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Calvin, Jean - Psalm 110.

Calvin, Jean - Psalm 110.

Inhaltsangabe: Der Psalm preist Christi ewiges Königtum und Priestertum. Und zwar behauptet David zuerst, dass Christo die oberste Gewalt von Gott gegeben ward samt unbesieglicher Macht, mit der er alle Feinde, woher sie sich auch erheben, entweder niederwirft oder zum Gehorsam zwingt. Sodann fügt er hinzu, dass Gott die Grenzen dieses Reiches weit und breit ausdehnen will. Drittens wird gesagt, dass Christus nicht minder die Ehre eines Priesters wie eines Königs besitzt, und zwar durch einen feierlichen Eidschwur. Endlich soll ein neues Priestertum kommen, welches dem nur zeitlichen, levitischen Priestertum ein Ende machen soll: dieses selbst aber soll ohne Ende währen.

1Der Herr sprach zu meinem Herrn: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“ 2Der Herr wird das Zepter deiner Macht senden aus Zion. Herrsche unter deinen Feinden! 3Dein Volk wird williglich erscheinen an deinem Heerestage, in heiligem Schmuck. Deine Kinder werden dir geboren wie der Tau aus der Morgenröte.

Da Christus bezeugt (Matth. 22, 43 f.), dass der Psalm von ihm handelt, brauchen wir keine andere Vergewisserung, als die sein Mund uns gibt. Aber selbst wenn diese Autorität samt dem Zeugnis des Apostels (Apostelg. 2, 34 f.) uns fehlte, würde der Psalm selbst schreien, dass er eine andere Auslegung nicht zulässt. Hätten wir selbst mit den hartnäckigsten Juden zu streiten, so würden wir mit klaren Gründen es erzwingen, dass sein Inhalt weder auf David oder sonst jemand, sondern allein auf den Mittler passt. Gewiss ließ sich in Davids Person eine schattenhafte Darstellung des Königreichs Christi finden: aber weder von sich noch von irgendeinem seiner Nachfolger konnte er behaupten, dass er als König und zugleich als ein Priester nach der Ordnung Melchisedeks, und zwar in Ewigkeit. Denn eine neue und unerhörte, priesterliche Würde konnte damals nur aufgerichtet werden, wenn man den Leviten ihre Ehre nahm. Es konnte aber auch für einen sterblichen Menschen diese Ewigkeit nicht zutreffen, von der hier die Rede ist: denn bei ihnen allen außer bei diesem einen geht mit ihrem kurzen und flüchtigen Lebenslauf die Ehre zu Ende. Doch wir werden darauf alsbald ausführlicher zurückkommen.

