Baxter, Richard – Selbstverleugnung - Das VIII. Capitel.

Baxter, Richard – Selbstverleugnung - Das VIII. Capitel.

Wie partheyisch die Menschen sind ihr Urtheil zu faellen in solchen Dingen / die ihnen selbst angehen.

V.

Ein ander Exempel / das uns zeiget / wie Selbst die Herrschafft in der Welt habe / ist / daß ein jeder so ueberaus partheyisch ist sein Urtheil zu faellen in Dingen / die ihn selbst betreffen / und wie die meisten viel ein billicher und rechtmaeßiger Urtheil faellen / wann die Sache nicht sie selbst / sondern andere angehet: Zum Exempel.

1. Siehe nur an einen faulen und nachlaeßigen Prediger / (dann ich weiß / ihr sehet am liebsten / daß ich zu Hause anfange) und der sich am meisten widersetzet / daß man nicht schuldig seyn / einen jeden insonderheit zu lehren und unterweisen / oder Kirchenzucht zu ueben / oder andere selbst-verlaeugnende Wercke zu thun / derselbe wil ihn deßwegen als einen arbeitsamen und fleißigen Mann / und der sein Amt recht betrachtet / loben: Es sey dann / daß er mercket / daß eines andern Fleiß und Wachsamkeit seiner Faulheit und Nachlaeßigkeit schimpflich sey / und dann so mag er dagegen laestern.

2. Ein Haus-Vater / der nicht will zu uns kommen / daß er in Person unterwiesen wuerde in seinem Christenthum / wil dennoch seine Kinder und Dienstboten kommen lassen. Wie kommt das? Sorget er mehr vor ihre Seligkeit als vor seine eigene? Oder hat er nicht so wohl eine Seele / die selig oder verdammet werden muß / so wol als sie? Oder hat er nicht noethig / daß er etwas lerne / sondern ist weiser als seine Lehrer? Ja / allein die Kinder und Knechte sind nicht er selbst: wenn sie schon den Catechismum lehren / das ist ihme keine Muehe: Und wo ihre Unwissenheit an Tag kommt / rechnet er es ihme nicht so schimpfflich / als wenn es Selbst waere: Er kan ohne Selbst-Verlaeugnung zulassen / daß sie sich zur Unterweisung einstellen / aber er selbst kan es ohne Selbst-Verlaeugnung nicht thun / und darum wil ers gar nicht thun.

3. Ein Fresser und Sauffer / und ein anderer in fleischlichen Luesten Lebender kan es nicht lassen / sondern muß seine fleischliche Begierde vollfuellen: Er kan aber doch zufrieden seyn / daß ein ander nuechtern und maeßig lebet; Und ob schon sein Naechster eben so grosse Gelegenheit und Reitzung zu selbiger Suende haben moechte / ist es ihme nicht zuwider / daß er seinen Begierden widerstrebet / und die Suende nicht begehet: Ja / sie koennen ihnen noch wol sagen / daß dieses die beste Weise sey / und ihnen gute Erinnerungen geben; und dannoch / wann es sie selbsten angehet / sind sie anders gesinnet. Ich weiß dergleichen Saeuffer / die ihre Kinder ermahnen / daß sie sich vor dem Laster der Trunckenheit hueten sollen; und Flucher / die ihre Kinder zu schlagen und streichen pflegen / wann sie einen Fluch oder Schwur von ihnen hoeren; und Leute / die selbst nicht nach Lesen oder Beten fragen / die doch ihre Kinder dazu anhalten. Und woher kommt dieses? Ey was ihren Hals vorbey gehet / kostet ihnen Selbst-Verlaeugnung ihres ungebuehrlichen Appetites; aber was anderer Kehlen vorbey gehet / das kommet ihnen nicht sauer an: Selbst strebet nicht so sehr gegen ihrer Kinder Unmaeßigkeit und Gottlosigkeit als gegen ihr eigen.

4. Dieselbe Obrigkeit die sich nicht wil Ungelegenheit erwecken / in Abschaffung der unordentlichen Schenck-Haeuser / und Abstraffung anderer Suenden / kan doch vielleicht zu frieden seyn / wann es eine andere thue / wann nur Selbst unbemuehet und unbeschweret bleibet und ihme keine Ungunst machet.

