Schlachter, Franz Eugen - Samuel und Saul - 13. Saul empfängt die königliche Ausrüstung.

Schlachter, Franz Eugen - Samuel und Saul - 13. Saul empfängt die königliche Ausrüstung.

1. Sam. 10.

Zunächst ist hervorzuheben, dass die Salbung Sauls in der Stille vor sich gegangen ist. Bei weltlichen Königen ist die Salbung eine großartige, öffentliche Feierlichkeit; der König des Volkes Gottes wird nur unter vier Augen gesalbt. Selbst Sauls Begleiter durfte nicht zugegen sein, sondern musste vorausgehen, als Samuel das Öl über Sauls Haupt ausgoss. Im Reich Gottes geht das Größte in der Stille vor. Zumal die Salbung mit dem Heiligen Geist erlangt man nicht bei großartigen Feierlichkeiten, sondern viel eher da, wo das stille, sanfte Säuseln zu vernehmen ist. Da heißt es vor allen Dingen, wie Samuel zu Saul sagt: „Du aber stehe jetzt still, dass ich dir kund tun kann, was Gott gesagt hat.“ Dies ist ein sehr beachtenswerter Rat für solche, welche die Salbung empfangen möchten, dass sie müssen still stehen. Wer immer nur eilen will und von einem Ort zum andern springt, ohne je recht zu hören, was Gott gesagt und ihm zu sagen hat, der bekommt nichts. So viele haben leider keine Zeit zu warten, bis das heilige Öl über sie kommt, oder die himmlische Taube sich auf sie niederlässt. Darum erlangen sie auch die Salbung nie, denn die Salbung ist eine Befestigung und Versicherung, und das Herz wird nicht befestigt, so lange es von mancherlei Lehren umgetrieben wird, nur wenn es hört, was Gott ihm zu sagen hat. Es war auch noch ein anderer Grund, warum Saul die Salbung in der Stille erhielt; es sollte vorerst verborgen bleiben, dass er zum König verordnet sei, bis die Zeit kam, wo er als solcher hervortreten sollte vor das Volk Israel. Sein Begleiter erfuhr darum nichts davon, und als er bei der Heimkehr seinen Vetter traf, sagte ihm Saul nichts vom Königtum, V. 16. Daraus lernen wir, dass die Salbung ein Geheimnis ist, das nicht an die große Glocke gehört, das aber seinerzeit schon an den Tag kommen wird. Einige haben nichts eiligeres zu tun, als, sobald sie nur die Salbung empfangen zu haben glauben, dies aller Welt zu verkündigen, ja, wer's nicht tut, der wird von ihnen angesehen, als habe er überhaupt die Salbung nicht. Hier kann man sehen, was von dieser Großtuerei mit erhaltenen Gnadengaben zu halten ist. Saul wenigstens behält die Erfahrung für sich.

Und doch ist diese Salbung das, was ihn eigentlich zum König macht, wie Samuel zu ihm sagt: „Hat dich (damit) der HErr nicht zum Fürsten über Sein Erbteil gesalbt?“ Wenn bei der später stattfindenden Volksversammlung das Los ihn als König bezeichnet, so wird er nicht erst durch dieses zum König gemacht, sondern nur dem Volk als solcher dargestellt, der bereits vom HErrn dazu erwählt worden ist (V. 24), und auch die freudige Anerkennung des Volkes macht ihn nicht erst dazu; er ist es von dem Augenblicke an, wo er die Salbung in der Stille empfangen hat. Man kann also durch die Salbung König geworden sein, ohne doch schon anerkannt zu sein als solcher oder gar das Königreich schon zu besitzen. In diesem Sinn werden auch die Kinder Gottes jetzt schon Könige genannt, wo noch nicht erschienen ist, was sie sein werden.

Aber Zeichen davon erhalten wir schon jetzt, was wir durch die Gnade des HErrn geworden sind. Von Samuel werden dem Saul vier verschiedene Zeichen angegeben, an denen er seine Berufung und die Echtheit seiner Salbung zum König erkennen soll, V.2-7. Das erste ist, dass ihm seine Sorge um die Eselinnen des Vaters abgenommen wird, das zweite, die Begrüßung, die ihm von drei unbekannten Männern widerfährt, das dritte, dass er unter eine Schar Propheten kommt, und das vierte, dass er in einen andern Mann verwandelt wird.

