Verbannungsurteil über Georg Blaurock (Zürich 1527)

Verbannungsurteil über Georg Blaurock (Zürich 1527)

Alsdann Georg vom Hause Jacobs, genannt, Blaurock von Chur, der gegenwärtig stehet, ein rechter anfänger und Hauptsächer des Widertauffs vornaher1) in unserer Herren schwere Gefängnuß gekommen, und aus Hoffnung könftiger Besserung, und daß er von seinem irrigen Fürnehmen des Widertauffs halb abstehen würde, gnädiglich aus dem Gefängnuß gelassen worden, und dermalen2) seinen blossen Worten, ohne den eid Glauben gegeben worden, wie er das begehrt hatte, so ist er doch unangesehen dessen, und über das, daß ihm mit lautern Worten gesagt worden, so fern er wieder in unserer Herren Gericht und Gebiet käme, daß man ihm den Lohn, so er verdient hätte, geben würde, wiederum in unserer Herren Landschafft und Gebiet gekommen, und wiewol er nicht bekanntlich, daß er seither getaufft habe, so beharret er jedoch darauf, und ist seine endliche Meynung, so fern einer zu ihm käm, und gelehrt und getaufft zu werden begehrte, denselben wollte er lehren und tauffen, und das nicht vor seyn, auch darum niemand ansehen. Solchen Widertauff hat er äusserlich geglaubt, auch öffentlich für die Warheit gelehrt, und gehalten, zu dem über und wider, daß er und andere seine Anhänger des Widertauffs halben mit heil. göttlichen Schrifft alten und neuen Testaments von unserer Herren Predicanten und sonst gelehrten Leuten berichtet und überwunden worden sind, sagt bemeldter Blaurock öffentlich und beharrlich,die Predicanten thuen der Schrifft Gewalt an, und fälschen dieselbige, und verführen sich selbst und andere Leute, darzu seyen sie mit ihren anhängeren Dieben und Mörder Christi. Dieweil dann des bemeldten Blaurocks Meynung und Haltung auch Lehre des Widertauffs wider das Wort GOttes, und darinn nicht gegründt ist, auch mit demselben nicht erhalten werden mag, darzu gemeinem loblichen Brauch, der durch alle Christenheit unzhar3) einhellig gehalten worden, ganz widrig, nachtheilig und verletzlich ist, und zu dem, wie männiglich weiß und siehet, daraus bishar nichts anders, dann merckliches Aergernuß, Empörung und Aufruhr wider Christliche Obrigkeit, Zerrüttung gemeinen Christlichen Frieds, brüderlicher Liebe und bürgerlicher Einigkeit, und endlich alles Uebels gefolgt ist, darzu das arme einfältige Volk darmit von dem rechten Weg und der Gehorsame ihrer Oberen abgewiesen und verführt worden, als das sich leider unzhar in vielweg mit viel Uebel augenscheinlich erzeigt hat. Um solches sein des Blaurocks aufrühriges Wesen, Zusammenrottungen wider eine Obrigkeit, auch guten Christlichen Regiments Uebel- und Mißthun wider alle Warnung und Verbot von ihm vielfaltig gebraucht, ist zu ihme nach Gnaden also gericht, daß er dem Nachrichter befohlen werde, der ihm seine Kleider biß auf die Weiche ausziehen, seine Händ binden, und ihn demnach von dem Fischmarckt die Straß hinaus mit Ruten für das Thor im Niderdorff schlagen, dergestalt, daß das Blut nach hingehe, unddaß dann der genannte Blaurock ein gemeine Urfet schwören solle nach altem Gebrauch, sein Gefangenschafft weder zu äffren, zu anden, noch zu rächen, es seye durch sich selbst oder andere von seinetwegen, alles mit der heiteren Erläuterung, daß ihm tapffer heraus gesagt werde, daß er von Stund an unserer Herren Stadt, Gerichte und Gebiete räume, und nicht mehr darein komme, dann wo er darüber über kurz oder lang dasselbig wieder betreten oder ankommen würde, würde man ihn mit jezt bekantlicher Urtheil ohn alle gnade, wie Felix Manzen beschehen ist, ertränken lassen, darnach mög er sich zu richten wissen, und daß er damit dem Gericht und Recht gebüßt haben solle. Actum ut supra.

Quelle: Füßlin, Johann Conrad - Beyträge zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten des Schweitzerlandes, Band 4

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