5. Man findet Leute / die zwar selbst nicht beten mit ihren Kindern und Gesinde Morgends und Abends / die dannoch bekennen / daß es wolgethan von denen / die es thun. Ja / etliche / die nicht koennen beredet werden zu einem heiligen und himmlischen Leben / bekennen / daß es am besten waere so zu leben / loben es in andern / und wuenschen / daß ihre Seele moege sterben den Tod solcher Gerechten / und dennoch kan man sie nicht darzu bringen / daß sie es selber auch thun. Sie koennen Petrum und Paulum / die Alt-Vaeter / die Maerterer ruehmen wegen ihres heiligen Lebens / koennen ihnen Feyertage zu Ehren halten / aber begehren ihnen nicht nachzufolgen. Warum? Es kommt sie nicht schwer an die Heiligkeit in andern zu ruehmen / allein daß sie es selber thun / dazu gehoeret Selbst-Verlaeugnung.

6. Ist einer so redlich / und laesset / nachdem er ein bessers ueberwiesen / seine alte Meynung / nicht ohne Nachtheil seiner Reputation fahren / man wird Leute finden / die dieses hoch ruehmen (wie es dann ruhmwuerdig ist) als ein grosses Stueck der Selbst-Verlaeugnung und Auffrichtigkeit: Allein sie begehren es selbsten nicht zu thun / da sie doch moegen offt deutlicher ueberwiesen seyn / und sie groessere Ursach haetten ihre falsche Meynung zu aendern.

7. Mancher / der gar weltlich lebet / sein Hertz gegen seinen Bruder zuschleusset / den Armen nichtes / oder gar wenig mittheilet / auch der Kirchen oder gemeinen Wesen nichtes zum besten thut / kan doch leiden / daß ein ander sehr freygebig ist / und sich im Dienste Gottes / der Kirchen / und des Naechsten gantz auffopffere: Und da man ihme fast nicht einen Schilling aus dem Beutel schrauben solte / kan er doch zufrieden seyn / daß ein ander tausend weg giebet; Er kan den Freygebigen und Arbeitsamen ruehmen und seiner in Ehren gedencken / aber er begehret es ihme nicht nachzuthun. Warum? Er kan leicht leiden / daß ein ander freygebig ist / und arbeitsam / kan darum selbst wol andere dazu anreitzen / ohne Selbst-Verlaeugnung; allein Selbst ist dagegen / daß er es nicht selber thue.

8. Ein ungeheiligter selbstischer Mann / der seinen Feinden selber nicht begehret zu vergeben / oder aus Mitleiden seine Forderung bey einem verarmeten Schuldener nachgeben / oder ein Unrecht so ihme widerfahren / auffstecken kan / wird es doch wohl in andern ruehmen / und ihnen dazu rathen / auch loben diejenigen / die es thun. Warum? Es kommt ihme nicht schwer an / daß ein ander seinen Feind liebe / oder ob er erwehnte Liebes-Stuecke thue / allein er kan es selber nicht thun ohne Selbst-Verlaeugnung.

9. Diejenigen die es nicht leiden koennen / daß man ihre eigene Suende beruehre in den Predigten / koennen es doch gar wol gestatten / daß man es andern sage so hart / und so deutlich als man wil / und loben es noch wol dazu: sie moegen gerne hoeren / daß derselbe in den Predigten hart angegriffen werde dessen Suende ihnen zuwider sind: Der Geitzige hoeret mit Lust zu / wenn ein Trunckenbold gestraffet wird / der Trunckenbold hingegen / wenn man gegen den Geitz prediget: Der einer irrigen Meynung zugethan / der ein Zertrenner ist der Einigkeit der Kirchen / ein Heuchler / hassen den Prediger / der ihre eigene Suende straffet / sie moegen ihn gar nicht hoeren / sondern sagen / er sey hefftig / er sey erbittert / und thue nichts als daß er schmaehe und schaelte auf die Gottseligen: (O daß die Boßheit kan so unverschaemt seyn!) Allein sie werden uns nicht zuwider seyn / wir moegen so hart wir wollen verfahren mit den oeffentlichen Gottlosen: Es ist kaum einer der da leiden kan / daß man spreche von den Fehlern / die bey ihme und seiner Religion und derselben Genossen sind / aber gegen seinen Widerpart mag man seinethalben so frey reden als man wil. Wie leicht kan ein Papist leiden / daß einer der Protestanten im aergsten gedencket? Oder ein Widertaeuffer / daß einer gegen die Kinder-Tauffe redet? Und die oeffentlich Gottlose koennen gar wohl leiden / daß man gegen die Secten rede / und selbige straffe. Welches alles nirgends herkommt / als daß Selbst die Herrschafft hat / hingegen die Selbst-Verlaeugnung in der Welt fast nicht zufinden: Wenn ein anderer gestraffet wird / das gehet Selbst nicht an / und ist darum wol zu ertragen. Der Arme hoeret gerne / wenn wir gegen die Laster der Reichen reden / und die Uppigkeit / Hoffart / Unbarmhertzigkeit der Grossen und Reichen straffen: Die Unterthanen / wenn man gegen ihre Obrigkeit redet: Der Handwercks- und Bauers-Mann / wenn man die Suenden / Laster / und Fehler der Prediger / Hofe-Leute / oder boesen Juristen offenbaret: Hie mag einer frey genug reden / allein: Selbst muß mit frieden gelassen werden / bey Straff ihrer Ungunst / und so viel Verlaeumdungen / als sie nur auffbringen koennen.

