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Calvin, Jean - Psalm 68.

Calvin, Jean - Psalm 68.

Inhaltsangabe: Obgleich David in diesem Psalm beabsichtigt, die Siege zu feiern, die er durch Gottes Gnade über seine Feinde davontragen durfte, macht er doch den Anfang mit einem allgemeinen Lobpreis der Macht und Güte Gottes, für welchen ihm des Herrn Regiment über die ganze Welt den Stoff bietet. Sodann redet er von der Erlösung des auserwählten Volkes und wirft im Anschluss daran auch einen Blick auf die ganze Reihe der väterlichen Wohltaten, welche Gott auch in der Folgezeit über das Geschlecht Abrahams in freundlicher Herablassung ausgeschüttet hat. Endlich wendet sich David mit ausführlicheren Worten zu seinem eigentlichen Thema und rühmt mit ausführlicheren Worten zu seinem eigentlichen Thema und rühmt mit erhabenem Gesang die denkwürdige und kraftvolle Hilfe Gottes, die er persönlich erfahren hatte, und die doch zugleich dem ganzen Volk offenbar geworden war. Er stellte fest, dass nach seiner Einsetzung in der Königtum der Zustand der Gemeinde alsbald wieder in die rechte Ordnung kam: Gott selbst, der sich zuvor zurückgezogen zu haben schien, richtete in diesem Zeitpunkt gleichsam seinen Thron auf und übernahm von neuem das Regiment. Übrigens wird uns unter diesem Bilde ohne Zweifel die volle Offenbarung der Herrlichkeit Gottes dargestellt, die endlich in Christo aufging.

1 Dem Musikvorsteher: ein Psalmlied Davids. 2 Gott stehet auf, dass seine Feinde zerstreuet werden, und die ihn hassen, vor ihm fliehen. 3 Er vertreibt sie, wie der Rauch vertrieben wird; wie das Wachs zerschmilzt vom Feuer, so müssen umkommen die Gottlosen vor Gott, und die Gerechten aber von Herzen sich freuen. 5 Singet Gott, lobsinget seinem Namen! Erhebet den, der auf Wolken einher fährt; er heißt Herr, und freuet euch vor ihm, 6 der ein Vater ist der Waisen und ein Richter der Witwen. Er ist Gott in seiner heiligen Wohnung; 7 ein Gott, der den Einsamen das Haus voll Kinder gibt; der die Gefangenen ausführet zu rechter Zeit, und lässt die Abtrünnigen bleiben in der Dürre.

V. 2. Gott stehet auf usw. In diesen ersten Sätzen rührt David wie in einer kurzen Vorrede nur eben an, worüber er in diesem Psalm handeln will. Der Hauptinhalt ist der, dass Gott vielleicht eine kurze Zeit ruhig zusehen mag, wie die Gottlosen frech und grausam seine Gemeinde drücken, dass er aber endlich zur Rache aufsteht: und die Gläubigen werden an seiner Hilfe hinreichenden Schutz haben, sobald er nur seine Hand wider die Gottlosen ausreckt. Die Ausleger erinnern mit Recht daran, dass unser Satz aus 4. Mos. 10, 35 entnommen ist. Dort hat Mose seinem Volke für alle Zeiten eine Gebetsform gegeben, die ihr Vertrauen darauf stärken sollte, dass Gott ihnen in der Bundeslade ein sichtbares Zeichen seiner Gegenwart und Hilfe gegeben. Nur auf den Unterschied ist aufmerksam zu machen, dass Mose in seinem Gebet den Herrn gleichsam antreibt, während David rühmt und singt, dass dies Gebet täglich seine Erfüllung findet. Denn unsre Stelle ist eine Aussage und darf nicht etwa in Wunschform übersetzt werden. Ihr Hauptinhalt ist der, dass man jetzt erfahrungsmäßig erkennen kann, was Mose lehren wollte, dass nämlich der Herr, sobald er aufsteht, Macht genug hat, alle Feinde zu Boden zu werfen. Er bedarf nicht umständlicher Verrichtungen, sondern braucht nur einen Finger zu rühren, um alle zu zerstreuen. Freilich können wir zwischen den Zeilen lesen, dass Gott die Dinge zuweilen gehen lässt, sodass die Feinde triumphieren: aber mögen sie sich noch so frech gebärden, so vermögen sie doch nichts ohne seine Zulassung, - und noch ist die Zeit, aufzustehen, für den Herrn nicht gekommen. Auch darin liegt ein großer Trost, dass Leute, die Gottes Gemeinde befehden, seine Feinde heißen. Denn da er es auf sich genommen hat, uns zu schützen, so treffen ihn Beleidigungen, die man uns antut, genau so, wie wenn seine eigne Majestät angegriffen würde. In schönen Gleichnissen wird dann (V. 3) noch genauer beschrieben, wie leicht und schnell der Herr alle Anschläge unsrer Feinde zunichte machen kann: sie sind wie Rauch, welchen der Wind verweht, und Wachs, welches im Feuer schmilzt. Wenn es unglaublich scheint, dass eine starke Macht so plötzlich zusammenbrechen kann, so will der heilige Geist mit dieser Aussprache die Furchtsamkeit unseres Fleisches überwinden. Wir sollen wissen, dass die Feinde gar nicht so stark sind, wie wir glauben, sondern dass nur Rauch unsere Augen stumpf macht; auch täuscht uns ihre scheinbar unbeugsame Festigkeit, weil wir nicht bedenken, dass Gott mit seinem bloßen Blick Berge zerfließen macht.

V. 4. Die Gerechten aber müssen sich freuen usw. Damit zeigt David, dass es vornehmlich der Gemeinde der Frommen zugute kommt, wenn der Herr an den Gottlosen schreckliche Taten tut. Die hier beschriebene Freude scheint sich von der Traurigkeit abheben zu sollen, die unter Sauls Herrschaft die Gemüter der Frommen erfüllte. Nachdem Gott die Seinen eine Zeitlang erniedrigt, gibt er ihnen neues Licht der Freude, damit sie nicht immer unter dem Druck der Traurigkeit liegen. Dabei lassen unsre Worte ersehen, dass man nur vor Gott sich recht freuen kann, wenn man nämlich sieht, dass er uns gnädig ist und die Sorge für unser Heil auf sich nimmt. Übrigens welch ein Gegensatz gegen die Gottlosen, die (V. 3) „vor Gott“ fliehen! Die Gerechten aber frohlocken vor Gottes Angesicht, weil nichts ihnen erwünschter ist, als seine Nähe zu spüren. Auch Ps. 18, 26 f. sahen wir, wie der Anblick Gottes die einen erschreckt, die andern fröhlich stimmt: denn der Herr handelt mit den Frommen fromm, mit den Verkehrten verkehrt. Wie reich aber die Freude der Frommen ist und wie sie Herz und Gemüt völlig durchdringt, ersehen wir in unserm Verse aus der dreimal wiederholten Aussage.

