Andreä, Jacob - Die ander Predig von guten Wercken

Andreä, Jacob - Die ander Predig von guten Wercken

Es hat sich fast eben auch umb dieselbige zeit, als die ergerlich Zweispalt, von der Gerechtigkeit des Glaubens sich erhaben, ein Streit vber ettlich Reden von den gutten Wercken, under der Augspurgischen Confession verwandten Theologen zugetragen.

Das namlich einer nachuolgenden Worten sich vernemen lassen: Gutte Werck seien nötig zu seligkeit, und: unmuglich seis, one gute Werck selig werden, Und: Niemand seie jemals ohne gutte Werck selig worden, Unnd: Es seie unmüglich, ohne gutte Werck selig werden.

Dise Reden seind fürnemlich umb zweier Ursachen willen, für ärgerlich unnd unleidenlich gehalten worden.

Erstlich, Das sie der Lehr von der Rechtfertigung deß Glaubens, darinnen die Seligkeit stehet, zuwider lautten, da S. Paulus klarlich bezeuget, das wir Gerecht und selig werden, allein durch den Glauben, umb deß einigen verdiensts Christi willen, ohn alle Werck, wie in der Epistel S. Pauli an die Römer klarlich zusehen.

Zum andern, daß sie eben zu der zeit auff die Ban gebracht worden, da die Papisten, hart auff ein lauttere Bekanntnuß getrungen: Ob wir die Werck von der Gerechtigkeit deß Glaubens gäntzlich außschliessen, unnd allein dem Glauben zumessen.

Da nun solche Reden den Papisten eingeraumbt, werde hiemit der Artickel von unser Rechtfertigung nicht allein verdunckelt, sonder endtlich der Bäpstisch verdampt Irrthumb bestetiget, daß die Leut ir seligkeit wo nicht gantz, unnd gar, doch zum theil auff ihre gutte Werck setzen, wölches keins wegs zuleiden noch nachzugeben.

Der Grund aber, damit diser Theil seine Reden sich understanden zubeweisen, ist fürnemlich auff die Sprüch H. Schrifft gesetzt, wölche von den Rechtglaubigen und zu Gott bekerten Christen gute Werck, als Früchten des Glaubens, unnd desselben Gerechtigkeit erfordern. Als nemlich, da S. Paulus geschriben: So man mit dem Munde bekennet, so würdt man selig. Nun seie die Bekanntnuß deß Namens Christi notwendig, darumb seie sie auch notwendig zur Seligkeit. Item daß S. Paulus abermals geschriben, wann ich allen Glauben hette, also das ich Berg versetzte, und hette die Liebe nicht, so were ich nichts. Item die gutte Werck haben jre Belonung in diser und zukunfftiger Welt, darumb seien sie nöttig zur Seligkeit.

Dargegen hat der ander Theil geschriben. Die gute Werck seien nicht allein nicht nötig, sonder auch schädlich zu der Seligkeit. Dann die Seligkeit seie nicht ein Werck unserer Händen, daß ist, die wir durch den Verdienst unserer Werck erlangen, sonder sie seie allein durch das Werck der Erlösung, daß ist, durch den Verdienst deß allerheiligsten und unschuldigen gehorsams Christi, erlanget und verdienet worden.

Darumb wann man von der Seligkeit disputiere, wie dieselbige uns seie verdienet worden, da soll man aller Menschen Werck, wie heilig sie immer gewesen seien, so weit hindan setzen, so weit der Himmel von der Erden ist, auff daß dem Herren Christo sein Ehr bleibe, die er keinem andern geben will, der darumb den Namen Jhesus getragen, dann sagt der Engel: Er würdt sein Volck von seinen Sünden selig machen.

Daher dann S. Paulus alle seine Gerechtigkeit für schaden unnd Dreck achtet, auf daß er Christum gewinne, und nicht in seiner eigen Gerechtigkeit, sonder in der Gerechtigkeit erfunden werde, die von Gott dem Glauben zugerechnet würdt, wölche stehet in der Gemeinschaft der Leiden, und Krafft der Aufferstehung Christi.