Wenn uns auch der HErr heute noch nicht alles gibt, was er uns verheißen hat und uns nicht gleich schon die Krone aufsetzt, nachdem er uns gesalbt hat, so dürfen wir doch erfahren, dass er uns schon jetzt Zeichen Seiner Gnade gibt und Pfänder des Erbteils, zu dessen Eigentümern ER uns machen will. Und da sind es denn vor allem unsere nächstliegenden Verhältnisse, die ER ordnen und unsere häuslichen Sorgen, die ER uns abnehmen will. Es ist ja freilich groß genug, dass Saul ein Königreich gefunden hat, so dass er darüber die Sorge um seines Vaters Eselinnen wohl vergessen kann. Aber ist es nicht noch schöner, zu sehen, dass der Gott, welcher ihm ein Königreich geschenkt hat, auch der Eselinnen nicht vergisst? Ja, es wird hier durch die Wahrheit illustriert, dass denen, die nach dem Reich Gottes trachten, auch das Übrige zufallen soll. Denn wirklich, dem Jüngling, der soeben zum König gesalbt worden ist, begegnen nun zwei Männer, die ihm sagen: „Die Eselinnen sind gefunden, die du zu suchen gegangen bist!“ Hieraus geht hervor, dass über der Beschäftigung mit dem Reich Gottes das Irdische keineswegs vernachlässigt wird, aber auch nicht vergessen werden soll. Saul soll nicht denken, weil er nun zum König gesalbt worden sei, so gehen ihn die Eselinnen seines Vaters nichts mehr an. Jetzt soll er es erst recht beweisen, dass er ein guter Sohn seines Vaters ist. Wenn er darum hört von jenen zwei Männern, dass bei seinem Vater die Besorgnis um seinen Sohn an die Stelle der Sorge um die Eselinnen getreten ist, so soll er jetzt eilen, dass er nach Hause kommt und dadurch des Vater Klage: „Was soll ich um meinen Sohn tun?“ zum Schweigen bringt. Freilich, wenn der Vater wüsste, was unterdessen aus seinem Sohn geworden ist, so würde er ja nicht klagen, sondern fröhlich und dankbar sein. Ach, wie oft kümmern sich Eltern so wie der alte Kis um ihre Kinder, sie meinen, sie seien verloren, während unterdessen die Kinder den HErrn gefunden haben und Sein Reich! Es geht ihnen eben auch wie dem Vater Sauls, sie wissen selbst noch nichts von dem Königreich, das ihren Kindern zuteil geworden ist, und meinen deshalb, es wäre besser, der Sohn käme mit den Eselinnen zurück, als dass er beim Propheten bleibt. Die Eselinnen im Stall sind in ihren Augen mehr wert als das Salböl Gottes auf dem Haupt. Doch der alte Kis soll erfahren, dass es noch etwas Besseres als Eselinnen gibt, darum sendet ihm der Prophet seinen Sohn wieder zurück.

Das zweite Zeichen seiner göttlichen Berufung sollte Dieses sein, dass zwei Männer, die er bei der Eiche Thabor antreffen würde, ihn begrüßen und ihm zwei Brote geben. Diese Brote sollte er annehmen von ihrer Hand als ein göttliches Geschenk. Denn die Männer sind auf dem Weg nach Bethel, um ihre Gaben, drei Brötlein, drei Brote und einen Schlauch Wein, Gott darzubringen. Von diesen gottgeweihten Gaben sollte Saul etwas erhalten, es war also eine Gabe, die er von Gott erhielt, ein Angeld von Größerem, was ihm der HErr noch geben wollte. Zwei Brote sind nun zwar wenig im Vergleich zu einem ganzen Königreich, aber als eine göttliche Gunstbezeugung sind sie etwas wert. Wir müssen nicht meinen, nur große Gaben kommen von Gott, auch die kleinen sind von Ihm, und wenn ER uns zur rechten Zeit zwei Brote schickt, so freuen wir uns königlich darüber und danken Ihm dafür. Die Brote kamen aber für Saul und seinen Begleiter jedenfalls zur rechten Zeit, denn schon tags zuvor war ja das Brot dahin aus ihrem Sack, Kap. 9,7. Das ist gerade der echte, königliche Sinn, der einem Kind Gottes geziemt, dass es in einem freundlichen Gruß und in einem Stück Brot den Beweis der Güte Gottes sieht, weil alle gute und alle vollkommene Gabe von oben kommt, von dem Vater des Lichte. Kann uns der HErr auch gebrauchen, wie jene Männer, dass wir hie und da durch eine, wenn auch nur kleine Gabe einem Kind Gottes ein Zeichen von der Güte seines Vaters überbringen dürfen?