V. 5. Singet Gott usw. Jetzt fängt David an, die Gläubigen zum Lobe Gottes zu ermahnen. Als Stoff desselben gibt er an, wie ich schon in der Inhaltsangabe sagte, dass der Herr den ganzen Erdkreis kräftig regiert, sodann dass er sich herablässt, auch die Armen und Verachteten in Fürsorge und Schutz zu nehmen. Dass Gott auf Wolken einher fährt, ist ein besonders erhabener Lobpreis seiner Macht, die über Himmel und Erde geht. Denn solchen Ausdruck muss man nicht fleischlich deuten, sondern ehrfürchtig als eine Beschreibung der alles überragenden Herrschaft Gottes nehmen, für welche auch unser Lob viel zu niedrig ist. Die folgenden Worte: Er heißt Herr – sind eigentlich mit dem Vorigen enge zusammenzufassen, etwas in dem Sinne: erhebet den, der auf Wolken fährt, „unter dem Namen Herr, den er trägt.“ Damit sollte in einer Zeit, da götzendienerischer Aberglaube den ganzen Erdkreis erfüllte, dem Herrn seine unvergleichliche Stellung gewahrt werden: alle Götzen müssen weichen, wenn der Gott Israels hintritt. Weil es aber nicht genug wäre, dass die Gläubigen den Herrn unterwürfig verehren, so wie etwa auch die Gottlosen ihn scheuen und vor ihm zittern, werden sie noch einmal erinnert, freudig und willig ihm zu nahen: freuet euch vor ihm. Darum fügt David auch hinzu, dass Gottes wunderbare Güte sich (V. 6) zu den Waisen und Witwen herablässt. Seine unbegreifliche Herrlichkeit rückt ihn uns doch nicht so fern, dass er uns etwa in unserem Elend und Schmutz verachtete. Denn Witwen und Waisen werden nur beispielsweise genannt zur Bezeichnung aller derer, an welchen die Welt vorüber zu gehen pflegt, als wären sie der Hilfe nicht wert. Denn gemeinhin wendet die Welt ihre Wohltaten nur an solche, von denen eine Wiedervergeltung einigermaßen zu erwarten ist. Weiter steht Ehre und Glanz immer an erster Stelle, sodass die Armen verachtet und vergessen werden. Dass Gott in seiner heiligen Wohnung ist, kann auf den Himmel oder auf den Tempel bezogen werden und passt in jedem Falle trefflich in den Zusammenhang. Denn wenn Gott im Himmel sitzt, so pflegt er doch dort nicht der Muße, sondern hat seinen Thron aufgerichtet, von welchem aus er den Weltkreis lenkt. Hat er sich eine Wohnstätte unter den Menschen erwählt, um sie freundlich zu sich einzuladen, so kann eben dies die Zuversicht der Armen stärken, wenn sie hören, dass man ihn nicht in weiter Ferne zu suchen braucht. Der nächste Vers verzeichnet noch andere Erweise der göttlichen Freundlichkeit: Gott gibt den Verwaisten oder Einsamen zahlreiche Nachkommenschaft und löst die Gefangenen aus ihren Banden. Endlich wird den Abtrünnigen und gottlosen Verächtern Gottes Gericht angedroht. Dies geschieht nicht bloß, um ihnen Schrecken einzujagen, sondern auch um den Frommen zu sagen, dass sie keinen Grund zum Neid haben. Alles in allem: bei aller Art von Leiden, die uns drücken mögen, liegt in Gottes Hand der Trost schon bereit, unsere Schmerzen zu lindern und unsere Sorgen zu erleichtern. Mögen die Gottlosen eine Zeitlang selbstgefällig dahingehen dürfen, so wird, was jetzt ihr höchstes Glück scheint, ihnen doch endlich zum Unglück ausschlagen. Denn dass sie in der Dürre bleiben, also gleichsam in die Wüste verstoßen werden, will besagen, dass sie Gottes väterliches Wohlwollen, dass sie so schnöde missbrauchten, nicht weiter genießen dürfen.

8 Gott, da du vor deinem Volk herzogest, da du einhergingest in der Wüste, (Sela,) 9 da bebte die Erde, und die Himmel troffen vor diesem Gott, der Sinai vor dem Gott, der Israels Gott ist. 10 Du gabst, Gott, einen gnädigen Regen, und dein Erbe, das dürre war, erquicktest Du, 11 dass deine Herde drinnen wohnen könne. Gott, in deiner Güte hast du für die Elenden gesorgt.

V. 8. Gott, da du vor deinem Volk herzogest usw. Jetzt hören wir, dass Gottes Güte sich sonderlich an seiner Gemeinde offenbart, die er sich zu dem Zweck erwählte, um an ihr einen Schauplatz seines fürsorglichen und väterlichen Wirkens zu haben. Dies fügt der heilige Sänger ausdrücklich hinzu, damit die Kinder Abrahams das Zuvorgesagte insbesondere auf sich anwenden möchten: sind sie doch Gottes auserwähltes Volk. Weil aber die Erlösung aus Ägypten das vorzüglichste und ewig denkwürdige Unterpfand der göttlichen Liebe war, durch welches die dem Abraham einst verheißene Annahme zur Gotteskindschaft eine Bestätigung erfuhr, wird auf die Geschichte derselben kurz hingewiesen. Wir entnehmen daraus als Hauptsache, dass Gott in jenem denkwürdigen Auszug für alle Zeitalter ein Zeugnis davon gab, wie sehr er seine Gemeinde liebt. Denn was anders sollten so viele Wunder, die Erschütterung von Himmel und Erde und das Erzittern der Berge, als offenbar machen, dass Gottes Kraft für das Heil seines Volkes wirkte? Darum wird dem Herrn die Rolle eines Führers zugeteilt, der unter seinen Fahnen das Volk ausführte, und dies nicht nur beim Durchzug durchs rote Meer, sondern auch während der ganzen Wüstenwanderung. Dass (V. 9) die Erde bebte, erinnert zwar zunächst an die Kundgabe des Gesetzes; aber auch im Fortgang des Weges wurde die Ordnung der Natur öfters durchbrochen, als zitterten alle Elemente beim Anblick Gottes. Weil indessen der Herr am Berge Sinai seine Macht am schrecklichsten offenbarte, weil dort Donner aus dem Himmel vernommen wurden die ganze Luft mit Blitzstrahlen erfüllt war, nennt der heilige Sänger den Berg ausdrücklich, auf welchem Gottes Majestät strahlender sich sehen ließ, als je an einem andern Orte. Übrigens ist das hinweisende Fürwort nicht, was ziemlich fade wäre, mit „Sinai“, sondern mit „Gott“ zu verbinden: so stellt uns David die Herrlichkeit „dieses Gottes“ anschaulich vor Augen. Einer ähnlichen Redeweise bedienen sich die Propheten öfters, wenn sie erklären wollen, dass der Gott, den man unter den Kindern Abrahams verehrt, keine eingebildete Größe ist, und die Gottesverehrung, welche in seinem Gesetz überliefert ward, keine ungewisse Sache. So heißt es bei Jesaja (25, 9): „Siehe, das ist unser Gott, er wird uns helfen.“ So führt uns David gleichsam vor Gottes gegenwärtiges Angesicht und bekräftigt damit die Gewissheit des Glaubens, der ganz etwas anderes ist, als ungewisse Irrmeinungen der Heiden. Darin liegt zugleich ein verborgener Tadel der Torheit, die Gott unter hölzernen und steinernen, goldenen und silbernen Bildern sucht und lieber in solchen Trügereien einhergehen, als Fortschritte in der wahren Gotteserkenntnis machen will.

