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Spurgeon, Charles Haddon - Der Hohepriester steht zwischen den Toten und Lebendigen.

„Und Aaron nahm, wie ihm Mose gesagt hatte, und lief mitten unter die Gemeine (und siehe, die Plage war angegangen unter dem Volk) und räucherte und versöhnte das Volk. Und stand zwischen den Toten und Lebendigen. Da ward der Plage gewehret.„

4 Mose 17, 12.13.

Wir haben aufmerksam die Stelle gelesen, welche den Bericht über diesen Vorfall enthält. Die Autorität Mose und Aarons war von einem ehrgeizigen Mann bestritten worden, der zu einem älteren Zweig der Familie Levis gehörte und schlau einige aufrührerische Geister aus dem Stamm Ruben an sich gezogen hatte, die selbst auch Macht zu erlangen suchten, weil sie durch Ruben, den Erstgeborenen, Rechte zu haben vermeinen. Durch ein außergewöhnliches Gericht vom Himmel hatte Gott bewiesen, dass Empörung gegen Mose eine Tod bringende Sünde sei. Er hatte der Erde geboten, ihren Mund aufzutun und alle zu verschlingen, und beide, Leviten und Rubeniten, waren verschwunden und in einem lebendigen Grabe bedeckt worden. Man hätte denken sollen, dass von dieser Zeit an das Murren der Kinder Israel aufgehört hätte oder dass wenigstens, wenn sie vermessen genug wären, sich in kleinen, aufrührerischen Haufen zu versammeln, ihr empörerischer Sinn doch nicht eine solche Höhe erreichen würde, dass er sich in der ganzen Gemeine offen vor des Herrn Stiftshütte zeigte. Doch war es so. Am nächsten Morgen nach diesem ernsten Ereignis versammelte sich das ganze Volk Israel, umgab mit unheiligem Geschrei Mose und Aaron und beschuldigte sie, des Herrn Volk getötet zu haben. Ohne Zweifel gründeten sie diese Anklage auf die Tatsache, dass Gott immer Mose erhörte, wenn er betete; sie sagten: „Hätte er bei dieser Gelegenheit gebetet, so würden die Leute nicht getötet sein; die Erde hätte nicht ihren Mund aufgetan und sie nicht verschlungen.“ So werden sie versucht haben, die Anklage zu beweisen, die sie gegen diese zwei großen Männer Gottes vorbrachten. Könnt ihr euch jetzt den Auftritt im Geiste vorstellen? Da ist die wütende Volksmasse; der Anblick einer solchen Menge, wie ich sie in diesem Gebäude vor mir sehe, ist überwältigend, und wäre diese ganze Masse in Aufruhr gegen zwei Männer, so möchten diese beiden genug Ursache zum Zittern haben; aber dies würde nur wie ein Sandkorn sein im Vergleich mit jener ungeheuren Anzahl, die dort versammelt war. Ein bedeutender Teil jener drei Millionen war in einem großen, tumultarischen Heer heraufgekommen; was ein Führer dieses Pöbels vorgeschlagen hätte, wäre ohne Zweifel augenblicklich ausgeführt worden, und wäre nicht die furchtbare Majestät gewesen, welche die Person des Mose umgab, so hätten sie ihn unzweifelhaft auf der Stelle in Stücke zerrissen. Aber gerade als sie heranrauschen gleich den Wellen des Meeres, da lässt sich die Wolkensäule, welche über der Stiftshütte hing, herab und hüllt in ihre Falten wie mit einer schützenden Taufe den ganzen heiligen Ort ein. Dann strahlt aus der Mitte dieser Wolke jenes wunderbare Licht, was die Schechinah genannt wurde, das Zeichen der Gegenwart von Ihm, der nicht gesehen werden kann, aber dessen Herrlichkeit sich zu offenbaren vermag. Das Volk steht ein wenig zurück; Mose und Aaron fallen auf ihr Angesicht im Gebet; sie bitten Gott, das Volk zu verschonen, denn sie haben eine Stimme aus der Herrlichkeit kommen hören, die sprach: „Hebet euch aus dieser Gemeine; ich will sie plötzlich vertilgen.„ Diesmal geht Gottes Schlag zugleich mit seinem Worte aus, denn der Würgengel beginnt die äußeren Reihen des großen, aufrührerischen Heeres niederzumähen, sie fallen einer über den andren hin; Mose mit seinem unverdunkelten Auge kann sie, indem er über die Häupter der Menge dahin blickt, unter der Sichel des Todes fallen sehen. „Auf,“ spricht er, „auf, Aaron, auf, und nimm dein Rauchfass mit dir, ergreife Feuer vom heiligen Altar und laufe unter das Volk, denn die Plage hat begonnen.„ Aaron, ein Mann von hundert Jahren, füllt sein Rauchfass, läuft dahin, als wäre er ein Jüngling, und fängt an, es mit heiliger Energie gen Himmel zu schwingen, in dem Gefühl, dass in seiner Hand das Leben des Volks sei; und als das Räucherwerk im Himmel angenommen ist, hält der Tod mit seinem Werk inne. Auf dieser Seite sind Haufen auf Haufen Leichname der von dem Racheengel Gottes Erschlagenen; und dort steht die Menge Lebendiger, die nur durch Aarons Fürbitte leben; die nur leben, weil er für sie das Rauchfass schwang und für sie das Räucherwerk brannte; sonst, wenn der Engel sie alle erschlagen, hätten sie alle zusammen gelegen, wie die Blätter des Waldes im Herbste liegen — tot und dürre.