Gott schreitet aber gerne vom geringeren zum größeren fort, und nachdem ER darum Seinem Gesalbten zwei Brote gegeben hat, schenkt ER ihm gleich darauf Seinen Geist. Dies geschieht, während Saul unter eine Schar gottbegeisterter Leute kommt, welche lobsingend und weissagend ihm begegnen. Dass er unter solche Leute geriet, sollte ihm ebenfalls ein Zeichen der Echtheit seiner Berufung sein. Wir müssen es demnach als eine große Gnade betrachten, wenn wir in die Gemeinschaft gottbegeisterter Leute geraten, umso mehr, als der Geist, der sie erfüllt, auch über uns kommen kann. In weltlicher Gesellschaft, wo der Weltgeist die Posaune bläst und der Weingeist die Zunge löst, da kommt auch der Weltgeist über einen Menschen; in Versammlungen aber und Vereinen, wo Gottes Geist regiert, da soll es geschehen, dass auch unser Herz vom Geist Gottes ergriffen wird.

Nur darf es nicht dabei bleiben, dass dieser Geist uns bloß vorübergehend erfasst; es handelt sich darum, dass, wer von ihm erfasst worden ist, auch wie Saul in einen andern Menschen verwandelt wird. Und dies sollte das vierte, das größte und bedeutungsvollste Zeichen sein, das ihm gegeben ward: seines Herzens Umwandlung.

Saul bedurfte, um ein König zu werden, einer Herzensumwandlung. Ein König muss ein weitere Herz haben als ein Bauernsohn. Von Salomo heißt es, „er hatte ein weites Berz, wie der Sand am Meer“, und gewiss muss in dem Herzen eines Königs mehr Platz haben als in dem Herzen eines Jünglings, der bisher nur seines Vaters Acker bearbeitet hat. Er darf keinen beschränkten Gesichtskreis haben, der nur die Interessen seines eigenen Vaterhauses kennt; sein Blick muss hinausgehen auf sein ganzes Land und Volk, dessen Wohl ihm am Herzen liegen soll. Wenn daher Saul aus einem Bauernsohn ein König werden sollte, so bedurfte er einer Herzenserweiterung. Gott gab Salomo ein weises Herz, als er König ward, dies wird auch bei Saul in der Umwandlung des Herzens inbegriffen gewesen sein. Ein König Israels musste aber auch ein gehorsames Herz haben, denn er sollte nicht tun, was er wollte, sondern was der HErr ihm befehlen würde.

Da auch uns ein Reich verheißen ist, so bedürfen auch wir einer Herzensumwandlung, und Jesus erklärt des Bestimmtesten, dass niemand ins Reich Gottes eingehen kann, der nicht von neuem geboren ist. In dem Maß aber als dieses Reich von einer höheren Ordnung ist als das, zu welchem Saul berufen war, muss auch die Umwandlung des Herzens, die wir erfahren sollen, von einer höheren Ordnung sein.