V. 10. Du gabst einen gnädigen Regen usw. Damit wendet sich die Rede zu den späteren Gnadenerweisungen, die Gott über sein Volk nach dem Einzug ins gelobte Land kommen ließ. Dies Land wird als das Erbe bezeichnet, welches Gott seinen Kindern bestimmt hatte. Andere Ausleger verstehen darunter freilich die Gemeinde selbst: das ist aber ausgeschlossen, weil wir sofort lesen, dass in diesem Erbe Gottes Herde wohnen soll. Die Bezeichnung passt auch trefflich auf das Land Kanaan, welches der himmlische Vater wie ein rechtmäßiges Erbgut in die Hände seiner Kinder gelegt hatte. Und David will sagen, dass seitdem Abrahams Nachkommen dort angesiedelt waren, Gott unaufhörlich die Pflichten eines guten und freundlichen Hausvaters erfüllt habe: er hat immer Regen gegeben, um Speise zu schaffen. Als ein „gnädiger“ Regen wird diese Gabe beschrieben, weil Gott immer mit willigster Bereitschaft die Fürsorge für die Nahrung seines Volkes auf sich nahm. Andere denken weniger passend an einen reichlichen Regen. Übrigens schwebt dem Dichter ohne Zweifel die besondere Eigenart des jüdischen Landes vor, dessen Fruchtbarkeit ganz vom Tau oder Regen des Himmels abhing. Darum heißt es auch: das dürre war, erquicktest Du. Als Grund dafür wird angegeben, dass Gott dieses Land seinem auserwählten Volk zur Wohnung angewiesen hatte. David gibt also zu verstehen, dass es nur darum gesegnet wurde, weil es der heilige Wohnsitz des Gottesvolkes war. Damit die Kinder Israel diese Wohltat desto besser erkennen möchten, werden sie mit Elenden, d. h. hungrigen und dürftigen Leuten verglichen, die aus der Hand in den Mund leben müssen. Denn wenn sie Gott auch reichlich und bis zur vollen Sättigung mit fettem Getreide, vielem Wein, Honig und Öl ausstattete, so setzte er seiner Gnade doch immer dies Maß, dass sie auf seinen Wink allein warten mussten. Zu übersetzen ist übrigens: in deiner Güte, nicht „mit deinen Gütern“. Denn es handelt sich nicht um eine Bezeichnung der reichen Gaben selbst, sondern um einen Hinweis darauf, dass Gott nur um seiner freien Güte willen so freundlich sorgt.

12 Der Herr gab das Wort: der Siegesbotinnen ist eine große Schar. 13 Die Könige der Heerscharen fliehen und fliehen, und die Hausehre teilt den Raub aus. 14 Wenn ihr zwischen Töpfen lieget, so glänzt es als der Taube Flügel, die wie Silber und Gold schimmern. 15 Als der Allmächtige die Könige im Lande zerstreute, da ward es helle wie auf dem Zalmon.

V. 12. Der Herr gab das Wort usw. Jetzt fängt David an, die Siege zu rühmen, in welchen Gott seine Macht zum Schutze seines Volkes herrlich geoffenbart hatte. Er lässt also dem Herrn den Ruhm für diese Feldzüge, obgleich er doch selbst die Feinde niedergeschlagen und das Land zum Frieden gebracht und seine Grenzen erweitert hatte. Denn wenn Gott das Wort, d. h. Lobgesang und Siegeslied gegeben hat, so deutet dies darauf hin, dass man ihm den günstigen Ausgang des Krieges verdankt. Von Siegesbotinnen ist die Rede, weil nach alter Sitte die Siegesgesänge von Frauen vorgetragen wurden: so sang Mirjam, die Schwester Moses, mit dem Chor der Weiber Gottes Lob zur Pauke, und musizierende Weiber waren es, welche Davids Triumph besangen, als er Goliath getötet und dadurch die Philister in die Flucht geschlagen hatte (2. Mos. 15, 21; 1. Sam. 18, 6). Dass gleich an den Lobgesang erinnert wird, bedeutet auch eine Mahnung an die Gläubigen, dass sie verpflichtet sind, Gottes Wohltaten mit gebührender Dankbarkeit zu rühmen. Der nächste Vers zeigt, wie die Feinde, obgleich sie mit großen und starken Mitteln zum Verderben der Gemeinde Gottes gerüstet sind, doch zerstreut werden. Möglich wäre, dass dieser Vers wörtlich anführt, was die Siegesbotinnen sangen, doch lässt er sich auch als Aussage Davids verstehen. In wie hellem Licht erscheint aber Gottes Gnadenwirken, wenn Könige der Heerscharen, also überaus mächtige Fürsten, fliehen mussten, denen die Kinder Israel an Macht bei weitem nicht gewachsen waren! Denn wie kam es, dass sie nicht bloß vergeblich abziehen mussten, sondern auch weithin in die Flucht geschlagen wurden, obgleich sie doch leicht das Land mit ihrer Übermacht hätte erdrücken können? Gott stellte sich ihnen wunderbar als Beschützer seines Volks entgegen. Der doppelte Ausdruck, dass sie fliehen und fliehen, lässt ersehen, dass mit Gottes Hilfe wiederholt Angriffe zurückgeschlagen wurden. Dass dabei ein großer Raub, d. h. überreiche Beute gemacht wurde, sieht man daraus, dass sogar die ruhig daheim gebliebenen Hausfrauen davon austeilen können. Nicht nur kehrten die Krieger mit schwerer Siegesbeute belastet aus der Schlacht zurück, sondern auch friedliche Weiber bekamen Anteil an dem Überfluss.

V. 14. Wenn ihr zwischen Töpfen lieget, so glänzt es. Hieß es bisher, dass Gott gewohnt sei, für sein Volk zu streiten, so wird jetzt einschränkend hinzugefügt, dass freilich auch die Gläubigen zuweilen in Finsternis liegen müssen, dass aber Gott zu seiner Zeit als Befreier erscheinen werde. Damit wirft David ohne Zweifel einen Seitenblick auf die elende und unglückliche Zeit, welche Gottes Volk unter Sauls Regiment durchmachen musste: so hebt sich der Umschwung, der plötzlich aus der Finsternis ins Licht führte, umso heller und strahlender ab. Doch liegt zugleich eine umfassendere Lehre in diesen Worten: mitten im Unglück erhält Gottes verborgene und wunderbare Kraft die Gläubigen unversehrt oder heilt sie wenigstens alsbald wieder, sodass man keine Spur von ihrem Übel mehr sieht. Denn diese doppelte Auslegung ist nach dem Wortlaut möglich: obgleich sie zwischen rußigen Töpfen liegen, hören sie doch nicht auf zu glänzen, - oder die Befreiung wischt auch die Schwärze, die das Unglück auf sie brachte, wieder ab. In jedem Falle ist die Meinung, dass keine Trübsal die Gläubigen völlig aufreiben oder ihnen wirklich etwas anhaben kann. Dieser Gedanke ist in ein Bild gekleidet: wir sollen uns eine Taube vorstellen, die mitten unter schmutzigen Töpfen1) oder Kesseln doch nicht schwarz wird oder wenigstens ihre ursprüngliche schöne Farbe nicht für die Dauer verliert. Immerhin ergibt sich, dass Gottes Gemeinde nicht immer heiteres Glück genießen kann, aber sie wird doch der Finsternis entrinnen und ihren Glanz wiedergewinnen, als hätte sie nie ein Unglück angerührt.

V. 15. Da ward es helle wie auf dem Zalmon. Das ist in anderer Wendung der gleiche Gedanke, den wir schon aus dem Hinweis auf die wie Silber schimmernden Taubenflügel entnahmen: schien das Land unter dem wüsten Ansturm der Feinde wie mit Finsternis bedeckt, so erlangte es seine Heiligkeit doch wieder und machte den Eindruck wie der schneereiche Berg Zalmon in Samaria (Richt. 9, 49) mit seiner weißen Decke. Dabei mögen wir uns erinnern, dass der Name des Berges mit einem Wort verwandt ist, welches „dunkler Schatten“ bedeutet. Der helle Glanz ist also auf einen dunklen Hintergrund aufgetragen.