Ich denke, ihr könnt euch jetzt den Auftritt im Geiste vorstellen. Ich wünsche dies Bild als ein großes, geistliches Vorbild zu gebrauchen von dem, was der Herr Jesus Christus für jene irrende Menge der Menschenkinder getan, die alle „in der Irre gingen wie Schafe, und ein jeglicher sahe auf seinen Weg.“

Wir werden Aaron heute morgen in einer fünffachen Gestalt betrachten. Der ganze Auftritt ist vorbildlich; und Aaron ist, wie er uns in jeder Gestalt erscheint, ein herrliches Bild des Herrn Jesu.

I.

Zuerst lasst uns auf Aaron blicken als den Liebhaber des Volkes. Ihr wisst, wer es ist, dem wir den Namen geben „Liebhaber meiner Seele.„ Ihr werdet in Aaron den Liebhaber Israels sehen können; in Jesu den Liebhaber seines Volkes.

Aaron verdient hoch gepriesen zu werden für seine patriotische Liebe zu einem Volk, welches das halsstarrigste und aufrührerischste war, das je dem Herzen eines guten Mannes Kummer verursachte. Ihr müsst daran denken, dass er in diesem Fall der gekränkte Teil war. Das Geschrei ward gegen Mose und Aaron erhoben, doch waren es Mose und Aaron, die für das Volk eintraten und es retteten. Sie waren die Beleidigten, dennoch waren sie die Rettenden. Aaron war besonders bei der Sache beteiligt, denn namentlich der Kampf des Korah war mehr gegen das Priestertum, das ausschließlich Aaron zukam, als gegen das prophetische Amt, das Gott dem Mose verliehen hatte. Aaron muss gefühlt haben, als er Korah und die zweihundertundfünfzig Männer, alle mit ihren Rauchpfannen, vor sich sah, dass der Aufruhr gegen ihn war; dass sie wünschten, ihn seiner Mitra zu berauben, seinen gestickten Leibrock ihm zu nehmen und die glänzenden Steine, die auf seiner Brust leuchteten; dass sie wünschten, ihn in die Stellung eines gewöhnlichen Leviten herabzudrücken und sein Amt und seine Würde an sich zu bringen. Doch sich selbst vergessend, sagt er nicht: „Lass sie sterben; ich will ein wenig warten, bis sie genugsam geschlagen sind.“ Nein, mit großmütiger Liebe eilt der alte Mann in die Mitte des Volks, obgleich er selbst der Gekränkte war. Ist dies nicht so recht ein Bild unsres teuren Herrn Jesu? Hatte die Sünde Ihm nicht Unehre angetan? War Er nicht der ewige Gott, und verschwor sich die Sünde deshalb nicht ebensowohl gegen Ihn als gegen den ewigen Vater und den Heiligen Geist? War Er nicht, sage ich, der eine, wider den die Völker der Erde aufstanden und sprachen: „Lasset uns zerreißen seine Bande und von uns werfen seine Seile?„ Doch legt Er, unser Jesus, alle Rachegedanken beiseite und wird der Heiland seines Volkes.

„Er nimmt auf sich Schmach, Hohn und Spott.
Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod
Und spricht: „Ich wills gern leiden.“

O! großmütiger Christus, der Du die Beleidigungen vergissest, die wir Dir angetan und durch Dein eigenes Blut die Sünden sühnst, die wir gegen Deine eigne Ehre begangen haben!