Saul musste ein Herz haben, das geschickt war für ein irdisches Königreich, unser Herz aber muss geschickt sein für das Himmelreich. Wenn nun schon Saul für seinen irdischen Reichgottesberuf der Umwandlung des Herzens durch den Heiligen Geist bedurfte, wieviel mehr bedürfen wir der Geburt aus dem Geist. Auch wir bedürfen wie er einen königlichen Geist, der uns über die irdische Gesinnung hinweghebt und uns Interesse für das Reich Gottes gibt. Ein Reichsgenosse Gottes soll nicht einen beschränkten Gesichtskreis haben, sondern ein weites Herz für alles, was das Reich Gottes betrifft. Sehen wir zu, dass der Sinn für das Reich Gottes in unsern Herzen nicht vom irdischen Sinn überwuchert wird. Wir sollen aber auch nicht nur ein Herz haben für die nächstliegenden Interessen, sondern für das ganze Gottesreich. Treten wir aus der Beschränktheit heraus, wo wir nur an unser eigenes Heil denken, erweitern wir unsern Gesichtskreis, beten und arbeiten wir dafür, dass das Reich Gottes auch an andere Orte kommt. Sektengeist, wo man nur an die Erweiterung der eigenen Gemeinschaft denkt, ist kein königlicher Geist.

Saul war für ein zeitliches Königreich berufen, wir sind für ein ewige bestimmt. Demnach konnte bei ihm die Herzensumwandlung eine vorübergehende sein, bei uns aber muss sie einen bleibenden Herzenszustand schaffen, sonst erlangen wir das ewige Reich unsers Herrn Jesu Christi nicht. Bei Saul hielt leider die Herzensumwandlung nicht lange Stand. Sein Beispiel zeigt uns, dass es Bekehrungen gibt, die nur auf eine gewisse Zeit, aber nicht auf die Ewigkeit erfolgt sind. Solche Bekehrungen sind aber keine wahre Wiedergeburt. Was vom Geist geboren ist, das ist Geist und das hat Bestand, denn der HErr sagt, dass, wer an Ihn glaubt, das ewige Leben hat. Wahrhaft wiedergeborene Menschen bleiben in Ewigkeit. Die Umwandlung des Herzens, wie Saul sie erfahren hat, war eben noch nicht die Wiedergeburt. Es war eine göttliche Wirkung und Begabung, aus der größeres hätte folgen können, wenn Saul treu gewesen wäre mit dem anvertrauten Gut, aber das war er leider, wie wir aus seiner späteren Geschichte wissen, nicht, und deshalb verlor er auch das wieder, was der HErr ihm gegeben hatte. Er war wohl für ein zeitliches Königreich geschickt, nicht aber für das ewige, wie es nach ihm David geworden ist. Nun sind wir aber für ein ewiges Reich bestimmt, sollten wir da ohne Herzensumwandlung hineinkommen können, wenn Saul das zeitliche nicht ohne dasselbe erhielt? Und muss nicht unser Herzenszustand entsprechend dauerhafter sein, je dauerhafter das Reich sein soll, das uns verheißen ist? Darum, dieweil wir empfangen ein unbeweglich Reich, haben wir Gnade nötig, durch welche wir sollen Gott dienen, Ihm zu gefallen mit Zucht und Furcht, Hebr. 12,28.