16 Ein Gebirge Gottes ist das Gebirge Basans, ein groß Gebirge ist das Gebirge Basans. 17 Was sehet ihr scheel, ihr großen Gebirge, auf den Berg, da Gott Lust hat zu wohnen? Und der Herr bleibt auch immer daselbst. 18 Der Wagen Gottes sind viel tausendmal tausend; der Herr ist unter ihnen – ein Sinai – im Heiligtum.

V. 16. Ein Gebirge Gottes usw. Die nächsten beiden Verse geben als Grund und Quell der Guttätigkeit Gottes dies an, dass er sich den Berg Zion für seinen königlichen Sitz und Tempel auserwählt hatte, von wo seine Gnade über das ganze Volk ausströmen sollte. Und weil diese Verheißung dem David gegeben war, so wird der Hinweis auf die Würde und den Vorzug des Berges Zion ihm auch ein Beweis für die Rechtmäßigkeit und göttliche Einsetzung seines Königtums. Denn dies beides gehörte unzertrennlich zusammen, dass David auf dem königlichen Thron saß, das Volk zu regieren, und dass Gott seinen Wohnsitz auf jenem Berge hatte. Mag der Berg Basan im Ostjordanland ein Gebirge Gottes, d. h. ein besonders majestätischer Berg (Ps. 36, 7) sein, dazu ausgezeichnet durch seine fetten Weiden, so darf er samt allen andern Bergen sich doch nicht hochmütig über den Berg Zion erheben: diesem kommt er nicht gleich, den der Herr nach seinem Wohlgefallen allen andern Bergen vorgezogen hat.

V. 17. Was sehet ihr scheel, ihr großen Gebirge? usw. Was soeben von dem Gebirge Basan insbesondere gesagt war, wird nun auf alle Berge des ganzen Erdkreises ausgedehnt: hinter dem Berge Zion müssen sie alle zurückstehen. Der Sinn dieses Bildes ist leicht zu verstehen: Christi Reich, welches Gott in Davids Person anhob, ist erhabener als alle Herrlichkeit der Welt. So kann David mit hohen Worten über das stolze Selbstbewusstsein der Welt spotten. Wir wissen ja, wie verächtlich sich Christi Reich dem Blick irdischer und unheiliger Menschen darstellt, welche in ihrem Vergnügen oder ihrem Reichtum gefangen und für Gottes geistliche Gnadengaben blind sind. Der Nutzen dieser Lehre offenbart sich am deutlichsten, je stolzer sich das Fleisch in seinem leeren Hochmut gebärdet, sobald auch nur der geringste Anlass gegeben scheint. Denn wenn schon Leute, die gar keinen Grund dazu haben, sich ein stolzes Gebahren selten versagen können, sollten dann nicht die Mächtigen und Reichen auf ihren Vorzug ganz besonders pochen? Mögen sie aber noch so selbstgefällig auftreten, so dürfen sich die Gläubigen mit dem einzigen Vorzug zufrieden geben, dass es Gott gefiel, in ihrer Mitte zu wohnen. Denn so lange sie mit Gott in Verbindung bleiben, welcher allein die Fülle alles Glückes in sich birgt, brauchen sie nie mit ihrer Lage unzufrieden zu sein.

V. 18. Der Wagen Gottes usw. Weil man die Gegenwart Gottes in einer gewissen verkleinernden Missgunst nicht so einschätzt, wie sie es verdient, so beschreibt sie uns David unter diesem erhabenen Bilde. Unser Geist neigt nur zu sehr zum Zweifel und lässt auf seiner Wage jedes Unglück, das in der Welt vorgeht, viel schwerer wiegen, als Gottes Kraft. Dass wir bei der geringsten Anfechtung erzittern, kommt eben daher, dass wir Gott ohne seine unermessliche Macht denken oder wenigstens zu gering von ihr halten. Diese Krankheit will David heilen und führt uns darum die unzählbaren Engelscharen vor Augen, welche alle Hindernisse in der Welt mühelos beiseite schieben werden. Zu Tausenden stehen sie bereit, um Gottes Befehle uns zu gut auszurichten. Die Erinnerung daran muss uns reichlich genügen, unsern Mut aufzurichten, selbst wenn hundertfacher Tod uns droht. Dass der Herr unter ihnen ist, soll uns einprägen, wie kräftig seine Gegenwart wirken muss: denn so wenig man Gott von seinem eigenen Wesen trennen kann, so wenig darf man ihn ohne sein kräftiges Wirken denken, dem alle Engel zur Verfügung stehen. Zugleich enthält unser Wort eine Erinnerung, dass der eine Gott noch mehr ist, als, dass ich so sage, zehn Welten von Engeln. Damit aber die weite Entfernung, die wir nach unserer Einbildung zwischen uns und Gott zu schieben pflegen, den Lauf unseres Glaubens nicht hemme, erinnert uns ein Zwischenruf an den Sinai, wo Gottes Majestät sich handgreiflich offenbarte, woraus dann folgt, dass er noch immer im Heiligtum wohnt. Denn zu welchem andern Zweck hätte Gott sich dort so wunderbar kundgetan, als um zu zeigen, dass sein Bund eine unverletzliche Gemeinschaft zwischen ihm und dem Samen Abrahams stiftete? So sprach es auch Mose aus (5. Mos. 30, 12): „Sprich nicht in deinem Herzen: Wer will in den Himmel hinaufsteigen? Wer will in den Abgrund hinabsteigen? Wer will über das Meer fahren? Denn das Wort ist nahe in deinem Munde usw.“ Der Name „Sinai“ erinnert also daran, dass, wollen wir anders unter unbesiegbarem Schutz geborgen sein, wir die Gewissheit der Gegenwart Gottes nirgend anders suchen dürfen, als aus Gesetz und Propheten.

19 Du bist in die Höhe gefahren, und hast Gefangene geführt, du hast Gaben empfangen unter den Menschen, auch die Abtrünnigen, auf dass Gott der Herr daselbst wohne. 20 Gelobet sei der Herr täglich. Er, Gott, wird eine Last von Heilsgaben auf uns legen. (Sela.) 21 Wir haben ihn zum Gott, der da hilft, und Gott der Herr hat Ausgänge aus dem Tod. 22 Ja, Gott wird den Kopf seiner Feinde zerschmettern, den Haarschädel derer, die da fortfahren in ihrer Sünde. 23 Der Herr hat gesagt: Aus Basan will ich sie wieder holen, aus der Tiefe des Meers will ich sie holen; 24 dass dein Fuß in der Feinde Blut gefärbet werde, und deine Hunde es lecken. 25 Man siehet, Gott, wie du einherzeuchst, wie du, mein Gott und König, einherzeuchst im Heiligtum.

