Calvin, Jean - Der Brief an die Epheser - Einleitung.

Calvin, Jean - Der Brief an die Epheser - Einleitung.

Ephesus war früher eine in vieler Beziehung berühmte Stadt in Kleinasien. Lukas berichtet uns in der Apostelgeschichte (Apg. 18, 24 ff.; 19), wie der Herr hier durch die Arbeit des Paulus ein Volk gewann, wie diese Gemeinde entstand und sich entwickelte. Ich will mich indessen auf eine Inhaltsübersicht unseres Briefes beschränken. Paulus hatte die Epheser in der reinen Lehre des Evangeliums unterrichtet. Als er nun in Rom in der Gefangenschaft war und sah, dass sie Stärkung nötig hatten, schrieb er zu diesem Zweck den vorliegenden Brief.

Die ersten drei Kapitel enthalten vor allem eine Empfehlung der göttlichen Gnade. Nach dem Gruße handelt gleich der Anfang des ersten Kapitels von der Erwählung Gottes aus Gnaden: wir sollen erkennen und bedenken, dass wir nur deshalb zum Reiche Gottes berufen wurden, weil wir schon vor unserer Geburt zum ewigen Leben bestimmt waren. Das ist ja das glänzendste Zeugnis der Barmherzigkeit Gottes, dass er uns in freier Gnade zu seinen Kindern annahm und so den wahren Quell der Seligkeit uns erschloss. Da aber der menschliche Geist zu stumpf ist, um ein solch erhabenes Geheimnis zu fassen, so betet der Apostel, Gott möge die Epheser erleuchten, damit sie zur vollen Erkenntnis Christi gelangen. – Das zweite Kapitel erinnert die Leser an ihre unglückliche Lage vor ihrer Berufung zu Christo: so soll sich die Herrlichkeit der Gnade umso klarer abheben. Denn wenn uns nicht vorgehalten wird, wie traurig unsere Lage ohne Christus sein würde, fühlen wir es nie genug, wie viel wir ihm verdanken, und würdigen seine Wohltaten nicht nach Gebühr. Insbesondere stellt Paulus seinen Lesern vor Augen, wie sie als Heiden früher von den Verheißungen des ewigen Lebens fern waren, deren Gott nur die Juden gewürdigt hatte. – Im dritten Kapitel hebt er dann hervor, dass sein Apostelamt besonders für die Heiden bestimmt sei, damit diese, die lange Zeit fern waren, jetzt in Gottes Volk aufgenommen würden. Weil dieses aber etwas Ungewohntes war und wie alles Neue leicht die Gemüter beunruhigen konnte, so nennt er die Berufung der Heiden ein Geheimnis, das in den vorigen Zeiten verborgen gewesen, und dessen Offenbarung ihm übertragen ward. Ungefähr am Schluss bittet er Gott noch einmal, dass Er die Epheser mit der gewissen Erkenntnis Christi erfülle, dass sie nicht danach trachten, etwas anderes zu wissen. Dieses tut er nicht nur, damit die Erinnerung an so viel göttliche Wohltaten sie antreibe, sich dankbar gegen Gott zu erweisen und ihre Dankbarkeit dadurch zu bezeugen, dass sie sich ihm ganz weihen, sondern besonders um ihnen dadurch jeden Zweifel an ihrer Berufung zu nehmen. Denn Paulus befürchtete wahrscheinlich, die falschen Apostel möchten den Glauben der Epheser dadurch wankend machen, dass sie behaupteten, sie seien nur halb unterrichtet. Als Heidenchristen hatten sie nämlich nur das reine Christentum empfangen und hatten von den Zeremonien und der Beschneidung nichts gehört. Nun gab es aber Leute, welche den Christen das Gesetz aufdrängen wollten und darum mit allem Nachdruck jeden Unbeschnittenen für unheilig und ausgeschlossen von Gottes Gemeinschaft erklärten. Sie predigten alle immer nur das Eine: Kein Unbeschnittener darf zum Volke Gottes gerechnet werden, und alle heiligen Gebräuche, die von Moses vorgeschrieben sind, müssen beobachtet werden. Daher tadelten sie auch Paulus, weil er den Heiden in gleicher Weise wie den Juden Anteil an Christo verhieß, und nannten sein apostolisches Wirken eine Entheiligung der himmlischen Lehre, weil er den Gnadenbund unreinen Menschen ohne Ausnahme offen stellte. So sieht er sich denn veranlasst, den Glauben der Epheser gegen die Anfechtungen zu schützen, die sich aus solchen Verleumdungen notwendig ergeben mussten. Daher schärft er es ihnen so eifrig ein, dass sie nur deswegen zum Evangelium berufen wurden, weil Gott sie vor der Erschaffung der Welt erwählt hatte. Und damit sie nicht denken sollten, der Wille eines Menschen habe ihnen eigenmächtig das Evangelium gebracht, oder der Zufall habe es ihnen zugetragen, so erklärt er, dass sich in der Verkündigung des Evangeliums bei ihnen lediglich jener ewige Ratschluss Gottes vollzogen habe. Und der Hinweis auf den vorigen unglücklichen Zustand dieser Heidenchristen muss zur Bewunderung der einzigartigen göttlichen Gnade anleiten, welche sie aus der Tiefe solches Abgrundes emporhob. So müssen die Ausführungen des Paulus über sein Heidenapostolat die Leser in ihrem neugewonnenen Glauben stärken: denn sie gründen die Zugehörigkeit zur Gottesgemeinde auf Gottes Berufung. Zugleich sind die einzelnen Lehren, die sich hier finden, ebenso viele Ermahnungen an die Epheser zur Dankbarkeit.

Das vierte Kapitel schildert, in welcher Weise Gott seine Gemeinde regiert und erhält, nämlich durch das Evangelium, welches durch Menschen gepredigt wird. Daraus folgt, dass die Gemeinde auch durch nichts anderes erbaut und zur wahren Vollkommenheit geführt werden kann. Die Absicht des Apostels hierbei ist, den Ephesern das Amt des Wortes zu empfehlen, durch welches Gott unter uns das Regiment führt.

Zum Schluss wendet Paulus sich zu den Früchten der Predigt. Er lehrt nicht nur im Allgemeinen, wie die Christen leben sollen, sondern gibt auch besondere Vorschriften für jeden Beruf und Stand.

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