben.

Da kam das Wort des HERRN zu ihm: Mach dich auf und geh nach Zarpath, das bei Sidon liegt, und bleibe dort; denn ich habe dort einer Witwe geboten, dich zu versorgen. Und er machte sich auf und ging nach Zarpath. Und als er an das Tor der Stadt kam, siehe, da war eine Witwe, die las Holz auf. Und er rief ihr zu und sprach: Hole mir ein wenig Wasser im Gefäß, dass ich trinke! Und als sie hinging zu holen, rief er ihr nach und sprach: Bringe mir auch einen Bissen Brot mit! Sie sprach: So wahr der HERR, dein Gott, lebt: ich habe nichts Gebackenes, nur eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich habe ein Scheit Holz oder zwei aufgelesen und gehe heim und will mir und meinem Sohn zurichten, dass wir essen - und sterben. Elia sprach zu ihr: Fürchte dich nicht! Geh hin und mach's, wie du gesagt hast. Doch mache zuerst mir etwas Gebackenes davon und bringe mir es heraus; dir aber und deinem Sohn sollst du danach auch etwas backen. (1. Kön. 17,8-13)

Wie unpassend ist es doch, wenn ein Mensch, zumal als fremder Gast, verlangt, dass man ihm zuerst zu essen gebe! Lasst uns doch immer bescheiden auftreten und zufrieden sein, wenn wir zuletzt an die Reihe kommen. Etwas ganz anderes ist es, wenn Elia die Witwe ersucht, ihm zuerst ein Gebackenes zu bringen. Bei ihm war es nicht unbescheidenes Sich-vordrängen, sondern göttliche erzieherische Weisheit. Nicht zur schnelleren Stillung seines Hungers verlangte Elia das Brot zuerst. Vielmehr sollte der Glaube der Witwe dadurch auf die Probe gestellt werden. Bevor sie die herrliche Hilfe in der teuren Zeit genießen sollte, musste sie zuerst den Glaubensschritt wagen, und ihren letzten Vorrat nach dem Wort Elias verwenden. Sie sollte alle anderen Stützen, auf die sie sich für ihr äußeres Durchkommen noch verlassen konnte, hinter sich abbrechen und ihr ganzes Vertrauen nur allein auf die durch Elia gegebene Verheißung setzen (V. 14). Dann erst durfte sie die Hilfe mit ihren Augen schauen. Das ist göttliche Ordnung. Deshalb trat Elia zuerst nur als fordernder Gast auf (ohne den Schein der Selbstsucht zu fürchten), während er in Wahrheit doch nur der gebende und helfende Besucher war.

So wie Elia die Witwe zum Glauben erzog, möchte es Jesus mit uns tun. Auch er tritt oft zu uns mit scheinbar harter Forderung. Wenn wir aber auf seinen Willen eingehen, so merken wir bald, dass er wie Elia dort viel weniger der fordernde. Als vielmehr der gebende Helfer ist. Wie die Witwe in Zarpath es nie bereut hat, dass sie Elia vertraute und folgte, so wird es noch viel weniger jemanden gereuen, der Jesu Wort unbedingt traut und gehorcht. Auch ihm wird es nie mangeln.

Die Versorgung der Witwe in Zarpath.

Denn so spricht der HERR, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der HERR regnen lassen wird auf Erden. Sie ging hin und tat, wie Elia gesagt hatte. Und er aß und sie auch und ihr Sohn Tag um Tag. Das Mehl im Topf wurde nicht verzehrt, und dem Ölkrug mangelte nichts nach dem Wort des HERRN, das er durch Elia geredet hatte. (1. Kön. 17,14-16)

Lasst uns bei der Versorgung dieser Witwe auf 3 Dinge achten: 1. Woher, 2. wozu, 3. wie lange bekam sie ihren Unterhalt?

1. Woher bekam die Witwe ihren Unterhalt?

Wie mochten wohl die Nachbarn in Zarpath bisweilen fragen: „Wie kommt es doch, dass diese Frau immer genug auf den Tisch tun kann? Hat sie heimliche Wohltäter? Hat sie irgendwo geborgt?“ Was gäbe mancher darum, wenn er die geheime Quelle wüsste, die ihn auch in Not- und Teuerungszeiten im irdischen Unterhalt nie im Stich lässt! Hier ist diese geheime Quelle aufgedeckt. Das Geheimnis des nie leeren Brotschrankes und Ölkruges war ein Wort Gottes. Wenn wir auch den verborgenen näheren Vorgang des Wunders nicht wissen, so sehen wir doch das Wichtigste: Gottes Wort war die Ursache und Quelle der Hilfe. Durch den Propheten Elia hatte Gott seinen unzweideutigen, klaren Willen jenem Weibe kundgetan. Das genügte. Wenn Gott geredet hat: „Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln“, dann mögen die Öl- und Mehlpreise so hoch steigen wie sie wollen, diese Witwe wird dennoch genug haben. Hätte die Witwe von Gottes Wort weggeblickt auf die Wetteraussichten und die vertrockneten Felder, auf die leeren Schränke und Kassen, so musste es ihr Bange zumute werden. Wenn sie sich aber einfach und kindlich an das durch Elia gegebene Gotteswort hielt, so konnte sie ganz getrost in die Zukunft blicken.

Es kommt deshalb alles darauf an, dass wir Gottes Wort durch den Heiligen Geist im lebendigen Glauben in das Herz aufnehmen. Dann müssen die Sorgen wie die Wolken fliehen. Dann haben wir eine göttliche Garantie der Versorgung wie jene Witwe (Mat. 6,25-34).

2. Wozu bekam die Witwe ihren Unterhalt?

Viele Menschen möchten gern wunderbare göttliche Gaben empfangen, wie dies der Witwe widerfuhr. Aber sie vergessen oft dabei, dass Gott seine Gaben nur zu bestimmten göttlichen Zwecken geben will. Wozu bekam denn die Witwe ihren wunderbaren Unterhalt in der Teuerung? Etwa um träge und bequem dahin leben und mit den Nachbarinnen die Zeit verplaudern zu können? Nein. Der Gott, welcher ihr durch sein Wort die äußere Hilfe darreichte, gab ihr zugleich eine Aufgabe: Sie soll Elia versorgen. („Ich habe daselbst einer Witwe geboten, dass sie dich versorge.“). Es wäre ganz verkehrt, wenn wir die göttliche Quelle einer äußeren Versorgung kennen lernen, aber von einer damit verbundenen Aufgabe nichts wissen wollten. Beides gehört zusammen. Gottes Wort gab der Witwe göttliche Hilfe und göttliche Aufgabe miteinander.

Auch heute noch gibt der Herr seine Gaben, sowohl die äußeren wie die inneren, zum Dienst. Nicht um in Ehren und Pracht leben zu können, bekommt Joseph die höchste Stelle in Ägypten, sondern um sein Volk zu erretten und zu versorgen. Nabal irrt, wenn er glaubt, er dürfte sein reiches Einkommen für herrliche Mahlzeiten und ein genusssüchtiges Leben benutzen und brauche Davids Knechten davon nichts mitzugeben (1. Sam. 25,36). Wehe denen, die alles nur zum Eigennutz verwenden wollen! Wohl denen, die seine Befehle damit auszurichten suchen!

3. Wie lange bekam die Witwe ihren wunderbaren Unterhalt?

Auch die Dauer der wunderbaren Ernährung jener Witwe in Zarpath hat uns etwas zu sagen. Nicht für ihr ganzes Leben sollte die Witwe durch ein göttliches Wunder ernährt werden, sondern nur „bis auf den Tag, da der Herr regnen lassen würde auf Erden“, d. h. so lange, als die Notwendigkeit für solche besondere Durchhilfe vorlag. Sobald der Regen eintrat, gab die Erde ihr Gewächs und man konnte wieder durch fleißige Bewirtschaftung des Bodens die nötige Speise gewinnen. Wie einst das Manna aufhörte, als Israel in das fruchtbare Land Kanaan eingezogen war (Jos. 5,12), so hörte die wunderbare Vermehrung von Mehl und Öl auf, als es möglich war, auf dem gewöhnlichen Wege der äußeren Arbeit Mehl und Öl zu erlangen.

Das ruft uns zu: Wir dürfen wohl unter besonderen Umständen, die es erforderlich machen, dem Herrn zutrauen, dass er uns auch auf außergewöhnliche Weise die äußere Versorgung zuteil werden lasse, die wir bedürfen. Aber wir wollen niemals in falscher Weise nach Wundern der Versorgung ausschauen, wenn der gottgewollte Weg der Arbeit vorgezeichnet ist (2. Thess. 3,10-12).

Segen und Gefahren von schweren Schlägen.

Und nach diesen Geschichten wurde der Sohn seiner Hauswirtin krank, und seine Krankheit wurde so schwer, dass kein Odem mehr in ihm blieb. Und sie sprach zu Elia: Was habe ich mit dir zu schaffen, du Mann Gottes? Du bist zu mir gekommen, dass meiner Sünde gedacht und mein Sohn getötet würde. (1. Kön. 17,17.18)

Zarpath heißt auf deutsch Schmelzofen. In unserer Geschichte erfahren wir zwar nichts über die Schmelzhütten der phönizischen Kunstarbeiter, die dort ihre herrlichen Glasgefäße herstellten, wohl aber blicken wir in eine Schmelzhütte des göttlichen Meisters hinein, der seine Herrlichkeitsgefäße unter den Menschenkindern in Leidenszeiten zubereitet. Es war wirklich eine Schmelzofenzeit im Hause der Witwe, als ihr geliebter einziger Sohn an schwerer Krankheit dahin starb. Viele Mütter haben diesen Schmerz der Witwe in unserem furchtbaren Kriege aus eigener Erfahrung kennen gelernt. In einer Schmelzofenzeit kommt manches an das Licht, was im Herzen steckt. Auch bei der Witwe zeigt sich dies. Zweierlei tritt bei ihr zutage, einerseits ein Segen, andererseits eine Gefahr.

Zuerst ein Segen. Es erwacht ein Sündenbewusstsein bei ihr. Die göttliche Heimsuchung lässt die Mutter sofort an ihre Sünde denken: „Jetzt wird meiner Missetat vor Gott gedacht.“ Dass sie vor Gott nicht rein und schuldlos dasteht, das bringt ihr die schwere Zeit in besonderer Weise zum Bewusstsein.

Wenn Gott uns durch schwere Schläge dahin führt, dass wir unsere sündige Vergangenheit erkennen und eingestehen, so ist schon viel gewonnen. Wie manchmal geht es heute noch so, dass mitten in schweren Stunden vergangene Sünden wieder in das Gedächtnis kommen und in neues Licht gesetzt werden. Das kann ein göttlicher Segen von Trübsalszeiten sein. In ihrer Angst denken Josephs Brüder an die alte Schuld ihrem Bruder gegenüber (1. Mos. 42,21; vgl. Klgl. 1,14).

Aber auch eine Gefahr tritt zutage. Nicht nur Sündenbewusstsein klingt uns aus den Worten der schwer betroffenen Mutter entgegen, sondern auch Unzufriedenheit. Sie macht den Propheten gewissermaßen für das Elend, das sie betroffen hat, verantwortlich. Sie denkt: Wäre Elia niemals über die Schwelle meines Hauses gekommen, so wäre das schreckliche Ereignis gewiss nicht eingetreten.

Hier sehen wir die Gefahr, die in schweren Zeiten immer sehr nahe liegt, nämlich das innere Hadern. Wie oft ist es n diesem Kriege vorgekommen, dass Eltern von gefallenen Streitern gegen Gott oder gegen menschliche Machthaber haderten. Wenn wir in dunklen Schmerzensstunden gegen andere Menschen Vorwürfe erheben und sie als Urheber unseres Jammers ansehen, so sind wir nicht auf der richtigen Fährte. Lasst uns in solchen Zeiten niemals weder gegen Gott noch gegen Menschen murren, sondern uns unter Gottes Hand beugen, seinem Winzermesser still halten und ihm zutrauen, dass er dennoch alles richtig hinausführen wird (Hiob 1,21 und 1. Petr. 5,6).

Elias Geduld gegen die Witwe.

Er sprach zu ihr: Gib mir deinen Sohn! Und er nahm ihn von ihrem Schoß und ging hinauf ins Obergemach, wo er wohnte, und legte ihn auf sein Bett und rief den HERRN an und sprach: HERR, mein Gott, tust du sogar der Witwe, bei der ich ein Gast bin, so Böses an, dass du ihren Sohn tötest? Und er legte sich auf das Kind dreimal und rief den HERRN an und sprach: HERR, mein Gott, lass sein Leben in dies Kind zurückkehren! Und der HERR erhörte die Stimme Elias, und das Leben kehrte in das Kind zurück, und es wurde wieder lebendig. Und Elia nahm das Kind und brachte es hinab vom Obergemach ins Haus und gab es seiner Mutter und sprach: Sieh da, dein Sohn lebt! (1. Kön. 17,19-23)

Als die Witwe in Zarpath die unmutigen Worte sprach: „Was habe ich mit die zu schaffen,…, du bist hereingekommen, dass mein Sohn getötet würde,“ da hätte Elia empfindlich werden und dies als Andeutung auffassen können, das Haus der Witwe lieber zu verlassen! Wie viel musste sich doch der treue Gottesknecht gefallen lassen! Er sollte Schuld sein an dem Tode des Knaben! So sprach die Frau, die ihm so viel äußeren und inneren Segen verdankte! Wie leicht hätte Elia aufbrausen können und sagen: „Nein, du sagst mir doch zuviel! Das lasse ich mir nicht gefallen!“ Der ungerechte Vorwurf, der in den Worten der Mutter lag, hätte zum Jubel der Welt und der Hölle zu einer Entfremdung und einem Zwiespalt zwischen Elia und ihr führen können. Aber dazu kam es nicht. Statt sich gekränkt zu fühlen und den Beleidigten zu spielen, antwortete Elia in voller Ruhe: „Gib mir deinen Sohn,“ und dann betete er für ihn, bis Gott ihn wieder zum Leben brachte! Das war die beste Antwort auf die erregten Worte der Witwe. Wir bewundern Elia wegen seines Mutes auf dem Karmel. Lasst uns die kleinen häuslichen Auftritte nicht geringer anschlagen, wo Elia sich als Gottesknecht erwies durch Geduld und Sanftmut, als er heftig angeredet wurde (Phil. 4,5; Spr. 15,1; 25,15b; Gal. 6,1).

Der innere Gewinn der Trübsalszeit.

Und die Frau sprach zu Elia: Nun erkenne ich, dass du ein Mann Gottes bist, und des HERRN Wort in deinem Munde ist Wahrheit. (1. Kön. 17,24)

Als die Witwe die schwere Zeit überstanden und ihren Sohn wieder lebendig empfangen hatte, sagte sie: „Nun erkenne ich, dass du ein Mann Gottes bist, und des Herrn Wort in seinem Munde ist Wahrheit.“ Damit gab sie zu erkennen, dass sie erst jetzt ganzen, unbedingten Glauben an das Wort Gottes durch Elia habe. Bis dahin steckten also – ob bewusst oder unbewusst – noch Unglaubens- und Zweifelsreste in dem Herzen dieser Mutter. Dieselben wurden durch jenes Ereignis entfernt.

So kann es auch bei uns gehen. Gott schickt uns oft zu dem Zweck Trübsal, damit durch seine züchtigende und heilende Hand unsere Herzen bis auf den Grund gereinigt und geläutert werden und wir aus innerster Herzenserfahrung heraus sprechen können: Des Herrn Wort ist Wahrheit (Hebr. 12,11; Jer. 29,11).

Wie vertieft und geläutert ging Hiob und tausend andere nach ihm aus der Trübsalszeit hervor. Auch wir dürfen durch alles Leid der gegenwärtigen Zeit zu einer Reinigung und Vertiefung unseres Glaubenslebens gelangen. Das ist Gottes Gnadenziel mit uns.

Elia auf dem Karmel.

Die göttliche Stunde der Hilfe.

Nach einer langen Zeit kam das Wort des HERRN zu Elia, im dritten Jahr: Geh hin und zeige dich Ahab, denn ich will regnen lassen auf die Erde. Und Elia ging hin, um sich Ahab zu zeigen. Es war aber eine große Hungersnot in Samaria. (1. Kön. 18,1.2)

In einer Zeit, wo ein schwerer göttlicher Druck auf einem Lande lastet, werden viele Herzen von der Frage bewegt: „Wann ist wohl der göttliche Zeitpunkt vorhanden, wo Gott den Druck hinwegnehmen wird?“ Wenn auch die Beantwortung dieser Frage in jedem einzelnen Falle allein der göttlichen Weisheit vorbehalten bleibt, so dürfen wir doch aus unserm Texte einen gewissen Lichtstrahl und Trost entnehmen. Damals lag ein schweres göttliches Gericht auf dem Lande Israel, nämlich die anhaltende Dürre und Teuerung. Hätten wir die Unterhaltungen jener Tage belauscht, so würden wir oft die Frage vernommen haben: „Wann wird wohl dies Zeit ein Ende nehmen?“ „Wann wird es wieder Regen geben?“ Obige Verse und unser ganzes Kapitel beschreiben uns den göttlichen Zeitpunkt der Hilfe. Zweierlei wird uns bei demselben wichtig: Wir sehen einerseits, dass die Hilfe nicht schnell kam; denn die Dürre dauerte drei Jahre und sechs Monate (Jak. 5,17), wodurch eine furchtbare Not im Lande entstand. Das Wort „über eine lange Zeit“ beweist uns, dass wir es ernst nehmen müssen mit göttlichen Gerichten (Off. 16,7). Wir sehen aber andererseits, dass die Hilfe doch wieder schneller und plötzlicher hereinbrach, als viele glauben mochten. Wie mancher hätte damals wenige Tage vor dem herrlichen Regen ganz verzagt denken können: Es wird noch lange nicht regnen; denn man sieht ja im ganzen Lande noch, wie der Abfall von Gott fortdauert. Überall sieht man noch den Baalsdienst. Von wahrer Jehovaverehrung merkt man kaum etwas. Deshalb ist vorläufig keine Aussicht auf göttliches Eingreifen. Und doch stand die Hilfe vor der Tür.

Lernen wir daraus das Doppelte: 1. Lasst uns nicht oberflächlich und leichtfertig über göttliche Gerichtszeiten denken; denn Gott ist heilig und gerecht. Sein Messer schneidet gründlich, und seine Rute tut weh. 2. Lasst uns nicht verzagt werden, wenn seine Gerichte andauern; denn er ist dennoch barmherzig (Neh. 9,16.17; Ps. 103,7-13; Joel 2,13). Er kann auch, wenn seine Stunde gekommen ist, in jeder Not unseres Landes, schneller als man erwartet, helfend eingreifen.

Obadja, der Hofmeister Ahabs.

Und Ahab rief Obadja, seinen Hofmeister - Obadja aber fürchtete den HERRN sehr; denn als Isebel die Propheten des HERRN ausrottete, nahm Obadja hundert Propheten und versteckte sie in Höhlen, hier fünfzig und da fünfzig, und versorgte sie mit Brot und Wasser. (1. Kön. 18,3.4)

Wenn ich nun hinginge von dir, so könnte dich der Geist des HERRN entführen, und ich wüsste nicht wohin; und wenn ich dann käme und sagte es Ahab an und er fände dich nicht, so tötete er mich. Und doch fürchtet dein Knecht den HERRN von seiner Jugend auf. Ist's meinem Herrn Elia nicht angesagt, was ich getan habe, als Isebel die Propheten des HERRN tötete? Dass ich von den Propheten des HERRN hundert versteckte, hier fünfzig und da fünfzig, in Höhlen und versorgte sie mit Brot und Wasser? (1. Kön. 12.13)

Sehr lehrreich ist die Betrachtung von Obadja, dem Hofmeister Ahabs.

1. Lasst uns zuerst auf seine Jugend achten.

In Obadja erblicken wir einen Mann, der von Kind auf den Herrn fürchtete und als erwachsener Mann eine wahrhafte Gottesfurcht in schweren Zeiten zeigte. Welch ein wichtiges Mahnwort ist dies für unsere liebe Jugend. Es kann nicht genug betont werden, welch ein Segen eine frühzeitig erwachende Gottesfurcht für das ganze Leben bringt. Jene in der Jugend gepflegte Frömmigkeit kam dem Obadja später sehr zugute. Er wurde als Kind mit dem Gott seiner Väter bekannt gemacht und lernte diesen Gott fürchten. Dieser Segen aus dem Elternhause war mehr wert als eine Millionenerbschaft. Als Isebel mit Ahab den Baalskult einführte, fielen Tausende von Gott ab. Dieser Obadja aber, der als Kind Gott fürchten gelernt hatte, blieb auf Gottes Seite.

Ach, dass die Kinder unserer christlichen Eltern frühzeitig den Herrn suchen und fürchten möchten wie Obadja. Denn wir wissen nicht, welch ernsten Zeiten wir entgegengehen, wo viel oberflächliche Frömmigkeit nicht standhalten wird (Spr. 8,17).

2. Lasst uns weiter auf die Tatsache achten, dass der gottlose König Ahab den gottesfürchtigen Obadja zu seinem Hofmeister nahm und ihn an seinem Hofe behielt.

Dies muss uns merkwürdig erscheinen. In der Regel will doch die Welt von den Frommen nichts wissen. Und doch ist es erklärlich, dass Ahab zu seinen eigenen Gesinnungsgenossen nicht das Vertrauen haben konnte, ihnen einen solchen Posten zu übertragen. Zu seinen Belustigungen und weltlichen Freuden mochte er sich wohl andere Gesellschaft aussuchen. Wenn es aber galt, einen Mann anzustellen, auf den man sich voll und ganz verlassen musste, so nahm Ahab doch lieber einen frommen Menschen. Das ist beachtenswert. Es ist mehr als einmal in der Geschichte vorgekommen, dass gottlose Könige, die an ihrem Hofe ein leichtfertiges, sittenloses Leben duldeten und führten, zu ihrem wichtigsten Berater und vertrautesten Beamten einen gläubigen, wahren Christen berufen haben. Der heimgegangene Herausgeber des Basler Volksboten erzählte von einem solchen gläubigen Minister, der an einem weltlichen Hofe eines leichtsinnigen Königs lebte. Als der Minister seinen Abschied erbat, weil ihm das Leben an solchem Hofe sehr drückend war, antwortete sein König: „Sie müssen unbedingt bleiben. Ich weiß ganz genau, dass mir alle anderen nur Schmeicheleien sagen. Sie sind der einzige, der mir die volle Wahrheit sagt, deshalb kann ich sie nicht missen.“ Auch Ahab wird gewusst haben, weshalb er Obadja als Hofmeister behielt. Die Welt merkt bisweilen, dass sie die Frommen nötig hat (Mat. 5,13.14).

3. Freilich für Obadja war es eine schwierige Stellung!

Es gibt Berufsarten, in denen es ganz besonders schwer ist, in der Furcht Gottes zu wandeln. Eine solche Stellung nahm ohne Zweifel Obadja ein. Er war, wie wir sahen, als wahrhaft gottesfürchtiger Mann Hofmeister eines der gottlosesten Könige Israels geworden. In welch schwieriger Lage hatte er da seine Gottesfurcht zu beweisen! Welch innere Kämpfe musste dieser Beruf für ihn mit sich bringen! Der Geist, der am Hof Ahabs herrschte, war derart, dass sich ein frommer Mensch dort unmöglich heimisch fühlen konnte. Der Ton und die Unterhaltung daselbst standen im Gegensatz zu seiner Herzensstellung. Sein Beruf brachte es mit sich, dass er mit Isebel verkehren musste, deren Feindschaft und Abneigung gegen den Jehovadienst ihm gewiss täglichen Druck bereitete. Eine Betrachtung von der Schwierigkeit seiner Lage bringt viel Trost für solche, die an ähnlich schwierigen Posten aushalten müssen. Gott weiß, wo sie wohnen (Off. 2,13). Er, der einem Joseph am ägyptischen (1. Mos. 41,40) und einem Daniel am babylonischen Hofe durchhalf (Dan. 1,8); er, der einen Nehemia als Weinschenken Arthasastas (Neh. 1,11) und die gläubigen Soldaten im Palast Neros bewahrte (Phil. 4,22); er kann in jeder noch so schwierigen Stellung Gnade geben, ihm anzuhangen, wie Obadja zeigt.