V. 19. Du bist in die Höhe gefahren. Ohne Zweifel soll der Vergleich zwischen den beiden Zeitläufen Gottes Gnade in helles Licht setzen, die unter Saul gleichsam begraben lag und dann neu aufleuchtete, als David zur Herrschaft kam. Denn dass Gott in die Höhe gefahren ist, deutet auf den Gegensatz, dass zuvor alles daniederlag: in dieser trostlosen Verstörung des Volkes erschien nichts von Gottes Herrlichkeit, die sich doch einst hatte sehen lassen. Auf Sauls Königtum, dessen Anfang schon mit sündhaftem und widergöttlichem Begehren verwoben war, lag notwendig Gottes Fluch. Erst unter David ließ der Herr das Licht seiner Gnade wieder aufgehen: dieser glückliche Erfolg machte kund, dass Davids Regiment ein rechtmäßiges war, weil es auf göttlicher Erwählung ruhte. Obgleich nun David tapfer gekämpft hatte, nimmt er doch den Ruhm des Sieges nicht für sich in Anspruch, sondern überlässt ihn dem Herrn allein: Er ist es, der Gefangene geführt und Gaben des Tributs unter den Menschen erzwungen hat, der auch den Übermut der Rebellen brach und sie unter die Füße trat. Denn unter den Abtrünnigen sind im Unterschiede von anderen Feinden, die ebenfalls gefangen wurden, solche zu verstehen, die den entschlossensten Widerstand leisteten: nicht bloß solche Leute wurden unterworfen, welche das Vertrauen auf ihre Kraft verloren und sich lieber ergeben, als hartnäckig kämpfen wollten, sondern auch die stolzesten Gegner wurden gebändigt. Als Zweck wird angegeben, dass Gott der Herr in seinem Volke wohne, dass er also beweisen wolle, wie glücklich alle sind, die sich unter seinen Schutz flüchten. Da übrigens Paulus (Eph. 4, 8) allzu scharfsinnig zu verfahren scheint, wenn er unsre Stelle auf Christus deutet, so müssen wir sehen, wie trefflich er doch mit Davids Gedanken übereinkommt. Sicherlich kann auf keine Weise die grundsätzliche Erkenntnis umgestoßen werden, dass Davids Herrschaft über das Volk des alten Bundes eine anfängliche Darstellung davon sein sollte, dass Christus, der ewige König, sein Reich anhob. Müssen wir uns doch immer vergegenwärtigen, dass dem David eine ewige Nachkommenschaft verheißen war, was in Christi Person seine endgültige Erfüllung fand (2. Sam. 7, 16). Wie also Gott durch Davids Hand seine Macht bewies, dass er selbst zur Höhe fuhr und sein Volk in die Höhe brachte, so offenbarte er in seinem eingeborenen Sohn seine allerhöchste Erhabenheit. Wir können auch die Parallele weiter ins Einzelne verfolgen. Bevor Christus zur Höhe erhoben ward, hat er sich selbst erniedrigt, indem er nicht nur Knechtsgestalt annahm, sondern sich auch bis zum Tode am Kreuz herabließ. Damit also das Schattenbild der Wahrheit entspreche, sagt Paulus, dass in Christi Person wahrhaft erfüllt ward, was David zuvor Ps. 22, 7 aussprach: denn bevor er erhöht ward, wurde er erniedrigt bis in die tiefsten Örter der Erde, da er ein Spott der Leute und eine Verachtung des Volks ward. Damit man übrigens jene Auffahrt zur Höhe nicht gar zu beschränkt bloß auf Christi Leib deute, wird ihr Erfolg und ihre Frucht beschrieben, die darin besteht, dass er Himmel und Erde seiner Herrschaft unterworfen hat. Denn die zuvor seine ungebändigten Feinde waren, zwang er zum Gehorsam und macht sie sich tributpflichtig: wie denn die Lehre des Evangeliums darauf zielt, dass die Ungläubigen das hochfahrende und widerspenstige Wesen des Fleisches ablegen und sich mit allem, was sie haben, Christo ergeben, dass alle Höhen erniedrigt und alle Sinne und Begierden der Menschen gebändigt werden. Was aber den Teufel und alle Verworfenen angeht, deren verstockte Bosheit zu endgültigem Abfall führt, so hält er sie mit seiner verborgenen Macht gebunden, dass sie nicht in ihrer Raserei alles verwirren und verderben können. Bis dahin stimmt also die Parallele trefflich. Wenn aber Paulus sagt, dass Christus den Menschen Gaben gegeben habe, so weicht er damit, weil er in Rücksicht auf die Ungelehrten der griechischen Übersetzung folgt, zwar von Davids Worten ab, aber in der Sache selbst ist kein Widerspruch. Denn wie Gott durch die von den Feinden genommene Beute nicht sich, sondern sein Volk reich machte, so wollte auch Christus, der ja keines Dinges bedarf, nichts für sich gewinnen, sondern machte die Feinde sich tributpflichtig. In Rücksicht also auf die verborgene Verbindung zwischen Haupt und Gliedern kann beides wahr und richtig gesagt werden, dass Gott, der im Fleisch erschienen ist, den Seinen Gaben austeilte, und dass er diese Gaben zuvor den gefangenen Feinden abnahm. Nicht minder passt auf Christus, was am Ende des Verses steht, dass Gott gesiegt habe, um unter uns zu wohnen: denn Christus ist nicht in einer solchen Weise von uns gegangen, dass man ihn in der Ferne suchen müsste, sondern um alles zu erfüllen, wie dies ja auch Paulus ausspricht (Eph. 4, 10). Denn einerseits hat er seit seiner Auffahrt in den Himmel die Kraft seiner Gottheit weit völliger ausgeübt, und anderseits speist er unsere Seelen auf geistliche Weise mit seinem Fleisch und Blut, obgleich er nach dem Fleisch nicht mehr auf Erden weilt: denn die örtliche Entfernung hebt nicht auf, dass sein Fleisch für uns in Wahrheit Speise und sein Blut in Wahrheit unser Trank ist.

V. 20. Gelobet sei der Herr täglich. Was David von Gottes hilfreichen Taten Rühmliches sagt, ist alles so abgemessen und auf das Ziel gerichtet, zu zeigen, wie des Herrn Gemeinde kraft seiner ständigen Behütung und Verteidigung unversehrt bleibt. Darum wird hier auch betont, dass der Herr täglich neuen Anlass gibt, ihn zu preisen. Und es wird hinzugefügt, dass man von ihm Heil erwarten dürfe samt einer Last aller guten Gaben. Wir entnehmen daraus die Zusage für die Gläubigen, dass Gott ihnen immer neue Schenkungen machen will: er wird niemals müde werden, wohl zu tun, sondern Gaben über Gaben auf sein Volk häufen. Mit großem Nachdruck heißt es: „Er, Gott“ wird es tun. So weist David gleichsam mit dem Finger auf den Gott hin, auf den alle Frommen sich verlassen sollen, - wie es auch im nächsten Verse ein keineswegs überflüssiger Hinweis ist: Wir haben ihn zum Gott. Diese beiden Sätze gehören enge zusammen und enthalten den gemeinsamen Hauptgedanken, dass Gott für alle Zeit der Helfer und Retter seiner Gemeinde sein werde. Und weil die Gedanken der Menschen nur zu leicht abirren, wird ihnen ein Zügel angelegt, der sie bei dem einigen und allein zuverlässigen Gott festhalten soll. Wiewohl nun aber das Heil Gottes für alle bestimmt ist, so wird doch der Vorzug, dass sie sich in jeder Weise von Gott behütet wissen, auf die Auserwählten beschränkt: denn die Verworfenen verwandeln durch ihre Undankbarkeit das Leben in Tod. Nicht ohne Grund ist von Heilsgaben in der Mehrzahl die Rede, damit wir wissen, dass gegenüber zahlreichen Todesgefahren Gott ebenso zahlreiche Wege der Rettung öffnen kann: wie wir heute herausgerissen wurden, so schöpfen wir auch für die Zukunft gute Hoffnung. Dasselbe besagt das nächste Satzglied: Gott der Herr hat Ausgänge aus dem Tod. Er weiß wunderbare, mannigfaltige und verborgene Weisen, die Seinen aus dem Tode zum Leben zu erwecken. Der Ausdruck enthält nämlich einen Hinweis, wie Gott den Seinen zu helfen pflegt: er hindert nicht immer, dass der Tod über sie Gewalt gewinne, aber nachdem er sie gleichsam versinken ließ, eröffnet er in wunderbarer Weise einen Ausgang. Das wollen wir uns umso fester einprägen, damit wir lernen, an seine Hilfe nicht den Maßstab unsrer eigenen Empfindung zu legen, sondern auch, wenn wir in den Abgrund versinken, uns mit unsrer Hoffnung an Gottes Hand klammern, dessen eigene Weise es ist, einen Weg durchs Unwegsame zu bahnen.