10. Also auch wenn einer persoenlich den andern erinnert wegen seiner Fehler / diejenigen die es selbst nicht koennen leiden / achten es dennoch anderer Leute Schuldigkeit zu seyn / daß sie es von ihnen annehmen / und ihnen gehorchen und folgen / und wenn einer ihnen antworte solte: Ich dancke euch guter Freund / daß ihr habet so auffrichtig und treuhertzig mit mir handeln wollen / und daß ihr solch Mitleiden mit meiner Seelen habet / daß ihr mir behuelfflich seyn wollet meiner Suenden loß zu werden: Ich bekenne / ich bin ein elender Suender / aber ich wil es durch die Gnade GOttes nicht mehr thun / oder da ich ja solte wider aus Schwachheit uebereilet werden / ich bitte euch erinnert es mir / und lasset mich nicht so in Suenden hingehen. Ich sage / wenn einer ihm so antworten solte / sie werden ihn deßwegen loben / und es sehr wol von ihme auffnehmen: Aber sie wollen es selbst nicht thun: Dannn Selbst kan leicht leiden / daß ein ander sich demuethiget und guten Ermahnungen folget / aber es kan sich nicht so hudeln und meistern lassen.

11. Also auch diejenigen / die am aller nachlaeßigsten sind / andere zu ermahnen / und zu straffen / damit sie keine Ungunst ueber sich erwecken moegen; haben es dennoch gerne / und preisen es sehr an einem Prediger oder andern der es thut / denn das koennen sie leiden ohne Selbst-Verlaeugnung.

12. Einer der aergerlich gelebet / und also zur oeffentlichen Kirchen-Buß gezwungen ist / wie einer der gegeisselt werden solte / derselbe wuerde diese Kirchenzucht fuer recht und billich achten / wenn es einen andern als ihn treffen solte / und denselben noch wol dazu ueberreden / daß er sich darein ergeben solle. Wenn ein ander dieselbe Suende gegen GOtt vollbracht / denselben gelaestert / oder durch seine Suenden verunehret haette / und demnach aus freywilligen bußfertigen Hertzen / sich erbieten solte / seine Suende mit Thraenen vor der Gemeine zu bekennen / daß er GOtt erzuernet / die Gemeine geaergert / seinen Bruder beleidiget / haette einen Stein des Anstosses geleget den Gottlosen / und Schwachen / seinen Christlichen Namen verunehret / koennte auch nimmer durch seine Wercke / fuer solche grobe Suende / genug thun / waere unwuerdig / ein Glied der Kirchen / oder Gemeinschafft mit Christo / und der Gemeine zu haben; bete demnach von Hertzen die Gemeine / daß sie ihme verzeihen / ihn widerum in ihre Gemeinschafft auffnehmen / vor ihn beten / und bey GOtt um Vergebung seiner Suenden mit anhaalten wolte: Wuerde nicht einer / der darbey stehet / als ein Zuseher / gedencken / daß dieses ein herrlich Werck sey / und der beste Weg zu seiner Bekehrung / und sey viel besser zu thun / als zu unterlassen? Und alles darum / weil Selbst hie nicht getroffen wird / es moechte denn seyn / daß er sich nichtes gutes bewust / und ihme selbst nichtes bessers vermuthen waere / alsdenn moechte er vielleicht dagegen reden / als welches gar zu hart verfahren waere.

