Brenz, Johannes - Grund der hailigen geschrift, darvon ungeverd in dem gesprech zu Martburg in des Sacraments sach gehandelt worden.

Brenz, Johannes - Grund der hailigen geschrift, darvon ungeverd in dem gesprech zu Martburg in des Sacraments sach gehandelt worden.

Nov. 1529

Erstlich hat Luther disse wort (das ist mein leip, das ist mein plut) fur sich genomen und gesagt, die claren wort geben, das der leib Cristi im nachtmal sey. Dissen verstand wöll uns der Zwingli und Oecolampad nemen, das sollen sie mit der schrift bewern.

Daruff ist von der widerparthey angezogen, das disen verstand die wort Ioannis 6. beschriben nit zulassen, Also lautend: Das flaisch ist kein nutz, der gaist macht lebendig. So dan das flaisch kein nutz sey, Und Cristus kein unnutz ding einsetze, werde er nit im nachtmal sein flaisch zuessen eingesetzt und verordnet haben. Demnach kunden disse wort (das ist mein leip etc.) die gegenwurtikait und das essen des leips Cristi nit beweren.

Auff solichs ward geantwort, das Cristus in disem spruch (das flaisch ist kein nutz) nit rede von seinem flaisch oder seins leips essen, Sonder schlecht von flaischlichem verstand der Capernaiter, den sie heten uff die vorgende wort Cristi gefasset.

Hiertzu sagt die widerpartey: Dieweyl Cristus vor hin in dem selben Capitel het von seim flaischessen geredt, So must er auch in dissem spruch von seins flaischs essen reden.

Aber es ward also abgeleint, das die Ordnung und umbstend des Texts antzaigten, wie Er nit redt von des flaisch essen, Sonder von dem flaischlichen verstand etc. Und ob schon Cristusvon seins flaisch essen redt, so gieng es doch das nachtmal nichtz an. Dan Io. 6. werd von einem flaisch essen geredt, das haiss glauben. So werde dasselb von den Capernaiter verstanden, als musten sie das flaisch Cristi zubeyssen und zernagen, wie man das Rindtflaisch isset, und daruff moge diser spruch (das flaisch ist kein nutz) guter meynung gezogen werden. Aber im nachtmal werd kein solich Capernaitisch essen eingesetz, sondern ein Sacramentlich, das man under dem brot den leiß Cristi verborgenlich esse, Das demnach des leips Cristi dreyerlay Essen seyen. Das erst haisst glauben, welches allen Cristen notig ist. Das ander haisst den leip Cristi essen, wie man rindtflaisch isset, wie es auch die Capernaiter verstunden, welch onmuglich ist gewesen, dan es stet von Cristo, es soll jm kein bein zerbrochen werden. Das drit ist Sacramentlich, so man den leip Cristi im brot des nachtmals verborgner weys entpfahet, und disses essen, Ob es wol nit notig, So ist es doch nutzlich und dem glauben crefftiglich, wan es wirdiglich geschicht.

Zum andern ist von Zwingli furgehalten worden der artickel des glaubens: Er ist gen himel gefarn und sitzt zu der gerechten. So nu Christi leip im himel sey, so kund er nit auff erden sein im nachtmal, Dweyl es wider die natur eins leips sey, auff ein mal an zweyen orten zu sein.

Daruff Luter geantwort: Er wolle ytzmal in der Theologey nicht von der Mathematica, das ist von der naturlichen kunst, so under andern stucken auch leret, Ob ein leib an vil orten sein mag, disputirern oder reden, dan unser Herr Got sei uber all Mathematic und orten, und vermoge ein leiß on ein ort oder raum oder an vil orten oder an einem ort raumlich und begrifflich, am andern unbegreifflich erhalten, wie es seiner gotlichen majestet gefall. So beken er selbs, das Cristi leiß im himel sey und sey doch im nachtmal on ein ort oder raum.

Daruff ist dem Luther von Zwinglio und Oecolampadio geantwort: Sie verjehen wol, das Got vermag (wie er almechtig ist), ein leip on ein ort oder raum zuerhalten, er thue es aber nit, dan er thue nit wider sein ordnung, welche sey, das kein leip ein leip bleyb, er sey dan an einem ort.

Antwort Luther: Got vermoge ein leip on ein ort zuerhalten und thue es auch mit der that und werck. Dan die welt sey der grosst leip und Corpus und sey doch an keinem ort, Dieweyll ausserthalb der welt kein wort noch element ist. Zu dem so erhalte er sein leip im nachtmal on ein ort, das ist on raum, also das er wol warhafftig gegenwurtig ist, neme aber kein raum oder ort ein.

Zum dritten hat Oecolampadius den spruch 2. Cor. 5. gefurt, also lautend: Ob wir wol Cristum nach dem flaisch erkennet haben, So erkennen wir doch jnen ytz nit nach dem flaisch. Daruss wolt Oecolampadius schliessen: Dieweyl wir Christum ytz nit nach dem flaisch erkennen solten, So wer es nit recht, das man sein fleisch im nachtmal suchet und essen wolt.

Hieruff antwurt Luther, Cristum nach dem flaisch erkennen sey nit Cristum als ein menschen erkennen. Dan wir mussen noch stets Cristum fur ein menschen halten, Und ob er schon gen Himel gefaren sey, so sey er doch ein mensch pliben und pleib es in ewikait. Aber nach dem flaisch Cristum erkennen, wie es paulus brauch sey, etwas flaischliches als weltlich Reich, ere und gut an Cristo suchen, wie die appostel vor der himelfart theten. Aber wer an seinem leip im nachtmal die verzeyhung der sunde und sterckung seins glaubens suche, der such an Cristo nichtz flaischlichs sonder eytel gaistliche guter.