4. Was tat nun Obadja in seiner Stellung?

Wie fand er sich an seinem schwierigen Platze zurecht? Mancher hätte an seiner Stelle gedacht: Hier lässt sich unmöglich irgend etwas für Gottes Sache tun. Solange diese Isebel die Macht hat, kann man nur auf bessere Zeiten hoffen. Hätte er so gedacht, dann wären alle Propheten des Herrn durch Isebel umgebracht worden (V. 4). Aber so dachte Obadja nicht. Er zeigte jetzt, dass er nicht nur Obadja, d. h. Knecht des Herrn, hieß, sondern auch ein Obadja war. Wenn er auch offen nichts für den Herrn tun konnte, so wirkte er doch im Verborgenen treulich für ihn. Er versteckte und versorgte hundert Propheten des Herrn in zwei Höhlen. Gesegnete Tat! Sie wird ihren Lohn finden in der Ewigkeit bei dem Herrn. Lasst uns von Obadja lernen, in Zeiten drückender Verfolgung für die Bekenner des Herrn zu tun, was nur möglich ist. Der Gott, der ins Verborgene schaut, wird einst öffentlich vergelten, was in der Stille an den Seinen getan ist (Mat. 25,40).

Zweierlei Propheten am Karmelstage.

Ist's meinem Herrn Elia nicht angesagt, was ich getan habe, als Isebel die Propheten des HERRN tötete? Dass ich von den Propheten des HERRN hundert versteckte, hier fünfzig und da fünfzig, in Höhlen und versorgte sie mit Brot und Wasser? (1. Kön. 18,13) Wohlan, so sende nun hin und versammle zu mir ganz Israel auf den Berg Karmel und die vierhundertundfünfzig Propheten Baals, auch die vierhundert Propheten der Aschera, die vom Tisch Isebels essen. (1. Kön. 18,19)

Zweierlei Propheten begegnen uns in der gewaltigen Karmelgeschichte, eine große Zahl Baalspropheten (450), und eine kleine Zahl Propheten des Herrn (100). Die Geschichte von beiden Prophetengruppen ist lehrreich für uns.

1. Wir schauen zuerst auf die falschen Propheten.

Wie damals die größere Zahl bei den Baalspropheten gefunden wurde, so wird man auch bei uns mehr Lehrer und Anhänger des Irrtums und Abfalls von Christus erblicken, als treue Bekenner desselben. Aber welches war das Los der zahlreichen Baalspropheten? Zwar ging es ihnen lange Zeit sehr gut. Sie aßen vom Tisch der Isebel, d. h. sie bezogen ihren Unterhalt von jener mächtigen Königin, so dass ihnen im Äußeren nichts gebrach. Aber ihr gutes Leben vom Tisch der Isebel glich nur dem Gemästetwerden des Schlachtviehes. Sie genossen das zeitliche „Wohlleben bis auf einen großen Schlachttag.“ (Jak. 5,5), der jetzt auf dem Karmel hereinbrechen sollte. Gott ließ sie in großer Geduld ihr Wesen treiben und ihre Götzenfeste feiern bis auf den Tag, den er zuvor versehen hatte.

2. Das Gegenteil von dem Schicksal der Baalspriester erlebten die wahren Propheten des Herrn.

Sie hatten zwar längere Zeit viel Trübsal kosten müssen. Während die Baalspriester von der mächtigen Isebel gut versorgt wurden, lagen sie in der Höhle versteckt, an einem feuchten, ungesunden Wohnort, wo sie nur kärgliche Nahrung, Brot und Wasser durch Obadja erhielten. Gewiss waren es keine leichten Tage, welche sie in diesen Versteckplätzen zubrachten, in beständiger Sorge, dass Isebels Knechte sie dort entdecken und verraten könnten. Aber derselbe Tag, welcher für die Baalsdiener ein Tag des Schreckens und ein Ende ihres Wohllebens war, derselbe Karmeltag war für die Propheten des Herrn ein köstlicher und herrlicher Tag. Denn an diesem Tage durften sie die ersehnte Stunde erleben, in welcher die falsche Baalsreligion als nichtig entlarvt wurde, während alles Volk den Gott anerkannte, den sie in trüber Abfallszeit treu bekannt hatten.

So wird auch für alle wahren Diener des Herrn ein Erlösungstag anbrechen, wo alle falsche Lehre zu Schanden werden und das treue Bekenntnis zum Herrn seinen Lohn empfangen wird. Wohl allen, die an jener Freude teilhaben werden (Mal. 3,17.17).

Ahab durch drei Gerichtsjahre nicht geändert.

Und als Ahab Elia sah, sprach Ahab zu ihm: Bist du nun da, der Israel ins Unglück stürzt? (1. Kön. 18,17)

Wenn wir nach mehrjähriger Trennung einen Bekannten wiedertreffen und ihn innerlich schöner, gebeugter und sanfter finden als früher, so ist das eine Freude. Aber wenn wir einen Menschen, der früher feindliche zum Reiche Gottes stand, nach drei Jahren ebenso feindselig und ungebeugt finden, so ist das schmerzlich, ganz besonders, wenn der Herr in auffälliger Weise an solchem Menschen gearbeitet hat. Letzteres ist bei Ahab der Fall. Ihn treffen wir hier zum erstenmal wieder nach jenem ergreifenden Augenblicke, wo Elia ihm das Gericht der Dürre angekündigt hat (1. Kön. 17,1). Drei Jahre schwerer göttlicher Heimsuchung, in denen das Land unter dem Strafgericht Gottes seufzte, liegen hinter ihm. Wir sind gespannt, zu sehen, ob wohl diese Zeit bei Ahab irgend etwas ausgerichtet hat. Aber wir finden ihn nur suchend nach Heu und suchend nach Elia, aber nicht suchend nach dem lebendigen Gott. Aus seinem Munde kommen Worte, die uns zeigen, dass er – soweit Menschen es beurteilen können – auch keine Spur anders geworden ist. Trotz des Anklopfens Gottes durch dreijährige Hungersnot, trotz des Zusammenlebens mit seinem gottesfürchtigen Hofmeisters Obadja ist Ahab ein Feind der Buße geblieben und sucht alle Schuld an der Not des Landes nur an Elia, statt am eigenen Herzen.

So kann es auch heute noch Seelen geben, die trotz göttlichen Anklopfens durch Nöte und vielleicht durch gläubige Hausgenossen dem himmlischen Rufe nicht folgen. Gott bewahre uns vor der Herzensstellung und Halsstarrigkeit Ahabs.

Einer gegen Vierhundertfünfzig.

Wohlan, so sende nun hin und versammle zu mir ganz Israel auf den Berg Karmel und die vierhundertundfünfzig Propheten Baals, auch die vierhundert Propheten der Aschera, die vom Tisch Isebels essen. (1. Kön. 18,19)

Da sprach Elia zum Volk: Ich bin allein übrig geblieben als Prophet des HERRN, aber die Propheten Baals sind vierhundertundfünfzig Mann. (1. Kön. 18,22)

Zwei Parteien standen sich auf dem Karmel gegenüber; auf der einen Seite die Propheten Baals, welche das Volk verführten, auf der anderen Seite Elia, der Gottes Sache vertrat. Welch ein ungleiches Zahlenverhältnis bestand doch zwischen beiden Parteien!

Vierhundertfünfzig gegen einen! Wenn die Zahl und Stimmenmehrheit den Ausschlag gegeben hätte, so wäre Elia verloren gewesen. Dazu kam, dass die ganze Macht des Königs auf der Seite jener Baalspriester stand. Welch ein ungleicher Kampf! Wie gering schien die Siegesaussicht für Elia! Aber weder Zahlenübergewicht noch weltliche Macht entschieden jenen Kampf. Elia hatte Gottes Wort auf seiner Seite. Das war wichtiger als alles andere. Hier liegt auch das Geheimnis des Sieges vieler Gottesmänner in allen Zeiten. Wer Gottes Wort für sich hat, wird immer das Feld behalten. Lasst uns doch niemals meinen, der Sieg müsse da sein, wo der größere Haufe und die gewaltigste äußere Macht sei.

Waren doch der ungläubigen Kundschafter fünfmal mehr als der gläubigen! Aber Gott trat auf die Seite der letzteren (4. Mos. 13,30f.). Stand nicht Micha gegen 400 falsche Propheten Israels, und Gott bekannte sich zu ihm? (1. Kön. 22,6f.). Was wollen alle Zauberer bei Pharao gegen Moses machen, wenn Gott mit letzterem ist? Jener Tag auf dem Karmel beweist uns, dass es nicht auf die Zahl der Feinde sondern auf die Hilfe Gottes ankommt (5. Mos. 32,30; Ps. 56,5).

Wie lange hinket ihr?

Da trat Elia zu allem Volk und sprach: Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten? Ist der HERR Gott, so wandelt ihm nach, ist's aber Baal, so wandelt ihm nach. Und das Volk antwortete ihm nichts. (1. Kön. 18,21)

Zweimal kommt das Wort 'hinken' in unserer Geschichte vor. Das eine Mal sehen wir, wie die Baalspriester um den Altar hinken mit dem Rufe: „Baal, erhöre uns“ (V. 26).

Sodann redet Elia das Volk an: „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten?“ Unter dem Hinken der Baalspriester haben wir die bei jenen Männern übliche Aufführung von wilden, wüsten Opfertänzen zu verstehen. Es muss ein sonderbarer Anblick gewesen sein, als diese Leute um den Altar her hüpften und sich dabei mit allerlei schwankenden Bewegungen bald nach dieser, bald nach jener Seite hinneigten. Aber ist nicht das innere Hinken des Volkes, das in seinem Herzen und Wandel zwischen Gott und den Götzen hin- und herschwankte, im tiefsten Grunde noch sonderbarer und verächtlicher?

Auch heute ist ein Leben, das immer zwischen Gott und der Welt hin- und herschwankt, in Gottes Augen ebenso närrisch wie der unsinnige Tanz der Baalspriester um ihren Altar her. Bemitleiden wir doch ja nicht jene hinkenden Baalspriester, wenn unser eigenes inneres Leben ihrem Treiben ähnlich ist! Viele bedauern einen vorübergehenden hinkenden Menschen; aber den hinkenden Zustand ihres eigenen Herzens haben sie noch nie bedauert. Der hinkende Mephiboseth mag unter den Helden am Tische Davids sonderbar ausgesehen haben (2. Sam. 9,13). Aber hinkende Herzen in den Reihen der Heilandsstreiter sind noch unnatürlicher. Lasst uns doch niemals dem Volk Israel, das zwischen Jehova- und Baalsdienst hin- und herschwankte, ähnlich werden (Mat. 6,24; 12,30).

Elia fordert ein Gottesgericht.

So gebt uns nun zwei junge Stiere und lasst sie wählen einen Stier und ihn zerstückeln und aufs Holz legen, aber kein Feuer daran legen; dann will ich den andern Stier nehmen und aufs Holz legen und auch kein Feuer daran legen. Und ruft ihr den Namen eures Gottes an, aber ich will den Namen des HERRN anrufen. Welcher Gott nun mit Feuer antworten wird, der ist wahrhaftig Gott. Und das ganze Volk antwortete und sprach: Das ist recht. (1. Kön. 18,23.24)

Um das Volk zum glauben an Jehova zurückzuführen, griff Elia zu dem gewaltigen Mittel eines Gottesgerichtes. Er forderte das versammelte Volk auf, den Baalspriestern und ihm je ein Opfertier zu geben. Dann sollten beide Teile ihren Gott anrufen, dass er auf das geschlachtete Tier Feuer herabfallen lasse. An der Erfüllung dieser Bitte sollte der wahre Gott erkannt werden und dann allein Geltung haben. Woher bekam der Prophet die Freudigkeit zu solchem Vorschlag? Wer gab ihm Mut zu dieser Forderung? Um dies beantworten zu können, lasst uns daran denken, dass Gott schon früher in seinem Worte und in der Geschichte seines Volkes gerade dieses Wunder zu dem Zwecke getan hatte, um dem rechten Gottesdienst Anerkennung vor allem Volke und bleibende Geltung zu verschaffen.

Es war Feuer herabgefallen auf das erste Opfer Aarons (3. Mos. 9,24) und auf das Brandopfer bei der Einweihung des Salomonischen Tempels (2. Chron. 7,1). Außerdem lässt uns der Ausdruck in dem Gebete Elias, „dass ich solches alles nach deinem Worte getan habe“ (V. 36), erkennen, dass er einer ausdrücklichen göttlichen Weisung hierin folgte. Die mit dem geschriebenen göttlichen Worte in Einklang stehende göttliche Weisung verliehen ihm die ganz bestimmte Gewissheit, dass er in dieser Stunde solches Gottesgericht herbeiführen müsse.

Was uns betrifft, so wollen wir das Eliasziel, Menschen zum Glauben zu führen, auch verfolgen. Aber das Eliasmittel dürfen wir nur dann gebrauchen, wenn wir Eliasglauben und Eliasauftrag haben.

Elia gibt den Baalspriestern volle Freiheit, ihre Macht zu entfalten.

Und Elia sprach zu den Propheten Baals: Wählt ihr einen Stier und richtet zuerst zu, denn ihr seid viele, und ruft den Namen eures Gottes an, aber legt kein Feuer daran. Und sie nahmen den Stier, den man ihnen gab, und richteten zu und riefen den Namen Baals an vom Morgen bis zum Mittag und sprachen: Baal, erhöre uns! Aber es war da keine Stimme noch Antwort. Und sie hinkten um den Altar, den sie gemacht hatten. (1. Kön. 18,25.26)

Als aber der Mittag vergangen war, waren sie in Verzückung bis um die Zeit, zu der man das Speisopfer darbringt; aber da war keine Stimme noch Antwort noch einer, der aufmerkte. (1. Kön. 18,29)

Als das Volk seine Zustimmung zu den Vorschlägen Elias gegeben hatte, überließ der Prophet den Baalspriestern in mannigfacher Weise den Vorrang: Sie durften sich von den herbeigebrachten Opfertieren aussuchen, welches sie wollten. Sie durften die erste und größte Zeit des Tages für sich in Anspruch nehmen. Ungehindert durften sie all ihre Kunst und Macht entfalten, um das gewünschte Ziel zu erlangen. Dieses Vorgehen zeigt uns 1. die Weisheit und 2. den Glaubensmut Elias.

Weise war sein Verfahren, weil alles Volk dadurch den Eindruck gewinnen musste, dass er gerecht und billig gegen die Baalspriester handelte, und weil er den letzteren jede Ausflucht und etwaige Ausrede nach ihrem Zuschanden-werden auf das Gründlichste abschnitt.

Glaubensmutig ist sein Verhalten; denn das Überlassen des Vorranges und der vollen Freiheit an die Baalspriester ist der beste Beweis dafür, dass Elia nicht ängstlich um den Ausgang war. Er war so durchdrungen von der Ohnmacht dieser falschen Propheten, er war so gewiss, dass Gott sie mit ihrem Tun und Treiben zu Schanden werden ließe, dass er gar kein Bedürfnis fühlte, sie irgendwie einzuschränken. Der göttliche Sieg wurde auf diese Weise nur noch herrlicher.

Uns ruft diese Handlungsweise Elias ein Doppeltes zu: 1. Lasst uns im Kampf mit dem Unglauben weislich handeln, dass wir den Gegnern keine Handhabe geben, uns zu verdächtigen (Luk. 21,15). 2. Lasst uns dabei nie zaghaft werden, als ob irgendeine Möglichkeit vorhanden wäre, dass der Unglaube den Sieg behalten könne. Nicht die falschen Propheten, sondern der Glaube wird das Feld behalten (1. Joh. 5,4).

Elia spottet.

Als es nun Mittag wurde, verspottete sie Elia und sprach: Ruft laut! Denn er ist ja ein Gott; er ist in Gedanken oder hat zu schaffen oder ist über Land oder schläft vielleicht, dass er aufwache. (1. Kön. 18,27)

Es gibt viel unheiligen Spott. Die Heilige Schrift nennt die Gottlosen manchmal Spötter. Sie warnt uns davor, zu sitzen, wo die Spötter sitzen (Ps. 1,1). Sie sagt voraus, dass in den letzten Tagen Spötter kommen werden (2. Petr. 3,3; Jud. 18). Sie versteht darunter Leute, deren Spott aus hochmütiger, stolzer Gesinnung hervorgeht (Spr. 21,24). Ein erfahrener Bruder des Siegerlandes sagte einmal, er habe immer gefunden, dass die Leute, welche einen ironischen (d. h. spöttischen) Zug an sich hätten, im Reiche Gottes unfruchtbar geworden wären. Lasst uns bei uns und bei anderen diesen Spottgeist mit Ernst bekämpfen und Heilung von demselben suchen. Wahre Christen sind keine Spottvögel.

Und doch gibt es einen Spott, der wahrhaft erbaulich und glaubenstärkend ist. Wenn die Jungfrau, die Tochter Zion, aufgefordert wird, über das gewaltige Heer Sanheribs zu spotten (2. Kön. 19,21; Jes. 37,22), so ist damit kein stolzer Spott gemeint, sondern ein Spott, der herausfließt aus dem Glauben an die Macht Gottes, die den prahlerischen Assyrerkönig leicht niederwerfen kann. Solchen guten Spott hören wir auch hier aus dem Munde Elias. Er verspottet die zu Baal rufenden Priester, sie sollten lauter rufen, weil ihr Gott vielleicht dichte oder arbeite oder ausgegangen sei oder schlafe. Dies sagte er nicht aus Übermut oder Schadenfreude, um sie recht tief zu kränken. Vielmehr kam dieser Spott aus einer überschwänglichen Glaubenszuversicht. Elia wollte die Ohnmacht Baals gegenüber der herrlichen Macht Jehovas allem Volke so wuchtig wie nur möglich dartun.

Sein Spott musste die Torheit des Götzendienstes und damit die Sünde des von Jehova zu Baal abgefallenen Volkes aufs deutlichste zum Bewusstsein bringen. Solch ein heiliger Spott, der zur Ehre Gottes dient, ist köstlich (vgl. Ps. 2,4). Hingegen allem andern Spottgeist wollen wir für immer den Rücken kehren.

Elia baut einen Altar aus zwölf Steinen.

Da sprach Elia zu allem Volk: Kommt her zu mir! Und als alles Volk zu ihm trat, baute er den Altar des HERRN wieder auf, der zerbrochen war, und nahm zwölf Steine nach der Zahl der Stämme der Söhne Jakobs - zu dem das Wort des HERRN ergangen war: Du sollst Israel heißen, und baute von den Steinen einen Altar im Namen des HERRN. (1. Kön. 18,30 – 32a)

Nachdem der Versuch der Baalspriester, Feuer zu erhalten, zu Schanden geworden war, begann Elia seinerseits damit, dass er vor dem nahe herzugerufenen Volke einen früheren Altar des Herrn mit zwölf Steinen wieder aufrichtete. Dieser Bau aus zwölf Steinen hatte dem Volk etwas zu sagen. Israel war damals in zwei Parteien getrennt, in das nördliche so genannte Reich Israel (Zehnstämmereich) und das südliche Reich Juda. Ahab herrschte über das nördliche Reich Israel. Jede dieser zwei Parteien bekämpfte oft die andere. Die Zahl der Steine, die ja ausdrücklich nach der Zahl der Stämme gewählt war (V. 31), stellte dem Volke vor Augen, dass die getrennten Parteien ein Volk bildeten. Bevor also Gott das große Wunder des herabfallenden Feuers gab, ließ er sein Volk daran erinnern, dass es zusammengehöre. Dem ganzen Volke Gottes, nicht einer einzelnen Partei desselben, sollte die göttliche Kundgebung gelten. Kein Glied des Zehnstämmereichs sollte nachher sagen: Gott hat dies Wunder in Israel und nicht in Juda geschehen lassen und sich damit mehr zu uns als zu jenen bekannt. Wie leicht werden göttliche Segenstaten von menschlichem Parteigeist in Anspruch genommen! Elia wollte kein Parteimensch sein.

So ruft uns dieser Altarbau mit seinen zwölf Steinen zu: Wenn wir göttliche Gnadenwirkungen herabflehen wollen, so lasst uns damit beginnen, dass wir allem Parteigeist den Abschied geben und nicht für unsere besondere Seite, sondern für das ganze Volk Gottes den Segen suchen (vgl. Apg. 2,1)

Elia lässt das Opfer mit Wasser begießen.

und machte um den Altar her einen Graben, so breit wie für zwei Kornmaß Aussaat, und richtete das Holz zu und zerstückte den Stier und legte ihn aufs Holz. Und Elia sprach: Holt vier Eimer voll Wasser und gießt es auf das Brandopfer und aufs Holz! Und er sprach: Tut's noch einmal! Und sie taten es noch einmal. Und er sprach: Tut's zum dritten Mal! Und sie taten es zum dritten Mal. Und das Wasser lief um den Altar her, und der Graben wurde auch voll Wasser. (1. Kön. 18,32b – 35)

Durch das wiederholte Begießen des Opfers mit Wasser wurde dem Feuer der Zugang und die Wirkung zwiefach erschwert. Indem Elia diese Anordnung traf, bewies er wiederum seinen triumphierenden Glauben. Dieser Glaube spottete nicht nur aller Bemühungen der falschen Propheten, sondern auch aller natürlichen Hindernisse. Er wusste, dass dieselben vor Gottes Macht nichts bedeuten. Der Kleinglaube hätte ängstlich jede Feuchtigkeit und Nässe ferngehalten, um dem Feuer die Wirkung zu erleichtern. Aber Elias Glaube wünschte diese Hindernisse ausdrücklich, um des Volkes Willen, das noch nicht glaubte, damit Gottes Wundermacht im Gegensatz zu Baals Ohnmacht noch deutlicher erkannt würde. Solchen starken Glauben lasst uns im Kampf gegen den Unglauben uns erflehen!

Lasst uns aber nicht bei Elias Glauben stehen bleiben, sondern an den denken, dessen Werkzeug Elia war. Weil Gott sein untreues, sündiges Volk so lieb hatte, weil es ihm so sehr darum zu tun war, sein Volk von allem Zweifeln und Hinken gründlich zu heilen, deshalb musste sein Knecht also handeln und das Opfer mit Wasser begießen lassen. Wir sehen, wie viel Mühe Gott sich gibt, sein Volk zum Glauben zu führen. Diese Liebe Gottes zu dem abtrünnigen Israel ist um so beachtenswerter, weil es in der dreijährigen Dürre so aussah, als ob Gott sein Volk gar nicht mehr liebe.

Elia betet um Feuer.

Und als es Zeit war, das Speisopfer zu opfern, trat der Prophet Elia herzu und sprach: HERR, Gott Abrahams, Isaaks und Israels, lass heute kundwerden, dass du Gott in Israel bist und ich dein Knecht und dass ich das alles nach deinem Wort getan habe! Erhöre mich, HERR, erhöre mich, damit dies Volk erkennt, dass du, HERR, Gott bist und ihr Herz wieder zu dir kehrst! (1. Kön. 18,36.37)

Bei dem Gebet Elias um Feuer wollen wir auf zwei Stücke achten, die seiner Bitte besondere Macht verliehen:

1. Das Ziel, auf das Elia mit ganzer Kraft gerichtet ist, war kein selbstsüchtiges, sondern Gottes Anerkennung und Israels Bekehrung. Obwohl das Gebet ganz kurz war, so kam doch der Wunsch, dass Jehova jetzt als Gott offenbar werden möge, zweimal darin vor. Durch diese Offenbarung Jehovas sollte Israels Herz bekehrt werden. Das war Elias Ziel. Wer bei dem Beten von allen stolzen und selbstsüchtigen Hintergedanken frei ist, wer nichts sucht als Gottes Ehre und das Heil der Seelen, der darf Großes erbitten. Elia kann uns lehren, die erste Bitte im Gebt des Herrn wirklich an die erste Stelle zu setzen (vgl. Jos. 7,9 und Joh. 12,28).

2. Ein zweiter Wink liegt in dem Ausdruck: „Lass kund werden, dass ich solches alles nach deinem Wort getan habe.“ Dies Wort zeigt uns, dass Elia bei seinen Anordnungen (V. 30 – 35) und seinen Bitten der völligen Übereinstimmung mit Gottes Willen gewiss war. Weil Elia wusste, dass er im Gehorsam gegen Gott so gehandelt hatte, wie er es getan, deshalb durfte er nun die göttliche Bestätigung auf seinen Weg herabflehen. Das ruft uns zu: Wenn wir auf unsere Wege und Unternehmungen göttliche Beglaubigung herabflehen wollen, so müssen diese Unternehmungen auch mit dem Willen Gottes im Einklang stehen. Wenn wir auf selbstgewählten Bahnen den Segen Gottes erbitten, sind wir nicht in den Fußspuren Elias.

Das Volk wird von dem wahren Gott überzeugt.

Erhöre mich, HERR, erhöre mich, damit dies Volk erkennt, dass du, HERR, Gott bist und ihr Herz wieder zu dir kehrst! Da fiel das Feuer des HERRN herab und fraß Brandopfer, Holz, Steine und Erde und leckte das Wasser auf im Graben. Als das alles Volk sah, fielen sie auf ihr Angesicht und sprachen: Der HERR ist Gott, der HERR ist Gott! (1. Kön. 18,37 – 39)

Wir leben in einer Zeit, die der Elias in mancher Hinsicht ähnlich ist. Tausende kehren dem Glauben an den in der Schrift geoffenbarten Gott den Rücken. Viele wollen sogar nur von einer Naturkraft etwas wissen, wie auch Israel in Baal die Naturkraft verehrte. Da entsteht die Frage: Haben wir auch ein Eliasmittel, um Menschen von der Torheit des Unglaubens und der Wahrheit des Glaubens zu überzeugen?

