Blumhardt, Christoph - Andachten zum 1. Brief des Paulus an die Thessalonicher

Blumhardt, Christoph - Andachten zum 1. Brief des Paulus an die Thessalonicher

1. Thessalonicher 2,12.

Wandelt würdiglich vor Gott, der euch berufen hat zu Seinem Reich und zu Seiner Herrlichkeit.

Nicht nur eine gute Gesinnung sollen wir haben, sondern auch einen würdigen Wandel unter denen, mit welchen wir leben. Diese freilich kennzeichnen sich nicht immer als berufene Reichsgenossen. Sie erscheinen oft als Leute, die keinen Gott und Heiland haben; wenigstens tun sie, wie wenn sie nach keinem Gott und Heiland fragen würden - obgleich es ihnen nicht immer gerade ernst damit ist. Seien diese aber, wer sie wollen, miß dich, lieber Christ, an ihnen: Willst du's geradeso machen wie diese? Willst du etwa denken: Man braucht's nicht immer zu zeigen, wer man ist, man kann seine Sachen auch für sich (im verborgenen) haben - wie viele denken!?

Heißt das aber vor Gott würdig wandeln? Ihnen gegenüber besinne und prüfe dich, ob dein Wandel würdig sei. Wenn man's an dir sieht, daß du's geradeso kannst wie diese, und wenn man sich an dir ebenso ärgern muß, wie man sich an diesen ärgert: dann ist nicht viel an dir und deinem Christentum! Sieht man an dir den Zornigen, den Eigennützigen, den Hitzigen, den Stolzen, den Verdrossenen, den Harten, wie an den andern, so könnte man von dir sagen: „Der kennt auch seinen Heiland noch nicht!“ Da ist's aber doch klar, daß du nicht würdig vor Gott wandelst, wenn die Leute denken müssen, du stündest dem Heiland ferne. Man sollte denken, du könntest selbst auch die Art der“ Welt“ beurteilen, und es müßte diese dir von selbst leicht als eine unrichtige bemerklich werden! Drum miß dich an ihr, ob du nicht auch so bist - und schäme dich, wenn du nicht einen Unterschied findest zwischen dir und ihr in deinem eigenen Wandel und Verkehr. Denn dann wandelst du sicher nicht richtig vor Gott!

Wir sind zum Reiche Gottes berufen und zu Seiner Herrlichkeit, d. h. wir sollen unter denen sein, die Sein eigen sind und unter denen Er einmal wohnen will. Diesem unserm Beruf muß doch wohl jetzt schon unser Wandel und Wesen entsprechend sein. Wird man etwa einmal im Reiche Gottes oder gar in Seiner Herrlichkeit hadern und streiten, neiden und geizig sein, hochmütig und anmaßend, mürrisch und verdrossen, hart und unbarmherzig? „Doch nein“, wirst du sagen, „das wäre übel!“ Schickt sich's aber nun für dich, geradeso zu sein, wie es im Reiche Gottes und in der Versammlung der Gerechten nicht sein soll? Hieße das würdig wandeln vor dem Gott, der zu so Großem berufen hat? Sollte dich's nicht antreiben, dich möglichst als den zu zeigen, der das schon hat, was er erst noch hofft? Oder willst du unter denen sein, die überall eben das sind, was die andern auch sind: die also im Wald mit den Wölfen heulen - aber im Himmel dann mit den Engeln singen wollen? Wahrlich, da bist du ein Heuchler, wenn du deine böse Art nicht schon jetzt umwandeln magst in die göttliche Art, die allein ein Recht hat in der Herrlichkeit Gottes!

Deine Hoffnung und dein Wandel sollte also zusammenstimmen, so daß man es dir in jedem Worte, in jeder Handlung, in jeder Bewegung ansieht, daß du daran denkst, wozu du berufen bist. So ist's würdiglich vor Gott.

0 lernten wir's allezeit treffen, wie's unsrem Glauben und Hoffen ansteht!

1. Thessalonicher 4,17

Wir werden bei dem HErrn sein allezeit. So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander.