V. 1. Der Herr sprach zu meinem Herrn usw. Was hier gesagt wird, könnte allenfalls auf Davids Person zutreffen: denn er selbst hatte den Thron nicht mutwillig bestiegen, noch war er durch böse Künste so hoch gekommen; auch hatte ihn nicht eine törichte Wahl emporgehoben, sondern er war nach Gottes Verfügung König geworden. Ja, man könnte von allen Königen der Welt mit gutem Grunde sagen, dass Gott sie auf ihren Thron gesetzt hat. Denn die Ordnungen dieser Welt wurden durch himmlischen Beschluss festgesetzt, und es ist keine Obrigkeit ohne von Gott (Röm. 13, 1). Aber David wollte das Königtum, von welchem er jetzt redet, von jedem andern unterscheiden, wie es denn in der Tat seine besondere Art hatte. Gewiss belehnt Gott die Könige mit ihrer Macht, aber sie werden doch nicht geheiligt wie David, so dass die heilige Salbung sie gleichsam als Stellvertreter Christi kennzeichnete. Allerdings werden sie anderwärts „Götter“ genannt (Ps. 82, 1. 6), weil sie nach Gottes Wohlgefallen an ihrem Platze stehen und gleichsam seine Person darstellen, dem ja allein alle Herrschaft zukommt. Es fehlt ihnen aber die heilige Majestät, durch welche sich David auszeichnete, die ihn zum Bild des eingebornen Sohnes Gottes machte. Zudem kann er sich mit Grund darauf berufen, dass ihm das Königtum in anderer Weise verliehen ward als andern irdischen Königen: diese pflegen sich zwar als Könige von Gottes Gnaden zu betiteln, glauben aber oft nicht im Herzen, dass Gottes Hand sie hält; vielmehr bilden sie sich ein, dass sie durch eigene Anstrengung oder kraft Erbrechts oder durch die Gunst des Glücks zur Herrschaft gelangt seien. Darum liegt in Anbetracht ihrer Person in der Regel keine rechtmäßige Berufung vor. Weil sie nicht anerkennen, was sie dem Herrn schulden, ergeht sein Auftrag auch nicht eigentlich an sie. David aber, der sich der göttlichen Erwählung in rechtschaffener Weise bewusst war, der sich auch bescheiden als ein Privatmann gehalten hatte, bis ihn Gottes Ruf zum Antritt der Herrschaft bestimmte, darf sich über den Durchschnitt erheben und aussprechen, dass Gott der Stifter seines Königtums ist. Dass übrigens die vorliegende Aussage nicht einmal auf David in jeder Hinsicht passt, geht aus Christi Antwort hervor, die wir bei Matthäus (22, 41) lesen. Als die Pharisäer behaupteten, dass Christus Davids Sohn sein werde, wandte er ein: „Wie nennt ihn denn David selbst einen Herrn?“ Dagegen werden die Juden auch nicht mit der Ausflucht aufkommen, dass Jesu Rede eine Spiegelfechterei sei, da David nicht mit eigenen, sondern in des Volkes Namen rede. Denn David konnte nicht andern etwas in den Mund legen, ohne sich selbst einzuschließen: gehörte er doch selbst unter die Zahl der Frommen und war ein Glied des Leibes, der unter dem Haupt steht. Bemerkenswert ist auch der Umstand, der als ganz selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass David im prophetischen Geiste redet, also von dem zukünftigen Königtum Christi weissagt. Auf dieser Unterlage lässt sich aber mit Sicherheit schließen, dass er auf den Christus schaut, der offenbar werden soll: denn dieser ist das oberste und einige Haupt der Gemeinde. Daraus folgt auch, dass in Christus etwas ist, was über die menschliche Natur hinausgeht, um dessentwillen er der Herr seines Vaters David genannt wird. Das findet im zweiten Teil des Verses eine noch deutlichere Bestätigung. Denn wenn auch die irdischen Könige in einem gewissen Betracht zur Rechten Gottes sitzen, in dessen Namen sie das Regiment führen, so wird doch hier etwas Erhabeneres ausgedrückt: ein König soll in besonderer Weise erwählt werden, der neben Gott die nächste Stufe der Macht und Gewalt behauptet. Von dieser Würde schimmerte in David nur ein kleiner Funke; ihre vollkommene Klarheit leuchtete erst in Christus auf. Denn weil die Rechte Gottes hoch über die Engel ragt, muss über alle Kreaturen erhaben sein, wer daselbst sitzt. Wir werden aber nicht sagen wollen, dass die Engel zur Unterwerfung unter David gebeugt wurden. Was anders bleibt also übrig, als die Annahme, dass er in prophetischem Geist den Thron Christi über alle Gewalten im Himmel hoch erhebt? Das Bild ist nun menschlichen Verhältnissen entnommen: wie in der Welt der Nächste nach dem Könige ihm zur Rechten sitzt, so weist diese bildliche Redewendung dem Sohn, durch dessen Hand der Vater die ganze Welt regiert, die erhabenste Herrscherstellung zu.

Bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege. Mögen die Feinde von allen Seiten anstürmen, Christi Reich zu stürzen, so wird er doch über jeden Widerstand Herr werden. Dabei wird doch ersichtlich, dass erst viele und mannigfache Feinde niedergetreten werden müssen, ehe Christi Reich Ruhe hat. Mag also die ganze Welt sich mühen, Christi Thron ins Wanken zu bringen, so soll es nach Davids Wort doch feststehen: alle müssen endlich niedergeschlagen werden, die gegen ihn sich erheben. Gegen Gottes unwandelbaren Rat vermag kein Feind etwas. Weil aber diese Weissagung vor dem jüngsten Tag nicht erfüllt wird, müssen bis zum Ende der Welt die verschiedensten Feinde immer neu gegen Christi Reich anstürmen, wie alsbald wiederholt wird: Herrsche unter deinen Feinden! – Das „bis“ will nun nicht etwa aussagen, dass Christi Herrschaft nur bis zur Niederwerfung seines letzten Feindes währen soll. Allerdings sagt Paulus (1. Kor. 15, 24), dass er dann das Reich, welches er aus der Hand seines Gottes und Vaters empfangen hat, diesem übergeben werde. Aber die Meinung ist doch nicht, dass er seine Herrschaft abgeben und sozusagen ins Privatleben abtreten wird: es ist lediglich an eine veränderte Weise seiner regierenden Stellung zu denken, bei welcher seine göttliche Majestät sichtbarer heraustreten wird. Übrigens wird in unserem Satz nur der Verworfenen gedacht, die zu ihrem Verderben unter Christi Füße fallen. Von Natur kämpft das ganze Menschengeschlecht wider Christus: manche zähmt und demütigt er nur zu freiwilligem Gehorsam, um sie dann zur Gemeinschaft seiner Herrlichkeit zu erheben; die andern aber schlägt er nieder, damit sie in ewigem Verderben liegen.

V. 2. Der Herr wird das Zepter deiner Macht senden aus Zion. Dieser Satz wiederholt nicht bloß mit andern Worten, was bereits gesagt war, sondern fügt auch hinzu, dass Christus weit und breit herrschen soll: Gott wird seine Herrscherstab bis in die Ferne reichen lassen. Obwohl nun David viele Nachbarstämme sich tributpflichtig machte, blieb seine Herrschaft doch im Vergleich mit anderen Reichen immer in engen Grenzen beschlossen. So haben wir aus den Worten einen Gegensatz herauszuhören: Christus – dies liegt darin angedeutet – wird nicht bloß auf dem Berg Zion König sein; denn Gott wird ihn weithin bis an die Grenzen der Erde herrschen lassen. Darum ist von dem Zepter seiner Macht die Rede: denn es erschien wunderbar, dass gegen den Widerspruch fast einer ganzen Welt Christi Reich sich ausbreiten sollte. Alles in allem: David stärkt die Herzen der Frommen, damit sie nicht wegen der wahnsinnigen Frechheit der Feinde des Reiches Christi und bei ihren schrecklichen Anläufen ins Wanken kommen; wird doch Gottes unüberwindliche Macht zum Schutze der Herrlichkeit diese heiligen Throns sich offenbaren. So oft also mannigfache Erschütterungen uns umtreiben, wollen wir lernen, uns auf die Gewissheit zu stützen: wie die Welt auch rast, so reichen ihre Hände doch nicht so weit, Christus von der Rechten des Vaters herabzuziehen; und weil Christus nicht für sich regiert, sondern zu unserm Besten, werden wir unter der Hut dieses unbesieglichen Königs sicher und unversehrt sein. Gewiss befinden wir uns in schwieriger Lage: aber weil es Gott gefiel, uns in beständigem Kriegsdienst zu üben und Christi Reich mit Feinden zu umgeben, wollen wir uns zur Geduld und Sanftmut rüsten. Aber im Vertrauen auf Gottes Schutz wollen wir ohne Furcht den Angriffen der ganzen Welt trotzen. Der Satz enthält auch einen Beweis für die Berufung der Heiden: denn hätte Gott nicht verkündigt, was wir hier von dem weiten Umfang des Reiches Christi hören, so würden wir heute nicht zu seinem Volk gehören. Weil aber der Zaun abgebrochen und das Evangelium ausgebreitet wurde, sind wir zum Leibe der Gemeinde gesammelt: so erstreckt sich auch Christi Macht so weit, dass sie uns decken und schützen kann.