Wenn wir auch nicht wie Elia ein Gottesgericht mit Zeichen und Wundern herbeiführen können, so hat Gott doch auch uns ein Mittel in die Hand gegeben. Wir dürfen in einer dreifachen Weise gleichsam Elia nachfolgen.

1. Das Volk auf dem Karmel wurde zur Umkehr gebracht durch den Anblick einer Gebetserhörung.

Es sah einen Menschen, der im Glauben betete und erhört wurde. Dieses Mittel des gläubigen Gebetes steht auch uns zur Verfügung. Mag auch der Inhalt unserer Gebete von dem jenes Eliasgebetes in mancher Hinsicht verschieden sein, so ist doch im Grunde die Waffe gegen den Unglauben dieselbe. Wie damals alle falschen Propheten an der Frage der Gebetserhörung scheiterten, so wird auch der Unglaube aller Zeiten an derselben Frage zuschanden. Und wie damals ein wahrer Beter mehr ausrichtete, als Hunderte von falschen Propheten, so wird heute noch derjenige den tiefsten Eindruck auf verirrte und schwankende Seelen machen, dessen Leben ein Tatbeweis ist für das Wort: „Du erhörst Gebet!“ (Ps. 65,3). Lasst uns von diesem Eliasmittel fleißig Gebrauch machen (Ps. 138,3; Ps. 40,2 – 4).

2. Das Mittel, durch welches Elia das Volk zum Glauben brachte, war ein Feuer, das vom Himmel fiel.

Gott hat auch uns ein Feuer gegeben, durch das wir die ungläubige Welt überzeugen sollen. Es ist kein äußerlich sichtbares Feuer, wie bei Elia. Es ist das Feuer, das am Pfingsttage herniederkam und das in den Herzen derer zu spüren ist, die mit Jesus in wahrer Glaubensverbindung stehen. Dieses Feuer des Heiligen Geistes hat am Pfingsttage dreitausend Menschen zum rechten Glauben geführt. Dies Feuer straft und überführt die arme, blinde Welt noch heute wie kein anderes Mittel (Joh. 16,8). Wenn Gott die Lippen seiner Zeugen mit der Kohle vom himmlischen Altar berührt (Jes. 6,6), dann werden die Worte in ihrem Munde zu einem Feuer, das auch in anderen zündet und andere überzeugt (Jer. 23,29). Wenn es uns daher am Herzen liegt, dass recht viele vom Unglauben zum Glauben geführt werden, dann lasst uns dem Feuer des Heiligen Geistes im eigenen Herzen Raum geben, und um Arbeiter in die ernte bitten, die es in reichem Maße besitzen (Apg. 4,31; Luk. 12,49).

3. Zuletzt lasst uns darauf achten, dass das Volk durch die Wirkungen des Feuers überzeugt wurde.

Das Feuer „fraß Brandopfer, Holz, Stein, Erde und Wasser.“ Wenn irgendein Israelit bei dem herabfallenden Feuer noch im Zweifel geblieben wäre, dass der Herr sich hier auf besondere Weise kund tue, wenn er gedacht hätte, dies Feuer könnte irgendwie auf natürliche Weise entstanden sein, so musste solcher Zweifel schwinden, wenn er die Wirkung des Feuers beobachtete. Dass das Feuer Opfer mit dem Holz verbrannte, war wohl noch begreiflich. Dass aber auch Steine, Erde und Wasser von demselben verzehrt wurden, war ohne Wunder nicht erklärlich. Diese Wirkung überführte jeden. Gibt es auch für uns ein Überzeugungsmittel, das dieser verzehrenden Wirkung jenes Feuers gleicht? Äußerlich nicht. Aber doch darf uns dieses Wunder auf dem natürlichen Gebiet daran erinnern, dass es auch im geistlichen Leben eine verzehrende Wirkung von göttlichem Feuer gibt, die andere überführt. Mit Recht wies Samuel Zeller in Männedorf bei dieser Stelle darauf hin, dass auch das Feuer des Heiligen Geistes in unseren Herzen alles steinharte Wesen (Stein), alle irdische Gesinnung (Erde), und alles, was in feindlichem Gegensatz zu dem Feuer des Geistes stehe (Wasser), verzehren wolle, und das dieses geistliche Wunder kein geringeres sei, als das, was auf dem Karmel geschah.

So ist es. Wollen wir das schönste und beste Überführungsmittel wissen, durch das die Welt von der göttlichen Wahrheit überzeugt wird, so lautet die Antwort: Wenn die Welt sieht, wie der Heilige Geist steinerne Herzen zart und weich macht; wenn sie sich verwundern, dass irdisches Trachten und Geiz bei einem Menschen nicht mehr wiederzufinden ist, weil jetzt himmlischer Sinn herrscht, wenn sie merkt, dass die frühere Feindschaft gegen göttliches Feuer in einer Seele verschwunden ist, dann ruft sie heute noch oft aus, wie dort auf dem Karmel: Der Gott, der das getan hat, ist der rechte Gott. Zu ihm müssen auch wir uns wenden (Mat. 5,16).

Elia schlachtet die Baalspriester.

Elia aber sprach zu ihnen: Greift die Propheten Baals, dass keiner von ihnen entrinne! Und sie ergriffen sie. Und Elia führte sie hinab an den Bach Kischon und tötete sie daselbst. (1. Kön. 18,40)

Man hat manchmal Elia einen Vorwurf daraus machen wollen, dass er seine Gegner, die Baalspriester, am Bache Kischon geschlachtet habe. Man nannte es lieblosen Fanatismus, falschen Eifer u. dergl. Demgegenüber ist zu sagen: Elia war für seine Zeit an das geschriebene Wort Gottes im Gesetzbuche Moses gebunden. Dasselbe befahl wiederholt und deutlich, jede Abgötterei in Israel und jede Verführung zum Dienst fremder Götter mit dem Tode zu bestrafen (5. Mos. 13,1 – 6; 17, 2 – 7). Demnach konnte und durfte Elia in jener Zeit nicht anders handeln.

Für uns besteht jene äußere Satzung nicht. Wir sollen an keinen Irrlehrer die Hand anlegen. Und doch kann Elia auch hier uns zum Vorbild dienen. In dreifacher Weise können wir seinen Fußspuren folgen.

1. Zuerst lasst uns an die Umstände denken, unter denen Elia die Hinrichtung der Baalsdiener vom Volke verlangte. Elia hatte damals ein Volk vor sich, das unter dem Eindruck des herabfallenden Feuers sich mit Begeisterung zu Jehova als wahrem Gott bekannte. Indem nun Elia sprach: „Greift die Propheten Baals, dass ihrer keiner entrinne“, wies er das Volk an, seinen Glauben an Gott nicht nur mit dem Munde, sondern mit der Tat zu beweisen und nach dem Willen Gottes (der damals in der Beobachtung des mosaischen Gesetzes bestand) zu handeln. Er wollte, dass die Sinnesänderung sich im praktischen Leben durch Gehorsam bewiese.

Damit gibt uns Elia einen Wink, der auch im Neuen Testament gültig ist. Auch wir sollen nie bei einem Lippenbekenntnis stehen bleiben, sondern die durch den Glauben geschenkte Kraft in die Tat umsetzen und im Wandel beweisen (1. Joh. 2,3 – 6; Mat. 7,21).

2. Noch von einer anderen Seite können wir jene Tat Elias ansehen. Es war eine Tat großen Glaubensmutes. Die dort geschlachteten Baalspriester standen unter dem besonderen Schutze Isebels. Nun gab es aber damals keine einflussreichere Person im Lande als diese gottlose Königin, die ihren Mann nach ihrem Wunsche leitete (1. Kön. 21,5 – 16). Elia wusste, dass er mit dieser Hinrichtung die furchtbarste Wut dieser mächtigen Herrscherin hervorrief. Indem er es trotzdem tat, bewies er, dass er sich in der Verfolgung des göttlichen Wortes von keinem Menschen, auch nicht vom gewaltigsten, abhalten ließ. Seine Richtschnur, die aus seinem Gebet um Feuer zu erkennen ist, lautete: „Nach deinem Wort“ (V. 36). Wenn er des göttlichen Willens durch sein Wort gewiss geworden war, so konnte kein Isebelszorn ihn davon abhalten, danach zu wandeln. Wie ein Täufer vor Herodes (Mat. 14,4), und ein Paulus vor Felix (Apg. 24,25), so wich Elia vor seinem durch Ahab vertretenen Herrscherhause kein Haar breit von den göttlichen Befehlen ab. Wenn wir auch äußerlich gegen falsche Propheten ganz anders zu handeln haben, so ist doch solcher Glaubensmut vorbildlich, der den einmal erkannten Gotteswillen mit Festigkeit ausführt, ohne nach Menschen- und Fürstengunst zu schielen (Ps. 56,5; Jes. 51,12; Gal. 1,10).

3. Hätte Elia jene Baalspriester am Leben gelassen, so hätten dieselben bald unter Isebels Schutz ihre Tätigkeit zur Verführung des Volkes wieder entfalten können. Indem er sie aber tötete, beugte er der Gefahr eines Rückfalles vor. Er bekämpfte einen Rückfall des Volkes auf die für jene Zeit von Gott angeordnete Weise.

Der Kampf gegen Rückfall bei uns selbst und bei anderen ist auch uns befohlen. Wie haben Jesus und die Apostel mit Ernst gegen den Rückfall gekämpft (z.B. Mat. 12,43 – 45; 24,10 – 13; 2. Petr. 2; 1. Joh. 2,18; 2. Joh. 7 – 11). Paulus hat gewiss niemals mit fleischlichen Waffen gegen die Irrlehrer gestritten. Aber mit dem neutestamentlichen Schwert des Wortes und Geistes hat er den schädlichen Einfluss, der die Galater von Christus abzog, auszurotten getrachtet (Gal. 5,1 – 4. 12).

In dieser dreifachen Weise lasst uns den Fußspuren Elias in jener Stunde nachgehen.

Elia fordert den König auf, Speise zu nehmen.

Und Elia sprach zu Ahab: Zieh hinauf, iss und trink. (1. Kön. 18,41a)

Es ist gut, auf solche Züge in dem Leben heiliger Gottesmänner zu achten, die uns so recht für den praktischen Christenwandel Winke geben. So ist es auch mit dieser Aufforderung Elias an den König, Speise zu nehmen. Sie zeigt uns die Uneigennützigkeit dieses Gottesknechtes. Elia hatte in diesem Augenblick wohl eine leibliche Erquickung nötiger, nachdem er des Tages Last und Hitze getragen und einen inneren und äußeren Kampf durchfochten hatte wie kein anderer. Dagegen hatte Ahab mehr die Rolle eines Zuschauers eingenommen. Gewiss wird auch ihn dieser Tag bis aufs innerste bewegt haben; aber doch hatte er nicht im entferntesten die Arbeit geleistet wie Elia. Trotzdem sehen wir, dass der Prophet zunächst an andere denkt. Dass Ahab nach all diesen erregenden Stunden der Speise bedürfe, das lag Elia zuerst am Herzen. Er selbst wollte mit dem Essen noch warten bis seine Aufgabe völlig beendigt und der Regen herabgefleht war. Beschämt uns diese zarte Aufmerksamkeit Elias nicht tief? Besonders, wenn wir daran denken, dass Ahab in seinem Wandel solcher Liebe recht unwürdig schien! Solches Verhalten entspricht dem neutestamentlichen Worte: Niemand suche das Seine, sondern jeglicher, was des anderen ist (1. Kor. 10,24; Röm. 15,2; Gal. 6,2).

Elia kündigt Regen an.

Es rauschet, als wollte es sehr regnen (1. Kön. 18,41b)

Als Elia zu Ahab sprach: „Es rauschet, als wollte es sehr regnen“, war noch kein einziges Wölkchen am Himmel (V. 43). Dennoch sprach der Prophet so, als ob alle Anzeichen eines Gewitters schon zu sehen und zu hören wären. Sein Glaube schaute nicht auf den wolkenlosen Himmel, sondern auf das Wort Gottes, welches den Regen verheißen hatte (V. 1).

Für Elia waren nicht die äußeren Regenzeichen die Hauptsache, sondern die inneren Voraussetzungen für die Hinwegnahme des Gerichtes der Dürre. Diese inneren Voraussetzungen waren erfüllt, als das Volk seine Stellung zur Sünde der Abgötterei geändert und seinem Gott sich mit Wort (V. 39) und Wandel (V. 40) zugewandt hatte. Als dies geschehen war, machte der äußerlich gar nicht nach Regen aussehende Himmel ihm wenig zu schaffen.

Während der Versand immer nur an den sichtbaren Zeichen und den natürlichen Ursachen stehen bleibt, aber die inneren, vor Gott geltenden Gründe ganz außer acht lässt, kann der Glaube umgekehrt handeln. Er schaut auf das, was bei Gott entscheidend ist. Wenn er darüber völlig gewiss geworden ist, so kann er unter Umständen alle natürlichen Gründe und sichtbaren Zeichen für nichts achten. Er kann den Regen schon rauschen hören, wenn der Verstand noch kein Wölkchen am Himmel entdecken kann (Hebr. 11,1).

Elias Gebet um Regen.

Und als Ahab hinaufzog, um zu essen und zu trinken, ging Elia auf den Gipfel des Karmel und bückte sich zur Erde und hielt sein Haupt zwischen seine Knie und sprach zu seinem Diener: Geh hinauf und schaue zum Meer! Er ging hinauf und schaute und sprach: Es ist nichts da. Elia sprach: Geh wieder hin, und der Diener ging wieder hin, siebenmal! (1. Kön. 18,42.43)

Das Gebet Elias um Regen wird uns im Neuen Testament als Vorbild erhörlichen Gebetes hingestellt (Jak. 5,18).

1. Lasst uns zuerst darauf achten, in welcher äußeren Stellung Elia gebetet hat.

Auf die Haltung beim Beten wollen wir kein falsches Gewicht legen. Ob Hiskia im Bette liegend (2. Kön. 20,2) oder Josua sich zu Boden werfend (Jos. 7,6), ob Stephanus oder Paulus kniend (Apg. 7,59 und 20,36), und ein Zöllner stehend (Luk. 18,13) beten, ist an und für sich gleichgültig. Wir würden auch mit dem Nachmachen der äußeren Form dieser Beter keinen Schritt weiterkommen in der rechten Gebetskunst. Und doch sollen wir aus der leiblichen Stellung Elias eine wichtige Lehre für unser Kämmerlein entnehmen. Die Heilige Schrift beschreibt uns zuweilen die äußerliche Stellung eines Menschen, weil diese uns erkennen lässt, wie es dem Betreffenden innerlich zumute ist. Jesus malt uns den betenden Zöllner auch äußerlich vor Augen, wie er fern vom Altar steht und die Augen nicht aufheben will, nicht damit wir seine äußeren Gebärden nachahmen, sondern einen Eindruck von seiner demütigen Herzensstellung empfangen. So ist es auch hier. Die äußere Stellung Elias, der sich so tief wie nur möglich bückt, lässt uns merken, dass er nach seinem Sieg über den Baalsdienst nicht etwa stolz geworden, sondern von dem Gefühl durchdrungen ist, er könne sich nicht tief genug beugen. Nicht seine äußere Stellung, aber diese demütige Gesinnung macht sein Gebet lieblich vor Gott.

Das gilt auch von uns. Demütige Beter sind Gott lieb. Daniels Gebet kam aus gebeugtem Herzen. Dieser Beter war „lieb und wert“ (Dan. 9,18,23). Abraham fühlte sich als „Erde und Asche“ (1. Mos. 18,27); Jakob bekannte: „Ich bin zu gering aller Barmherzigkeit“ (1. Mos. 32,11); David sagte: „Wer bin ich, dass du mich bis hierher gebracht hast?“ (2. Sam. 7,18). Wenn wir diesen Betern ähnlich werden, wenn wir Zephanjas Wort befolgen: „Suchet Demut“ (Zeph. 2,3), dann beugen wir innerlich unser Haupt zur Erde wie Elia, auch wenn unsere äußere Haltung ganz anders ist (vgl. Jes. 57,15).

2. Neben der äußeren Stellung Elias enthält auch die Sendung des Knaben einen Wink für unser Gebetsleben.

Der Prophet befahl seinem Diener, auf einen höher gelegenen Ort des Berges zu gehen, um das Aufsteigen der Regenwolken von der westlichen Meeresseite her zu erfahren. Was bedeutet das? Es beweist uns, dass Elia die Erhörung wirklich erwartete. Die Sendung des Knaben ist ein Ausdruck des Glaubens an die Gebetserhörung. Er zweifelte nicht, dass der von Gott verheißene Regen (V. 1) auch kommen werde. Solche Glaubensgebete dringen durch bis zum Ziele. Der Glaube spricht mit Asaph: „Zu Gott schreie ich, und Er erhörte mich“ (Ps. 77,2), und mit Johannes: „So wir etwas bitten nach seinem Willen, so höret er uns. Und so wir wissen, dass er uns höret, was wir bitten, so wissen wir, dass wir die Bitten haben, die wir von ihm gebeten haben“ (1. Joh. 5, 14,15). Wir gleichen oft den Christen, die um Petrus Errettung flehen, aber zur Magd, die seine Errettung meldet, sprachen: „Du bist unsinnig“ (Apg. 12,5 u. 15), oder dem Zacharias, der um einen Sohn bat, aber bei der Ankündigung eines solchen zweifelnd fragte: „Wobei soll ich das erkennen?“ (Luk. 1,13 u. 18). Lasst uns statt dessen Elia ähnlich werden, der seinen Knaben auf den Berg schickte, weil er die Erhörung erwartete (Jak. 1,6-8).

3. Auch die siebenmalige Wiederholung von der Sendung des Knaben hat uns etwas zu sagen.

Sie zeigt uns, dass sein Gebet geduldig und anhaltend war. Sechsmal kam der Knabe mit der Meldung zurück: „Es ist nichts da!“ Während bei Elias Gebet um Feuer die Erhörung sofort eintrat, galt es bei dem Flehen um Regen zu warten. Es geht verschieden zu bei den Erhörungen. In der Öffentlichkeit ließ Gott die Erhörung alsbald eintreten, damit sein Name vor dem Volke geehrt werde. Im Verborgenen ließ er seinen Knecht durch Geduldsproben und Warteschulen hindurchgehen. So verfährt Gott manches Mal mit den Seinen. Wie dort das Gebet um äußeren Regen nicht schnell erhört wurde, so erfordert auch das Gebet um geistlichen Gnadenregen über eine Gemeinde oder Gegend oft viel Geduld. Elia ließ sich nicht entmutigen. Er fuhr fort mit Flehen bis die Erhörung kam.

Auch wir wollen uns nicht irre machen lassen, wenn sich die göttliche Antwort verzögert (Kol. 4,2). Anhaltendes Gebet hat Verheißung (Luk. 18,1-8). Jakob sprach: „Ich lasse dich nicht!“ und wurde zum Gottesstreiter (1. Mos. 32,27). Josua fiel auf sein Angesicht „bis auf den Abend“, dann wandelte sich die Niederlage in Sieg (Jos. 7,6). Hanna „betete lange vor dem Herrn“ in Silo, dann erhielt sie einen Samuel (1. Sam. 1,12).

So zeigt uns der Beter Elia, wie das demütige, gläubige und anhaltende Gebet zum Ziele gelangt.

Die kleine Wolke.

Und beim siebenten Mal sprach er: Siehe, es steigt eine kleine Wolke auf aus dem Meer wie eines Mannes Hand. Elia sprach: Geh hin und sage Ahab: Spann an und fahre hinab, damit dich der Regen nicht aufhält! Und ehe man sich's versah, wurde der Himmel schwarz von Wolken und Wind, und es kam ein großer Regen. Ahab aber fuhr hinab nach Jesreel. (1. Kön. 18,44.45)

Nachdem der Knabe Elias sechsmal vergeblich den Aussichtspunkt erstiegen hatte, brachte er von dem siebenten Gang die Nachricht zurück, dass eine kleine Wolke aus dem Meer aufsteige wie eines Mannes Hand. Was predigt uns dieses kleine Wölkchen? Es kann uns eine dreifache Lehre geben:

1. Zuerst kann es uns ermutigen, mit demütigem, gläubigem Gebet anzuhalten; denn dies Wölkchen ist eine Antwort auf Elias Gebet um Regen und ist ein Beweis dafür, dass Gott solches Flehen endlich erhört (Ps. 25,3a).

2. Es kann uns auch lehren, dass Gottes Verheißungen gewisslich in Erfüllung gehen. Denn dies Wölkchen ist die Erfüllung jener göttlichen Verheißung an seinen Knecht, dass er regnen lassen wolle auf Erden (18,1). So wie jene Zusage erfüllt wurde, so werden auch alle Gottesverheißungen eintreffen. „Denn des Herrn Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss“ (Ps. 33,4). Wie bei Josua nicht ein Wort fehlte von allem Guten, was Gott verheißen hatte (Jos. 23,14 u. 21,45), so wird sein Wort immer wahr werden.

3. Zuletzt lehrt uns auch dies kleine Wölkchen die Wahrheit, dass die großen, herrlichen Gnadenerweisungen Gottes oft gar klein und unscheinbar anfangen. Wie gering und kaum beachtenswert schien doch diese Wölkchen! Und welche eine große Bedeutung gewann es für das ganze Land Israel! Es sollte die lange, unsagbar schwere Gerichtszeit der Dürre und Hungersnot hinwegnehmen und die ersehnte Erquickungszeit des Regens herbeiführen. So handelt Gott auch sonst. Von seinem Reiche, das alle Völker überschatten soll, sieht man zuerst nichts als „ein Senfkorn“ (Mat. 13,32; vgl. Dan. 2,35b). Und Jesus selbst, der der rechte Bringer der Erquickungszeit und der Hinwegnehmer des göttlichen Gerichts ist, erscheint so gering in der Krippe zu Bethlehem. So lasst uns die Lehren des kleinen Wölkchens recht beherzigen.

Elia läuft vor Ahab her.

Und die Hand des Herrn kam über Elia, und er gürtete seine Lenden und lief vor Ahab hin, bis er kam gen Jesreel (1. Kön. 18,46).

Um das Vorauslaufen des Propheten vor Ahab recht zu verstehen, müssen wir an eine morgenländische Sitte denken, die schon Samuel erwähnte, als er dem Volke Israel die Rechte eines Königs auseinandersetzte. Dort sagte Samuel: „Das wird des Königs Recht sein, der über euch herrschen wird; eure Söhne wird er nehmen zu seinem Wagen und Reitern, und dass sie vor seinem Wagen herlaufen“ (1. Sam. 8,11). Aus dieser Stelle erkennen wir, dass Elia dem König Ahab einen damals üblichen Dienst erwies. Er übernahm die Stelle eines Trabanten oder Herolds, womit er Ahab eine besondere Ehre erwies. Dieser Dienst Elias dem Ahab gegenüber, kann uns einen dreifachen Wink geben:

1. Er zeigt uns die rechte Stellung zur weltlichen Obrigkeit.

Durch sein Vorauslaufen vor Ahab bezeugte Elia vor allem Volke: Ich will ein Diener meines Königs sein und mich unter ihn stellen. Dies ist um so beachtenswerter, weil Ahab zu den schlechtesten Königen in Israel gehörte (1. Kön. 16,29-33 und Kap. 21,25). Elia dachte nicht: Weil ich jetzt auf dem Karmel als göttlicher Prophet beglaubigt worden bin, so kann ich mich über Ahab erheben. Derselbe hat mir jetzt nichts mehr zu sagen.

Vielmehr bewies er durch die Tat: Ich bin und bleibe sein geringer Diener. Die Demut hat ihm die richtige Stellung gegenüber seinem weltlichen Herrscher gegeben. In einer Zeit, wo so oft an der Autorität der staatlichen Obrigkeit gerüttelt wird, wo viele noch recht junge und unerfahrene Menschen sich über dieselbe glauben hinwegsetzen zu dürfen, ist es doppelt heilsam, das demütige Verhalten eines wahren Gottesknechtes ihr gegenüber zu sehen. (Röm. 13,1-7; Spr. 24,21,22)

2. Auch die rechte Stellung zu unseren persönlichen Gegnern können wir aus dem Vorauslaufen Elias vor Ahab lernen.

Ahab war nicht nur König, sondern auch ein Widersacher Elias. Welch eine unfreundliche, ja geradezu gehässige Stellung Ahab gegen Elia einnahm, das sehen wir schon aus Ahabs Frage bei dem Empfang des Propheten nach der dreijährigen Teuerung. („Bist du, der Israel verwirrt?“)

Nun benimmt sich Elia gegen diesen Widersacher so, dass er es ihm wahrlich leicht macht, seine Feindschaft aufzugeben. Er ehrt ihn, hebt sein Ansehen vor dem Volke und sagt ihm mit der Tat gleichsam: Wenn du mich auch als einen Feind ansiehst und behandelst, so will ich dir doch beweisen, dass ich kein solcher bin.