13. Einer der seinen Naechsten ausgesogen / betrogen / uebersetzet / und also unrechtfertig Gut an sich gebracht / der nicht wil wider erstatten was er unrechtfertig erworben; wenn er hoeret von Zachaeo / soll wol denselben ruehmen / und sagen / daß er recht gethan / Oder / gesetzet / es werde ihme ein solcher Casus von andern vorgetragen / er wil antworten: Die Wider-Erstattung sey der sicherste Weg; Es sey recht und billich / daß ein jeder das Seine wider habe. Selbst kan ihm frey geben / daß er einem andern zur Wider-Erstattung rathet / aber nicht daß er es selber thut.

14. Gesetzet / es waere eine grosse Verfolgung wegen der waren Religion / obhanden / und daß einer entweder wissentlich gegen GOtt suendigen / oder seine Gueter verlieren / alles was er haette / verlassen / und verbrannt werden mueste vor CHristi Ehre: Der selbstische Unwidergeborne kan sich nicht bereden lassen / daß dieses seine Schuldigkeit sey / oder zum wenigsten / er wil sich nicht bereden lassen / sich willig darein zu begeben: Er kan nicht leiden / noch sich verbrennen lassen: Er wil lieber GOtt mit seiner Seelen rathen lassen / als Menschen mit seinem Leibe / (wie diejenigen sagen / die GOtt verachten / und die Welt ihme vorziehen / und heissen das denn ihme vertrauen/) allein wenn dieses einen andern angienge / sie wuerden ihm zu sagen wissen / es sey besser GOtt denn Menschen zu gefallen / und daß es besser sey ein kurtzes Leben zu wagen / als ein ewiges zu verlieren; und daß es ein schlechter Gewinn sey / die gantze Welt zu gewinnen / und doch Schaden an seiner Seelen zu leiden: Und daß es der weiseste Weg waere seine ewige Seligkeit gewiß zu machen / und es nicht auf die unendliche Hoellenpein wagen. Sie koennen leiden / daß ein ander lieber etwas ausstehet als suendiget / und darum ruehmen sich die Maerterer / etc. Woher kommt nun diese Partheylichkeit? Selbst ist ihr grosser Regent / und GOtt hat nur den Namen. Selbst ist Partheyisch in ihrer eigenen / aber nicht in eines andern Sache / und darum koennen sie zu eines andern Leiden ohne Selbst-Verlaeugnung willigen / aber nicht zu ihrem eigen / und daher kommt der Unterscheid.

15. Wenn Missethaeter murren und ungedultig sind ueber ihre verdiente Straffe / frage nur die dabey stehen / und die sind alsobald anders gesinnet. Wenn der Bier- und Weinschencke gedencket / ihme widerfahre groß Unrecht / wenn man / wegen vieler Boßheit / so in solchen Haeusern vorgehet / oder veranlasset wird / ihme das Schencken verbieten solte / frage nur die armen Weiber / deren Maenner das Ihrige dorten versauffen / daß sie mit den Kindern muessen Hunger und Kummer leiden / die sind alsobald anderer Meynung / und werden wol sagen / wo einige Liebe zu GOtt oder dem Naechsten bey euch ist / so sollet ihr streben solche Haeuser und Oerter abzuschaffen.

16. Also auch / wenn ihr einen hoeret / der seine Suende geringe machet und sie entschuldiget: bringe es ihme nur vor als gienge es einen andern an / so daß er nicht mercken kan / daß er damit gemeynet ist / er wird gewiß ein ander Urtheil in der Sachen faellen. Also fieng der Nathan den David / indeme er ihme vorbrachte eine weit geringere Sache / als seine gewesen war / da denn David alsobald konte sagen und schweren: So wahr der HErr lebet / der Mann ist ein Kind des Todes / der dieses gethan / und nicht geschonet hat / und ergrimmete mit grossen Zorn / 2 Sam. 12/ 5. 6. Aber warum zuernete er so nicht mit sich selber wegen einer viel groessern Suende? Ach! Selbst hatte die Herrschafft in ihme bekommen / bis daß die Gnade GOttes sein Hertz in wahrer Bußfertigkeit brach. Also / als Juda hoerete von der Thamar Hurerey / befihlet er alsobald / bringet sie her / daß sie verbrannt werde. Gen. 38/ 24. Als er aber hoerete / daß er mit in der Suende begriffen war / hatte er andere Gedancken.