V. 22. Ja, Gott wird usw. Weil Gottes Gemeinde von allen Seiten von starken und wütenden Feinden bestürmt wird und beständige Angriffe auszuhalten hat, kann sie nur durch starke und kräftige Abwehr gerettet werden: darum stellt David uns den Herrn vor Augen, wie er mit schrecklicher Macht gerüstet ist, alle Gottlosen niederzuschlagen. Das „Ja“ dient zur Bekräftigung der Aussage. Bemerkenswerterweise heißen diejenigen, welche die Frommen ungerecht drängen, Gottes Feinde: so dürfen wir nicht zweifeln, dass er selbst zu unserm Schutze stets ins Mittel treten wird. Wie eifrig er aber für unser Heil sorgt, zeigen Ausdrücke wie die: er wird den Kopf seiner Feinde zerschmettern. Die seine Gemeinde angreifen, müssen zum Tode verwundet und mit unheilbaren Schlägen getroffen werden; und alsbald (V. 24) sehen wir, wie Gott ein förmliches Blutbad unter den Feinden anrichtet.

V. 23. Der Herr hat gesagt usw. Damit die Kinder Israel nicht in unheiliger Weise über ihre Siege frohlocken, sondern Gott als deren Urheber anerkennen, erinnert sie David an ihre ersten Anfänge. Auch soll es zur Stärkung des Glaubens an Gottes fort gehendes Gnadenwirken zu ihrem Heil dienen, wenn ihnen ins Gedächtnis gerufen wird, wie ihre Väter im Anbeginn durch Gottes siegreiche Hand gleichsam aus dem Abgrund gezogen wurden. Denn die hier dem Herrn in den Mund gelegten Worte wollen besagen: der Gott, der sein Volk einmal aus Basan, d. h. aus der Hand der Riesen (5. Mos. 3, 11) errettet und aus der Tiefe des roten Meeres gezogen hat, tat dies nicht, um es jetzt in ähnlichen Gefahren zu verlassen. Er wird als Retter zur Stelle sein, so oft die Not es erfordert. Wissen wir doch, dass die Propheten sich gern auf die Geschichte der Erlösung zu berufen pflegten, wenn sie Gottes Gnade hoch erheben wollten: aus dem Anfang sollten die Gläubigen auf einen guten Fortgang schließen lernen. Dass Gott selbstredend eingeführt wird, dient zur Erhöhung des Nachdrucks: der Herr schreibt sich geradezu die Macht und das Amt zu, aus dem Tode zum Leben zu erwecken: denn der Aufstieg des Volkes aus dem roten Meer und der Sieg über die kriegsgewaltigen Riesen war wie eine Auferstehung. Dass dabei mit triumphierender Rede (V. 24) von der Feinde Blut gesprochen wird, ist nicht ein Ausbruch von rachsüchtiger Wut, sondern nur eine Erinnerung daran, dass Gott für die Rettung der Seinen eifert. David konnte mit reinem und heiligem Ernst sich des Verderbens der Verworfenen freuen, weil er mit reinem und unbeflecktem Sinn Gottes Gerichte betrachtete. Dieselben waren freilich furchtbar: es gab Leichname in solcher Zahl, dass die Hunde das Blut lecken konnten.

V. 25. Man siehet, Gott, wie du einherzeuchst. Diesen Vers kann man entweder auf den kriegerischen Heereszug, oder aber auf die Dankprozession deuten, welche unter Darbringung von Friedensopfern nach einem großen Siege im Heiligtum stattzufinden pflegte. Ich möchte die erstere Deutung vorziehen, wobei Gott selbst als oberster Heerführer erscheint. Dass er im Heiligtum einher zieht, ist dann nur eine Anspielung an das sichtbare Zeichen seiner Gegenwart. Denn weil er versprochen hatte, aus dem Heiligtum die Bitten der Seinen zu erhören, nahm er auch die Sorge auf sich, das Volk zu führen. Es ist, als sähe man den Herrn aus dem Heiligtum hervor schreiten, um sich zu einer glücklichen Unternehmung an die Spitze seines Volkes zu stellen. Indem David ihn anredet „mein König“, wendet er die Augen des Volkes von sich selbst hinweg: der königliche Name, der einem Menschen geliehen war, soll die himmlische Majestät des obersten Herrn nicht verdunkeln. So redet David im Namen des ganzen Volkes, ohne sich über die Masse im Geringsten zu erheben.

26 Die Sänger gehen vorher, darnach die Spielleute unter den Mägden, die da pauken. 27 Lobet Gott den Herrn in den Versammlungen, ihr vom Brunnen Israels! 28 Da herrschet unter ihnen der kleine Benjamin, die Fürsten Judas mit ihren Haufen, die Fürsten Sebulons, die Fürsten Naphtalis.

V. 26. Die Sänger gehen vorher usw. Jetzt ist ohne Zweifel nicht mehr vom Auszug des Heeres in den Krieg, sondern von der feierlichen Zusammenkunft des Volks die Rede, da man in einer Siegesfeier Gottes Lob besang. Weil Gott sich öffentlich als siegreicher Kriegführer dargestellt hatte, so wird mit Recht (V. 27) ihm der Triumph dargebracht. Verschiedene Chöre treten auf, um Gottes Lob zu singen. Insbesondere werden die Mägde genannt, die da pauken. Denn es war damals Sitte, dass Weiber die Pauken schlugen, was uns freilich fremdartig anmutet. Die vom Brunnen Israels, welche zum Lob des Herrn aufgerufen werden, sind alle, die ihren Ursprung auf den heiligen Erzvater Jakob zurückführen können. Denn wenn auch nicht alle ihrer Berufung entsprechend sich halten, so ziemt es sich doch, das ganze von Gott erwählte Volk zu dieser Übung der Frömmigkeit einzuladen. Will aber jemand unter denen, die in Wahrheit aus dem Brunnen Israels stammen, die rechten Abrahamskinder im Unterschied von den Abtrünnigen verstehen, so habe ich auch dagegen nichts einzuwenden. Denn nur die sind rechte Kinder, welche im Glauben der Väter wandeln. Ist aber in jedem Falle von einer allgemeinen heiligen Zusammenkunft des Volks die Rede, so fällt auf (V. 28), dass an erster Stelle der Stamm Benjamin steht und außerdem die Stämme Sebulon und Naphtali herausgehoben werden. Vielleicht soll dieser Hinweis einerseits auf den nächstgelegenen, anderseits auf die entferntesten Stämme das ganze Volk umfassen. Vielleicht liegt auch irgendein unbekannter anderer Grund vor: Benjamin wird ausdrücklich „der kleine“ genannt, die Ausleger meinen, um seiner geringen Zahl willen (1. Sam. 9, 21). Es kann aber auch sein, dass der Dichter an die Familiengeschichte der Patriarchen denkt und in Erinnerung daran Benjamin als den jüngsten bezeichnet. Dass er unter den anderen Stämmen herrschet, wird schwerlich gesagt sein, um an den aus ihm hervorgegangenen ersten König Saul zu erinnern, dessen Herrschaft doch mit Davids Erwählung abgetan war; vielmehr wird dem als klein bezeichneten Stamme zugleich auch ein Ehrenprädikat gegeben werden sollen: auch er gehört zu den Häuptern in Israel. Vielleicht hat diesem Stamme wie den alsbald genannten beiden andern irgendein hervorragender Führer angehört, oder seine ganze Bevölkerung hat in einem Treffen sich besonders ausgezeichnet. Mag nun aber auch dieser oder jener Stamm mit besonderen Ehren geschmückt werden, so ruft sie das mittlere Satzglied doch alle zu ihrem obersten Haupt: die Fürsten Judas mit ihren Haufen. Juda hat also die Würde des Oberbefehls und das Recht, die Haufen des Volks zusammenzurufen.