Nun beachtet ferner, dass Aaron, da er so als Befreier und Liebhaber seines Volkes auftrat, sich erinnert haben muss, dass dieses selbe Volk ihn verabscheute. Sie suchten sein Blut; sie wollten ihn und Mose töten, und doch ohne an Gefahr zu denken, ergreift er sein Rauchfass und läuft in ihre Mitte mit einer göttlichen Begeisterung im Herzen. Er hätte zurücktreten und sagen können: „Nein, sie werden mich erschlagen, wenn ich in ihre Reihen gehe; wütend wie sie sind, werden sie mir diese neuen Todesfälle schuld geben und mich umbringen.„ Aber er erwägt dies gar nicht. In die Mitte ihres Haufens springt er kühn. Jesus, Du hättest nicht nur so denken können, sondern Du fühltest in der Tat, dass es so sei. Du kamst in Dein Eigentum, und die Deinen nahmen Dich nicht auf. Du kamst in die Welt, ein Geschlecht zu retten, das Dich hasste, und o, wie bewiesen sie ihren Hass gegen Dich, denn sie spieen Dir ins Gesicht; sie warfen Verleumdungen und falsche Anklagen auf Dich; sie nahmen den Erben, und sprachen: „Kommt, lasst uns Ihn töten und sein Erbgut an uns bringen.“ Jesus, Du warst willig, als Märtyrer zu sterben, um ein Opfer für die zu sein, von denen Dein Blut vergossen wurde. Jesus übertrifft Aaron; Aaron hätte den Tod von der Hand des Volkes fürchten können; Jesus Christus erlitt ihn wirklich und stand da, selbst in der Stunde des Todes, schwang sein Rauchfass, wehrte der Plage und schied die Lebendigen von den Toten.

Ferner werdet ihr die Liebe und Freundlichkeit Aarons sehen, wenn ihr noch einmal hinblickt; Aaron hätte sagen können: „Aber der Herr wird mich gewiss auch mit dem Volk vertilgen; wenn ich dahin gehe, wo die Pfeile des Todes fliegen, werden sie mich erreichen.„ Er denkt gar nicht daran; er stellt sich in den Vordergrund dem Verderben gegenüber. Dort kommt der Todesengel, der alles vor sich niederwirft, und hier steht Aaron gerade in seinem Pfade, als wollte er sagen: „Weiche zurück! weiche zurück! Ich will meinen Weihrauch dir ins Angesicht schwingen; Vertilger der Menschen, du kannst an dem Rauchfass von Gottes Hohepriester nicht vorüberkommen.“ O, Du glorreicher Hohepriester unsres Bekenntnisses, Du hättest das, was Aaron zurückgeschreckt haben könnte, nicht nur fürchten mögen, sondern Du erduldetest wirklich die Plage Gottes, denn als Du zu dem Volk kamst, es vor Jehovahs Zorn zu retten, da fiel Jehovahs Zorn auf Dich. Du warst von Deinem Vater verlassen. Die Plage, welche Jesus von uns abhielt, traf Ihn: „Der Herr warf unser aller Missetat auf Ihn.„ Die Schafe gingen frei aus, aber „sein Blut und Leben zahlt der Hirte, für seine Herd' das Lösegeld.“

O, Du Liebhaber Deiner Gemeinde, unsterbliche Ehre sei Dir, Aaron verdient Liebe von den Stämmen Israels, weil er in den Riß trat und sich um ihrer Sünde willen der Gefahr aussetzte; aber Du, mächtiger Heiland, Du sollst ewige Lieder haben, weil Du, Dich selbst vergessend, blutetest und starbst, damit die Menschen errettet würden!