V. 3. Dein Volk wird williglich erscheinen usw. Hier wird Christi Reich ob des zuverlässigen und schnellen Gehorsams wie ob der Menge der Untertanen gepriesen. Manche Ausleger denken an die Darbringung freiwilliger Opfer; es wird aber hier die Meinung sein, dass das auserwählte und wahrhaft zu Christi Herde zählende Volk freiwillig und freudig sich zum Gehorsam darstellen wird. Es soll dies aber am Heerestage geschehen, d. h. so oft die feierlichen und gesetzmäßigen Zusammenkünfte stattfinden, an denen der König sein Volk mustern will. Andere übersetzen: am Tage der Kraft oder des Sieges. Besser aber passt die Deutung, dass, wenn Christus die Seinen versammeln will, dieselben auch ohne gewaltsamen Zwang sofort zum Gehorsam bereitstehen werden. Dass sie in heiligem Schmuck erscheinen, dient zur wiederholten Bekräftigung der Tatsache, dass dies Königreich vor andern dem Herrn geheiligt sein wird: wenn man Christo sich unterwirft, wird man vor ihn nicht wie vor einen weltlichen König treten, sondern wie vor Gottes eignes Angesicht; allen wird es am Herzen liegen, einen Gottesdienst zu tun.

Kinder werden dir geboren wie der Tau aus der Morgenröte. Buchstäblich: „Aus dem Schoß der Morgenröte (entsteht) dir der Tau deiner jungen Mannschaft.“ Ohne Zweifel will dieser Satz den Segen rühmen, mit welchem Gott das Volk Christi mehrt. Dabei wird die junge Mannschaft oder die Nachkommenschaft, die geboren werden soll, mit dem Tau verglichen: denn sie soll in ungewöhnlichem Maße wachsen. Wie man sich wundert, dass die Erde befeuchtet ist, obwohl doch niemand den Tau herabfließen sah, dessen Kommen sich vor jedermanns Augen verbirgt, so soll Christo eine Nachkommenschaft von unglaublicher Menge geboren werden, welche die ganze Erde bedeckt. Dass dies nicht eine müßige Verheißung war, zeigt die Erfahrung. Niemand hätte geglaubt, dass in kurzer Zeit so ungeheure Scharen unter Christi Herrschaft gesammelt werden könnten, und zwar allein durch den Schall des Evangeliums, da doch die ganze Welt wütend widerstrebte. Dass diese Nachkommen als eine junge Mannschaft bezeichnet werden, während sie doch als Greise oder Leute vorgerückten Alters sich zu Christus bekehrten, darf uns nicht wundern: denn die Wiedergeburt aus dem Geist macht alle Frommen Kindern gleich, wie Petrus lehrt (1. Petr. 2, 2). So heißt es auch bei Jesaja (53, 10), dass Christus langlebigen Samen haben soll, und unter seiner Herrschaft wird der Gemeinde unermessliche Fruchtbarkeit verheißen. Wäre es schon ein Wunder, wenn er aus dem Abschaum der Welt, der nur Kinder des Zorns in sich birgt, eine kleine Zahl gesammelt hätte, so ist das Wunder doppelt groß, dass die Zahl der Menschen so unermesslich sein soll, welche durch Christi Geist und durch das Evangelium wiedergeboren werden. Wir wollen aber bedenken, dass Gott seine Auserwählten dieser Ehre würdigt, damit sie fröhlich sich aufmachen, seine Befehle zu empfangen und sich durch seinen Wink leiten zu lassen. Nur solche Leute wird Christus als die Seinen erkennen, die gern sein Joch auf sich nehmen und auf das gegebene Signal sich vor seine Augen stellen. Damit aber niemand glaube, mit Augendienst sich loskaufen zu können, muss man auch das andere Stück hinzufügen, dass Christus nicht mit äußerem Prunk, sondern mit der wahren Heiligkeit verehrt sein will, mit der man vor Gottes Angesicht erscheinen muss.