Darumb wann ein Mensch der Meinung gute, daß ist, von Gott bevohlene Werck thu, daß er dardurch verhoff, die Seligkeit zuerlangen, so seien solche Werck ihme zur Seligkeit schädlich, dann was Christo allein zugehöret, das lege er seinen Wercken zu, daß Sünde, unrecht, und demnach auch schädlich seie.

Hie spricht ein gemeiner Laye, wie soll ich mich in diese Spaltung richten? Dann sie führen zu beiden theilen die heilig Schrifft, Unnd ist je nöttig,. daß man die Lehr vom Glauben, und gutten Wercken zugleich, und mit einander treibe, darmit nicht ein sollicher Glaube verstanden werde, der tod unnd ohne gute Werck seie.

Dann, spricht er, es stehet, meines erachtens, eben so ein grosse gfahr auff dem vermeinten Epicurischen Glauben, der sich keins gutten Wercks befleissiget, und sich selbst nicht destminder verwenet, er wöll selig werden, alß auff dem Gleißnerischen vertrawen, auff die gutte Werck, dardurch die Gleißner verhoffen die Seligkeit zuerlangen oder zuverdienen.

Darmit nun ein einfeltiger Laye, sich wisse in disen Streit zuschicken, so nemme er abermals seinen alten einfältigen Christlichen Glauben für sich, darinnen allein, und sunst nirgendt, er sein seligkeit, wie auch sein Gerechtigkeit vor Gott, suchen muß, und sehe, Ob in demselben auch seiner gutten Werck gedacht werde. Findet er sie darinnen, so seind sie gewißlich zu seiner Seligkeit nöttig, findet er sie nicht darinnen, so seind sie auch gewißllich zur Seligkeit nicht nötig.

Aber das findestu lieber Christ, allein deines lieben Herrn und einigen Seligmachers Jhesu Christi Werck, Nämlich sein unschuldigen Gehorsam, den er dem Vatter under dem Creutz biß in Todt geleistet hat.

Diß Werck allein, allein, allein, ist dir notwendig zur Seligkeit, und ohne diß Werck kanstu nicht selig werden, unnd wann du gleich sunst der gantzen Welt gutte Werck hettest, so werden sie doch zur Seligkeit dir nichts helffen. Dann so sie ohn Glauben geschehen, seind sie vor Gott Sünde, oder geschehen sie auß dem Glauben, so seind sie doch unuolkommen, unnd verdienen derhalben die Seligkeit nicht, dieweil sie mit gnaden angesehen werden müssen, sollen sie Gott gefallen, und nicht sampt der Person verworffen werden.

Darumb so stehet in deinem Christlichen Glauben, darinnen von deiner seligkeit gehandelt würdt, gantz und gar nichts von deinem Wercke, sonder allein von dem Werck Christi, das er gelitten habe; under Pontio Pilato, gecreutziget, gestorben, begraben, abgefahren zu der Höllen, und hab dir und allen bußfertigen Sündern, darmit erlangt, vergebung der Sünden, das ist, unser Gerechtigkeit vor Gott, und das ewig Leben, das ist unser Seligkeit, diß ist ein einfaltiger Bescheide.

Möcht aber hie ein einfaltiger Laye sagen, die weil zu beiden theilen bekannt ist, daß wol allein der Glaub an Christum gerecht und selig mache, doch nicht ein todter Glaube, sonder ein sollicher Glaube, der durch die liebe thätig seie, was dann sovil daran gelegen seie, man brauche dise Reden: Gutte Werck seind nöttig zu der selgkeit, oder nicht, wann sie allein Christlich, und dermassen erkläret werde, darmit die seligkeit nicht unsern Werecke zugeschriben, und gleich wol auch nicht ein Todter Epicurischer Glaube gelehret werde.

Hierauff ist zuantworten, daß S. Paulus seinem Jünger Timotheo ernstlich aufferlegt unnd beuohlen, daß er mit fleiß halte an dem Fürbild der heilsamen Lehr, da er dann nicht allein gesunde Lehr erfordert, sonder auch gesunde Wort unnd Reden, die nicht Zanck, Streit, oder Irrthumb geberen.