17. Es kan einer einem andern trefflichen Rath geben in Armuth / Kranckheit / und ihn erinnern / er muesse von GOtt alles gedultig annehmen / wie es kommet. Wo aber die Truebsal und Creutz sein eigen ist / da kan er offt nicht annehmen den Rath / den er andern giebt.

18. Ja was mehr ist: Es sind die Menschen nicht allein partheyisch vor ihnen selbst / sondern auch gegen die / die sie nahe angehen. Wenn eines andern Sohn oder Knecht es versihet / so kan ein jeder zufrieden seyn / daß er gestrafft wird; aber nicht so leicht / wenn es sein Sohn oder Verwandter / oder Knecht ist / dann ist es unrecht ihn zu straffen / nur darum / weil er euch angehet. Wo ein Fremder / der euch nichts angehet / sich etwas versihet / ihr koennt es leiden / daß der Richter mit ihme verfaehret / aber wo der Trunckenbold / der Wirth / der Schwerer / etc. euer Freund oder Verwandter ist / da muß man mit in die Gelegenheit sehen / und der Richte rmuß seinetwegen erbeten werden.

Laß einen aergerlichen oder untuechtigen Prediger oder Schulmeister praesentiret werden an einem Orte: Wo er ein Fremder ist / so koennet ihr leicht zu frieden seyn / daß er abgewiesen wird / aber wo eur euer Verwandter / oder Sohn / oder guter Freund ist / wie kan euer Urtheil so bald geaendert werden? Denn so muß man seine Fehler tragen / es wil so eben nicht sein / man muß ihn versuchen / ihr wollet hoffen / er werde sich noch bessern / und alle seine Laster werden verringert / hingegen seine Tugenden / wo er einige hat / groesser gemacht / als sie in der Warheit sind.

Ja / es sey einer / wer wer wolle / wo er nur viel von euch haelt / euch liebet und ehret / so koennet ihr alle seine Wort und Thaten besser auslegen und vertheidigen / als wenn es einer thaete / da ihr Gedancken von habet / daß er euch zuwider sey / oder nicht viel von euch haelt / oder sonst nicht einer Meynung mit euch ist.

Nun / ich habe viel Exempel herbey gebracht / aber es ist nicht der vierdte Theil derjenigen / die herbey gebracht werden koenten / zu beweisen / wie diese Schlange Selbst sich so kruemmet und verwickelt / auf daß ihr sehen moeget / (wo ihr anderst mitten im Lichte / vor der verblendenden Macht der Selbheit / sehen koennet /) wie seltzsam die Selbst-Verlaeugnung in der Welt ist / und wie eine grosse Herrschafft Selbst hat.

Ich wolte noch haben angefuehret mehr Exempel / als von der ueberaus grossen Muehe / Arbeit und Ungemach / die fast alle Welt hat vor Selbst / und wie wenig man sich vor GOtt oder der Liebe des Naechsten bemuehet. Item: wie die Welt so freygebig ist gegen Selbst / und so karg gegen GOtt. Item: wie eiferig die Welt ist / Selbst / und dessen Ehre zu retten / und wie das eifern vor GOttes Ehre so nachbleibet. Item: wie harte Gesetze gemachet sind / Selbst zu raechen / (Diebe und Verraether muessen hangen) und wie man hingegen vor GOttes Ehre fast keine oder schlechte Gesetze hat; Mit Gotteslaeßterung / Boßheit und Gottlosigkeit verfaehret man nicht so hart. Item: wie vest die Menschen bey Selbst halten / hingegen wie unbestaendig und ungetreu die meisten sind gegen GOtt. Allein / ich wil lieber etwas auslassen / als gar zu lang und verdrießlich seyn / und darum wil ich nicht mehr Exempel davon einfuehren / nur allein etliche wenig Aggravationes / die darthun moegen / wie groß und weit die Herrschafft des Selbst ist / wie wir zuvor gesehen / daß es die Herrschafft hat.

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