Bei diesen Worten des Paulus ist zu bemerken, daß er von der Wiederkunft Christi redet: Da werden dann die Toten in Christus zuerst auferstehen und mit dem HErrn kommen, und die Seinen auf Erden, die noch leben, werden verwandelt und Ihm entgegengerückt werden in der Luft. Diese beiden wird der HErr mit sich führen, um sie dann allezeit bei Sich sein zu lassen. Drum sagt der Apostel am Schluß: „Wir werden bei dem HErrn sein allezeit.“

Das „Sein bei dem HErrn“ geht in seiner vollen Wirklichkeit erst dann an, wenn der HErr erschienen sein wird. Den Entschlafenen, sofern sie in dem HErrn entschlafen sind, wird's bis dahin schon wohl gehen. Sie bedürfen keines Trostes mehr. Sie werden getröstet wie Lazarus in Abrahams Schoß. Wir aber bedürfen des Trostes unter den schweren Kämpfen und Anfechtungen, die wir in dieser Welt durchzumachen haben. Da, so meint nun Paulus, sollten wir uns untereinander trösten.

Die Thessalonicher übrigens bedurften zunächst um der Entschlafenen willen eines Trostes; denn sie meinten, diese werden - weil sie vor der Zukunft Christi gestorben seien - bei Seiner Wiederkehr zu kurz kommen. Das machte sie um so trauriger, weil sie denken konnten, sie müßten etwa auch noch sterben, ehe der HErr käme; und dann würden sie in gleicher Weise Schaden leiden! Statt dessen spricht Paulus ein tröstliches Wort sowohl mit Bezug auf die Verstorbenen als mit Bezug auf die Lebenden: der HErr werde auf gleiche Weise für beide sorgen, damit sie's ohne Unterschied erlangen würden, bei Ihm zu sein allezeit.

Unterdessen hat sich freilich die Zukunft des HErrn verzogen; und wir sind nicht mehr in solcher Weise um unsre Verstorbenen bekümmert - wenn wir diese nur im HErrn gestorben wissen! Aber des Trostes bedürfen wir doch noch zu sehr, unsretwegen. Und wie wir uns trösten sollen, das sagt Paulus auf eine jetzt noch gültige Weise.

Wir sollen uns nämlich, das liegt in den Worten des Paulus, gegenseitig unsre Hoffnungen vorhalten: Wir sollen uns die großen Dinge, die geschehen werden zur endlichen Erlösung aller Kreatur, vergegenwärtigen und unter den Mühen dieses Lebens uns miteinander in die freudige Zeit versetzen, da wir ausgeweint haben und bei dem HErrn allezeit und unverrückt sein werden. Es genügt nicht, wenn wir uns nur so im Allgemeinen die himmlische Seligkeit vergegenwärtigen, ohne uns dabei die Art, wie sich diese endlich gestaltet, vorzustellen. Wir können uns viel besser trösten, wenn wir's uns recht deutlich sagen: wie unser lieber HErr Jesus Christus wiederkommen werde vom Himmel und wie Er dann zuerst die Entschlafenen - soweit sie in Christus sind - aus den Gräbern holen werde; wie er hierauf auch uns, falls wir noch leben würden, rufen werde als solche, die Er nun nicht mehr von Seiner Seite lassen wolle!

Ach, lernten wir uns so miteinander trösten! Wie würde uns dies auch zu einer Ermunterung dienen, um das Kommen des HErrn, das zur Vollendung des Ganzen so nötig ist, zu bitten! Es würde uns stärken, auszuharren in Geduld und Glauben, wenn namentlich die entscheidenden Zeiten näher rücken!

1.Thessalonicher 5,24

Getreu ist Er, der euch ruft, Er wird's auch tun.

Wenn der HErr ruft, so ist's mit der bestimmten Absicht, mit dem bestimmten Vorsatz, daß Er's auch tun (d.h. Seine Pläne durchführen) wolle und werde. Gott kann nicht mit halbem Sinn rufen; sondern wenn Er einmal ruft, so ruft Er mit ganzem Herzen. Den Menschen, den Er ruft, den will Er haben, dem will Er alles geben und an ihm alles ausführen, was Er sich vorgenommen hat und wozu Er ruft.