Ich möchte wiederum einen Augenblick eure Aufmerksamkeit auf jenen andren Gedanken lenken, den ich schon angedeutet habe, nämlich, dass Aaron als ein Liebhaber des Volkes Israel viel Lob verdient, da ausdrücklich erwähnt wird, er lief unter die Gemeine. Ich bin nicht ganz gewiss in betreff seines Alters, aber da er älter als Mose war, der um diese Zeit ungefähr neunzig Jahre alt gewesen sein muss oder noch älter, so muss Aaron gegen hundert Jahre oder mehr gewesen sein. Es ist nichts Geringes, dass ein solcher Mann, ohne Zweifel mit seinen priesterlichen Kleidern angetan, lief, und das für ein Volk, das nie viel Fleiß gezeigt hatte, ihm Dienste zu erweisen, sondern viel Eifer im Widerstand gegen seine Autorität. Die kleine Bemerkung über sein Laufen ist hoch bedeutsam, denn sie zeigt die Größe und Schnelligkeit des göttlichen Liebesdranges, der in ihm war. Ah, und war es nicht so mit Christo? Eilte Er nicht, unser Heiland zu sein? War nicht seine Lust bei den Menschenkindern? Sagte Er nicht: „Ich muss mich zuvor taufen lassen mit einer Taufe; und wie ist mir so bange, bis sie vollendet werde!„ Sein Sterben für uns war nicht etwas, was Er fürchtete. „Mich hat herzlich verlangt, dies Osterlamm mit euch zu essen.“ Er hat nach dem Augenblick geschmachtet, wo Er sein Volk erlösen sollte. Er hat die Ewigkeit hindurch auf jene Stunde geblickt, wo Er seinen Vater verklären würde, und sein Vater Ihn. Er kam freiwillig, durch keinen Zwang gebunden, ausgenommen durch seine eignen Bundesverpflichtungen: und Er gab fröhlich und freudig sein Leben dahin — ein Leben, das „niemand von Ihm nehmen konnte, sondern das Er von sich selber ließ.„ Während ich mit Bewunderung auf Aaron blicke, muss ich mit Anbetung auf Christum blicken. Während ich Aaron als einen Liebhaber seines Geschlechtes bezeichne, nenne ich Jesum Christum den besten der Liebhaber — den Freund, der „fester beistehet, denn ein Bruder.“

II.

Aber jetzt gehe ich weiter, um Aaron in einer andren Gestalt anzusehen. Lasst uns ihn nun anschauen als den großen Versöhner.

Zorn war von Gott ausgegangen wider das Volk um seiner Sünde willen, und es ist Gottes Gesetz, dass sein Zorn nie sich stillt, bis eine Versöhnung dargebracht wird. Das Räucherwerk, das Aaron in seiner Hand trug, war die Versöhnung von Gott, weil Gott in diesem Wohlgeruch das Vorbild jenes reicheren Opfers sah, das unser großer Hohepriester noch diesen Tag vor dem Throne darbringt.

Aaron als Versöhner muss zuerst betrachtet werden als der, welcher in seinem Rauchfass das trägt, was notwendig zur Versöhnung ist. Er kam nicht mit leeren Händen. Obwohl Gottes Hohepriester, muss er doch das Rauchfass nehmen; er muss es mit dem verordneten Räucherwerk, das aus den dafür verordneten Materialien gemacht war, füllen; und dann muss er es anzünden mit dem heiligen Feuer am Altare, und mit diesem allein. Mit dem Rauchfass in der Hand ist er sicher; ohne dasselbe hätte er ebensowohl sterben können wie das übrige Volk. Die Befähigung Aarons lag zum Teil darin, dass er das Rauchfass hatte und dass dieses voll war von den süßen Wohlgerüchen, die vor Gott annehmbar waren. Seht denn Jesum Christum als den Versöhner für sein Volk. Er steht noch heute vor Gott mit seinem Rauchfass, dessen Rauch zum Himmel aufsteigt. Seht den großen Hohepriester! Seht Ihn heute mit den durchbohrten Händen und dem Haupte, das einst mit Dornen gekrönt war. Beachtet, wie der wunderbare Rauch seines Verdienstes immerdar aufsteigt vor dem ewigen Thron. Er ist es, Er ist es allein, der die Sünden seines Volkes hinwegnimmt. Sein Räucherwerk besteht, wie wir wissen, zu allererst aus seinem tätigen Gehorsam gegen das göttliche Gesetz. Er hielt seines Vaters Gebote; Er tat alles, was der Mensch hätte tun sollen; Er erfüllte das ganze Gesetz Gottes und brachte es zu Ehren. Mit diesem vermischt war sein Blut — ein ebenso reicher und kostbarer Bestandteil. Jener blutige Schweiß — das Blut seines Hauptes, das von der Dornenkrone durchbohrt war, das Blut seiner Hände, die an das Kreuz genagelt wurden; das Blut seiner Füße, die an das Holz befestigt wurden, und das Blut seines Herzens — das köstlichste von allen — dies mit seinen, Verdienst zusammen gemischt — dies macht das Räucherwerk aus — ein unvergleichliches Räucherwerk, ein Räucherwerk, das jedes andre übertrifft. Alle Wohlgerüche, die je von der Stiftshütte oder vom Tempel emporsteigen, könnten keinen Augenblick mit diesem verglichen werden. Das Blut allein redet besser denn Abels, und wenn Abels Blut Rache zu bringen vermochte, wieviel mehr wird das Blut Christi dann vermögen, Vergebung und Gnade hernieder zu bringen. Unser Glaube ruht auf vollkommener Gerechtigkeit und vollständiger Sühne, die wie lieblicher Weihrauch vor des Vaters Angesicht sind.