Dies Vorauslaufen vor Ahabs Wagen war das Sammeln von feurigen Kohlen auf das Haupt eines Gegners (Spr. 25,22). Wenn die Steinkohlen selten und teuer sind, sprechen die Menschen oft von einer Kohlennot. Eine viel größere Kohlennot in der ganzen Christenheit ist oft der Mangel an diesen feurigen Kohlen, die mit Liebe den Feind zu bezwingen suchen. Als das Evangelium in eine heidnische Sprache (Usambara) übersetzt wurde, entstand durch ungenaue Kenntnis der Sprache ein böser Fehler. Man übersetzte die Anweisung Jesu (Mat. 5,39) also: „Wer mir einen Schlag auf den rechten Backen gibt, dem gib einen auf den linken.“ Der natürliche Mensch liebt es, seinen Feinden gegenüber nach dieser Übersetzung zu handeln. Wie anders handelte Elia, der Böses mit gutem vergalt. Dies allein ist die rechte Stellung zu den Widersachern (2. Mos. 23,4.5; 2. Kön. 6,21-23; Mat. 5,43-48; Röm. 12,18-21).

3. Eine Frage, die viele Christen bewegt, ist diese: Wie kann ich verirrten Sündern göttliche Wahrheiten nahebringen?

(Jak. 5,19.20; Ps. 51,15)

Auf diese Frage kann uns Elias Vorauslaufen vor Ahabs Wagen eine Antwort geben. Ahab war ein Sünder, der weit vom rechten Wege abgeirrt war. Elia hatte die Aufgabe, diesen Mann auf Gott zu weisen und ihm Gottes Wort zu sagen. Wie machte er das? Er sagte ihm einerseits die göttliche Wahrheit ohne jeden Abzug in ihrer ganzen Schärfe (Kap. 17,1; 18,18); aber andererseits ließ er ihn fühlen, dass er sich unter ihn stellte. Indem er freiwillig als sein Diener vor ihm herlief, sagte er ihm gleichsam: Die Sünde hasse ich zwar; aber den Sünder möchte ich gern durch Freundlichkeit gewinnen. Das ist der rechte Weg, um dem Worte Eingang zu verschaffen. Wie manchmal schaden wir unserem eigenen Einfluss dadurch, dass wir den anderen unsere innere Überlegenheit fühlen lassen. Die folge ist, dass wir ihn ärgern, so dass er nun gar nichts mehr von uns annehmen will. Wenn wir uns aber als demütige Diener verhalten, dann werden wir manchen geneigt machen, auf uns zu hören. So ist auch Jesus ein geringer Diener geworden, als er sogar dem Judas die Füße wusch (Joh. 13,5).

Lasst uns denn in unserem Verhalten gegen die Obrigkeit, gegen persönliche Gegner und gegen alle, denen wir Gottes Wort nahebringen möchten, Elia nachfolgen, der vor dem Wagen Ahabs herlief.

4. Woher bekam Elia die Kraft, Ahab vorauszulaufen?

Bei köstlichen Vorbildern taucht immer wieder die Frage auf: Wie bekommt man die Kraft, ihnen folgen zu können? Diese Frage wird da besonders entstehen, wo es sich darum handelt, unangenehmen, feindseligen Personen gegenüber in dienender, demütiger Liebe zu wandeln. Da ist es wichtig, zu erfahren, aus welcher Kraftquelle Elia diese Fähigkeit erhielt, einem Ahab gegenüber in der Liebe zu bleiben. Diese Kraftquelle lag in „der Hand des Herrn, die über ihn kam.“

Durch diesen Ausdruck zeigt die Schrift, dass ein von Gott stammender Trieb und eine von oben kommende Kraft Elia Macht gab, solchen Liebesdienst einem unwürdigen Ahab zu erweisen. Das ist Evangelium. In unserer Natur liegt nicht die Kraft, so zu handeln. Wir wollen keine Diener sein. Aber durch Jesu Geist kommt die göttliche Hand über uns, die uns nicht nur fähig macht, sondern sogar eine Freude daran gibt, unsere Natur in den Tod zu geben und die dienende Stellung einzunehmen, die unserer stolzen Adamsart so zuwider ist. Gottlob, dass diese Kraftquelle uns allen offensteht (2. Petr. 1,3; Kol. 3,12).

Elia flieht in die Wüste.

Eine dreifache Stellung zu göttlichen Segenszeiten.

Und Ahab sagte Isebel alles, was Elia getan hatte und wie er alle Propheten Baals mit dem Schwert umgebracht hatte. Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Die Götter sollen mir dies und das tun, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dir tue, wie du diesen getan hast! Da fürchtete er sich, machte sich auf und lief um sein Leben und kam nach Beerscheba in Juda und ließ seinen Diener dort. Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, HERR, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter. (1. Kön. 19,1-4)

Wie wichtig ist es, dass man zu besonderen göttlichen Segenszeiten die richtige Stellung findet.

1. Ahab zeigt uns, wie man den empfangenen Segen verlieren kann.

Er hatte Gottes Wunder auf dem Karmel erlebt, dazu eine demütige und freundliche Behandlung durch Elia auf dem Heimwege erfahren. Wie stellte er sich nun zu den erhaltenen Eindrücken? Dass er seinem Weibe den Verlauf des Tages erzählte, ist an und für sich nicht zu tadeln. Aber dass er sich ohne irgendwelche Vorsicht mit dieser Unterhaltung in eine ganz andere innere Luft hineinbegab, die geeignet war, in ihm allen Segen, den er empfangen hatte, zu ersticken, das war bedenklich. Ahabs Fehler war der, dass er sich alsbald nach jenem besonderen Segenstage dem göttlichen Einfluss des Propheten Elia entzog und dem ungöttlichen Einfluss seiner ruchlosen Gemahlin wieder ganz hingab. Jenes scheinbar unschuldige Gespräch bildete nur den Anfang hierzu, wie der weitere Verlauf ganz deutlich beweist (1. Kön. 21,7).

Dies kann uns zur Warnung dienen. Wie oft kommt es heute noch vor, dass sich Menschen nach gesegneten Versammlungen gleich wieder in einen Einfluss hineinbegeben, der ihnen innerlich schadet. Wenn Zedekia sich erst von Jeremia das Wort des Herrn sagen und nachher wieder von seinen Fürsten beraten lässt (Jer. 37 + 38), wenn Agrippa erst Paulus anhört und dann sich mit Festus und Bernice bespricht (Apg. 26,28-32), so laufen beide Gefahr, allen Segen zu verlieren. Lasst uns ihnen nicht folgen. Noch schlimmer ist die Stellung, welche Isebel zu dem großen Segenstage einnahm.

2. Sie zeigt uns so recht, wie man sich gegen göttliche Segnungen verschließen kann.

Wie hätte ihr Gewissen berührt werden können, als sie aus dem Munde ihres Mannes den Verlauf des großen Gottesgerichts auf dem Karmel vernahm! Aus diesem Bericht trat ihr doch die Macht und Herrlichkeit des Gottes Israels gewaltig entgegen und zeigte ihr die Torheit des Baalsdienstes, dem sie huldigte. Wenn es jemals im Leben der Isebel eine Stunde gab, wo ihr der Weg zur Umkehr nahegelegt wurde, so war es dieser Abend, an dem sie Gottes mächtige Hand erkennen musste. Die Tatsachen, die sie da erfuhr, forderten sie ernst zur Änderung ihres Lebens auf. Wie schön wäre es gewesen, wenn sie zur Einsicht gekommen wäre und bei Elia Rat gesucht hätte. Aber das Gegenteil war der Fall. Sie wurde voll Wut und Ingrimm. Sie endigte jenen großen Gnadentag mit einem Ausdruck höllischen Hasses gegen Elia. Keine Spur von Segen ließ sie in ihr Herz dringen.

Vielmehr eilte sie, jeden Eindruck dieses Tages bei sich und ihrem Manne möglichst schnell zu verwischen. Wie schrecklich ist es, solch große Dinge zu vernehmen wie Isebel, und dennoch so gottlos zu bleiben wie sie! Man kann Lazarus' Auferweckung erfahren und dann ratschlagen, wie man Jesum tötet (Joh. 11,46-53). Man kann von Jesu Auferstehung Kenntnis erhalten und sodann das Land mit Lügen erfüllen (Mat. 28,11-15). Man kann Pfingsten erleben und die Apostel verspotten (Apg. 2,13). Gott bewahre uns vor solcher Stellung.

3. Die richtige Stellung zu besonderen Segenszeiten sehen wir bei Elia selbst.

Schon früher (1. Kön. 18,42) beobachteten wir, wie er sich nach der herrlichen Gottesoffenbarung in die einsame Gebetsstille zurückzog, wie auch wir uns nach besonderen Segenszeiten zwiefach ins Kämmerlein begeben wollen. Weiter schauten wir, dass Elia (1. Kön. 18,46) in seinem Vorherlaufen vor Ahab einen den Segenstag entsprechenden Wandel führte; wie auch wir jeden Segen, der nicht verlorengehen soll, in die Tat umsetzen müssen. Vor allem gibt uns unser Text einen wichtigen Wink zur Bewahrung und Vertiefung eines Segens. Er zeigt uns, dass der Prophet sich nach den Höhen einer Glaubenserfahrung willig in die Tiefen einer schweren Anfechtung hineinführen ließ und auch in dieser seinem Gott treu und gehorsam blieb. Wo wird der Segen am gründlichsten vertieft? Nicht auf den sonnigen Wegen glänzender Erfolge, sondern in Leiden und Anfechtungen, die keinem Gottesknecht erspart werden (Jak. 1,2).

Elias Anfechtung.

Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, HERR, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter. Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iss! (1. Kön. 19,4-5)

Lasst uns beim Anblick der tiefen Anfechtung Elias erstens auf den Segen der Anfechtung, zweitens auf die Gefahr derselben, drittens auf die Heilung von ihr achten.

1. Der Segen der Anfechtung.

Elia hatte getan, was er konnte. Gehorsam war er Gottes Leiten gefolgt, demütig hatte er seinen Feind geliebt, selbstlos hatte er für Gottes Ehre geeifert. Dennoch trat der von ihm gewünschte Erfolg nicht ein. Die einflussreichste Person des Landes, Isebel, schloss sich der herrlichen Reformationsbewegung im Volke nicht an, sondern widerstand ihr in wütendem Hass. Der Anblick dieses Hindernisses brachte Elia in schwere Anfechtung. Unter einem Wüstenstrauche schüttete er sein Herz vor Gott aus und bat um den Tod. Bei allem tiefen Kummer, den der Prophet in diesen Stunden durchlebte, fällt uns ein Segen auf, den diese Anfechtung mit sich brachte. Es ist die Vertiefung in der Herzensdemut.

Nachdem er ein ganzes Volk zur Anerkennung Jehovas gebracht hatte und vom Volk ohne Zweifel als großer Prophet verehrt wurde, musste er selbst in das Gefühl tiefen Elends und eigener Ohnmacht hinabsinken und das Bewusstsein in sich tragen, dass er „nicht besser sei, als seine Väter“.

Wie gefährlich sind doch hohe, glänzende Erfolge für den besten und frommsten Menschen. Wie nahe liegt das Gefühl der Selbstüberhebung, dass sich selbst etwas von der erzielten Wirkung zuschreibt! Elia war ein Mensch wie wir (Jak. 5,17) und deshalb ebenso wie Paulus solcher Gefahr zugänglich (2. Kor. 12,7-9). Da ließ es Gott kommen, dass er gleich nach seinem höchsten irdischen Erfolg durch schwierige Umstände in tiefe Betrübnis und Anfechtung geriet. Dort blieb er, wie seine Äußerung zeigt, im Demutstale bewahrt. Jede Anfechtung, die uns tiefer in die Demut hineinführt, müssen wir eine gesegnete nennen, wenn sie gleich noch so hart und bitter erscheint.

2. Die Gefahr der Anfechtung.

Neben dem Segen der Anfechtung wollen wir auf die Gefahr derselben achten. Die Worte Elias unter dem Wüstenstrauch zeigen uns nicht nur eine demütige, sondern auch eine düstere, lebensmüde, fast verzagende Stellung. Hier tritt etwas von der menschlichen Seite des Propheten zutage. Wenn der Erfolg nicht den Erwartungen eines Knechtes Gottes entspricht, so ist immer die Gefahr da, dass dieser in große Niedergeschlagenheit hineingerät. Wenn jemand nach treuester Arbeit den schnödesten Undank, ja Grimm und Hass erntet, so ist es begreiflich, dass er am liebsten aus dem Kampfesleben enthoben wäre. Ja, es kann soweit kommen, dass einer zu gar nichts mehr in diesem Leben nützlich zu sein meint und es für das beste hält, dass Gott ihn bald abrufe. Auch Jeremia und Hiob haben solche Anfechtungen erfahren (Jer. 20,14-18; Hiob 3,3ff).

Wie mannigfach sind doch die inneren Gefahren, denen wir anheimfallen können. Auf der einen Seite kann jemand in den Irrtum geraten, dass er sich selbst für unentbehrlich im Reiche Gottes hält. Auf der anderen Seite kann ein wahrer Gottesknecht verzagt und lebensmüde darniederliegen in der Meinung, nichts mehr auf der Erde machen zu können (Jes. 49,4). Wenn uns auch hier die menschliche Schwachheit bei Elia entgegentritt, so wollen wir doch festhalten: Es ist besser, sich selbst für unnütz zu halten (Luk. 17,10), als sich und sein eigenes Wirken zu überschätzen.

3. Die Heilung von der Anfechtung.

Zwei Irrwege finden sich häufig bei denen, die Heilung von allerlei Niedergeschlagenheit suchen. Auf der einen Seite kann man die Traurigkeit nur auf leibliche Ursachen zurückführen und mit äußeren Mitteln vertreiben wollen. Diesen Irrweg pflegt die Welt zu gehen, wenn sie von einem Arzt zum anderen und von einer Erholung zur anderen sich begibt, und ein Stärkungsmittel nach dem anderen sucht, um von schwermütigen Gedanken und Stimmungen geheilt zu werden. Auf der anderen Seite kann man die äußeren Heilmittel, die Gott auch gegeben hat, verachten. In diesen Irrtum sind bisweilen Gläubige schon geraten, als sie unter allen Umständen jede ärztliche Hilfe und alle von Gott geschenkten Heilmittel verwarfen. Die göttliche Heilung, die wir bei Elia hier beobachten, hat eine doppelte Seite: Gott gibt ihm eine äußere Stärkung durch Schlaf und Speise und eine innere Erquickung durch sein Wort und seine Unterweisung (V. 5-18).

Beides tut angefochtenen Seelen oft not. Wenn unser Leib durch gesunden Schlaf und richtige Ernährung gestärkt wird, so weichen oft trübe Gedanken und Stimmungen wie von selbst. Das wichtigste aber ist ein von Gott geschenktes Wort, das uns die freudige Zuversicht wiedergibt, dass er uns nicht verlassen hat, vielmehr sich um uns bekümmert und uns leiten und brauchen will. Dies Wort bekam Elia zunächst in der zweimaligen Aufforderung, Speise und Trank zu nehmen und in der Mitteilung, dass er einen weiten Weg vor sich habe. Wie wohl muss ihm der Beweis göttlicher Fürsorge in dieser Lage getan haben!

Lasst uns die Treue Gottes beachten, der seine Knechte nicht in der Anfechtung stecken lässt. Einem angefochtenen Asaph gibt er im Heiligtum neue Blicke (Ps. 73,17). Einem bekümmerten Mose stellt er 70 Älteste an die Seite, die ihm die Last tragen helfen (4. Mose 11,11-17). Einem weinenden, kranken Hiskia legt er 15 Jahre zu (Jes. 38,2-5). Er wird auch uns durch solche Zeiten hindurchtragen und von der Anfechtung zu heilen wissen (Ps. 145,14; 103,5).

Ein nicht erhörtes Gebet.

Er bat, dass seine Seele stürbe (1. Kön. 19,4).

Wir bewundern oft die Treue Gottes in Elias Leben, die sich in der Erhörung seiner Gebete zeigt. Auf sein Gebet wird der Himmel geschlossen, dass es nicht regnet, und wieder geöffnet, dass die Dürre aufhört (Jak. 5,17+18). Auf sein Gebet bekommt ein Vater seinen Sohn wieder (1. Kön. 17,22) und fällt Feuer auf das Opfer herab (Kap. 18,38). Aber nicht nur im Erhören, sondern auch im Abschlagen seiner Bitte zeigt sich die große Treue Gottes bei Elia. Nicht immer geht es nach dem Wort: „Und der Herr erhörte die Stimme Elias“ (1. Kön. 17,22). Auch die großen Männer im Reiche Gottes erlebten es, dass ihre Bitten abgelehnt wurden. Ein Mose durfte trotz seines Gebets nicht in das gute Land hineinkommen. (5. Mos. 3,23-26). Einem Paulus blieb trotz dreimaligen Flehens der Pfahl im Fleisch (2. Kor. 12,7-9). So durfte auch Elia nicht so früh abscheiden, wie er es in trüber Zeit gern getan hätte.

Lasst uns aber bei dieser Aliasbitte nicht nur auf den äußeren Wunsch, sondern auch auf das innerste Sehnen des Beters achten. Sein Gebet enthielt allerdings den Wunsch, hier in der Wüste sterben zu dürfen. Sein innerstes Verlangen aber, das sich in diesem Seufzer äußerte, war doch auf das Aufhören der trüben Erfahrungen und auf das Schauen göttlicher Herrlichkeit gerichtet. Dieses tiefste Sehnen, das seiner Bitte zugrunde lag, stille Gott durch die wunderbare Kraft, die er ihm bei dem Horeb zeigte. So ist sein Seufzen im Grunde dennoch erhört.

„Wenn unser Herze seufzt und schreit.
Wirst du gar leicht erweicht
und gibst uns, was uns hoch erfreut
und dir zur Ehr' gereicht.“

Die Kraft der göttlichen Speise.

Und er stand auf und aß und trank und ging durch Kraft derselben Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes Horeb (1. Kön. 19,8)

Als Elia die vom Engel gewiesene Speise genommen hatte, konnte er 40 Tage und 40 Nächte die Wüste durchwandern bis zum Horeb. Diese Tatsache zeigt uns so recht, welche Kraft eine göttliche Speise verleihen kann. Lasst uns nach 3 Seiten die Wirkung derselben beachten:

  1. Sie gab dem Propheten Kraft, einen öden, menschlich gesprochen, langweiligen Weg zu machen. Denn wenn auch viele Pfade an Israels Wüstenzug dort erinnerten, so war es doch bis auf wenige Ausnahmen immer ein sandiger und eintöniger Weg.
  2. Sie gab ihm auch Kraft, in der Dunkelheit zu wandern; denn er wanderte nicht nur 40 Tage, sondern auch 40 Nächte. Mit der Nacht verbanden sich auch allerlei Gefahren, z.B. die der Raubtiere (Ps. 104,20).
  3. Endlich gab sie ihm Kraft, einen sehr langen, weiten Weg zurückzulegen; denn die Entfernung von Beer-Seba bis zum Horeb beträgt 40 bis 45 deutsche Meilen, deren Zahl gewiss durch mancherlei Umwege wie einst bei Israels Zug vermehrt wurde.

Auch in unserem Lebenswege kann es Abschnitte geben, die uns gar öde und eintönig, oder finster und gefährlich oder weit und beschwerlich vorkommen. In eigener Kraft können wir solche Wege nicht machen. Aber in Kraft einer Gottesspeise, die wir vor allen Dingen im Worte empfangen, die uns der Herr aber auch auf andere Weise, etwa im Kämmerlein oder in der Gemeinschaft geben kann, vermögen wir die von Gott uns befohlenen Wege zurückzulegen, auch wenn sie noch so schwierig erscheinen. Die Gottesoffenbarung am Horeb.

Elia wird von Gott unterrichtet.

Und er kam dort in eine Höhle und blieb dort über Nacht. Und siehe, das Wort des HERRN kam zu ihm: Was machst du hier, Elia? (1. Kön. 19,9)

Elia war ein Knecht Gottes, der ein ganzes Volk in Gottes Wegen unterwies. In der Höhle des Horeb sehen wir, wie dieser Lehrer eines Volkes im Verborgenen selbst vom Herrn unterwiesen wurde. Ein Arbeiter im göttlichen Weinberge bedarf immer wieder, besonders nach Zeiten wichtigen göttlichen Hervortretens, solcher Stunden, wo er in der Stille selbst göttlichen Unterricht empfängt. Elia hatte noch nicht ausgelernt. Er blieb ein Schüler. Er hatte Zeichen und Wunder getan, Gerichts- und Gnadenzeit in Gottes Auftrag verkündigt. Mancher Israelit jener Zeit hätte wohl denken können: Dieser Mann ist in Gottes Wegen so bewandert, dass er keiner neuen Belehrung bedarf. Solche Gedanken sind Torheit.

Auch der heiligste Gottesknecht, der im Wetter heimgeholt wird, hört in seinem Pilgerstand nicht auf zu lernen. Auch er muss noch eigene Gedanken fahren lassen und neue göttliche Gedanken in sich aufnehmen.

Kein wahrer Christ wird sich einbilden, dass er Elia gleichkomme. So wird auch kein wahrer Christ, wenn er der Schrift folgt, glauben, dass er ausgelernt habe auf seinem Erdenwege. Ein Petrus nimmt noch im Alter Belehrung von Paulus an (Gal. 2,14). Ein bewährter Paulus lässt sich noch von Jüngern in Ephesus raten (Apg. 19,30). Ein Johannes muss sich noch im letzten Kapitel der Bibel von einem Irrtum abbringen lassen (Off. 22,9). Auch wenn jemand die herrlichsten Erfolge in der Arbeit gehabt haben sollte, dürfte er sich nie in der göttlichen Schule für fertig ansehen. Der Anblick Elias in der Höhle am Horeb soll uns zurufen: Wir bleiben Schüler, solange wir wallen (Phil. 3,12-14).

Elia schüttet dem Herrn sein Herz aus.

Er sprach: Ich habe geeifert für den HERRN, den Gott Zebaoth; denn Israel hat deinen Bund verlassen und deine Altäre zerbrochen und deine Propheten mit dem Schwert getötet, und ich bin allein übrig geblieben, und sie trachten danach, dass sie mir mein Leben nehmen. (1. Kön. 19,10)

In unserer Zeit gibt es viele Menschen, denen es schwer wird, sich in die Ereignisse hineinzufinden, die sie betroffen haben. Sie vermögen Gottes Führungen nicht zu verstehen. Unser Text enthält gerade für solche Menschen einen Wink. Auch Elia wurde es schwer, sich in den Erlebnissen, die hinter im lagen, zurechtzufinden.

Gott weiß das rechte Heilmittel für diesen Zustand seines treuen Knechtes. Durch die Frage, was er hier mache, bewegt er ihn, sein Herz ganz vor ihm auszuschütten. Dieses Erzählen seines Kummers vor Gott war gerade das, was Elia Not tat.

Dies ist auch für alle Menschen, die in ähnlicher Lage sind, ein treffliches Mittel. Es gilt den Rat des Psalmisten zu befolgen: „Liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus“ (Ps. 62,9). Wenn die traurigen Emmausjünger dem Heiland die Ursache ihrer Niedergeschlagenheit erzählen (Luk. 24,17-19), wenn der angefochtene Johannes der Täufer seine Fragen vor Jesus kundwerden lässt (Mat. 11,3), wenn Moses so manches Mal zu Gott schreit und ihm seinen Druck sagt (2. Mos. 15,25 und 17,4; 4. Mos. 16,4), wenn Hiskia seinen Brief vor Gott ausbreitet (2. Kön. 19,14), so sind diese alle auf dem richtigen Wege. Wie mancher fühlt sich schon erleichtert, wenn er einem treuen Gottesknecht seine Not erzählt. Wie viel mehr wird dies der Fall sein, wenn er dem göttlichen Vaterherz alles offenbart. Lasst uns wie Elia unsere Not vor Gott hinlegen, damit wir, wie jener Gottesknecht, das uns nötige Licht empfangen.

Der Sturmwind.

Der Herr sprach: Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR wird vorübergehen. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem HERRN her; der HERR aber war nicht im Winde (1. Kön. 19,11).

Aber der HERR sprach zu ihm: Geh wieder deines Weges durch die Wüste nach Damaskus und geh hinein und salbe Hasaël zum König über Syrien (1. Kön. 19,15).