Solche Absicht hat Er nicht etwa heute, um sie morgen wieder fallen zu lassen. Er bleibt dabei; und das ist's, wenn es im Spruch heißt: „Treu ist Er.“

Viele scheinen sich freilich Gott als einen wankelmütigen Gott vorzustellen, der heute so, morgen so wolle - oder gar heute selig mache, morgen verdamme. Lernen wir doch an Seine Treue glauben! Und hören wir auf zu zweifeln, wenn Er gerufen hat - als ob's dem lieben Gott nicht recht ernst wäre, wenn Er rufe, oder als ob Er Seinen Sinn ändern würde! Alles ist uns gegeben und zugesichert, wenn wir einmal Seinen Ruf vernehmen; und wir dürfen's nehmen, wie wenn wir alles schon hätten, sobald wir uns haben gleichsam bei unsrem Namen rufen hören.

Tun also will Er's, wenn Er ruft. Aber freilich, oft will Er wohl; aber dich muß Er auch dabei haben! Dir muß es auch aufrichtig um Ihn zu tun sein. Du mußt folgen, kommen, wenn Er ruft. Du mußt Ihm mit völligem Herzen untertan sein, darfst nicht dreinreden und es nicht nach deinem Kopf haben wollen. Du darfst nicht mit halbem Sinn kommen. Du darfst nicht, mit einem Wort, der sein, wofür du Ihn oft hältst: der heute Ja sagt und morgen Nein und immer zwischen Ja und Nein steht!

Ist's recht bei dir und deiner Gesinnung, so bringt's Gott sicher mit dir zum Ziel. Wankelmütige, Unredliche, Unaufrichtige lassen gleichsam den lieben Gott im Stich, wenn Er ihnen helfen und Gutes tun will. Dann kann Er's nicht mit ihnen fertigbringen. Gott aber wird's tun, solange du dem Herzen nach treu bist. Es kann nicht fehlen, denn Er ist treu! Auch auf dein Gefühl darfst du nicht achten.

So tun's zwar viele, da sie sagen, sie empfinden ja nichts von dem Frieden in sich, von der Gewißheit der Vergebung der Sünden und ihrer Seligkeit! Gefühl her und hin: Er hat dich gerufen, und Er ist treu, und Er tut's, wenn nur dein Herz Ihm anhangt!

Am meisten in Zweifel bringen können uns Fehler, die wir machen, Torheiten und Sünden, in die wir unwissentlich - freilich leider oft auch wissentlich hineingeraten. Allerdings erschweren wir damit dem lieben Gott Sein Werk an uns. Aber verhindern kann's Ihn nicht, solange auf deiner Seite das gerade, offene, aufrichtige, immer wieder sich schuldig gebende und immer wieder es neu anfassende Herz ist. Auch bei Schwachheiten, über die du nicht Meister wirst - wie man denn in manchem zeitlebens mit sich zu kämpfen hat und immer wieder zu Fall kommt - darfst du nicht zweifeln. Der HErr wird nicht dein Unvermögen - das Er ja vorher wußte - sondern nur deinen Willen ansehen, deine Sorge, deine Bekümmernis, deinen Eifer, deinen Ernst, deine Aufrichtigkeit. An uns, das will der Spruch sagen, liegt's einzig und allein, wenn's nicht gehen will: weil wir's nicht gläubig erfassen und weil wir keine (ganzen) Herzen für Ihn haben.

Glaub's dem Apostel: Er, der gerufen hat, ist treu und tut's bei aller deiner Schwachheit! Geht's etwa nicht, so darfst du die Schuld nicht auf Ihn schieben!

Zusatz: Zu 1. Thessalonicher 5,24 Zweifel an der Treue Gottes

Manche werden in Angst gebracht, wenn sie etwa einen Judas ansehen, der auch gerufen war - und doch verloren ging! Sie fragen, warum es doch der HErr mit diesem Judas nicht habe zuwege bringen können, daß er sein Bistum (Amt) bewahrt hätte? Und so denken sie weiter: Wenn's bei ihm fehlte - wie leicht könnte es auch bei ihnen fehlen!