4Der Herr hat geschworen, und es wird ihn nicht gereuen: „Du bist ein Priester ewiglich nach der Weise Melchisedeks“.

Dieser Vers beweist völlig hinreichend, dass von niemand anders die Rede ist als von Christus. Dass dieser König ein Priester ewiglich nach der Weise Melchisedeks sein soll, verheißt der Geist als etwas Besonderes, was ihn vor allen andern Königen auszeichnet. Bekannt ist das Lob, welches Melchisedek bei Mose empfängt (1. Mos. 14, 18). Allerdings übten in alten Zeiten bei heidnischen Völkern die Könige auch das Priestertum aus. Melchisedek aber wurde ein Priester des höchsten Gottes genannt, weil er den einigen Gott in rechter Weise verehrte. Im Volke Gottes sollten aber diese Ämter überhaupt nicht vermischt werden. Es wurde darum der König Usia, Davids rechtmäßiger Nachfolger, mit Aussatz geschlagen, als er das Räucherwerk vor Gott anzünden wollte (2. Chron. 26, 21). Die Sache stand also in Davids Nachkommenschaft anders als bei Melchisedek. So ergibt sich der Schluss, dass hier ein Unterschied herausgehoben werden soll: bei dem neuen Könige wird die heilige Würde des Priestertums mit Krone und Thron verbunden sein. Denn ein kleiner König wie Melchisedek besaß nicht eine so majestätische Herrschaft, dass er allein in Rücksicht auf sie als Beispiel herangezogen worden wäre. Bemerkenswert an diesem Herrscher über das damals unberühmte Städtchen Salem war lediglich die Verbindung zwischen Priestertum und Königtum. Heidnische Könige triebe der Ehrgeiz, die Ehre des Priestertums an sich zu reißen, um würdiger zu erscheinen. Melchisedek aber besaß beide Ämter durch Gottes Befehl. Und muss nun zwar des Apostels Autorität reichlich genügen, jeden Zweifel zu beseitigen, dass David so gedacht habe. Aber auch aus der Natur der Sache ergibt sich, dass hier von einem gewissen und außerordentlichen Merkmal die Rede ist, indem Christus durch die Ehre des Priestertums über alle anderen Könige erhoben werden soll, wobei zugleich sein Priestertum von dem levitischen sich abhebt. Zudem schwört Gott, der gewiss seinen Namen nicht für Kleinigkeiten einsetzt. Von welchem Gewicht ist es aber, dass Christi Priestertum durch einen Eid Gottes bekräftigt wird! Dies ist ja das Hauptstück, auf welchem unser Heil ruht: denn wenn wir nicht auf Christus als unsern Mittler trauen dürften, könnte keiner von uns vor Gottes Angesicht erscheinen. Weil uns aber nichts unentbehrlicher ist, als die Zuversicht des Gebets, so lädt Gott uns nicht nur zu sich ein, sondern bestellt uns auch mit seinem Eidschwur einen Fürsprecher, der uns Gnade verschafft. Wer sich also diese Tür verschließt, zeiht den Herrn der Lüge und sogar des Meineids. Mit gutem Grunde behauptet nun der Apostel (Ebr. 7, 11), dass auf diese Art das levitische Priestertum abgeschafft wurde: denn solange dieses Bestand hatte, würde Gott nicht mit einem Eid eine neue Weise geschaffen haben, wenn nicht eben eine Veränderung geschehen sollte. Wenn er aber einen neuen Priester verheißt, so soll derselbe ohne Zweifel über allen andern stehen und die bisherige Weise beseitigen. Die Übereinstimmung zwischen Christi und Melchisedeks Priestertum liegt nun vornehmlich in dessen bleibendem Bestande. Denn wie Melchisedek bei Mose gleichsam als ein himmlischer Mensch beschrieben wird, so meint jetzt David, indem er Christus mit ihm vergleicht, dass sein Priestertum kein Ende haben soll. Daraus folgt, was auch der Apostel (Ebr. 7, 23) ausspricht, dass er keinen Nachfolger haben kann: denn der Tod hindert ihn nicht, sein Amt auszuüben. Wir entnehmen daraus einen Beweis gegen den Gottesraub der päpstlichen Messe: ein Priester, der Gott mit den Menschen versöhnen will, muss Christo die Ehre entreißen, die ihm der Vater gegeben hat.