Fragen wir nun, was die einzelnen nacheinander folgenden Naturerscheinungen, die Elia am Horeb sah, für eine Bedeutung haben. Auf diese Frage geben uns die unmittelbar folgenden göttlichen Aufträge an Elia die richtige Antwort. Die erste Naturerscheinung des Sturmwindes wird uns durch den ersten Befehl, Hasaël zum König von Syrien zu salben, erklärt. Hasaël war der Mann, welcher später Israel mit furchtbaren Kriegen bedrängte. Die Salbung und Thronbesteigung dieses Herrschers bedeutete für das benachbarte Israel das Herannahen eines Sturmwindes, der Berge zerriss und Felsen zerbrach. Denn wie ein heftiger Orkan oft ganze Landstriche verwüstet, so kann ein Krieg die blühendsten Länder in Trümmerhaufen verwandeln. Diese schreckliche Wirkung wird ein Krieg besonders dann haben, wenn er mit der Grausamkeit eines Hasaël geführt wird, der weder Kinder noch junge Mütter schonte, alle auf entsetzliche Weise niedermachte und ganze Städte in Flammen aufgehen ließ (2. Kön. 8,12; 10,32.33; 12,18.19, resp. 17.18). Dieser Sturmwind der verwüstenden Hasaëlkriege war das erste Gericht über das abgefallene Israel, welches dem Propheten vorausgezeigt wurde (11,17a).

Es zeigt uns den Ernst Gottes gegenüber einem Volke, dem er sein Wort anvertraut hat, und mahnt uns, der Zeit zu gedenken, wo ebenfalls der Sturmwind furchtbarer Kriege vor dem Herrn hergehen wird (Mat. 24,6-8). Wohl allen, die bei dem Heranbrausen jenes Berge zerreissenden und Felsen zerbrechenden Windes auf dem einzigen Berge stehen, der festbleibt, auf Zion, und auf dem Felsen seiner Gnade, der nicht hinfällt (Jes. 54,10).

Das Erdbeben.

Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der HERR war nicht im Erdbeben (1. Kön. 19,11)

Salbe Jehu, den Sohn Nimsis, zum König über Israel (1. Kön. 19,16).

Und es soll geschehen: Wer dem Schwert Hasaëls entrinnt, den soll Jehu töten (1. Kön. 19,17).

Die zweite Naturerscheinung, die Elia sah, war ein Erdbeben. Was dies Erdbeben bedeutet, kann uns der zweite Auftrag von Elia zeigen: „Salbe Jehu, den Sohn Nimsis, zum König über Israel!“ Jehu war der Mann, der im Innersten des Landes eine Revolution herbeiführte. Er vollzog das gewaltige Strafgericht an dem Herrscherhause Ahabs, dessen Geschlecht er vollständig ausrottete. Die Salbung Jehus hatte in der Tat für das Land Israel die Wirkung eines Erdbebens. Denn wie ein Erdbeben feste, sichere Häuser ganz plötzlich ins Wanken bringt und zusammenstürzen lässt, so brachte diese Erhebung Jehus den wichtigsten Platz des Landes, den Königsthron, unerwartet zum Zusammensturz (2. Kön. 9). Furchtbar war dieses Erdbeben, welches das Haus Ahabs für immer vom Erdboden verschwinden ließ (2. Kön. 10).

Der Anblick desselben kann uns zu treuer Fürbitte für unser Herrscherhaus und unsere Obrigkeit antreiben. Gott bewahre uns in Gnaden, wenn es sein kann, vor ähnlichen Schreckenszuständen. Zur Zeit des Königs Usia entstand einst ein Erdbeben, bei welchem die erschrockenen Einwohner aus ihren Häusern heraus in ein Bergtal flüchteten (Amos 1,1; Sach. 14,5). Nicht geringer ist der Schrecken, den solche inneren Umwälzungen in einem Lande hervorrufen können. Das wird man besonders in der letzten Zeit spüren, wo beiderlei Schrecken sich vereinigen wird, wo in der Natur draußen und im Völkerleben drinnen allerlei ins Schwanken gerät, was man für bleibend sicher gehalten hatte (Mat. 24,7).

Das Feuer.

Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der HERR war nicht im Feuer. (1. Kön. 19,12a).

Salbe Elisa, den Sohn Schafats, von Abel-Mehola zum Propheten an deiner Statt. (1. Kön. 19,16b).

Und wer dem Schwert Jehus entrinnt, den soll Elisa töten (1. Kön. 19,17b).

Die dritte und letzte Naturerscheinung, die vor dem Herrn herging, war ein Feuer. Dieses Feuer vollendete das Zerstörungswerk, welches Sturmwind und Erdbeben begonnen hatten. Stellen wir uns einmal eine blühende Landschaft vor, die von einem vernichtenden Orkan heimgesucht und unmittelbar darauf von einem Erdbeben noch gründlicher zerstört und endlich von einem ausbrechenden Feuer der letzten Schönheit beraubt wird, dann haben wir das Bild des Gerichtes, welches Israel für seine Abgötterei treffen sollte. Der letzte Teil desselben sollte durch Elisa vollstreckt werden (V. 17), dessen Tätigkeit dem Feuer glich, welches dem Sturmwind und Erdbeben folgte.

Fast will es uns wundern, dass Elisa als Werkzeug des göttlichen Gerichts hingestellt wird, weil er doch ganz anders als Hasaël und Jehu wirkte, und seinem Volke in gar vielen Fällen Heil und Hilfe brachte. Wir müssen aber bedenken, dass Elisas Wirksamkeit neben der aufbauenden und helfenden auch eine gerichtliche und strafende Seite gehabt hat. Dies zeigt sich bei den spottenden Knaben zu Bethel, die auf seinen Fluch von Bären zerrissen wurden (2. Kön. 2,23,24). Es zeigt sich bei dem unaufrichtigen, habsüchtigen Gehasi, den er mit Aussatz bestrafte (2. Kön. 5,27), und bei dem Ritter, der Gottes Verheißung ungläubig verspottete und dann nach dem durch Elisa geredeten Wort zertreten wurde (2. Kön. 7,1 u. 2 und 17-20), wozu gewiss noch manche Beispiele kommen, die wir nicht kennen. So war Elisas Wort ein Feuer, ja auch ein Schwert, das manche traf, die dem Gericht durch Hasaël und Jehu entgangen waren.

Gottes Wort ist allezeit nicht nur ein Balsam, der Wunden heilt, sondern kann auch ein Feuer sein, das die Gottlosen vernichtet (Jer. 23,29).

Das stille, sanfte Sausen.

Und nach dem Feuer kam ein still, sanftes Sausen (1. Kön. 19,12).

Gott zu schauen und seine Herrlichkeit kennen zu lernen, war von jeher das Sehnen der Männer Gottes. Hier in dieser Erscheinung offenbart sich Gott seinem Knechte Elia („und der Herr ging vorüber“). Wie einst für Mose in jener Felsspalte die Bitte erfüllt wurde: „Lass mich deine Herrlichkeit sehen“ (2. Mos. 33,18 u. 34,6), so durfte auch Elia, vielleicht am gleichen Platze, Gottes Wesen näher kennen lernen. Sturmwind, Erdbeben und Feuer waren vor dem Herrn hergegangen. Nach diesem empfindet Elia Gottes Gegenwart in seinem stillen, sanften Sausen. Die Gott vorangegangenen Erscheinungen waren von vernichtender und zerstörender Wirkung. Es waren Strafen und Gerichte, welche das Land treffen sollten. In diesen zerstörenden Gerichten lernt man aber das eigentliche Wesen Gottes nicht kennen. Wohl heben diese ihren gottgewollten Zweck. Wohl machen sie Bahn für die nachfolgende Offenbarung Gottes und sind deshalb nie zu verachten.

Aber die Gegenwart des Herrn verspürt Elia erst in einem zarten Flüstern (wörtl.). Dieses ist im Vergleich mit Wind, Erdbeben und Feuer etwas unaussprechlich Wohltuendes und Erquickendes. Es hat etwas Heilendes und Beruhigendes an sich. In diesem Gnadenton, der dem Donner des Gesetzes und den Schrecken des Gerichts folgt, zeigt Gott sein eigentliches Wesen. Diese Offenbarung enthält besonders den großen Trost, dass wir die vernichtende Heimsuchungen als Anbahnung göttlicher Gnadenoffenbarung ansehen dürfen. Das gilt auch für die letzten Trübsale, die Gottes Wort „Wehen“ nennt (Mat. 24,8 wörtl.), nämlich Geburtswehen einer herrlichen Gnadenzeit, die darauf folgt.

Die Wirkung des stillen, sanften Säuselns.

Und da das Elia hörte, verhüllte er sein Angesicht mit seinem Mantel und ging heraus und trat in die Tür der Höhle (1. Kön. 19,13a).

Eine doppelte Wirkung übte das stille, sanfte Sausen auf Elia aus: Auf der einen Seite erfüllte es ihn mit tiefer Ehrfurcht; denn er wagte nicht, mit unverhülltem Angesicht an dieser Stätte zu stehen, sondern verhüllte dasselbe mit seinem Mantel. Auf der anderen Seite ermutigte es ihn, aus seiner Höhle herauszutreten und dem zu nahen, der ihm diesem zarten Ton begegnete. Sturm, Erdbeben und Feuer ließen ihn noch in der Felsspalte zurückbleiben, das sanfte Säuseln lockte ihn hervor.

Diese doppelte Wirkung übt Gottes Gegenwart heute noch aus. Auf der einen Seite beugt sie uns, dass wir voll Ehrfurcht mit Jesaja ausrufen möchten: Weh mir ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen (Jes. 6,5). Auf der anderen Seite erhebt und ermutigt sie uns, Gott zu nahen.

Besonders offenbart sich diese Doppelwirkung bei gesalbter Verkündigung des Wortes vom Kreuz. Dort vernehmen wir das stille, sanfte Sausen am besten. Wenn in Johannis Bußpredigt Sturmwind, Erdbeben und Feuer an uns vorübergingen und nun im Hinweis auf das Lamm Gottes das innerste Wesen des Herrn sich uns offenbart, dann möchten wir unser Angesicht in Demut und Ehrfurcht verhüllen, und empfangen Freudigkeit, zu ihm zu kommen. Seine Hirtenstimme gibt Mut.

Elia empfängt neue Befehle von Gott.

Aber der HERR sprach zu ihm: Geh wieder deines Weges durch die Wüste nach Damaskus und geh hinein und salbe Hasaël zum König über Aram und Jehu, den Sohn Nimsis, zum König über Israel und Elisa, den Sohn Schafats, von Abel-Mehola zum Propheten an deiner Statt (1. Kön. 19,15.16).

Elia verzagte unter dem Wacholder schier daran, auf Erden noch eine Aufgabe vollbringen zu können, die dem Reiche Gottes nützlich wäre. Gott aber gibt ihm in diesen Versen noch höchst wichtige Aufgaben, die er ausrichten sollte. Zwei Könige und seinen Nachfolger sollte er einsetzen, deren Wirksamkeit von größter Bedeutung für die Verwirklichung göttlicher Pläne war.

Was sagt uns dieser neue göttliche Befehl an Elia? Er erinnert uns daran, dass niemand von uns selbst bestimmen oder wissen kann, wann sein Tagewerk vollendet ist. Wir können uns irren, wenn wir meinen, dass uns doch diese oder jene Aufgabe beschieden sei, wie Jonathan glaubte, dass er als Davids Freund an seiner Regierung teilnehmen würde, während Gott ihn durch einen frühen Heldentod zu sich nehmen wollte (1. Sam. 23,17). Wir können uns aber auch irren, wenn wir unser Tagewerk schon für beendet halten. Die rechte Stellung ist die des Paulus, der froh ist, wenn Gott ihn abrufen will, aber auch freudig bereit ist, wenn Gott ihn zu weiterem Dienst gebrauchen will, um Frucht zu schaffen (Phil. 1,21-24).

Wenn es sich auch nicht um große Dinge handelt, wie bei jenem Propheten, so hat doch der Herr jedem seiner Jünger eine bestimmte Aufgabe zugewiesen, deren Begrenzung und Ausdehnung wir ihm überlassen wollen. Lasst uns nur darauf bedacht sein, dem nachzufolgen, der vor seinem Abschied sagen konnte: Ich habe vollendet das Werk, das du mir gegeben hast, dass ich es tun soll (Joh. 17,4).

Ein wichtiger Trost für Elia.

Und ich will lassen übrigbleiben siebentausend in Israel: alle Knie, die sich nicht gebeugt haben vor Baal, und allen Mund, der ihn nicht geküsset hat (1. Kön. 19,18).

Wie oft gibt es Seelen, die sich in ihrer Umgebung einsam fühlen in ihrer Glaubensstellung. Auch Elia fühlte sich in seinem Eifer für Jehova einsam in seinem Lande. Gott gibt ihm einen Trost für dieses Gefühl der Vereinsamung. Er öffnet ihm die Augen über einer großen Zahl Treugebliebener, die sich nicht in den allgemeinen Götzendienst ihrer Zeit hatten hineinziehen lassen. Wie stärkend muss diese Nachricht dem Propheten gewesen sein! Wenn er auch im Einzelnen nicht wusste, wo sich diese siebentausend befanden, so durfte er doch von jetzt ab mit dem Bewusstsein durch sein Land wandern, dass sich da und dort noch gläubige Beter befanden, die innerlich mit ihm auf gleichem Boden standen. Gott zeigt auch uns in seinem Worte, dass es oft auch da und dort noch Gläubige gibt, wo wir es wohl nicht gedacht hätten. Einem Abraham begegnete in einem Lande des Götzendienstes ein Melchisedek, von dem niemand bis dahin etwas wusste (1. Mos. 14,17). In der Stadt Jericho treffen die Kundschafter Josuas eine Frau, die Glauben hat an den Gott Israels (Jos. 2,1-11). Wo alle Fürsten Jeremia verhungern lassen wollen, da hört man von einem Negersklaven, der auf der Seite des Glaubens steht (Jer. 38,7-13). Am Hofe Neros kennt Paulus Gotteskinder (Phil. 4,22), und im römischen Offizierkorps zu Kapernaum lernt man einen demütigen Helden des Glaubens kennen (Luk. 7,9). In der üppigen Stadt Korinth hat Gott sein „großes Volk“ (Apg. 18,10); und zur Zeit, wo Isebel die Macht hat, leben 7000 in Israel, die Baal keine Verehrung erzeigen. Solcher Anblick kann einsame, angefochtene Seelen trösten und sie vor Schwarzseherei bewahren.

Elia beruft Elisa zum Nachfolger.

Und Elia ging von dort weg und fand Elisa, den Sohn Schafats, als er pflügte mit zwölf Jochen vor sich her, und er war selbst bei dem zwölften. Und Elia ging zu ihm und warf seinen Mantel über ihn. Und er verließ die Rinder und lief Elia nach und sprach: Lass mich meinen Vater und meine Mutter küssen, dann will ich dir nachfolgen. Er sprach zu ihm: Wohlan, kehre um! Bedenke, was ich dir getan habe! Und Elisa wandte sich von ihm weg und nahm ein Joch Rinder und opferte es, und mit den Jochen der Rinder kochte er das Fleisch und gab's den Leuten, dass sie aßen. Und er machte sich auf und folgte Elia nach und diente ihm. (1. Kön. 19,19-21)

Bei der Berufung Elisas zum Nachfolger Elias lasst uns auf die Zeit, Art und Wirkung dieser Berufung achten.

1. Was die Zeit betrifft,

so fällt uns auf, dass der zuletzt gegebene Befehl Gottes (V. 15.16) zuerst ausgeführt wird. Elia sollte Hasaël, Jehu und Elisa salben. Die zwei ersten Salbungen werden vorläufig noch nicht ausgeführt, sondern erst später durch Elisa (2. Kön. 8,13; 9,1-3).

Es war nicht nötig, dass Hasaël und Jehu vor Elisa berufen wurden. Gott hatte in seinen Befehlen die Salbung jener zwei Könige nicht deshalb vorangestellt, weil sie der Zeit nach zuerst erfolgen sollte, sondern weil sie in dem Gericht über Israel, welches Elia gezeigt wurde (V. 17), den ersten Platz einnahm. Die Ernennung Hasaëls und Jehus zu Lebzeiten der noch regierenden anderen Könige war eine äußerst schwierige und gefährliche Aufgabe (1. Sam. 16,2), deren Zeitpunkt besonderer göttlicher Weisung bedurfte. Sie geschah erst dann, als nach göttlichem Willen das Gericht, durch diese beiden Männer beginnen sollte. Elia handelte also richtig, als er den zuletzt erhaltenen Befehl zuerst ausführte und mit den anderen noch wartete.

Wie wichtig ist es auch für uns, dass wir unter Umständen klar erkannte Aufgaben so lange zurückstellen, bis die göttliche Stunde dafür gekommen ist und solche in Angriff nehmen, für die Gott den Weg gebahnt hat.

2. Die Art der Berufung.

Wenn wir die Berufung Elisas in das heilige, wichtige Prophetenamt ansehen, so fällt uns die außerordentliche Einfachheit dieser Handlung auf. Wenn heute ein Mensch in einen hohen, ernsten Beruf eingeführt wird, so pflegt dies meist auf eine Weise zu geschehen, die auch für die Augen und Sinne etwas anziehendes, Eindrucksvolles, ja vielleicht Bestechendes hat. Dies ist hier gar nicht der Fall. Elia beruft den erkorenen Mann mitten in seiner Feldarbeit. Er wirft nur seinen Prophetenmantel, das Abzeichen des prophetischen Amtes, auf ihn. Damit ist alles geschehen. Und doch hat man den Eindruck, dass in dieser einfachen, schlichten Handlung ein Schritt getan ist, der große Bedeutung im reiche Gottes hat.

Lasst uns daraus die Lehre entnehmen, Wahre Feierlichkeit ist nicht an äußeren Ort, feierliche Gewänder oder Hinzuziehung vieler Personen u. dergl. gebunden. Sie hängt vielmehr davon ab, ob Gott dabei ist. Weil dieses einfache Zuwerfen des Mantels in göttlichem Namen und Auftrag geschah, deshalb lag große Bedeutung, Kraft und Segen in dieser Tat. Wie viel besser ist doch eine ganz einfache, schlichte Berufung, die nach Gottes Willen ist und auf sein Wort hin erfolgt, als eine solche, die mit großem Gepränge vollzogen wird, aber der göttlichen Beglaubigung entbehrt (Amos 5,21-24; 7,24.25).

3. Die Wirkung der Berufung.

Eine doppelte Freude darf Elia nach dem Zuwerfen des Mantels auf seinen Nachfolger erleben:

  • Der Gerufene ist sofort willig, zu folgen. Welch eine Mühe hat man doch oft, um Menschen zur Übernahme eines schweren Postens im Reich Gottes zu bewegen. Wie viel Gründe gegen die Annahme solcher Stellung werden oft vorgebracht. Demgegenüber ist es lieblich, zu sehen, wie leicht die Gewinnung eines Menschen geschehen kann, wenn Gott Bahn macht. Wenn der Herr einen Elisa beruft und willig macht, so braucht Elia nicht viel Worte zu machen. Ein Wink, der in göttlichem Auftrag gegeben wird, richtet mehr aus, als viel Zureden aus eigener Kraft.
  • die zweite Freude, die Elia zuteil wurde, war die, dass der Gerufene sich alsbald als der richtige Mann bewährt. Er „folgt“ und „dient“. Er wollte nicht selbst gleich die maßgebende, bestimmende Persönlichkeit sein, nach deren Wunsch und Meinung die Wege fortan gemacht werden sollten. Vielmehr nahm er sofort die untergeordnete, dienende Stellung Elia gegenüber ein. Welch ein Trost lag doch in der Gewinnung eines solchen Dieners für den angefochtenen Elia! Nun brauchte er sich nicht mehr so einsam in seinem Eifern für den Herrn zu fühlen. Er hatte jetzt einen treuen Gehilfen, der auf seine Gedanken ganz einging.

So endete die Geschichte der tiefen Anfechtung Elias mit der Erweisung göttlicher Treue und Aufrichtung für seinen Knecht (Ps. 34,23; 135,14; 86,4).

Elia straft Ahabs Sünde an Naboth.

Ein frommer Untertan.

Nach diesen Geschichten begab es sich: Naboth, ein Jesreeliter, hatte einen Weinberg in Jesreel, bei dem Palast Ahabs, des Königs von Samaria. Und Ahab redete mit Naboth und sprach: Gib mir deinen Weinberg; ich will mir einen Kohlgarten daraus machen, weil er so nahe an meinem Hause liegt. Ich will dir einen besseren Weinberg dafür geben, oder, wenn dir's gefällt, will ich dir Silber dafür geben, soviel er wert ist. Aber Naboth sprach zu Ahab: Das lasse der HERR fern von mir sein, dass ich dir meiner Väter Erbe geben sollte! (1. Kön. 21,1-3)

Zwei Gründe machen die Sünde Ahabs besonders schwerwiegend:

  1. Die vorangegangene Erfahrung Ahabs von Gottes gnädiger Durchhilfe. Unser Text beginnt mit den Worten: Nach diesen Geschichten. Mit diesem Ausdruck wird auf die im 20. Kapitel erzählte Begebenheit zurückgewiesen, wo uns ein zwiefacher Sieg Ahabs über den viel stärkeren Syrerkönig Benhadad berichtet wird. Beide Siege waren Ahab durch ein Wort Gottes vorausgesagt worden (20,13 und 28). In beiden Fällen hatte der Herr ihm auch den Zweck der göttlichen Hülfe kundgetan: Er sollte zur Erkenntnis Gottes kommen. Wie hätte diese göttliche Barmherzigkeit gegen ihn, den Unwürdigen, den König zur Umkehr bringen können. Es gibt Menschen, welche die wunderbarsten Erfahrungen von Gottes Hilfe machen und gleichwohl weiter sündigen (Dan. 5,22). Wie groß ist ihre Verantwortung.
  2. Der zweite Grund, welcher Ahabs Sünde erschwert, ist Naboths Treue gegen das göttliche Gesetz. Es war Vorschrift im Gesetz Moses, dass das Stammeserbteil erhalten werden musste (3. Mos. 25,23-28; 4. Mos. 36,7). Naboth handelte nach diesem Worte, als er Ahabs Bitte abschlug. Wir müssen diesen zarten Gehorsam gegen das göttliche Gesetz hoch achten. Es ist besser, die Gunst des Königs zu verlieren, als das göttliche Gebot zu übertreten (Ps. 119,51). Weil die Sünde an einem Manne verübt wurde, der nach Gottes Wort handelt, war sie besonders strafwürdig.

Ein armer König.

Da kam Ahab heim voller Unmut und zornig um des Wortes willen, das Naboth, der Jesreeliter, zu ihm gesagt hatte: Ich will dir meiner Väter Erbe nicht geben. Und er legte sich auf sein Bett und wandte sein Antlitz ab und aß nicht (1. Kön. 21,4).

Wie mancher glaubt, er würde glücklich sein, wenn er so mächtig und reich wäre wie ein König. Unser Text beweist uns, dass auch ein König, der keine wahre Gemeinschaft mit Gott hat, recht unglücklich sein kann. Wie zufrieden hätte Ahab sein können! An Ehre und Besitz mangelte es ihm nicht! In Samaria und Jesreel besaß er einen Palast (20,43 und 21,1). Sein mit einer Menge von Elfenbein geschmücktes Haus zog die Bewunderung vieler auf sich (1. Kön. 22,39). Und doch sehen wir diesen reichen, mächtigen Herrscher unglücklich auf seinem Lager liegen. Seinem ärmsten Untertan schmeckt das Essen besser als ihm.

Was ist die Ursache seines Unmutes? Nicht große, politische Gefahren bewegen sein Herz. Kein Benhadad ist mit einem Syrerheer auf dem Anmarsch gegen ihn (Kap. 20,1). Ein Wunsch nach einem Stückchen Land hat sein Herz so mächtig erfasst, dass er an allem anderen keine Freude mehr hat. Er meint, er müsse den Weinberg Naboths bekommen, damit sein Besitz abgerundet und sein Glück vollständig sei.

Wie arm ist dieser König, trotz all seiner Ehre und seines Reichtums. Ihm gleichen Tausende, die ihr Herz an einen irdischen Wunsch hängen, auf den sie nicht verzichten wollen. Wenn sie sich auch nicht so kindisch trotzig benehmen wie Ahab, so gehen sie doch ebenso unbefriedigt wie er dahin, weil ihr ungebrochener Eigenwille sie nicht glücklich werden lässt. Ein Joseph in Ägypten kann als Sklave viel zufriedener sein als ein Ahab auf dem Königsthron (1. Mos. 39,2).

Ein schändliches Eheweib.