Zum vierden hat der Zwinli furgewendt auss paulo Ro. 8. und Hebr. 2. das Cristus nach der menschait hab andern menschen aller ding on die sund gleich werden mussen. Nu muss der mensch an einem sonderlichen ort sein, so muss Cristus der Mensch auch allein an einem sonderlichen ort sein.

Daruff der Luther geantwort: Wie paulus in den ogenanten spruchen rede von der gleichait im leiden, aber nit in allen andern stucken, das es disse meynung hab: Cristus hat allerley menschlich leyden, bekumernus und anfechtung versuchen mussen und im selben andern menschen gleich werden. Dan so er in andern stucken must uns menschen gleich sein worden, So must er auch ein eeweyp genomen haben, Er must auch im teutschen land gewont haben wie wir.

Zum funfften seyen der altveter spruch, als Augustini, Fulgencii und anderer gehandelt worden. Wan aber die Zwinglianer ein spruch eins altvaters furbrachten, so jr meynung solt bestetigen. So war Luther hie mit einem andern spruch desselben altvaters, darmit er antzeigt, das von den Zwinglianern der vorgend spruch eigens gefallens und nit nach meynung des altvaters verstanden wurdt. Und ob schon Augustinus scheinet auff jr seytten zusein, So hette doch Augustinus selbs geschriben, Man solt sein und anderer geschrift und bucher, sie wern wie hoch sie wolten, nit der hailigen geschrift gleich achten, Sonder der hailigen geschrift solt man allain die ere anthon, das man vestiglich glaupt alles, was darin geschriben were. Aber die andern (als der veter bucher), sie wern wie hailig sie wolten, solt man nit der meynung lesen, das es gleych war sey, was sie schreyben, Sonder das Ihenig fur warhaftig halten, das sie mit der hailigen geschrift oder mit guten bewerlichen ursachen bewerten.

Etlich grund, so Oecolampadio sonderlich antzaigt worden seyen.

Als vil man hat mogen auss den worten Oecolmpadii versten, so ist der man mit dissem Irsal beredt in des Sacrament sachen zukomen, das kein leip moge an zwayer orten sein; Dieweil dan Cristi leib im Himel sey, So kunde er nit im aubentmal auff erden sein.

Daruff ist jme geantwort: Erstlich das die orter oder stet seyen vor Gottis angesicht wie die zeyt, quia locus et tempus sunt species eiusdem generis, quantitatis videlicet continuae et habent eandem retionem genericam, propterea scriptum es: Si ascendero in coelum, tu illic es, Si descendero ad infernum, ades. Gleich wie nu vor Gott taussend Iar nur ein augenblick, ja weniger sey, als petrus schreybt 2. pe. 3: Mille anni et unus dies: So mussen auch tausent orter vor Got nur ein ort, ja weniger dan ein ort sein. Darumb und dieweyl Cristus sey auss diser welt, darin die orter gelten, in die andern welt zu seinem himelischen vater gefarn, ob er schon zumal im himel und auff erden sey, So sey er darumb nit an zweyen orten, sonder nur an einem, Dieweyl doch himel und erden vor Got nur ein ort sey und allein in unsern flaischlichen augen also weyt von einander geschiden. Es ligt wol Basel und Martburg viertzigk oder funfftzig meil von einander, ja in der menschen augen auff erden: Aber in gottis augen, welcher warhaaftig und grundtlich sieht, ligen sie neher by einander dan an dem menschen haudt und flaisch.

Zum andern schreibt paulus 2. Cor. 12. Er sey in den dritten himel entzuckt worden, und 1. Cor. 15. sagt Er, Cristus sey jm erschinen, kan doch nit fur ein warhait furgeben, Ob die entzuckung auss dem leiß geschehen sey oder im leib. So nun gewisslich Cristus im himmel an einem sonderlichen ort sein musst und nit kunde datzumal auff erden sein: Was hat paulus des zweyfels bedorft. Dieweyl er aber zweyfelt, ob sein entzuckung im leiß oder ausserthalb des leißs geschehen sey, gibt er ja darmit zu versten, das Cristus, ob er wol im himel sey, so kunde doch Er auch auff erden sein und dorff den himel darumb nit verlassen.

Zum dritten stet geschriben Eph. 4: Er ist uber all himel gestigen, das er alles erfult. Ist er dan uber all himel gestigen, so ist er nit im himel pliben Sonder ausserhalb des himels gefarn und muss derohalb nit an einem sonderlichen ort des himels bleiben.

Zum vierdten schreypt Ieronimus adversus Vigilantium also: Es stet von den hailigen geschriben, das sie dem lamb nachfolgen, wohin es get. So dan das lamp uberal ist, so muss man auch glauben, das die Ihenig, so by dem lamb seyen, uberal seyen. Und so der teuffel und bose feind in der gantzen welt umherschweiffen und mit schneller behendikait allenthalben gegenwurtig seyen: Solten dan die Marterer nach vergissung jrs bluts in einer laden beslossen sein und dorfften nit daruss geen. Biss hieher geen die wort Ieronimi. So den nach der meynung Ieronimi die Marterer allenthalben by Cristo seyen: Wie mochte dan kumen, das Cristus selbs nach der menschait nit mocht allenthalben sein?

Quelle: Pressel, Th. - Anecdota Brentiana

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