5Der Herr zu deiner Rechten wird zerschmettern die Könige am Tage seines Zorns; 6er wird richten unter den Heiden; er wird ein großes Schlagen unter ihnen tun; er wird zerschmettern das Haupt über große Lande. 7Er wird trinken vom Bache auf dem Wege; darum wird er das Haupt emporheben.

V. 5. Der Herr zu deiner Rechten usw. Hier beschreibt David die schreckliche Macht, die Christus zur Niederschlagung seiner Feinde besitzt! So bekräftigt er, dass der Schwarm von Feinden, der ringsum droht, mit allen seinen verbrecherischen Anläufen es nicht hindern kann, dass Gott den von ihm eingesetzten König schützt. Bemerkenswert sind aber die Worte: am Tage seines Zorns. Sie mahnen uns, dass wir geduldig das Kreuz tragen sollen, wenn Gott sich bei der Grausamkeit und Raserei der Feinde eine Zeitlang verbirgt: denn er selbst kennt die rechte und passende Zeit der Rache. Darnach (V. 6) wird Christus als Richter oder Herrscher unbeschnittener Heiden dargestellt. Er ward also nicht bloß als König für das einzige Volk der Juden erwählt, sondern soll auch die entfernten Heiden unter seine Herrschaft bringen, wie dies im zweiten Psalm geschildert wird. Weil aber in allen Landen ebenso wie in den Grenzen Judäas viele Aufrührer und unbotmäßige Leute sich erheben sollten, wird auch deren Niederwerfung angekündigt: wer Christo widersteht, muss samt seiner Hartnäckigkeit zerbrochen werden.

V. 7. Er wird trinken vom Bache auf dem Wege. Allzu hart ist nach meinem Geschmack die Auslegung, dass bei der gewaltigen Niederlage der Feinde ihr Blut wie ein Bach fließen werde, durch dessen Trank der Sieger Christus sich erquickt. Nicht viel richtiger ist auch die bildliche Deutung auf Beschwerden und Schmerzen, welche Christus in diesem hinfälligen Leben werde leiden müssen. Es schwebt aber das Bild eines wackeren und starken Kriegshelden vor, der bei Verfolgung der Feinde sich nicht mit einem Schmause aufhält, sondern im Vorbeieilen sich begnügt, stehend seinen Durst aus einem Bach zu stillen. An diesem Zeichen erkannte Gideon die kriegstüchtigen Soldaten, die das Herz auf dem rechten Fleck hatten (Richt. 7, 5). Ich zweifle daher nicht, dass David in bildlicher Rede Christo kriegerische Stärke beilegt. Dieses Eilen soll den Feinden Schrecken einjagen: denn es bringt ihnen Verderben. Sollte jemand fragen: Wo bleibt der Geist der Sanftmut, mit dem er nach anderen Aussagen der Schrift (Jes. 61, 1) begabt sein soll? – so antworte ich: Wie der Hirt sich freundlich gegen die Schafe stellt, aber rau und schrecklich gegen Wölfe und Diebe, so hütet Christus lieblich und sanft, die seiner Hut sich anvertrauen: die aber mit verstockter Bosheit sein Joch abschütteln, werden spüren müssen, mit wie schrecklicher Macht er gerüstet ist. Auch der zweite Psalm zeigt uns ein eisernes Zepter in seiner Hand, mit dem er alle freche Auflehnung der Welt zerschmettert. Desto aufmerksamer müssen wir uns hüten, dass wir nicht mit einem widerspenstigen und unbeugsamen Geist seinen Zorn reizen, wenn er uns freundlich einlädt.

Quelle: Müller, Karl / Menges I. - Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift - Psalter

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