Da kam seine Frau Isebel zu ihm hinein und redete mit ihm: Was ist's, dass dein Geist so voller Unmut ist und dass du nicht issest? Er sprach zu ihr: Ich habe mit Naboth, dem Jesreeliter, geredet und gesagt: Gib mir deinen Weinberg für Geld, oder, wenn es dir lieber ist, will ich dir einen andern dafür geben. Er aber sprach: Ich will dir meinen Weinberg nicht geben. Da sprach seine Frau Isebel zu ihm: Du bist doch König über Israel! Steh auf und iss und sei guten Mutes! Ich werde dir den Weinberg Naboths, des Jesreeliters, verschaffen. Und sie schrieb Briefe unter Ahabs Namen und versiegelte sie mit seinem Siegel und sandte sie zu den Ältesten und Oberen, die mit Naboth in seiner Stadt wohnten. Und schrieb in den Briefen: Lasst ein Fasten ausrufen und setzt Naboth obenan im Volk, und stellt ihm zwei ruchlose Männer gegenüber, die da zeugen und sprechen: Du hast Gott und den König gelästert! Und führt ihn hinaus und steinigt ihn, dass er stirbt (1. Kön. 21,5-10).

Es war niemand, der sich so verkauft hätte, Unrecht zu tun vor dem HERRN wie Ahab, den seine Frau Isebel verführte (1. Kön. 21,25).

Wie wichtig ist der Einfluss einer Gattin. Nicht jede Frau macht es wie das Weib des Pilatus, die ihren Mann vor der Sünde warnte (Mat. 27,19). Es gibt Hiobsweiber, die ihrem Ehemann raten: Sage Gott ab! (Hiob 2,9). Es gibt Saphiragattinnen, die mit ihrem Manne eins werden, zu lügen und zu heucheln (Apg. 5,9). Es gibt Delilas, die ihrem Simson die Haarlocken abschneiden (Richt. 16,16-29). Als einst der Feldhauptmann Naeman unmutig und zornig nach Hause ziehen wollte, haben ihn seine Knechte besänftigt (2. Kön. 5,13). Wie schön wäre es gewesen, wenn Isebel in dieser Stunde etwas von der Weisheit dieser Naemansknechte gehabt hätte, wenn sie ihren Mann beschwichtigt und zu seinem Heil beeinflusst hätte.

Aber das war nicht der Fall. Anstatt ihn vor seinem Eigenwillen zu warnen, bestärkt sie ihn in demselben. Statt Naboth zu schützen, brachte sie denselben ins Verderben. Anstatt sich auf den ihrer weiblichen Stellung gebührenden Wirkungskreis zu beschränken, greift sie in herrschsüchtiger Weise in die Regierungsgeschäfte ihres Mannes hinein. Wohl ist sie darauf bedacht, ihren Mann zu erheitern („sei guten Muts“, V.7), aber auf eine sündliche Weise. Dieses Weib wird die Ursache, dass der furchtbare Fluch auf die ganze Familie kommt. Welch eine Warnung vor ungöttlicher Lebensverbindung!

Eine ungerechte Behörde.

Und die Ältesten und Oberen, die mit ihm in seiner Stadt wohnten, taten, wie ihnen Isebel entboten hatte, wie sie in den Briefen geschrieben hatte, die sie zu ihnen sandte, und sie ließen ein Fasten ausrufen und ließen Naboth obenan im Volk sitzen. Da kamen die zwei ruchlosen Männer und stellten sich ihm gegenüber und verklagten Naboth vor dem Volk und sprachen: Naboth hat Gott und den König gelästert! Da führten sie ihn vor die Stadt hinaus und steinigten ihn, dass er starb. Und sie sandten zu Isebel und ließen ihr sagen: Naboth ist gesteinigt und tot (1. Kön. 21,11-14).

Neben der Habsucht Ahabs und der schändlichen Ungerechtigkeit Isebels wollen wir nicht versäumen, auf die Schuld der Stadtobrigkeit von Jesreel zu achten. Worin bestand dieselbe? Die Ältesten und Obersten dieser Stadt ließen sich von dem gottlosen Ahab und der tyrannischen Isebel als willenlose Werkzeuge gebrauchen. Ohne Zweifel wird es manchem Leid getan haben, diesen frommen, unschuldigen Mitbürger Naboth auf so ungerechte Weise zum Tode verurteilen zu müssen. Doch wagten sie um ihrer eigenen Sicherheit willen nicht, dem erhaltenen Befehl Widerstand zu leisten. Gewiss trifft Ahab und Isebel die größte Schuld. Jedoch sind auch diese Männer „fremder Sünde teilhaftig“ geworden (1. Tim. 5,22; vgl. 2. Mos. 23,7).

Wie herrlich handelten doch die Freunde Daniels, die trotz des drohenden Feuerofens ihrem Könige am richtigen Platze den Gehorsam verweigerten und das Bild nicht anbeten wollten (Dan. 3,18). Wie fest stand Jonathan, als ihn Saul in die Mordpläne gegen David hineinziehen wollte (1. Sam. 19,1 u. 4). Lasst uns diesen nachfolgen und niemals Isebel und Ahab mehr fürchten als den lebendigen Gott.

Endlich sind auch die zwei „losen Buben“, die vor Gericht gegen Naboth zeugten, Vorläufer von vielen Menschen, die durch einen Meineid einen Fluch auf sich laden. Wie dankbar muss uns der Anblick einer solchen empörenden gerichtlichen Verhandlung für jede Obrigkeit machen, die bemüht ist, Gerechtigkeit im Lande zu üben (Ps. 45,5; 72,4).

Elias Strafankündigung.

Aber das Wort des HERRN kam zu Elia, dem Tischbiter: Mach dich auf und geh hinab Ahab, dem König von Israel zu Samaria, entgegen - siehe, er ist im Weinberge Naboths, wohin er hinabgegangen ist, um ihn in Besitz zu nehmen - und rede mit ihm und sprich: So spricht der HERR: Du hast gemordet, dazu auch fremdes Erbe geraubt! An der Stätte, wo Hunde das Blut Naboths geleckt haben, sollen Hunde auch dein Blut lecken. Und Ahab sprach zu Elia: Hast du mich gefunden, mein Feind? Er aber sprach: Ja, ich habe dich gefunden, weil du dich verkauft hast, Unrecht zu tun vor dem HERRN. Siehe, ich will Unheil über dich bringen und dich vertilgen samt deinen Nachkommen und will von Ahab ausrotten, was männlich ist, bis auf den letzten Mann in Israel und will dein Haus machen wie das Haus Jerobeams, des Sohnes Nebats, und wie das Haus Baschas, des Sohnes Ahijas, um des Zornes willen, dass du mich erzürnt und Israel sündigen gemacht hast. Und auch über Isebel hat der HERR geredet und gesprochen: Die Hunde sollen Isebel fressen an der Mauer Jesreels. Wer von Ahab stirbt in der Stadt, den sollen die Hunde fressen, und wer auf dem Felde stirbt, den sollen die Vögel unter dem Himmel fressen(1. Kön. 21,17-24).

Noch während Ahab mit der Besitzergreifung von Naboths Weinberg beschäftigt war, traf ihn das göttliche Gerichtswort durch Elia. Wie ernst lautet es! Ahab selbst sollte die ganze Verantwortung und Schuld tragen für alles, was Isebel mit seinem Willen getan hatte. („Du hast totgeschlagen.“ Vgl. 2. Mos. 32,21). Nicht eines natürlichen, sondern eines gewaltsamen Todes sollte er sterben („die Hunde sollen dein Blut lecken“). Sein Ende sollte die Gerechtigkeit Gottes gegenüber dieser Tat offenbar machen („an der Stätte, da die Hunde das Blut Naboths geleckt haben“). Sein ganzes Haus sollte bis zum letzten Mann ausgerottet werden (V. 21). Der Königin sollte nicht einmal ein Grab zuteil werden („die Hunde sollen Isebel fressen“). Mit Schimpf und Schande soll das ganze Herrschergeschlecht untergehen (V. 24). Das war eine erschütternde Botschaft, die geeignet war, jede Freude an dem neu angetretenen Besitz gründlich zu verleiden. Ahab hat also an dem auf so schändliche Weise erlangten Gut nie Freude erlebt. Wohl konnte er seinen Willen durchsetzen, Naboth beseitigen und den Weinberg gewinnen; aber das erhoffte Glück konnte er nicht finden.

Wahre, ungetrübte Freude können auch wir nie an einem Besitz erleben, den wir auf sündige Weise erlangen; denn nur das, was Gott uns gibt, und was wir aus seiner Hand annehmen können, vermag uns zu befriedigen und zu sättigen (Ps. 104,28).

Die Wirkung von Elias Strafankündigung.

Als aber Ahab diese Worte hörte, zerriss er seine Kleider und legte ein härenes Tuch um seinen Leib und fastete und schlief darin und ging bedrückt einher. Und das Wort des HERRN kam zu Elia, dem Tischbiter: Hast du nicht gesehen, wie sich Ahab vor mir gedemütigt hat? Weil er sich nun vor mir gedemütigt hat, will ich das Unheil nicht kommen lassen zu seinen Lebzeiten, aber zu seines Sohnes Lebzeiten will ich das Unheil über sein Haus bringen (1. Kön. 21,27-29).

Die erschütternden Worte Elias hatten die Wirkung, dass Ahab sich unter dieselben beugte. Seine Beugung zog eine Milderung des göttlichen Urteils nach sich. Lasst uns aus dem Anblick des „sich bückenden“ Ahab eine dreifache Lehre entnehmen:

  1. Das göttliche Wort ist ein Hammer, der auch auf die härtesten Herzen seine zerschlagende Wirkung üben kann (Jer. 23,29). Ahab wird uns hier ausdrücklich hingestellt als ein Mensch, der in einzigartiger Weise ein Sklave der Sünde war und völlig unter dem Einfluss seines ruchlosen Weibes stand. Dennoch war das Wort Gottes nicht vergeblich bei ihm. Es brachte ihn zu einer gewissen Einkehr und Demütigung, die Gott anerkannte. Wir dürfen also dem Worte Gottes auch in scheinbar hoffnungslosen Fällen eine Segenswirkung zutrauen.
  2. Auch der am tiefsten gesunkene Mensch darf nie die Hoffnung aufgeben, dass sein Gebet bei Gott angenommen werde; denn hier erlangt sogar ein Ahab eine sehr wichtige Erhörung. Das furchtbare Gericht soll nicht bei seinen Lebzeiten, sondern erst nach seinem Tode eintreten. Das soll jedem Mut machen, sich zu demütigen und nicht wie Judas zu verzweifeln.
  3. Aber auch zur Warnung kann uns dieser Anblick dienen. Der in einen Sack gehüllte und fastende Ahab scheint den alten Weg verlassen und ein neues Leben beginnen zu wollen. Aber er blieb trotz diesem wirklichen Anfang einer Buße im alten Wesen stecken. Einem wahren Gottesknecht ist er auch später noch „gram“ (Kap. 22,8) und behandelt ihn übel (Kap. 22,27). Das ruft uns zu: Lasst uns nie wie dieser sich bückende Ahab auf halbem Wege stehen bleiben, sondern solche Buße tun, die unser ganzes Leben ändert.

Die Erfüllung von Elias Strafandrohung an Ahab.

Ein Mann aber spannte den Bogen in aller Einfalt und schoss den König von Israel zwischen Panzer und Wehrgehänge. Da sprach er zu seinem Wagenlenker: Wende um und führe mich aus dem Kampf, denn ich bin verwundet! Aber der Kampf nahm immer mehr zu an demselben Tage, und der König blieb im Wagen stehen gegenüber den Aramäern bis zum Abend, und das Blut floss von der Wunde mitten in den Wagen. Und er starb am Abend. Und man ließ ausrufen im Heer, als die Sonne unterging: Ein jeder gehe in seine Stadt und in sein Land; denn der König ist tot! Und sie gingen nach Samaria und begruben den König in Samaria. Und als sie den Wagen wuschen bei dem Teich Samarias, leckten die Hunde sein Blut - und die Huren wuschen sich darin - nach dem Wort des HERRN, das er geredet hatte. Was mehr von Ahab zu sagen ist und alles, was er getan hat, und das Elfenbeinhaus, das er baute, und alle Städte, die er ausgebaut hat, siehe, das steht geschrieben in der Chronik der Könige von Israel. Also legte sich Ahab zu seinen Vätern, und sein Sohn Ahasja wurde König an seiner Statt (1. Kön. 22,34-40).

Wenn wir die Erfüllung von Elias Strafandrohung an Ahab sehen wollen, so müssen wir seine Heimkehr aus dem Kampf gegen Ramoth in Gilead betrachten. Lasst uns im Geist den Wagen mit der blutüberströmten königlichen Leiche in Samaria einfahren sehen.

Dieser Anblick kann uns eine dreifache Lehre geben:

  1. Welchen Jammer kann doch das Festhalten am Eigenwillen einem Menschen einbringen! Ahab war vor diesem Kriegszug gewarnt worden. Josaphats bedenken hätten ihn zurückhalten können (V. 7 u. 8). Die klare Weissagung Michas stand ihm entgegen (V. 17-28). Aber wie er einst unter allen Umständen Naboths Weinberg haben wollte, so meinte er jetzt diese Stadt Ramoth unbedingt wiedergewinnen zu müssen. Er setzte seinen Willen durch und kam dabei um. Wie töricht sind doch diejenigen, welche sich von ihrem Eigenwillen nicht abbringen lassen wollen. Sie schaden sich selbst furchtbar. Das zeigt uns dieser Wagen mit der Leiche Ahabs.
  2. Er predigt aber auch laut, dass es eine göttliche Gerechtigkeit gibt. Denn hier zeigt sich die Strafe für das an Naboth begangene Unrecht. Bei der Steinigung Naboths hätte mancher an einer gerechten göttlichen Weltregierung zweifeln können. Aber wenn er hier sah, dass die Hunde an der Stelle Ahabs Blut leckten, wo sie einst Naboths Blut geleckt hatten, so mussten solche Zweifel wieder verschwinden. Die Blutleckenden Hunde mussten die Gerechtigkeit Gottes kundtun.
  3. Zuletzt lasst uns unser Augenmerk darauf richten, dass der Wagen in eine Stadt fährt, wo der Verstorbene ein prächtiges, mit zahllosem Elfenbein ausgeschmücktes Haus hatte (V. 39). Für seine irdische Wohnung hatte er herrlich gesorgt, aber an eine Aufnahme in die ewigen Hütten hatte er kaum gedacht. Das lässt uns an jenes Wort denken:

„Wir bauen hier so feste
und sind doch fremde Gäste,
und wo wir ewig sollen sein,
da bauen wir gar selten ein.“

Die Erfüllung von Elias Strafandrohung an Isebel.

Und auch über Isebel hat der HERR geredet und gesprochen: Die Hunde sollen Isebel fressen an der Mauer Jesreels (1. Kön. 21,23).

Und als Jehu nach Jesreel kam und Isebel das erfuhr, schminkte sie ihr Angesicht und schmückte ihr Haupt und schaute zum Fenster hinaus. Und als Jehu unter das Tor kam, sprach sie: Geht's gut, du Simri, der seinen Herrn erschlug? Und er hob sein Angesicht auf zum Fenster und sprach: Wer hält's hier mit mir? Da sahen zwei oder drei Kämmerer zu ihm heraus. Er sprach: Stürzt sie hinab! Und sie stürzten Isebel hinab, so dass die Wand und die Rosse mit ihrem Blut besprengt wurden; und sie wurde zertreten. Und als er hineinkam und gegessen und getrunken hatte, sprach er: Seht doch nach der Verfluchten und begrabt sie; denn sie ist eines Königs Tochter! Als sie aber hingingen, um sie zu begraben, fanden sie nichts von ihr als den Schädel und die Füße und ihre Hände. Und sie kamen zurück und sagten's Jehu an. Er aber sprach: Das ist's, was der HERR geredet hat durch seinen Knecht Elia, den Tischbiter, als er sprach: Auf dem Acker von Jesreel sollen die Hunde das Fleisch Isebels fressen, und der Leichnam Isebels soll wie Mist auf dem Felde sein im Gefilde von Jesreel, dass man nicht sagen könne: Das ist Isebel (2. Kön. 9,30-37).

„Wie werden sie so plötzlich zunichte. Sie gehen unter und nehmen ein Ende mit Schrecken.“ Dieses Asaphswort (Ps. 73,19) passt auf das Ende der Isebel. Wir versetzen uns einen Augenblick vor den königlichen Palast zu Jesreel. An der Mauer dieses Palastes liegen einige Knochen. Es sind Schädel, Füße und Hände der Königin Isebel, die dort soeben herabgestürzt worden ist. Diese Gebeine der Isebel können dem Vorübergehenden eine gewaltige Predigt halten. Drei Lehren können sie ihm unauslöschlich ins Herz prägen:

1. Wie eitel und vergänglich ist doch alle Schönheit des Fleisches! Eben sah man noch im Fenster des Palastes eine stolze Frau mit geschminktem Angesicht und geschmücktem Haupt. Jahrelang ist sie die mächtigste, einflussreichste Person des ganzen Landes gewesen. Jetzt sind nur noch die wenigen Knochen von ihr übrig. So vergeht die Herrlichkeit des Fleisches oft gar schnell.

2. Wie weiß doch Gott alles Leid, das seinen Knechten widerfährt, zur rechten Stunde zu rächen. Die vorübergehenden Bürger Jesreels wussten genau, dass diese Gebeine von jener furchtbaren Feindin Elias stammten, die diesem treuen Gottesknechte viel Leid bereitet hatte. Wie war doch diese Isebel einst der Arbeit des Propheten im Wege gewesen! Elia hatte sich nie selbst gerächt. Aber seine Seufzer waren zu Gott gedrungen. Als Gottes Stunde schlug, fand jene Person einen elenden Untergang. Ihre Gebeine an jener Mauer erinnern uns an das Wort: „Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr“ (Röm. 12,19). Das soll uns Mut machen, wenn da oder dort Feinde einem treuen Zeugen Seufzer auspressen. Es kommt die Stunde, wo Gott solche Gegner vielleicht plötzlich hinwegnimmt.

3. Wie müssen doch die Feinde des göttlichen Wortes zuletzt gegen ihren Willen das Wort Gottes bekräftigen. Isebel hatte in ihrem ganzen Leben das Wort Gottes aus Elias Munde bekämpft. Jetzt müssen ihre Gebeine bezeugen, dass dieses Wort doch Wahrheit ist. Denn Elia hatte ja geweissagt: „Die Hunde sollen Isebel fressen an der Mauer Jesreels.“ Die tote Isebel musste dem Worte Geltung verschaffen, dem sie zu Lebzeiten die Anerkennung versagte.

Die Erfüllung von Elias Strafandrohung an Ahabs Nachkommen.

Ahab aber hatte siebzig Söhne in Samaria. Und Jehu schrieb Briefe und sandte sie nach Samaria, zu den Obersten der Stadt, zu den Ältesten und Vormündern der Söhne Ahabs; die lauteten: Wenn dieser Brief zu euch kommt, bei denen eures Herrn Söhne sind und Wagen, Rosse, feste Städte und Rüstung, so seht, welcher der beste und geschickteste sei unter den Söhnen eures Herrn, und setzt ihn auf seines Vaters Thron und kämpft für eures Herrn Haus. Sie aber fürchteten sich gar sehr und sprachen: Siehe, zwei Könige konnten ihm nicht widerstehen; wie könnten wir ihm dann widerstehen? Und der Hofmeister und der Stadtvogt und die Ältesten und Vormünder sandten hin zu Jehu und ließen ihm sagen: Wir sind deine Knechte. Wir wollen alles tun, was du uns sagst; wir wollen niemand zum König machen. Tu, was dir gefällt. Da schrieb er einen zweiten Brief an sie, der lautete: Wenn ihr zu mir haltet und meiner Stimme gehorcht, so nehmt die Köpfe der Söhne eures Herrn und bringt sie zu mir morgen um diese Zeit nach Jesreel. Es waren aber siebzig Söhne des Königs, und die Großen der Stadt erzogen sie. Als nun der Brief zu ihnen kam, nahmen sie des Königs Söhne und töteten die siebzig und legten ihre Köpfe in Körbe und schickten sie zu Jehu nach Jesreel. Und als der Bote kam und ihm sagte: Sie haben die Köpfe der Söhne des Königs gebracht, sprach er: Legt sie in zwei Haufen vor das Tor bis morgen. Und am Morgen, als er ausging, trat er hin und sprach zu allem Volk: Ihr seid ohne Schuld. Siehe, ich habe gegen meinen Herrn eine Verschwörung gemacht und ihn getötet. Wer aber hat denn diese alle erschlagen? So erkennt denn, dass kein Wort des HERRN auf die Erde gefallen ist, das der HERR geredet hat gegen das Haus Ahab. Der HERR hat getan, wie er geredet hat durch seinen Knecht Elia. So erschlug Jehu alle Übriggebliebenen vom Hause Ahab in Jesreel, alle seine Großen, seine Verwandten und seine Priester, bis nicht ein einziger übrig blieb (2. Kön. 10, 1-11).

Ein furchtbarer Anblick soll uns beschäftigen. Vor der Stadt Jesreel liegen auf 2 Haufen zusammengelegt die Häupter von 70 Kindern und Enkeln Ahabs. (Das Wort „Söhne“ ist hier in weiterem Sinne von Nachkommen gebraucht.) Was ruft uns dieses schreckliche Bild zu?

1. Zuerst ruft es allen jungen Menschen zu: Macht nicht zuviel menschliche Pläne für eure Zukunft. Diese 70 Nachkommen Ahabs konnten gewiss nach ihrem Stande und Vermögen einer glänzenden Zukunft entgegengehen. Aber plötzlich mussten sie sterben. Was sie auch für Zukunftspläne haben mochten – alle waren zertrümmert. So ist es schon vielen ergangen, wie auch der große Weltkrieg gezeigt hat.

2. Sodann ruft es den Leuten der geringeren Stände zu: Beneide die höhergestellten Personen nicht! Wie mancher arme Mensch zu Samaria mochte wohl schon einen neidischen Blick auf die königlichen Prinzen geworfen und den Wunsch gehabt haben, mit ihrem Los zu tauschen. Jetzt beneidete er sie nicht mehr. Es kann auch in anderen Fällen die Stunde kommen, wo die, welche von vielen beneidet werden, einen Gegenstand tiefen Mitleids bilden.

3. Vor allen Dingen kann dieser Anblick allen Eltern die Mahnung einprägen, dass sie alles vermeiden, was einen Fluch über ihre Kinder bringen kann. Ahab hatte im Äußeren gut für seine Kinder gesorgt. Er hinterließ ihnen Vermögen. Er sorgte auch, dass sie etwas lernten; denn er ließ sie bei den tüchtigsten Leuten der Stadt ausbilden (V. 6). Aber er hinterließ ihnen kein Beispiel eines gottesfürchtigen Wandels, keinen göttlichen Segen, sondern Fluch. Die Ausrottung seiner Nachkommen war nur das Eintreffen des Fluches, den er und sein Weib mit ihrem gottlosen Wandel auf ihr Haus herabgezogen haben. Lasst uns kein solches Erbteil zurücklassen.

Elia kündigt Ahasja den Tod an und lässt auf dessen Hauptleute Feuer fallen.

Ahasjas falsche Stellung zur Krankheit.

Und Ahasja fiel durch das Gitter in seinem Obergemach in Samaria und wurde krank. Und er sandte Boten und sprach zu ihnen: Geht hin und befragt Baal-Sebub, den Gott von Ekron, ob ich von dieser Krankheit genesen werde. Aber der Engel des HERRN redete mit Elia, dem Tischbiter: Auf und geh den Boten des Königs von Samaria entgegen und sprich zu ihnen: Ist denn nun kein Gott in Israel, dass ihr hingeht, zu befragen Baal-Sebub, den Gott von Ekron? Darum spricht der HERR: Du sollst nicht mehr von dem Bett herunterkommen, auf das du dich gelegt hast, sondern sollst des Todes sterben. Und Elia ging weg (2. Kön. 1,2-4).

Wie wichtig ist doch für uns die richtige Stellung zur Krankheit. Unser Text zeigt uns eine Gefahr, die leicht in Krankheitsfällen hervortritt. Es ist die Gefahr des ausschließlichen Trachtens nach Genesung. Der gottlose König Ahasja war durch einen Sturz in seinem Hause ernstlich erkrankt. Der Unfall war für ihn ein aufgehobener Gottesfinger, der ihn zur Besinnung und zur Umkehr rufen sollte. Wie lieblich wäre es gewesen, wenn diese Erkrankung für ihn ein Wendepunkt zum Guten gewesen wäre. Aber das war leider nicht der Fall. Ahasja erkannte die Hand Gottes in seinem Leiden nicht, sondern trachtete nur nach leiblicher Genesung. Dieses Trachten beherrschte ihn so stark, dass er sogar zu einem heidnischen Götzen seine Zuflucht nahm, um durch das Wahrsagen seiner Priester Nachricht über den Verlauf seiner Krankheit zu erhalten. Welch ein Fehler! Die Krankheit, die ihm zum Segen hätte werden können, brachte ihn noch tiefer in die Sünde und wurde ihm zum Fluch! Falsch war die Neugier, welche die Zukunft erfahren wollte, die Gott verborgen hatte. Falsch war der Verkehr mit Götzen und Wahrsagern, den Gott verboten hatte (3. Mose 19,31; 5. Mose 18,11). Schlimm war das Ärgernis, das er durch die Botensendung zum Gott in Ekron seinem Volke Israel gab. So musste ihn das gerechte Urteil aus Elias Mund treffen, dass er nicht genesen werde.