Weil dann dise Wort nicht allein nirgendt in der H. Schrifft gefunden werden: Gute Werck seindt nötig zur Seligkeit, sonder sie stincken auch nach der verdampten Lehr deß Bapsttumbs, darauff die Leut durch solliche Reden leichtlich geführet werden mögen, so sollen sie in der Kirchen Gottes außgemustert werden.

Wie sie dann auch an jhn selbst nicht gut Teutsch sonder vil mehr Lateinisch oder Hebraisch Teutsch, daß ist, nicht nach art der Teutschen Sprach geredet seindt, Dann da man jm gesunden Verstand die Lehr von guten Wercken treiben, und die Leut von Sünden, bey jrer Seligkeit, abschrecken will, so soll man nicht sagen, gute Werck seindt nötig zur Seligkeit, daß auff gut Bäpstisch geredet ist, sonder also soll man auff gut Teutsch reden, unnd die Leutt von den Sünden vermög Gottes Worts abschrecken: Du bist bey deiner seligkeit schuldig, das du nicht fluchest, nicht lästerst den Namen Gottes, Gottes Wort nicht verachtetes, deine Eltern ehrest, dich nit voll sauffest, nicht tödtest, dein Ehe nicht brechest, nicht stälest, nicht liegest, und was dergleichen mehr ist, Dann so du dich mit disen Lastern besudelst, soltu wissen, daß du den Glauben, den heiligen Geist, dein ewigs leben unnd seligkeit verloren habest, und so du nicht Buß thust, und daruon abstehest, auch endtlich nicht köndest selig werden.

Und das ist gut Teutsch geredet, bedarff nicht vil glosierens, da man einen mit verlust seiner seligkeit trawet, und den Papisten, doch jren verdampten Irrthumb mit sollichen zweiffelhafftigen Reden nicht einraumet, die denselben auff dem rucken tragen.

Gleiche gestalt hat es auch mit der andern Rede, Die nicht weniger ärgerlich lauttet, unnd ein Epikurisch leben anstifften möcht, da man sagt: gute Werck seind schädlich zur seligkeit, darauß man spinnen möchte: Als solt es eim Christen ein schaden an seiner seligkeit bringen, da er sich der gutten Werck beflisse. Unnd werden auch dise Wort in S. Paulus Epistel nicht gefunden, ohn einichen Zusatz, also bloß, wie sie hie gesetzt seindt. Dann S. Paulus da er sagt: Er halte es alles für schaden, setzet er hinzu, gegen der überschwencklichen erkanntnuß meines Herrn Jhesu.

Darumb ist nichts sicherer, dann solche ärgerliche unnd gefahrliche Reden, auß der Kirchen Gottes ausgemustert, unnd bey den gesunden worten der heiligen Schrifft gebliben, und da einem ein gefährliche oder ergerliche Rede entfahren, nit mit glosen verthedigen, Sonder da sie gleich nicht so gefährlich, der vermanung Sanct Pauli geuolget, der von sich selbst schreibet, So die Speise mein Brüder ärgeret, wolt ich nimmermehr fleisch essen, auff daß ich mein Brüder nicht ärgerte, Also wann ich sehe, das man sich an einer meiner Reden ärgerte unnd ich köndte mein meinung mit ander worten darthun, wolt ich mich derselben Reden nimmermehr gebrauchen.

Dann letztlich, da man gleich sunst der sachen einig, gerhatet man in ein schädlichen Wortzanck, der wie S. Paulus zeuget, nirgend zu nutz ist, dann zuuerkeren die zuhörer, welche darab nicht gebessert sonder geergeret und verkeret werden.

Und souil auch von disem Streit, uber ettlichen Reden von gutten Wercken, wie man bescheidenlich, vorsichtig unnd nicht gfährlich oder zweiffelhafftig Reden führen, sonder bey den gesunden worten der heiligen Schrifft bleiben und mit denselben die reine Lehr treiben, die andern aber als ärgerlich unnd schädlich auß mustern soll. Auff das die Kirchen erbawen, Zanck verhüttet, unnd durch Gottes Gnad reine Lehr, ohn ärgerlichen Zanck erhalten werde. Demselben sey lob ehr unnd preise in ewigkeit, Amen.

Quelle: Heppe, Heinrich - Geschichte des deutschen Protestantismus in den Jahren 1555 - 1581

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