29 Gott hat dir Kraft verliehen. Führe kräftig fort, o Gott, was du in uns gewirkt hast. 30 Aus deinem Tempel, über Jerusalem! Die Könige werden dir Geschenke zuführen. 31 Vernichte den Haufen des Schilfrohrs, die Rotte der Ochsen mit ihren Kälbern, den Völkern, die mit Silberstücken einher treten. Zerstreue die Völker, die da gern kriegen.

V. 29. Gott hat dir Kraft verliehen. Weil die Menschen nur zu geneigt sind, sich selbst zuzuschreiben, was sie auf Gottes Rechnung setzen sollten, darum prägt David noch einmal ein, dass sein Volk nicht durch eigne Kraft die Feinde überwunden, sondern die Macht dazu von Gott empfangen habe. Mochten die Kinder Israel noch so tapfer gekämpft haben, so war es doch Gott, der ihnen die Kraft dazu gegeben. Das vorliegende Wort ist also eine Mahnung zur Dankbarkeit und schlägt zugleich die Anmaßung nieder, in welcher die Welt gewöhnlich Gottes Gnade verdunkelt und erstickt. Besonders muss auch die Erinnerung daran, dass für die Zukunft Gottes Gnade fortwährend nötig sein wird, zur Demut anleiten. Kommt doch aller fleischliche Übermut nur daher, dass wir unsere Bedürftigkeit vergessen und darum nicht mit der demütigen Bitte zu Gott fliehen, er möge unsern Mangel ausfüllen. Übrigens – das lernen wir aus dieser Stelle – ist es nicht genug, dass Gott uns mit seiner Gnade zuvorkommt: er muss uns auch mit seiner Hilfe für unser ganzes Leben stützen. Gilt dies schon, wo es sich um äußere Kriegstüchtigkeit handelt und wo man es mit Fleisch und Blut zu tun hat, so wird es für unsre Seele umso gewisser zutreffen. Wo wir mit Satan, Sünde und Welt zu kämpfen haben, müssten wir in jedem Augenblick zusammenbrechen und zugrunde gehen, wenn nicht Gott mit seiner Kraft uns die Gabe der Beharrung schenkte. Wir müssen also festhalten, dass alles, was wir haben, uns von Gott zufließt und uns nach seinem Willen ins Herz gegeben wird: nicht bloß der Anfang stammt von ihm, sondern auch die Durchführung.

V. 30. Aus deinem Tempel. Dieser scheinbar abgerissene Ruf gehört noch mit dem vorigen Satz zusammen. Er gibt den Grund an, warum Gott dies Volk vor anderen würdigte, es mit seiner Macht zu durchwalten: er wollte von seinem Heiligtum und der Bundeslade her seine Macht beweisen. Unter diesem Gesichtspunkt hatte David soeben noch (V. 25, 27) den Herrn insbesondere als den Gott Israels bezeichnet. Weil also Gott nicht vergebens geboten hatte, dass man ihn im Heiligtum verehre, von wo aus er auch nach seiner Zusage dem Volk seine Gnade beweisen wollte, darum heißt es jetzt, dass er den Kindern Israel aus seinem Tempel Kraft verliehen habe: denn aus Gottes Bund und Verheißungen muss man die Gewissheit seiner Gnade nehmen. Des Weiteren bittet David, dass Gott aus seinem Heiligtum über Jerusalem sein Gnadenwirken fortsetzen möge. Obgleich nur die Hauptstadt genannt wird, dürfen wir dabei an das ganze auserwählte Volk denken. Auffallen könnte, dass vom Tempel die Rede ist, der noch gar nicht gebaut war. Doch wird der Ausdruck einfach die Stiftshütte bezeichnen: denn sicherlich stand die Bundeslade schon damals auf Zion. Wie David zuvor den gewonnenen Sieg auf Gott zurückführte, so erkennt er ihm nun auch die Frucht derselben zu: die Könige werden dir Geschenke zuführen. Die unterworfenen Fürsten werden also nicht bloß ihm selbst und seinen Nachfolgern tributpflichtig sein, sondern auch den Herrn als Sieger anerkennen. Wie viel mehr ziemt es sich dann für die Gläubigen, ihre Lobopfer freiwillig dem Herrn zu bringen!

V. 31. Vernichte den Haufen des Schilfrohrs. Andere übersetzen „Schilt das Tier im Rohr.“ Aber das passt in keiner Weise.2) Sicherlich ist Davids Meinung, dass Gott sein auserwähltes Volk gegen verbissene und blutdürstige Feinde schützen möge. Der „Haufen des Schilfrohrs“ wird darum nicht ein Kriegsheer sein, welches sich leicht wie Schilfrohr zerbrechen lässt. Vielmehr dient das Schilfrohr, das in manchen Gegenden fast zu Bäumen oder wenigstens zur Festigkeit und Stärke des Holzes erwächst, zur Bewaffnung: es wurden Lanzen daraus gemacht, mit welchen die orientalischen Völker im Kampf zu werfen pflegten. Weiter werden die Feinde eine Rotte der Ochsen genannt, zur Beschreibung ihres grimmigen Wesens und ihrer gewaltigen Kraft, der die Kinder Israel ohne Gottes Hilfe gewiss hätten unterliegen müssen. Ferner heißt es, dass sie mit Silberstücken einher treten. Das ist jedenfalls ein Hinweis auf ihr prahlerisches und hochfahrendes Auftreten; vielleicht kann man auch daran denken, dass sie silberne Schnallen an den Schuhen trugen, wie denn unter den orientalischen Völkern ein übertriebener Luxus an der Tagesordnung war. Andere übersetzen freilich ganz gegenteilig: „die sich niederwerfen mit Silberstücken“, also in Unterwürfigkeit ihren Tribut bringen. Aber das passt nicht zu der Fortsetzung: Zerstreue die Völker, die da gern kriegen. Zeigt doch dieser Satz, dass die betreffenden Völker an Krieg und Aufruhr Gefallen haben und, obgleich sie niemand reizt, von sich aus ruhige Leute gierig angreifen. Wenn übrigens David trotz aller seiner Siege den Herrn immer wieder bittet, er möge seinen und des ganzen Volkes Schutz übernehmen, so lernen wir daraus, dass in dieser Welt ein ruhiger Zustand der Gemeinde Gottes nie zu erhoffen ist. Satan erweckt immer neue Feinde, und auch Gott will auf diese Weise unsre Geduld üben und prüfen. Werden aber die Feinde mit Stieren und Kälbern verglichen, und von ihnen gesagt, dass sie gern kriegen, so liegt darin für die Gläubigen eine Mahnung zu sanftmütiger Geduld, in der sie auf die Hilfe warten sollen, die ihnen bei Gott bereit liegt. Denn je stürmischer die Feinde angreifen, und je wütender sie ihrer Gier die Zügel schießen lassen, desto geneigter wird Gott sein, zu helfen, da es sein eigentliches Amt ist, Stiere und kriegerische Riesen niederzuschlagen. Dies Gebet lehrt uns also, dass Gott allen Gewaltmenschen, die mit sündhafter Lust Schaden anrichten wollen, entgegentreten wird: wir dürfen demnach vor jedem ungerechten Angriff mit ruhigem Gemüt zu Gottes Hilfe unsre Zuflucht nehmen und mit Bestimmtheit hoffen, dass er unsre Feinde zerstreuen wird.