Lasst uns diesem Könige Ahasja nie ähnlich werden, sondern in Krankheitsfällen an die wichtige Josuafrage gedenken: „Was sagt mein Herr seinem Knecht?“ (Jos. 5,14).

Ahasja will Elia gefangennehmen lassen.

Und als die Boten zum König zurückkamen, sprach er zu ihnen: Warum kommt ihr zurück? Sie sprachen zu ihm: Es kam ein Mann herauf uns entgegen und sprach zu uns: Geht wieder hin zu dem König, der euch gesandt hat, und sprecht zu ihm: So spricht der HERR: Ist denn kein Gott in Israel, dass du hinsendest, zu befragen Baal-Sebub, den Gott von Ekron? Darum sollst du nicht mehr herunterkommen von dem Bett, auf das du dich gelegt hast, sondern sollst des Todes sterben. Er sprach zu ihnen: Von welcher Art war denn der Mann, der euch begegnete und das zu euch sagte? Sie sprachen zu ihm: Er hatte langes Haar und einen Ledergurt um seine Lenden. Er aber sprach: Es ist Elia, der Tischbiter. Und der König sandte zu Elia einen Hauptmann über fünfzig samt seinen fünfzig Mann. Und als der zu ihm hinaufkam, siehe, da saß er oben auf dem Berge. Er aber sprach zu ihm: Du Mann Gottes, der König sagt: Du sollst herabkommen! (2. Kön. 1,5-9)

Als Ahasja die Worte Elias vernahm, beugte er sich nicht etwa unter dieselben, sondern sandte einen Hauptmann mit 50 Soldaten, die den Propheten verhaften und gefangen vorführen sollten. Er wollte den Knecht Gottes zur Rechenschaft ziehen über seine Weissagung. Wie einst Ahab nach der von Elia geweissagten Dürre ganz Israel nach diesem Propheten absuchen ließ (1. Kön. 18,10), so wollte jetzt der Sohn Ahabs den Knecht Gottes vor sich fordern.

Diese Sendung einer militärischen Macht war eine Auflehnung gegen den, der Elia den Befehl gegeben hatte, zu weissagen. Der König stellte der göttlichen Macht, in deren Auftrag Elia handelte, seine eigene Macht entgegen. Ein solcher Versuch musste ihm übel bekommen. Wenn fleischliche Macht sich gegen Gott erheben will, so wird sie immer nur sich selbst schaden. Der König verlor zweimal auf furchtbare Weise seine Soldaten, welche er sandte, und vermehrte so sein eigenes Unglück nur noch mehr.

Wenn Gott uns durch sein Wort straft und verurteilt, so wollen wir uns darunter demütigen (Ps. 118,21; Ps. 119,71; 1. Petr. 5,6). Eine Auflehnung gegen sein Wort wird unser Los nur noch härter machen (2. Mos. 10,3 u. ff.).

Der erste zu Elia entsandte Hauptmann.

Und der König sandte zu Elia einen Hauptmann über fünfzig samt seinen fünfzig Mann. Und als der zu ihm hinaufkam, siehe, da saß er oben auf dem Berge. Er aber sprach zu ihm: Du Mann Gottes, der König sagt: Du sollst herabkommen! Elia antwortete dem Hauptmann über fünfzig: Bin ich ein Mann Gottes, so falle Feuer vom Himmel und fresse dich und deine fünfzig Mann. Da fiel Feuer vom Himmel und fraß ihn und seine fünfzig Mann. (2. Kön. 1,9-10).

Es ist lehrreich, sich die Stellung der zu Elia entsandten Hauptleute zu vergegenwärtigen. Für den Befehl, der ihnen zugeteilt worden war, traf sie keine Verantwortung. Wohl aber waren sie mitschuldig, wenn sie die innere Gesinnung ihres gegen Gottes Wort sich auflehnenden Herrschers teilten. Und von diesem Fehler sind die beiden ersten nicht freizusprechen.

Man hört es den Worten des ersten Hauptmanns an, dass er die Hochachtung, welche dem Propheten zukam, nicht besaß. Er fühlte sich als Vertreter der königlichen Gewalt und vergaß ganz, dass der Mann, den er vor sich hatte, Diener und Botschafter eines höheren Herrschers war. Er glaubte, kraft seiner vom König erhaltenen Vollmacht, Elia wie einen Untergebenen behandeln zu dürfen. Diese Geringschätzung des Propheten war eine Verachtung Jehovas selbst. Wenn Gott einst zu Samuel sprach: Sie haben nicht dich, sondern mich verworfen (1. Sam. 8,7), und wenn das Murren gegen Mose und Aaron mit Recht als ein Murren wider den Herrn bezeichnet werden durfte (2. Mos. 16,7 und 4. Mos. 16,11), so gilt dies von der Elia zugefügten Kränkung in gleicher Weise. Deshalb musste das furchtbare Strafgericht über diesen Hauptmann hereinbrechen.

Fast glaubt man den Geist der heutigen Zeit aus dem Hauptmann reden zu hören. Denn wie groß ist doch jetzt die Zahl derer, die nur Achtung vor äußerer Macht und Gewalt kennen, aber für Knechte Gottes nur ein verächtliches Lächeln haben.

Der zweite zu Elia entsandte Hauptmann.

Und der König sandte wiederum einen andern Hauptmann über fünfzig zu ihm samt seinen fünfzig Mann. Der kam zu ihm hinauf und sprach zu ihm: Du Mann Gottes, so spricht der König: Komm eilends herab! Elia antwortete: Bin ich ein Mann Gottes, so falle Feuer vom Himmel und fresse dich und deine fünfzig Mann. Da fiel das Feuer Gottes vom Himmel und fraß ihn und seine fünfzig Mann (2. Kön. 1,11-12).

Der zweite von Ahasja entsandte Offizier beging zunächst den gleichen Fehler wie sein Vorgänger. Ja, er übertraf ihn sogar; denn sein Ausdruck klingt fast noch herrischer und befehlshaberischer als der des ersten. Er befiehlt Elia nicht nur zu kommen, sondern eilig zu kommen.

Unter den Weltmenschen übertrifft oft einer den anderen in der Geringschätzung von Gottes Knechten. Auffällig ist, dass weder der König noch der zweite Hauptmann aus dem Gottesgericht über den ersten Boten etwas lernten. Es gibt Menschen, die sich mit unglaublichem Leichtsinn über göttliche Gerichte hinwegsetzen können. Zuweilen suchen sie sogar einen gewissen Ruhm vor der Welt darin, dass sie sich gar nichts aus solche ernster Sprache Gottes machen. Sie halten es für heldenhaft, wenn sie nun erst recht frech und kühn auftreten, als ob gar nichts geschehen wäre. Solcher Mut ist aber frevelhafte Gottversuchung, die ihrer Strafe nicht entgeht. Auch dieser Hauptmann wird mit seiner Schar von dem göttlichen Feuer vernichtet.

In diesem doppelten Gericht liegt eine ernste Mahnung vor jeder frechen Überhebung über eine von Gott gesetzte Autorität (vgl. 4. Mose 16,31-35).

Der dritte zu Elia entsandte Hauptmann.

Da sandte der König wiederum den dritten Hauptmann über fünfzig samt seinen fünfzig Mann. Als der zu ihm hinaufkam, beugte er seine Knie vor Elia und flehte ihn an und sprach zu ihm: Du Mann Gottes, lass mein Leben und das Leben deiner Knechte, dieser fünfzig, vor dir etwas gelten! Siehe, Feuer ist vom Himmel gefallen und hat die ersten zwei Hauptleute über fünfzig mit ihren fünfzig Mann gefressen; nun aber lass mein Leben etwas gelten vor dir. (2. Kön. 1,13-14).

Ganz anders als seine beiden Vorgänger verhält sich der dritte von Ahasja gesandte Hauptmann. Ob er schon früher innerlich eine bessere Stellung einnahm als jene, wissen wir nicht. Aber dies sehen wir deutlich: Er hat einen tiefen Eindruck von dem, was die früheren Boten betroffen hatte, empfangen. Ein heilsamer Schrecken ist über ihn gekommen. Nicht als Befehlshaber, der ein Recht hat, zu fordern, sondern als ein demütig Bittender tritt er vor den Propheten. Schon in seiner äußeren Stellung – er beugt ehrfurchtsvoll seine Knie – und in seinem Ton – er fleht – unterscheidet er sich von seinen trotzigen Vorgängern. Die Sünde der Nichtachtung Elias göttlicher Autorität teilt er in keiner Weise. Er stellt zunächst den Befehl seines Königs ganz zurück und bittet nur um Gnade und Schonung für sich und seine Soldaten.

Es gibt Fälle, wo es nicht leicht ist, einem gottlosen Vorgesetzten gehorsam zu sein und doch zugleich vor Gott richtig zu handeln. Dieser Hauptmann verband beides. Er gehorchte Ahasja, soweit es vor Gott recht und zulässig war. Er ging seinem erhaltenen Befehl gemäß mit den Soldaten zu Elia, ihn zu holen. Aber in seinem Auftreten vor Elia ließ Er sich von der Weisheit, die bei den Demütigen ist (Spr. 11,2), leiten und unterschied sich hier völlig von seinem Herrscher und den zwei ersten Hauptleuten. Lasst uns niemals den ersten, sondern dem letzten Hauptmann nachwandeln.

Elia erscheint vor dem König Ahasja.

Da sprach der Engel des HERRN zu Elia: Geh mit ihm hinab und fürchte dich nicht vor ihm! Und er machte sich auf und ging mit ihm hinab zum König. Und er sprach zu ihm: So spricht der HERR: Weil du Boten hingesandt hast und hast befragen lassen Baal-Sebub, den Gott von Ekron, als wäre kein Gott in Israel, dessen Wort man erfragen könnte, so sollst du von dem Bett nicht mehr herunterkommen, auf das du dich gelegt hast, sondern sollst des Todes sterben. So starb Ahasja nach dem Wort des HERRN, das Elia geredet hatte. Und Joram wurde König an seiner Statt im zweiten Jahr Jorams, des Sohnes Joschafats, des Königs von Juda; denn Ahasja hatte keinen Sohn (2. Kön. 1,15-17).

Einer göttlichen Weisung folgend, erfüllte Elia die Bitte des dritten Hauptmanns und ging mit ihm zum König. Wie einst Mose bei Pharao, so „fürchtete er nicht des Königs Grimm; denn er hielt sich an den, den er nicht sah, als sähe er ihn (Hebr. 11,27).

Der Leser ist gespannt, zu vernehmen, welch ein Empfang Elia bei Ahasja zuteil wurde. Aber nichts davon wird berichtet. Wohl aber hören wir, dass Elia in Gegenwart des Königs seine göttliche Botschaft wiederholt, und aus dem weiteren Verlauf sehen wir, dass Elia, ohne Schaden genommen zu haben, sich wieder vom König entfernen konnte. Hier lernen wir aufs Neue die bewahrende Hand Gottes kennen, die seine Knechte auf den gefährlichsten Wegen zu decken weiß. Ein unsichtbarer Schutz ging mit Elia in den Palast des grimmigen Königs hinein. Ahasja gedachte dem Propheten ein strafendes Wort zu sagen. Statt dessen musste er selbst ein solches vom Propheten vernehmen. Das Wort Elias: „So spricht der Herr!“ ließ allen Widerspruch des Königs verstummen. Es liegt in einem göttlichen Auftrag eine Macht, gegen die kein Zorn eines Fürsten irgend etwas vermag. Wenn wir einen gefährlichen Gang zu einem zornigen Machthaber machen müssten, so lasst uns an diesen Besuch Elias bei Ahasja denken. Der Gott, welcher seinen Knecht dort schützte, lebt heute noch.

Der letzte Gang Elias.

Als aber der HERR Elia im Wetter gen Himmel holen wollte, gingen Elia und Elisa von Gilgal weg. (2. Kön. 2,1).

In der Geschichte von dem letzten Gang Elias (V. 1-8) sehen wir 1. einen göttlichen Ratschluss, den niemand ändern kann; 2. ein göttliches Band, das nichts zerreißen kann; 3. einen göttlichen Weg, den nichts aufhalten kann.

Der göttliche Rat, den niemand ändern kann.

Der göttliche Rat, den niemand ändern kann, liegt in den Worten: „Da aber der Herr wollte Elia gen Himmel holen.“ In ganz Israel gab es damals – menschlich gesprochen – keine Person, deren Wirksamkeit so nötig war wie die des Elia. Auf dem Königsthron und im Lande herrschte viel Abgötterei. Wie mochten sich die Gläubigen im Lande freuen, dass doch noch ein Knecht Gottes, der solche Kraft und solches Ansehen in Israel besaß, vorhanden war. Wie haben sie ohne Zweifel den Wunsch gehabt, dass Gott diesen teuren Mann noch recht lange erhalten und zum Segen setzen wolle. Man merkt es den Prophetenkindern an, die ihn nach seiner Himmelfahrt drei Tage lang überall suchten, wie gern sie diesen Mann noch hienieden länger behalten hätten (Vers 16.17). Aber trotz dieser vermeintlichen Unentbehrlichkeit Elias und trotz dieses Verlangens so vieler Prophetenschüler, kam die Stunde, wo Gott ihn hinwegnehmen wollte.

So ist es auch sonst. In dem Leben der gesegnetsten und treuesten Gottesknechte naht eine Stunde, von der es gilt: „Da aber der Herr ihn wollte gen Himmel holen.“ Es gibt Fälle, wo man um Verlängerung eines Lebens bitten darf. Aber es gibt andere Fälle, wo es Gottes Ratschluss ist, heimzuholen. Beugen wir uns in solchem Falle unter Gottes Willen und trösten wir uns des herrlichen Zieles, welches das Wort „gen Himmel holen“ enthält.

Ein Band, das nicht zu zerreißen ist.

Und Elia sprach zu Elisa: Bleibe du hier, denn der HERR hat mich nach Bethel gesandt. Elisa aber sprach: So wahr der HERR lebt und du lebst: ich verlasse dich nicht. Und als sie hinab nach Bethel kamen, gingen die Prophetenjünger, die in Bethel waren, heraus zu Elisa und sprachen zu ihm: Weißt du auch, dass der HERR heute deinen Herrn von dir hinwegnehmen wird? Er aber sprach: Auch ich weiß es wohl; schweigt nur still. Und Elia sprach zu ihm: Elisa, bleib du hier, denn der HERR hat mich nach Jericho gesandt. Er aber sprach: So wahr der HERR lebt und du lebst: ich verlasse dich nicht. Und als sie nach Jericho kamen, traten die Prophetenjünger, die in Jericho waren, zu Elisa und sprachen zu ihm: Weißt du auch, dass der HERR heute deinen Herrn von dir hinwegnehmen wird? Er aber sprach: Auch ich weiß es wohl; schweigt nur still. Und Elia sprach zu ihm: Bleib du hier, denn der HERR hat mich an den Jordan gesandt. Er aber sprach: So wahr der HERR lebt und du lebst: ich verlasse dich nicht. Und es gingen die beiden miteinander (2. Kön. 2,2-6).

Neben dem göttlichen Ratschluss, der nicht zu ändern ist, sehen wir hier ein göttliches Band, das nicht zerrissen wird. Es ist das Band, welches Elia und Elias verbindet. Dreimal legt es Elia seinem Diener und Nachfolger nahe, ihn allein weitergehen zu lassen. Aber jedesmal erklärt Elisa aufs feierlichste, dass er dies niemals tun werde. Wir merken es den Worten Elisas an, wie fest und treu er mit seinem Meister verbunden war. Elisa hatte sich nicht in einer vorübergehenden Begeisterung dem großen Propheten angeschlossen, um sich nachher, wo er ihn im täglichen Leben genauer kennen lernte, wieder von ihm zurückzuziehen, sondern er blieb bis zum letzten Augenblick von Elias Leben auf das innigste mit ihm verbunden. Worin lag die Festigkeit ihrer Verbindung? Das Band, welches Elia und Elisa zusammenhielt, war kein menschliches. Der Herr hatte diese zwei Männer zusammengefügt. Durch sein Wort und seinen Willen waren sie zusammengefügt worden (1. Kön. 19,16).

Ein Band, das der Herr macht, ist fester als jedes andere. Wenn Gott Freunde oder Ehegatten zusammenführt, wenn er einen Arbeiter in seinem Weinberge mit einem bestimmten Arbeitsfelde verbindet, so ist solche Verbindung von ganz anderer Festigkeit, als wenn Gewinnsucht oder irgendein ungöttlicher Beweggrund sie vereint. Wenn Gott Jonathan mit David verbindet, so bringt es Saul trotz aller Anstrengung nicht fertig, das Band zwischen beiden zu zerreißen (1. Sam. 20,27-42). Gott lasse uns den Segen und die Festigkeit der von ihm gemachten Verbindungen reichlich erfahren.

Ein Weg, der nicht gehindert werden kann.

Und Elia sprach zu ihm: Bleib du hier, denn der HERR hat mich an den Jordan gesandt. Er aber sprach: So wahr der HERR lebt und du lebst: ich verlasse dich nicht. Und es gingen die beiden miteinander. Und fünfzig von den Prophetenjüngern gingen hin und standen von ferne; aber die beiden standen am Jordan. Da nahm Elia seinen Mantel und wickelte ihn zusammen und schlug ins Wasser; das teilte sich nach beiden Seiten, so dass die beiden auf trockenem Boden hinübergingen (2. Kön. 2,6-8).

Das letzte Wunder, das Elia auf Erden tat, kann uns einen Wink für allerlei Schwierigkeiten unseres Lebens geben. Vor dem Wege des Propheten lag der Jordanstrom als ein Hindernis, das überwunden werden musste und durch eine Glaubenstat, zu der sich der Herr bekannte, auch überwunden wurde. Als Elia mit seinem Prophetenmantel das Wasser schlug, teilte sich das Wasser, dass er mit Elisa ungehindert hindurchgehen konnte.

Wir alle möchten gerne, dass auch unser Lebensweg von Gott geebnet und alle Hindernisse desselben von ihm beseitigt werden möchten. Soll dieser Wunsch erfüllt werden, so gilt es darauf zu achten, was für ein Weg es gewesen ist, der hier so wunderbar gebahnt wurde. Das Wort Elias: „Der Herr hat mich an den Jordan gesandt,“ beweist, dass Elia sich hier auf einem Wege befand, den er auf ausdrücklichen göttlichen Befehl ging. Auf diesem Wege hatte er die Glaubenszuversicht, die Beseitigung des Hindernisses von Gott zu erwarten. So wird es auch bei uns sein. Wenn wir gewiss sind, dass Gott ihn auch ebnen und Hemmnisse zur rechten Stunde hinwegnehmen wird. Wenn Gott den Tempelbau in Jerusalem befiehlt, so muss auch die Obrigkeit ihrem Widerstand gegen den Bau aufgeben (Esra 5,6). Der Glaube sieht viel häufiger göttliche Entfernungen von Hindernissen, als die Welt es ahnt.

Ein Lichtblick in dunkler Zeit.

Und da sie hinab gen Bethel kamen, gingen der Propheten Kinder, die zu Bethel waren, heraus zu Elisa (2. Kön. 2,2c-3a).

Es traten der Propheten Kinder, die zu Jericho waren, zu Elisa (2. Kön. 2,5a).

Aber fünfzig Männer unter der Propheten Kindern gingen hin und traten gegenüber von ferne (2. Kön. 2,7a).

In obigen Versen werden dreimal Prophetenkinder oder Prophetenschüler erwähnt. Wir bekommen hier einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der seit Samuels Zeit bestehenden Prophetenschulen (1. Sam. 10,5-10; 1. Sam. 19,18-24). Der treue Priester Samuel hatte schon in seiner Jugend Gelegenheit gehabt, die entsetzlichen Wirkungen zu beobachten, die von der Tätigkeit schlechter, selbstsüchtiger Priester ausgingen. Er hatte jahrelang das Treiben von Hophni und Pinehas aus nächster Nähe gesehen und das Lästern der Leute über den heiligen Opferdienst vernommen (1. Sam. 2,12-17).

Es ist daher wohl zu verstehen, dass ihm in seiner späteren Stellung gerade die Ausbildung der künftigen geistlichen Führer des Volkes besonders am Herzen lag. Bei seiner Liebe zu Israel wollte er nicht, dass sein Volk wieder in seiner geistlichen Versorgung auf so unwürdige Männer wie jene Elisöhne angewiesen war. So wird er solche Prophetenschulen gegründet haben, wo man Gottes Wort, und was sonst etwa noch nötig war, trieb. Er selbst leitete eine solche schule in Rama (1. Sam. 19,20). Unser Text zeigt uns, was für Männer in solchen Häusern wohnten, nämlich solche, denen Gott seine Gedanken mitteilen konnte (Vers 3 und 5), Leute, die ein offenes Ohr für ihn hatten.

Wie wichtig waren solche Häuser in jener trüben Zeit, wo der Abfall von Jehova und Götzendienst im Lande herrschte. Wir begreifen es, dass der letzte Gang Elias den Orten galt, wo solche Prophetenschüler wohnten. Wir dürfen daraus schließen, dass diese auch ihm, wie einst Samuel, besonders am Herzen lagen.

Auch in unserer Zeit sollten allen Gläubigen die Häuser besonders wichtig sein und einen Gegenstand der Fürbitte bilden, in welchen künftige Zeugen unseres Volkes in Gottes Wort unterwiesen und zu gesegnetem Dienst angeleitet werden.

Eine wunderbare Übereinstimmung.

Weißt du auch, dass der HERR heute deinen Herrn von dir hinwegnehmen wird? Er aber sprach: Auch ich weiß es wohl (2. Kön. 2,3b u. 5)

Als Gott seinen Knecht Elia im Wetter heimholen wollte, offenbarte er dieses Geheimnis nicht nur Elia selbst, sondern auch Elisa, ferner den Prophetenschülern zu Bethel und denen zu Jericho. Es herrschte also unter vielen Gläubigen eine wunderbare Übereinstimmung über das, was Gott hier tun wollte. Eine solche von Gott selbst gewirkte Einmütigkeit vieler Jüngerherzen kann gar manchmal ein Wink von oben in einer bestimmten Frage sein. Wenn Paulus vor seiner Gefangennehmung in Jerusalem nicht nur selbst Bande und Trübsal voraussieht, sondern der Heilige Geist in allen Städten dieses bezeugt (Apg. 20,23), wenn die Gläubigen in Tyrus ihm gerne seine kommende Trübsal ersparen möchten, wenn der Prophet Agabus in Cäsarea seine Fesselung voraussieht (Apg. 21,4.10.11), so macht diese wunderbare Übereinstimmung das kommende Ereignis allen um so gewisser.

Diese einmütige Harmonie bewährter Gotteskinder ist zugleich ein wichtiger Prüfstein, den falsche, vermeintliche Gottesoffenbarungen nicht aushalten können. Gewiss wird der Herr auch in der letzten Zeit vielen Gläubige gemeinsam das Licht geben, dass sie nötig haben, und den Aufschluss über sein Wort, dessen sie bedürfen werden (Dan. 12,4).

Wie man mit einem offenbarten Geheimnis umgehen soll.

Er aber sprach: „Ich weiß es auch wohl, schweiget nur stille“ (2. Kön. 2,3c u. 5c)

Die Prophetenschüler hatten über die bevorstehende Himmelfahrt Elias Klarheit vom Herrn bekommen. Man begreift es, dass sie sich über das, was ihnen vom Herrn gezeigt war, aussprechen wollten. Besonders Elisa gegenüber empfanden sie dieses Bedürfnis. So sagten sie ihm das, was ihr Herz bewegte. In Elisas Antwort lag ein gewisser Wink. Elisa wusste das Geheimnis auch; aber er schwieg und forderte die jüngeren Prophetenschüler auf, ebenfalls zu schweigen. In seiner Mahnung: „Schweigt nur stille!“ konnte für manchen dieser jüngeren Schüler ein Wink liegen, doch mit dem offenbarten göttlichen Geheimnis still und vorsichtig umzugehen, nicht viel darüber zu reden, sondern es solange still zu bewahren, bis das Erden darüber nötig sein würde.