Aber wenn doch nur einmal Judas ähnlich gedacht hätte, wie diese da sagen: daß er auch Angst bekommen hätte, ob's auch mit ihm gut hinausliefe?! Er wäre sicherlich nicht verloren gegangen. Denn die Angst und Sorge um sein Seelenheil ist bei einem Menschen der Ausdruck der Aufrichtigkeit.

Wer aber bei bösen Neigungen, bei wirklichen Untreuen - wie sie sich Judas als Träger des Beutels und sonst erlaubte -, bei Regungen des Stolzes, der Eigenliebe und Empfindlichkeit sicher bleibt; wer ferner bei freundlichen Warnungen und Mahnungen ärgerlich und zornig wird, als tue man ihm Unrecht oder als beehre man ihn nicht genug; und wer niemals Miene macht, daß er sich demütigen und ändern wollte: der mag es bei solchem störrigen Sinn - welcher sich auch ins äußerlich-fromme Leben hereinschleichen kann - so weit bringen, daß auch der liebe Gott es nicht mehr über ihn gewinnt!

Für einen Petrus kann der HErr schon noch wirksam beten wie auch für die andern (Jünger), daß doch ihr Glauben nicht aufhöre, da Satan sie sichten wollte; denn sie selbst kamen für sich in Sorge und Angst, erkannten also aufrichtig und redlich ihre Schwachheit. Gaben es ja doch die Jünger mit ihrem: „HErr, bin ich's?“ deutlich zu erkennen, wie sie sich selbst wenig zutrauten und wie sie über die Befürchtung noch nicht hinübergekommen waren, etwa gar auch noch Verräter werden zu können; denn es schien in ihnen aus Anregung des Satans gekämpft zu haben. Solchen Seelen kann der HErr helfen.

Aber bei selbstsüchtigen, geistlich hoch stehenden (hochfahrenden, hochmütigen), dem Geiz ergebenen, geheim-tückischen Christen - wie man sie je und je trifft -, mag's allerdings auch dem lieben Gott schwer werden, es mit ihnen hinauszubringen (zur Rettung). Aber zugedacht hat's ihnen der HErr mit festem Willen - wiewohl Er nur einladen und rufen, aber niemandem sich aufdringen kann. Wer ernstlich will, daß es Gott an ihm tue: Wahrlich, an dem tut Er's auch!

Manchmal ist's übrigens bei gewissen Leuten ein bißchen Unart, wenn sie dem lieben Heiland gleichsam vorhalten wollen: „Es hat doch auch beim Judas und sonst gefehlt - und so könnte mir's auch fehlen oder könntest Du mich gleichermaßen aufgeben!“ Denn das sieht einem Widerspruch gleich, als wollten sie sagen: „Man darf eben doch Deinem Wort nicht ganz trauen!“

Wer so denkt und wer überhaupt alles und alles so auf den Heiland werfen und Dem immer nur die Schuld geben will, wenn er selbst, wie er sagt, nicht besser sei: der steht gefährlich! Hüte Dich vor solchem unkindlichen, Ihm gewiß sehr unliebsamen Wesen! Du aber (d. h. vielmehr) rege dich und traue und glaube! Und „schaffe nur deine Seligkeit mit Furcht und Zittern“, daß du nicht ein Dieb werdest wie Judas oder ein Betrüger wie Ananias und Sapphira oder ein Weltling wie Demas oder ein Fresser und Säufer und Mißhandler deines Gesindes und anderer wie jene Knechte, die der HErr „zerscheitern wird an Seinem Tage“, oder überhaupt ein Übeltäter, den der HErr „einst nicht kennt“! Nur solcherlei Leuten kann's mißlingen.

Hast du aber noch Furcht Gottes in dir, daß du nicht so sein willst, so tut der HErr das Seine. Er läßt dich nicht im Stich - wenn du nicht durch Mißtrauen, durch Ausweichen und Weglaufen Ihn im Stich lässest!

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