32 Die Fürsten aus Ägypten werden kommen; Mohrenland wird seine Hände ausstrecken zu Gott. 33 Ihr Königreiche auf Erden, singet Gott, lobsinget dem Herrn (Sela), 34 dem, der da fähret auf dem Himmel, dem Himmel der Urzeit. Siehe, er gibt mit seiner Stimme einen mächtigen Schall. 35 Gebt Gott die Macht! Seine Herrlichkeit ist über Israel, und seine Macht in den Wolken. 36 Gott ist wundersam in seinem Heiligtum. Er ist Gott Israels; Er wird dem Volk Macht und Kraft geben. Gelobt sei Gott!

V. 32. Die Fürsten aus Ägypten werden kommen. Jetzt wendet sich David wieder zu fröhlicher Danksagung und bekräftigt noch einmal, was er schon sagte, dass Könige kommen werden, dem Herrn Tribut zu bringen. Wenn Ägypten und Mohrenland mit Namen genannt werden, so ergibt sich daraus, dass die Weissagung bis auf Christi Person ausgedehnt werden muss, unter dessen Führung endlich diese Völker das Joch des Herrn auf sich genommen haben. Der Satz: Mohrenland wird seine Hände ausstrecken zu Gott – wäre wörtlich zu übersetzen: es wird seine Hände zu Gott laufen lassen, wobei entweder an willigen Gehorsam oder an die Gebärde des Gebets zu denken ist. In jedem Falle besagt der Ausdruck, dass Ägypten und Mohrenland sich der Macht des Herrn unterwerfen werden, und nicht bloß sie, sondern auch die entferntesten Länder der Welt. Noch mehr besagt es, wenn (V. 33) die Königreiche auf Erden aufgefordert werden: Singet Gott usw. Denn dies deutet darauf, dass Völker sich mit freiwilligem Gehorsam dem Herrn ergeben werden, die ihn bis dahin verachtet hatten: denn allein die Erkenntnis Gottes löst und entbindet die Zungen, dass sie dem Herrn lobsingen. Wenn also Mose und die Propheten alle Welt aufrufen, dem Herrn das Opfer des Lobes zu bringen, so liegt darin eine Weissagung auf die Berufung der Heiden. Damit es aber niemandem unglaublich dünke, dass der ganze Erdkreis zur Anbetung des Gottes gesammelt werden soll, der sich bis dahin mit einem Volk begnügte, fügt David hinzu, dass dem Herrn die rechtmäßige Herrschaft über alle Teile der Erde gebühre: denn (V. 34) er fähret auf dem Himmel. Dieser Ausdruck besagt (V. 5), dass er mit umfassender Gewalt über alle Kreaturen und den ganzen Erdkreis herrscht. Denn dieser allgemeine Spruch, der überhaupt uns zur Ehrfurcht vor Gottes Majestät anleiten kann, will doch in den vorliegenden Zusammenhang eingefügt werden: der Hinweis auf die Heiden, die damals noch außer der Gemeinde Gottes standen, ließ ersehen, dass Gottes Macht sich nach dem Rechte der Schöpfung auch auf sie erstreckte, und man soll sich darüber nicht wundern, weil der Gott, der im Himmel thront, alle Bewohner der Erde für sich beanspruchen kann. „Himmel der Urzeit“ heißt es, um auszudrücken, dass von allem Uranfang an Gott das Menschengeschlecht in seiner Hand hatte. Wie glänzend strahlt Gottes Herrlichkeit aus dem ungeheuren Bau der Himmel! Bei den schnellsten Bewegungen und den verschiedensten einander durchkreuzenden Drehungen bleibt alles in wundervoller Harmonie und Ordnung, an welcher der Lauf von Jahrhunderten nichts zu ändern vermochte. So bedeutet schon der unwandelbare Bestand seit der Urzeit einen herrlichen Ruhm des Werkes Gottes. Nachdem aber der Dichter der Schöpfung im Allgemeinen gedachte, spricht er insbesondere vom Donner (vgl. Ps. 29, 4): Gott gibt seiner Stimme einen mächtigen Schall. Dieser Hinweis hat seinen guten Grund, denn nichts dringt tiefer und erschreckender in des Menschen Seele, als Gottes Donner. Wie ein Fingerzeig weist das „Siehe“ gleichsam auf eine gegenwärtige Erscheinung und weckt uns aus unserer gedankenlosen Gleichgültigkeit.

V. 35. Gebt Gott die Macht! Darin klingt die vorige Aussage wieder, dass Gott einen mächtigen Schall gibt. Freilich können wir ihm unsererseits im eigentlichen Sinne nichts geben. Aber weil wir ihn, den uns David mit seiner schrecklichen Donnerstimme vorstellte, oft ums seine Ehre betrügen, werden wir aufgerufen, im Gegenklang sein Lob ertönen zu lassen. Damit aber die Heiden nicht in ihren gewohnten eitlen Lügen hängen bleiben, ruft sie David zur Lehre des Gesetzes, in welcher der Herr sich offenbart hat. Es gilt, von der Schöpfung und Regierung der Welt den Übergang zu der besonderen Offenbarung zu gewinnen, in welcher Gott erst den Menschen persönlich nahe kam und sie über das unsichere Umhertasten hinausführte. Darum heißt es (V. 36): Er ist Gott Israels. Übrigens will David, dass wir Gottes Macht nicht bloß mit der Zunge preisen, sondern er ermahnt uns zu wirklichem Glauben: denn nur dann lassen wir in Wahrheit dem Herrn seine Macht, wenn wir in seinem Schutz allein ruhen. Darum werden hier die beiden Sätze zusammengestellt: seine Macht ist in den Wolken, und: Gott ist wundersam in seinem Heiligtum. Seine Macht, die allein die Feinde niederstrecken kann, übt er von seinem Heiligtum aus. Darum gilt, was hier gesagt ist, insbesondere von dem Schutz, mit dem Gott seine Gemeinde umfasst: Er wird dem Volk Macht und Kraft geben. Alles in allem: der Hinweis auf das Heiligtum sollte den Gläubigen die Bundeslade als ein Unterpfand ihres Glaubens vor Augen stellen, das sie zum Vertrauen auf die Verheißung anleitete (2. Mos. 25, 8; 29, 45), die ihnen Ruhe unter Gottes Flügeln verhieß, sodass sie ohne Furcht ihn anrufen konnten. Denn der einzige Rechtsgrund, der Israel über alle andern Völker erhob, sodass es unter Gottes Schutz sicher sich bergen konnte, war seine Erwählung zu Gottes Eigentum durch den Bund freier Gnade. So wollen wir uns einprägen, dass alles, was zuvor von Gottes furchtbarer Macht gesagt war, zum Heil seiner Gemeinde angewendet wird.

Quelle: Müller, Karl / Menges I. - Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift - Psalter

1)
Diese Übersetzung ist sicher falsch. Es ist vielmehr an „Hürden“ zu denken, zwischen denen man liegen bleibt, ohne in den Krieg zu ziehen [Richt. 5, 16]. Was das in diesem Zusammenhange bedeutet und was insbesondere die Fortsetzung besagen will, darüber haben wir nur die widersprechendsten Vermutungen.
2)
Es ist vielmehr die allein richtige Übersetzung. Das „Tier im Rohr“ ist etwa ein Krokodil oder ein Nilpferd, unter welchem Bilde Ägypten dargestellt wird (vgl. V. 32)]
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