Oehninger, Friedrich - Wahrheiten für unsere Tage - Die Vorbilder des Alten Testamentes

Oehninger, Friedrich - Wahrheiten für unsere Tage - Die Vorbilder des Alten Testamentes

Das Gesetz ist, wie besonders der Hebräerbrief zeigt, ein Schatten der künftigen Güter. Darum darf es nicht befremden, sondern dient zur höchsten Erbauung, zu sehen, wie überall im Gesetz und Gottesdienst Israels die geistlichen Geheimnisse Christi und seines Reiches vorgebildet sind. Die Wanderung Israels durch die Wüste mit ihren Lagerstätten und mannigfachen Erfahrungen ist nach 1. Kor. 10,11 geschehen zum Vorbild für uns, die wir als Glieder der Gemeinde des Herrn einem Ziel der Verheißung entgegengehen. Besonders ist die Stiftshütte ein Abbild des ewigen geistlichen Hauses, das Christus, der Sohn, aus lebendigen Steinen baut. Sie wurde von Mose gemacht, nicht nach eigenen Gedanken, sondern nach dem Modell, das ihm Gott auf dem Berg zeigte (vgl. 2. Mose 25,40; 4. Mose 16,28). Darum ist es begreiflich, dass so vielmal und so umständlich der Bau und die Einrichtung der Stiftshütte samt allen Geräten und Opfern berichtet wird und dieser Bericht einen so großen Teil der fünf Bücher Mosis einnimmt; es hat ja alles eine weitergehende geistige und ewige Bedeutung und soll das ganze Gesetz in Erfüllung gehen, in der geistlichen Wirklichkeit des neuen Bundes (vgl. Mat. 5,17-19). Es ist ein Zeichen eines kleinen Lehrers des Himmelreiches, dem Alten Testament und dem Gesetz Mosis diese fortdauernde, wenn auch geistlich zu erfüllende Geltung abzusprechen und somit aufzulösen. - Wenn wir auch noch nicht alles verstehen, wie denn das Verständnis nur mit der fortschreitenden Erfüllung fortschreitet, - so ergeben sich so doch dem forschenden und um Licht bittenden Sinn zahlreiche merkwürdige Beziehungen und Parallelen zwischen dem alttestamentlichen Gesetz und den Lehren und Tatsachen des Neuen Testamentes. Freilich nicht dem die Schrift meisternden und kritisierenden Menschenverstand ist die Erleuchtung des Heiligen Geistes über diese Dinge verheißen, sondern denen, die Gottes Ehre suchen und demütig und in reinem Wandel geistliches Licht von oben suchen. Das waren die „reinen Tiere“ im Gesetz, die ihre Klauen spalteten und Wiederkäuer waren; diese sind geschickt zum Verständnis und Dienst des Reiches Gottes, die in der doppelten Liebe zu Gott und den Nächsten wandeln und Tag für Tag Gottes Wort wiederkäuen, die da sinnen über sein Gesetz Tag und Nacht. Sie werden auch geschickt werden, wahres Räuchwerk darzubringen, Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung, an jenem heiligen Lobopfer Teil zu nehmen, das durch jene vierfache Mischung des Räuchwerks (Balsam, Räucherklaue, Galbanum, Weihrauch) im Gesetz vorgebildet worden ist und bei Todesstrafe nicht Menschen zu Ehren gemacht werden durfte. „Dem Herrn heilig“ das war die Signatur des ganzen Gesetzes und ist es noch.

„Glaubst du, o König Agrippa, den Propheten?“ Mit dieser Frage wandte sich der Apostel an einen fürstlichen Hörer im Amtshause zu Cäsarea und gab ihm zu verstehen, wenn er im Ernst an die Propheten glaube, so sei er damit auf dem Weg, an Christus Jesus gläubig zu werden, von welchem alle Propheten voraus geweissagt hätten (Apg. 26). Wie Christus der Schlüssel des Alten Testamentes ist, dessen Religion ohne Ihn eine große Frage ohne Antwort, ein Weg ohne Ziel und Ende, etwas Halbes wäre, so geht uns umgekehrt erst im Lichte der Jahrtausende alten messianischen Weissagung die volle Erkenntnis Christi auf, als des von Gott gesandten und zuvor bestimmten Erlösers der Welt und Seines ewigen Reiches. - Daher die beständige Beziehung des Neuen Testamentes auf das alte. Jesus ist, der da kommen sollte, und die eines andern warten, sind alle bis heute zu Schanden geworden. Was bis jetzt von der messianischen Prophetie in Jesu erfüllt ist, ist uns ein Unterpfand, dass auch das noch Ausstehende sich erfüllen wird. „Wenn es kommt, was kommen soll, so werden sie erkennen, dass ein Prophet unter ihnen gewesen ist“ (Ezech. 33, 33).

Es gibt auch widerwillige Propheten, die ihrer Person nach von Gott abgewandt sind, die aber gleichwohl dem höheren Genius folgen, der sie inspiriert, und über ihr Wissen und Wollen hinaus göttliche Wahrheiten aussprechen müssen. Hiervon ist Bileam ein Beispiel (vgl. 4. Mose 22-24). Und auch religiös indifferente Menschen kann der Geist ergreifen, der voraus durch die Zeiten schaut, das Innere und Verborgen offenbart und sich dadurch als den Geist des Schöpfers beweist; denn Er teilt einem Jeden zu, nachdem Er will. Goethe und Schiller waren so zu sagen Naturpropheten. Ein merkwürdiges Beispiel von ganz bestimmter ausführlicher Prophezeiung der kommenden französischen Revolution erzählt der Schweizer La Harpe, Lehrer der Philosophie zu Paris, vor und während jener Revolution in seinen nachgelassenen Schriften. (Siehe Winzer, die drei ersten Jahrhunderte der Christen. 1853. S. 56 ff.).

„Jede biblische Geschichte ist eine Weissagung, die durch alle Jahrhunderte und in der Seele jedes Menschen erfüllt wird“ schrieb seinerzeit Hamann. Diese Geschichte Israels ist um so eindrücklicher, als sie nicht nur in schriftlichen Urkunden vorliegt, sondern allen Völkern in Erinnerung gebracht wird durch ein unter sie zerstreutes und verworfenes Volk, die Israeliten selbst. Ihr Dasein vor unsern Augen ist eine tatsächliche Antwort auf die Frage, welche unwillkürlich im Blick auf die merkwürdigen Schicksale dieses Volkes sich von selbst erhebt und schon zum Voraus in den Schriften desselben vorausgesagt worden ist. In 2. Chronik. 7,21.22 lesen wir: „So erhaben dieses Haus ist, so wird doch einst Jeder, der an ihm vorübergeht, sich entsetzen und sagen: Warum hat denn Jehova so getan diesem Land und diesem Haus? Und man wird sagen: Weil sie verließen Jehova, den Gott ihrer Väter, der sie ausgeführt aus dem Lande Ägypten, und weil sie an andere Götter sich hingen und ihnen dienten, darum hat Er all dies Unglück über sie gebracht.“

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