Sofern das göttliche Wirken in Betracht kommt, kam die Herzensumwandlung, die Saul erfahren hat, einer echten Bekehrung gleich. Mit dem Ausdruck: „Gott verwandelte ihm sein Herz in ein anderes,“ kann unmöglich bloß die amtliche Ausrüstung für seinen Beruf gemeint sein, die ihm Gott verlieh, es muss darunter eine sittliche Umwandlung des Herzen, eine Art Wiedergeburt zu verstehen sein. Wenigstens ist damit gesagt, dass Gott seinem Herzen eine andere Richtung gab, und dass er etwas erhielt, was er bisher nicht besaß. die Begabung mit dem Heiligen Geist. Wäre Saul in dieser ihm von Gott gegebenen Richtung fortgeschritten, so hätte der HErr sein Königtum auf ewig bestätigt, Kap. 13,13, er hätte also einen unverlierbaren Gnadenstand erlangt. Das aber geschah nicht, weil Saul ungehorsam ward und die göttliche Direktion verließ, weshalb der Geist des HErrn endlich auch wieder von ihm wich und das Königtum ihm verloren ging. Die Bekehrung ist also insoweit Gottes Wert, als der Herr, der die Herzen der Menschen lenkt wie Wasserbäche, denselben die neu einzuschlagende Richtung gibt, aber nur wenn der Mensch dieser vom HErrn ihm gegebenen Richtung treu bleibt und dieselbe bis in den Tod hinein verfolgt, erlangt er das ewige Königreich. „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben,“ spricht der HErr. Das Herz des Menschen ist keine Uhr, die nur aufgezogen zu werden braucht, um dann ohne weitere nach einem mechanischen Gesetz in der Richtung weiter zu gehen, die man ihr gegeben hat, sondern der Mensch kann vermöge seiner freien Selbstbestimmung den Weg entweder gehen oder verlassen, auf den Gott sein Herz gerichtet hat. Ohne Herzensumwandlung ist es dem natürlichen Menschen unmöglich in das Reich Gottes einzugehen, weil er die demselben entgegengesetzte Richtung eingeschlagen hat, die Herzensumwandlung dagegen macht es ihm möglich, einzugehen in das ewige Reich, sie macht es aber nicht unmöglich, dass er dennoch den Eingang in dieses Reich versäumen und also verloren gehen kann. Das Herz kann eben die Richtung wieder verlassen, die es bei seiner Bekehrung erhalten hat. Wozu würden sonst Bekehrte ermahnt, dass sie die Verheißung, einzugehen zu der Ruhe des Volkes Gottes nicht versäumen möchten und ihrer keiner dahinten bleibe? Hebr. 4,1. Und warum ermahnt Petrus diejenigen, welchen die göttliche Kraft alles geschenkt hat, was zum Leben und zur Gottseligkeit nötig ist, dafür zu sorgen, dass ihnen reichlich dargereicht werde der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn Jesu Christi? Wenn sie mit Naturnotwendigkeit hineinkommen müssten, so würde diese ernstliche Ermahnung überflüssig sein; stehe 2. Petri 1,3-11.

Was uns übrigens von Saul aus der Zeit seiner Herzengumwandlung berichtet wird, das beweist, dass der Anfang, der dadurch gemacht wurde, ein guter war.

Die gemachte Erfahrung führte eine sichtbare Veränderung in einem ganzen Wesen herbei. „Er war von dem Augenblick an ein anderer Mann“, da der Geist des Herrn über ihn kam. Dies fühlte nicht nur er selbst, sondern eine bisherigen Bekannten nahmen es an ihm wahr und verwunderten sich über die merkwürdige Veränderung. Sie sprachen alle zu einander: „Was ist dem Sohne Kis widerfahren? Ist Saul auch unter den Propheten“ So auffallend war dieses Ereignis, dass dieser verwunderte Ausruf hernachmals zur sprichwörtlichen Redensart in Israel geworden ist. Es geht daraus hervor, dass Saul vordem nichts weniger als ein Prophet gewesen sein muss. Der junge, hübsche, vielleicht zuvor wegen seiner überlegenen Körperkraft unter den Altersgenossen ziemlich gefürchtete Mann war durch den Geist des HErrn umgewandelt in ein Lamm, an dem die Demut ein hervorstechender Charakterzug wurde, wenigstens für die nächste Zeit. Denn, als hernach Samuel ihn auf der Volksversammlung zu Mizpa dem Volk vorstellen wollte, fand man den Mann nirgends, der eines Haupts länger war als alles Volk; - er hatte sich aus Bescheidenheit hinter das Gerät versteckt. Und auch als man ihn da hervorholte und alles Volk bei seinem Anblick in ein lautes Jubelgeschrei ausbrach und rief: „Es lebe der König!“ machte ihn das nicht stolz; vielmehr heißt es, dass seine Demut sich noch am selben Tag bei einer weiteren Gelegenheit offenbarte. Als nämlich etliche nichtsnutzige Leute über ihn die Achsel zuckten und verächtlich sprachen: „Was sollte uns der helfen“ ihm auch keine Geschenke brachten,- da tat Saul, als hörte er es nicht. Dieser schöne Zug ist gewiss ein Beweis, dass er den Geist der Weisheit und der Sanftmut besaß, sonst wäre er über dieses Benehmen als über eine Majestätsbeleidigung aufgebraust. Das ist in der Tat ein Zeichen eines umgewandelten Herzens, wenn man zugefügte Beleidigungen aufnimmt, als hörte man sie nicht. Empfindlichkeit ist keine Geistesfrucht, wohl aber die Sanftmut, welche auch bittere Worte, ohne erbittert zu werden, ertragen kann.

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