Blumhardt, Christoph - Andachten zum 1. Buch Samuel

Blumhardt, Christoph - Andachten zum 1. Buch Samuel

1. Samuel 1,17

“Gehe hin mit Frieden! Der Gott Israels wird dir geben deine Bitte, die du von Ihm gebeten hast.“

Der Spruch ist ein Wort, das Eli, der Hohepriester, zur betenden Hannah spricht, die gerne einen Sohn gehabt hätte. Ihr Herz war betrübt, umso mehr, da ihre Nebenbuhlerin sie geringschätzte. Da kommt sie betend in den Vorhof und weinend. Eli sieht's, meint zuerst, sie sei trunken wohl gar, mag sich aber dann dessen nachher geschämt haben, weswegen er den weissagenden Blick für die Beterin bekommt, dass ihr würde ihre Bitte gewährt werden. So geht sie getröstet nach Hause; und das Jahr darauf herzte sie ein Söhnlein, Samuel genannt, in ihren Armen.

Es erinnert uns diese ganze Geschichte doch an etwas äußerst Liebliches in Israel, wie da durch den Hohenpriester ein Vater gegeben war an Gottes statt, für alle, die in den Tempel, oder damals noch zur Stiftshütte, kommen würden, mit welcher Bitte sie auch kämen. Es wurde im Gesetz verlangt, dass man gerade hierher mit seiner Bitte komme, damit auch ein Mittelpunkt für jedermann da wäre, und sich das Bitten vor dem HErrn nicht ins Allgemeine oder Egoistische verflache. Namentlich in jener Zeit war das wichtig, weil man sonst mehr versucht war, auch andere Götter anzurufen. Der Priester steht da im Namen des Gottes, welcher der Regent in Israel sein sollte.

Etwas Ähnliches dürfte es auch unter uns noch sein, dass Bittende eine Hilfe fänden, eine väterliche Hilfe nach dem Geist, bei denen, welche im Namen des HErrn, als Botschafter an Christus statt, den Frieden zu verkündigen haben. Wenn übrigens Seelsorger Kommenden und Bittenden mit Freundlichkeit und Erbarmen entgegenkommen, und deren Bitte sich zur eigenen machen, so geschieht wirklich noch viel, ja mehr als man sich für gewöhnlich denkt und weiß, vom HErrn, der kindliche Gebete nicht unerhört lässt; und wenn mehr Glauben da wäre, dass man, indem man sich bei Seelsorgern Rats erholt, eigentlich nicht zu Menschen, sondern zum HErrn kommen wollte, so müsste unendlich mehr geschehen. Es hängt einzig und allein an dem, dass man sich's kindlich denke, wie wirklich der persönliche Gott durch Seine Werkzeuge unmittelbar Seinen schwachen Kindern Sich nahe mache, wenn auch nur durch einen stillen Wink, oder ein leises Anwehen, dass ich so sage, dabei die rechten Worte, Gedanken und Ahnungen eingegeben werden.

Übrigens redete Eli in unserm Spruch nicht bloß weissagend, sondern mehr priesterlich, auf geschehene Fürbitte für Hannah. So hart er Hannah angefahren hatte, so sehr überkommt ihn jetzt ein Mitleiden für sie, bei welchem er ihre Bitte zur Seinigen macht, und mit seinem Geiste für sie einsteht bei dem HErrn, zu welchem sie gekommen war. Auf sein stilles priesterliches Eintreten hin bekommt er die Antwort, dass die Hannah erhört sei. Daher die Zuversichtlichkeit seiner Rede. Seine, des Priesters, Bitte hatte eine Macht vor dem HErrn, ganz dem Beruf des Hohenpriesters entsprechend. Wer einst zum Priester des HErrn nahte, durfte sich etwas durch ihn vom HErrn versprechen. Sollte davon nicht auch uns, den Priestern des Neuen Bundes, etwas geblieben sein (vergl. Jak. 5, 14 ff.), oder werden können? Ach, wie vieles könnten wir haben, wenn wir mehr glaubten und kindlicher wären, und demütiger unter die Diener des Evangeliums, als Diener des HErrn, wenn sie's wirklich nach dem Geiste sind, uns stellten!

Zusatz. Freilich sind da die gesteigerten Begriffe vom allgemeinen Priestertum, wie sie unsre Zeit ausgeheckt hat, so wahr sie nach gewissen Seiten sind, sehr im Wege; und so lange, mit ihnen im Hintergrunde, die Gemeindeglieder sich isoliert stellen, kann es nie mehr zu einem kindlichen Verhältnis zwischen ihnen und dem Seelsorger kommen. Und doch ist die Norm, wie es sein sollte, deutlich in der Schrift angezeigt, auch in den Briefen der Offenbarung Johannis, da der Herr nur mit dem Engel, d.h. Vorsteher, der Gemeinden redet, bezüglich dessen, was der ganzen Gemeine gelten soll.

Die Zeit übrigens, hoffe ich, werde wiederkommen, in der sich alles besser macht, den Mühseligen und Beladenen unter dem Volk zu lieb. Aber zuerst muss auch mehr Liebe überhaupt unter uns einkehren, mehr Freundlichkeit und herzliches Erbarmen, mehr Rücksicht und Schonung, als man leider vielfältig sieht. Denn mit herber und schroffer, oder vornehmer Sprache, wie auch Eli zuerst die Bittende hart anfuhr, kann man den Heiland mit Seiner Kraft nicht herunterziehen. „Lernet von Mir,“ sagt er, „denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Wenn dieses herzliche Erbarmen mit allen und allerlei Seelen waltete und das Herbe alles verschlänge und verbrennte, da würden wir viel leichter die unaussprechliche Freundlichkeit unsers Gottes zu schmecken bekommen, wir und andere, die sich auch mit ihren Familiennöten gleichsam unter unsre Fittiche begeben. „So ihr mich suchen werdet von ganzem Herzen, so werdet ihr mich finden,“ - das war ausdrücklich (5. Mos. 4, 29) zum ganzen Israel gesagt. Im Neuen Testamente aber haben wir ähnlicher Verheißungen viele.

Mel. O Durchbrecher.

Gott. Du lässt Dich weit herunter,
Bis das träge Herz Dir glaubt.
Mach mich in der Hoffnung munter;
Denn die Zuflucht ist erlaubt.
Lass mich an der Hoffnung halten,
Die uns angeboten ist.
Unser Glaube, wie der Alten,
Traut Dir, dass Du wahrhaft bist.

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