Es hat Fälle gegeben, wo Brüder, die in geistlicher Erfahrung noch jung waren, durch vieles Reden von dem, was ihnen an besonderem Licht gegeben war, Schaden genommen und innere Segenskraft eingebüßt haben. Es soll uns das freudige Zeugen von dem, was Gott uns gezeigt hat, nie verwehrt werden. Bisweilen kann ein heilsamer Dämpfer, der uns zum Schweigen mahnt, nur heilsam sein (1. Mos. 24,21; Pred. 3,1.7b; Jak. 3,8). Wie lange hat doch Paulus seine hohe Offenbarung verschwiegen, bis die Umstände ihre Erzählung nötig machten (2. Kor. 12,1-6)! Nicht umsonst verbot Jesus manchem Geheilten das Reden über sein Erlebnis (Luk. 5,14). Auch die Jünger, die auf dem Berge der Verklärung waren, sollten vorläufig nichts davon erzählen (Mat. 17,9). Lasst uns mit göttlichem Licht behutsam umgehen! (Luk. 8,56; Mat. 16,20).

Elia fordert Elisa auf, zurückzubleiben.

Und Elia sprach zu Elisa: Bleibe du hier, denn der HERR hat mich nach Bethel gesandt (2. Kön. 2,2a).

Und Elia sprach zu ihm: Elisa, bleib du hier, denn der HERR hat mich nach Jericho gesandt (2. Kön. 2,4a).

Und Elia sprach zu ihm: Bleib du hier, denn der HERR hat mich an den Jordan gesandt (2. Kön. 2,6a).

Die dreimalige Aufforderung Elias an Elisa, zurückzubleiben, enthüllt uns noch einen Zug in dem Bilde jenes Gottesknechtes, der besonderer Beachtung wert ist. Aus den Worten Elias: „So du mich sehen wirst, wenn ich von dir genommen werde“ (V. 10) erfahren wir, dass Elia seine bevorstehende Himmelfahrt wusste. Gott hat sie ihm offenbart. Wenn Elia nach Menschenruhm verlangt hätte, so würde er bei diesem Vorherwissen den Wunsch gehabt haben, dass Elisa und womöglich noch mancher andere ein Zuschauer dieser seiner Himmelfahrt sein möchte. Aber Elia trachtete nicht nach menschlicher Bewunderung. Er tat seinerseits, was er konnte, um ganz im Verborgenen abzuscheiden.

Wie groß ist die Demut des Propheten unmittelbar vor seinem Eingang in die Herrlichkeit. Oft haben wir im geheimen den Wunsch, dass dieser oder jener unserer nächsten Freunde oder Angehörigen dabei sein möchte, wenn Gott sich irgendwo in besonderer Weise zu uns bekennt. In diesem Wunsche liegt leicht ein feiner Hochmut, der an der eigenen Bewunderung seine stille Freude hat. Wie viel größer ist Elia, der im Verborgenen zu bleiben suchte, wo Gott ihn in besonderer Weise ehren wollte.

Elisas Bitte.

Und als sie hinüberkamen, sprach Elia zu Elisa: Bitte, was ich dir tun soll, ehe ich von dir genommen werde. Elisa sprach: Dass mir zwei Anteile von deinem Geiste zufallen (2. Kön. 2,9).

Die Aufforderung Elias: „Bitte, was ich dir geben soll!“ stellte Elisa vor eine Wahl. Er konnte sich das Schönste und Beste, was Elia besaß, als Erbteil aussuchen. Elisa erbat sich nichts aus der vergänglichen Nachlassenschaft des Propheten. Sein Trachten ging nicht auf Vermehrung äußeren Besitzes, sondern auf inneren Reichtum. So wünschte er sich ein möglichst reiches Teil von dem Geiste Elias. Wie der erstgeborene Sohn nach dem Gesetz ein doppeltes Erbteil erhielt (5. Mos. 21,17), so wollte Elisa gleichsam als erstgeborener geistlicher Sohn Elias ein doppeltes Maß seines Geistes. Mit diesem Wunsch traf er in der Tat das allerwertvollste, was Elia besaß. Der Geist des Elia war der göttliche Geist. Es war ein Geist der Demut, der Kraft und des heiligen Eifers für Gottes Ehre. Dieser Geist machte sein ganzes Leben gesegnet und fruchtbar. Indem sich Elisa die Ausrüstung mit demselben Geiste erbat, suchte er den Schlüssel zu einem ähnlich gesegneten Leben zu bekommen. Das war eine richtige Wahl.

Die Antwort Elias auf Elisas Bitte.

Er sprach: Du hast Schweres erbeten. Doch wenn du mich sehen wirst, wie ich von dir genommen werde, so wird's geschehen; wenn nicht, so wird's nicht sein (2. Kön. 2,10).

Die Antwort Elias auf Elisas Bitte ist das letzte Wort Elias, das uns aufbewahrt ist. Obwohl dasselbe noch nicht das ganze, völlige Licht brachte, das Elisa begehrte, so enthielt es doch bestimmtes und ausreichendes Licht. Elia ging in seiner Antwort nicht über die Grenzen dessen, was die göttliche Erleuchtung ihm zeigte, hinaus. Nach seinen menschlichen Gefühlen hätte er gewiss gern diese letzte Bitte seines treuen Gehilfen alsbald voll und ganz erfüllt. Aber er sagte Elisa nicht mehr zu, als er konnte und durfte.

Wohl allen Gottesknechten, die in ihrem heiligen Dienst bis zu ihrem letzten Wort vorsichtig und zurückhaltend in den gottgewollten Schranken bleiben und nie über das gewisse Licht, das Gott ihnen gegeben hat, hinausgehen. Weshalb musste wohl Elia unter göttlicher Leitung gerade diese Antwort geben? Weshalb sollte die Erfüllung von Elisas Bitte von seiner Anwesenheit bei Elias Himmelfahrt abhängig gemacht werden? Es lag in der Antwort, die Gott seinem Knechte Elia ins Herz gab, eine große Erziehungsweisheit. Elisa sollte die Erfüllung seines Wunsches nicht sofort erhalten.

Gott sah es für gut an, dass Elisa die Freude der vollen Erhörung erst zu der Zeit bekommen sollte, wo er derselben bedurfte. In der Stunde, wo Elia von hinnen genommen wurde, hatte Elisa in besonderer Weise Trost und Kraft nötig; denn das war für Elisa eine Stunde des Schmerzes, wo ihm die gewohnte Stütze entzogen wurde und die Stunde, wo eine große Aufgabe auf seine Schultern gelegt wurde, weil er von jetzt ab das Amt Elias weiterführen sollte. In diesem Augenblick sollte er die volle Gewissheit, dass seine größte Bitte erhört sei, empfangen, eher nicht.

Ruft nicht der Herr allen, die sich wie Elisa nach einem reichen Maß des göttlichen Geistes sehnen, durch diese Tatsache zu: Zu der Stunde, wo du es nötig haben wirst, sollst du die Kraft und Ausrüstung empfangen, die du zur Ausrichtung deiner gottgewollten Aufgabe bedarfst. Daran lass dir genügen.

Elias Himmelfahrt.

Und als sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander. Und Elia fuhr im Wetter gen Himmel (2. Kön. 2,11).

Von der göttlichen Abholung eines treuen Zeugen in die himmlische Heimat redet dieser Vers. Wenn der Vorhang von der unsichtbaren Welt etwas gelüftet wird, so regt sich in uns gar leicht eine menschliche Neugier, die auf Grund dessen, was sie sehen kann, Schlüsse ziehen möchte über das Weitere, was sich dort befindet. Bei solchem Schlüsse- ziehen ist Vorsicht und geistliche Keuschheit geboten. Sicherer ist es, auf das zu achten, was die Schrift hervorhebt. Sie lenkt unser Auge 1. auf die Zeit, 2. auf die Art, 3. auf die Wirkung der göttlichen Abholung.

Die Zeit

1. Die Zeit wird mit den Worten beschrieben: „Da sie miteinander gingen und redeten“, d.h. Mitten in seiner gewohnten Tätigkeit und Beschäftigung wurde Elia von hinnen gerufen. Wir möchten gerne näheres über diesen letzten Gang und diese letzten Gespräche wissen. Was den letzten Gang betrifft, so sagt uns der Text darüber nur, dass Elia einen Weg ging, „den der Herr ihn gesandt hatte“ (Vers 6). Was die Gespräche betrifft, so deuten die letzten von Elia uns aufbewahrten Worte (Vers 9.10) auf das hin, was für Elisas künftigen Beruf das allerwichtigste war. Auf solchen Wegen und mitten unter solchen Gesprächen wurde Elia plötzlich von der Erde abgerufen in die himmlische Heimat. Möchten die Wege, die wir gehen, und die Gespräche, die wir allezeit führen, der Art sein, dass wir nicht erschrecken, wenn der Herr auch uns einmal mitten in derselben unerwartet von hinnen ruft (Ps. 90,12; 39,5; Hiob 14,5).

Die Art

2. Neben der Zeit seiner Heimholung ist auch die Art derselben bedeutsam. Im Wetter wird Elia auf feurigem Wagen mit feurigen Rossen hinaufgeführt. Wie passt doch dieser Abschluss genau zu dem Leben dieses Knechtes Gottes. Feurig war die ganze Art seiner Wirksamkeit gewesen, feuriger Eifer für die Ehre des Herrn erfüllte ihn allezeit. Wie ein Wetter war sein Auftreten oft gewesen. Nun wird er selbst plötzlich im Wetter auf feurigen Wagen heimgeholt. So weiß Gott den seinen ein solches Ende zu schenken, dass zu ihrem Leben passt. Gewiss war Elias Ende einzigartig und entsprach der besonderen Stellung, die er im Reiche Gottes einnahm. Aber doch darf das schwächste Gotteskind sich bei dem Anblick dieser Himmelfahrt dessen trösten, dass es auch einmal von oben abgeholt werden soll, wie ja auch Lazarus von den Engeln getragen wurde in Abrahams Schoss (Luk. 16,22; vgl. Joh. 14,3). Jener alte Pilger hat ganz recht gehabt, der bei einem Gespräch über einen lang ersehnten Bahnbau sagte: „Meine Bahn ist längst fertig, meine Wagen sind schon bereit.“

Die Wirkung

3. Was die Wirkung der göttlichen Heimholung betrifft, so zeigt uns die Schrift eine doppelte: 1. Zum Blick auf Elisa eine schmerzliche. Er wurde von Elia getrennt. Das Band, welches Meister und Schüler so lange verbunden hatte, wurde zerrissen. Die drei ausdrücke: „der Wagen und die Rosse schieden (trennten) die beiden voneinander“, „und sah ihn nicht mehr“, „und er zerriss seine Kleider“, lassen uns einen blick in Elisas tiefen Schmerz tun. 2. Im blick auf Elia dagegen ist die Wirkung herrlich. Er wird hinaufgeführt in den Himmel, wo kein Baalsdienst, kein Ahab, keine Isebel, keine hinkenden Seelen mehr sein Gemüt bedrücken. So bringt auch heute die Hinwegnahme eines Gotteskindes diese doppelte Wirkung hervor: die Zurückbleibenden empfinden die Trennung, die sehen den nicht mehr, dessen Erscheinen ihnen oft zur inneren Stärkung gereichte. Der Hinweggenommene dagegen ist zur Herrlichkeit eingegangen. Wohl allen, deren Ende diese Doppelwirkung aufweist.

Elisas Nachruf.

Elisa aber sah es und schrie: Mein Vater, mein Vater, Wagen Israels und seine Reiter! (2. Kön. 2,12a)

Wie oft wurde Elia in seinem Leben verkannt und übel von ihm geredet. Ahab nannte ihn einen Menschen, „der Israel verwirre“ (1. Kön. 18,17). Der treue Zeuge, der nur zum Heil seines Volkes wirkte, musste sich hier von seinem eigenen Könige als Unglückstifter in seinem Volke bezeichnen lassen. Ein anderes Mal sprach Isebel es ganz offen aus, dass sie Elia so bald wie möglich den Tod wünschte (1. Kön. 19,2). Solcher Äußerungen mögen noch manche in jener Zeit gefallen sein. Das letzte und beste Urteil aber über Elia wurde bei seinem Abschied gesprochen. Auf der einen Seite ehrte Gott hier selbst seinen Knecht durch die wunderbare Abholung. Auf der anderen Seite rief ihm ein Mensch solches Zeugnis nach, das unsere besondere Achtung verdient. Lasst uns zuerst darauf achten, wer dieses letzte Urteil über Elia abgab. Es war der Diener und Gehilfe Elias, der seinen Meister lange Zeit im täglichen Wandel beobachtet hatte und ihn genauer kannte als irgend ein anderer. Elia war ja im ganzen Lande bekannt und berühmt geworden. Aber das Urteil dieses Menschen aus seiner alltäglichen Umgebung fällt noch mehr ins Gewicht als die Verehrung, die ihm von Fernstehenden gezollt wird.

Welches ist nun der Inhalt dieses letzten Wortes über Elia? Elisa fasst ganz kurz zusammen, was der Scheidende für ihn und für das ganze Volk gewesen sei. Für ihn selbst war er nicht etwa ein strenger Herr, sondern ein geistlicher Vater gewesen. Elisa fühlt sich durch Elias Abschied verwaist. Für das ganze Volk aber war der heimgegangene Zeuge eine Schutzmacht gewesen. Wie Wagen und Reiter die Sicherheit des ganzen Landes gegen äußere Feinde bilden, so war Elias Wirksamkeit eine bewahrende Macht für das Volk Israel gewesen. Seine Gebete und Zeugnisse hatten das Verderben des Volkes aufgehalten und so das Land vor seinem Untergang bewahrt.

Möge Gott sich allenthalben Zeugen erwecken, denen aus der nächsten Umgebung solch ehrendes Zeugnis zuteil werden kann.

Elias Schrift an den König Joram.

Jorams verfehltes Leben, die Folge einer ungöttlichen Heirat.

Joram wandelte in den Wegen der Könige Israels, wie das Haus Ahab getan hatte: denn Ahabs Tochter war sein Weib (2. Chron. 21,6).

Das Leben des Königs Joram war ein völlig verfehltes. Dem Herrn missfiel sein Tun. Die Liebe seines Volkes erwarb er sich auch nicht, die die Unterlassung der üblichen ehre bei seinem Begräbnis zeigt (Vers 19). Ohne jede Segensspur schied er aus dem Leben. Wo lag die Ursache seines verfehlten Lebens? Die Worte „denn Ahabs Tochter war sein Weib“ zeigen uns den tiefsten Grund davon. Joram hatte sich bei seiner Verheiratung nicht nach dem Willen Gottes gerichtet, sondern war nur fleischlichen und politischen Rücksichten gefolgt. Gewiss mochte es ihm klug erscheinen, durch die Vermählung mit einer Tochter Ahabs den häufigen Zwist zwischen Juda und Israel zu beseitigen. Aber wenn er bei der ernsten Frage seiner Verheiratung den gottlosen Einfluss des Hauses Ahabs recht in Betracht gezogen hätte, so wäre seine Wahl gewiss eine andere geworden. Mochte die Tochter Ahabs noch so viel äußere Vorzüge und irdischen Besitz mit in die Ehe bringen, so war sie doch an innerer Schönheit und himmlischen Schätzen völlig arm. Als Joram diese Ahabstochter zur Lebensgefährtin wählte, stürzte er sich in sein Unglück. Sie brachte den falschen Geist und die gottlosen Sitten ihres väterlichen Hauses mit die die Ehe. Ihrem Einfluss vornehmlich war der Abfall des Königs von Jehova und sein Zurücksinken in den heidnischen Götzendienst zuzuschreiben.

Wie kann doch eine Gattin göttliche und ungöttliche Luft in einem Hause verbreiten! Wie kann sie ihrem Manne eine Gehilfin zur Seligkeit, aber auch ein Fallstrick sein! Jorams Verheiratung mit ihren unglücklichen Folgen kann allen zur Warnung dienen, die in Gefahr stehen, leichtsinnig einen Lebensbund einzugehen.

Jorams Sünde.

Auch machte er Opferhöhen in den Städten Judas und verleitete die Einwohner von Jerusalem zur Abgötterei und verführte Juda. Es kam aber ein Brief zu ihm von dem Propheten Elia, der lautete: So spricht der HERR, der Gott deines Vaters David: Weil du nicht gewandelt bist in den Wegen deines Vaters Joschafat und nicht in den Wegen Asas, des Königs von Juda, sondern wandelst in dem Wege der Könige von Israel und verleitest Juda und die Bewohner von Jerusalem zur Abgötterei nach der Abgötterei des Hauses Ahab und weil du dazu erschlagen hast deine Brüder, deines Vaters Haus, die besser waren als du, siehe, so wird dich der HERR mit einer großen Plage schlagen an deinem Volk, an deinen Kindern, an deinen Frauen und an aller deiner Habe (2. Chron. 21,11-14).

Ob Elia den Anfang von Jorams Sündenweg noch miterlebt hat, wie einige Ausleger es für möglich halten, oder ob ihm die Sünde des Königs im voraus geoffenbart wurde, wird uns nicht berichtet. Nur die Tatsache, dass die Schrift von Elia zur rechten Stunde an den König gelangte, wird uns mitgeteilt. Gott kann alles so fügen, dass das Wort, welches er seinen Knechten gibt, zur rechten Stunde an das Licht kommt. Drei Sünden hält Elias Schrift dem gottlosen Könige vor die Augen:

  1. Das Verlassen der Bahn seines frommen Vaters und Großvaters. („Darum dass du nicht gewandelt bist in den Wegen deines Vaters Josaphat, noch in den Wegen Asas.“) Dieses Wort beweist, dass die Söhne aus gläubigen Häusern eine zwiefache Verantwortung tragen, wenn sie nicht auf Gottes Wegen gehen.
  2. Die Verführung Judas zum Verlassen des mit Gott geschlossenen Bundes, der einer geistlichen Ehe gleicht. Welch ein ernstes Ding ist es doch um den Einfluss, den unser Wort und Wandel anderen gibt, besonders wenn wir in irgendeiner Weise eine wichtige Stellung einnehmen (Mat. 13,7).
  3. Die Ermordung seiner jüngeren Brüder, die Joram bei seiner Thronbesteigung nach der im Morgenland häufiger vorkommenden Sitte hatte umbringen lassen, damit seiner Herrschaft von keiner Seite her die Gefahr eines Nebenbuhlers erwachse. Diese entsetzliche Tat war eine Befestigung der eigenen Machtstellung mit ungöttlichen Mitteln. Welch ein Fluch ruht doch auf einer rücksichtslosen und selbstsüchtigen Handlungsweise, die nichts danach fragt, ob andere zugrunde gehen, wenn nur die eigenen Ziele erreicht werden.

Hüten wir uns vor dieser dreifachen Sünde Jorams, die sich in allerlei Formen wiederholen kann, damit sein Gericht nicht das unsrige werde.

Jorams Strafe.

Siehe, so wird dich der HERR mit einer großen Plage schlagen an deinem Volk, an deinen Kindern, an deinen Frauen und an aller deiner Habe. Du aber wirst viel Krankheit haben in deinen Eingeweiden, bis über Jahr und Tag deine Eingeweide vor Krankheit heraustreten. Und der HERR erweckte gegen Joram den Geist der Philister und Araber, die neben den Kuschitern wohnen. Und sie zogen herauf und brachen in Juda ein und führten alle Habe weg, die vorhanden war im Hause des Königs, dazu seine Söhne und seine Frauen, so dass ihm kein Sohn übrigblieb außer Joahas, seinem jüngsten Sohn. Und nach dem allen plagte ihn der HERR mit einer Krankheit in seinen Eingeweiden; die war nicht zu heilen. Und als das über Jahr und Tag währte, bis die Zeit von zwei Jahren um war, traten in seiner Krankheit seine Eingeweide heraus, und er starb unter schlimmen Schmerzen. Und man machte keinen Brand ihm zu Ehren, wie man seinen Vätern getan hatte. Zweiunddreißig Jahre alt war er, als er König wurde; und er regierte acht Jahre zu Jerusalem und ging dahin unbedauert. Und sie begruben ihn in der Stadt Davids, aber nicht in den Gräbern der Könige (2. Chron. 21,14-20).

Elias Schrift kündigt Joram ein dreifaches Gericht an: 1. An seinem Volk; 2. an seiner Familie und an seinem Besitz; 3. an seiner Person. Alles traf genau ein:

  1. Zuerst bekam Joram die göttliche Strafe in seinem Beruf als Oberhaupt des Volkes zu fühlen. Gott schlug sein Land durch den feindlichen Einfall der Philister und Araber. Raubgierige Feinde können ein Straf- und Zuchtmittel Gottes sein. Es gilt in solchem Falle nicht die Völker, welche einen Krieg beginnen, zu schelten, sondern die Sünde im eigenen Leben und Volke zu erkennen (2. Kön. 17,20; Richt. 2,11-15; 3. Mose 26,14-17).
  2. Sodann sollte er in seiner Familie die Heimsuchung Gottes für seine Sünde erfahren. Die Gegner beraubten den königlichen Palast und führten die Weiber und Söhne des Königs bis auf den jüngsten in die Gefangenschaft. Das sagt uns: Wer von Gott abfällt, der kann auf seine ganze Familie einen Fluch bringen. Wie manches Haus hat schon unter dem gottlosen Wandel des Familienvaters zu leiden gehabt! (2. Mose 20,5; Klgl. 5,7; 1. Kön. 14,7-13).
  3. Am empfindlichsten aber traf ihn die göttliche Zuchtrute an seiner eigenen Person. Eine unheilbare schmerzliche Unterleibskrankheit, die zwei Jahre lang dauerte, bereitete ihm einen qualvollen Tod. Dabei konnte er sich nicht einmal in der Krankheit der Liebe und des Mitleides seines Volkes trösten (Vers. 19). Nicht jede Krankheit ist eine Folge der Sünde wie bei Joram (Joh. 9,3); doch ist manche gebrochene Gesundheit zurückzuführen auf das Verlassen der göttlichen Bahnen, besonders im Gebiet der Mäßigkeit und Keuschheit. So starb der Mann, der schon in der Kindheit von einem gläubigen Vater den richtigen Weg kennen gelernt hatte (Luk. 12,47; Off. 16,7). Gott bewahre uns vor Jorams Sünde und vor Jorams Gericht.

Elia auf dem Berg der Verklärung.

Und es begab sich, etwa acht Tage nach diesen Reden, dass er mit sich nahm Petrus, Johannes und Jakobus und ging auf einen Berg, um zu beten. Und als er betete, wurde das Aussehen seines Angesichts anders, und sein Gewand wurde weiß und glänzte. Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm; das waren Mose und Elia (Luk. 9,28-30).

Noch einmal treffen wir Elia bei der Verklärung Jesu. Gemeinsam mit Mose erscheint er dort in „Klarheit“ dem Heiland. Beide sprechen mit Jesu über den bevorstehenden Kreuzestod. Wie herrlich ist dieses letzte Bild des Propheten in der Schrift. Lasst uns auf seine Erscheinung, seine Gesellschaft und seinen Gesprächsgegenstand achten.

1. Seine Erscheinung ist voller „Klarheit“. Er, der hienieden in rauem, einfachen Pilgergewand wandelte (2. Kön. 1,8), wird dort von Petrus und Johannes im verklärten herrlichen Zustand wiedergesehen. Welcher Unterschied zwischen seinem einstigen Auftreten in der Niedrigkeit und seiner jetzigen himmlischen Klarheit auf jenem Berge! So werden auch einst die, welche im Glauben entschlafen sind, in verklärtem Zustande von uns wiedergesehen werden in der Herrlichkeit.

2. Seine Gesellschaft ist Jesus, der Mittler des Neuen, und Moses, der des Alten Bundes. Wie anders ist die Gesellschaft als die, mit der er hienieden sich mühen musste. Von Paulus lesen wir einmal, dass er sich durch die Gemeinschaft der ihm aus Rom entgegenkommenden Brüder besonders erquickt und gestärkt fühlte (Apg. 28,15). Wie viel mehr musste solche Wirkung von dem Beisammensein ausgehen, das Elia dort haben durfte. So werden auch die im Herrn Entschlafenen eine unaussprechlich köstliche Gemeinschaft drüben genießen dürfen.

3. Sein Gesprächsgegenstand ist der bevorstehende Ausgang Jesu zu Jerusalem, d. i. sein Kreuzestod, seine Auferstehung und Himmelfahrt, durch welche das Erlösungswerk für alle Zeiten vollbracht werden sollte. Welche ein herrliches Thema, das die seligen Bewohner des Himmels bewegt! Was Mose, mit dem Gesetz und Elia mit seinem Eifer für die Wiederherstellung des Gesetzes nicht vollbringen konnten, das soll jetzt der Sohn Gottes hinausführen. Er soll ein Volk schaffen, das Gott dient und ihm allein nachwandelt. Dieser letzte Gesprächsgegenstand des verklärten Elia soll auch unser wichtigstes Thema bleiben zu aller Zeit.

Quelle: Christlieb, Alfred - Bilder aus Elias Leben

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