Aber es war nicht genug, dass Aaron das rechte Räucherwerk hatte. Korah hätte das auch haben können und das Rauchfass dazu. Das war nicht genügend — er musste der verordnete Priester sein; denn merkt euch, zweihundertundfünfzig Männer fielen, indem sie das taten, was Aaron tat. Aarons Thun errettete andre; ihr Thun brachte sie selbst ins Verderben. So muss Jesus, der Versöhner, als der Verordnete angesehen werden, von Gott berufen, wie Aaron es war. In der Ewigkeit schon bestimmt zur Versöhnung für die Sünde, kam Er in die Welt als ein verordneter Priester Gottes, der seine Ordination nicht von Menschen noch durch Menschen empfangen hatte, sondern wie Melchisedek, der Priester des höchsten Gottes, ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlecht, der weder Anfang der Tage, noch Ende des Lebens hatte, so ist Er ein Priester in Ewigkeit, nach der Ordnung Melchisedeks. Steht zurück, Söhne Korahs, ihr alle, die ihr euch Priester nennt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass irgend ein Mann in dieser Welt, der sich den Titel Priester beilegt, ausgenommen in dem Sinne, in dem alle Kinder Gottes Priester sind, in den Himmel kommen kann. Ich wollte nicht etwas zu Scharfes oder zu Strenges sagen; aber ich glaube fest, dass ein Anspruch auf das Priesteramt ein solcher Eingriff in das Priesteramt Christi ist, dass ich ebensowohl mir vorstellen könnte, dass ein Mann selig würde, der sich selbst Gott nannte, als einer, der sich einen Priester nennt; wenn er wirklich meint, was er sagt, hat er in das priesterliche Vorrecht Christi so eingegriffen, dass mir scheint, er hat die Kronjuwelen angetastet und ist einer Lästerung schuldig, die, wenn sie nicht bereut wird, Verdammnis auf sein Haupt herabziehen wird. Schüttelt von euren Kleidern alle priesterliche Anmaßung, ihr Prediger Christi; geht aus von ihnen; rühret kein Unreines an. Es gibt keine Priester jetzt, die ein besonderes Amt unter den Menschen verwalten. Jesus Christus, und Er allein ist der Priester seiner Gemeinde, und Er hat uns alle zu Priestern und Königen vor Gott gemacht, und wir sollen regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wenn ich hier irgend jemand habe, der so schwach ist, dass er seine Seligkeit von den Opfern eines andren Menschen abhängig macht, so beschwöre ich ihn, seine Täuschung aufzugeben. Mich kümmert es nicht, wer dein Priester ist. Er mag zur anglikanischen oder zur römischen Kirche gehören. Ja, und zu irgend einer andren Kirche unter dem Himmel. Wenn er beansprucht, mehr ein Priester zu sein, als du selber es beanspruchen kannst — hinweg mit ihm — er betrügt dich; er spricht zu dir, was Gott verabscheut, und was der Gemeinde Christi ein Gräuel sein sollte und was sie verabscheuen würde, hätte sie ein wahrhaft lebendiges Gefühl von ihres Herrn Herrlichkeit. Niemand als Jesus, niemand als Jesus, alle andren Priester und Opfer verschmähen wir. Werft Schmutz auf ihre Gewänder; sie sind keine Priester, und sie können es nicht sein; sie maßen sich die besondere Würde Jesu an.

Aber lasst uns ferner beachten, indem wir Aaron als den großen Versöhner ansehen, dass er für sein Werk bereit war. Er war bereit mit seinem Räucherwerk und lief zu dem Werke in dem Augenblick, wo die Plage ausbrach. Wir finden nicht, dass er nötig hatte, hinzugehen und seine Priestergewänder anzulegen; wir finden nicht, dass er sich für das Versöhnungsamt zu bereiten hatte; sondern er ging auf der Stelle, sobald die Plage ausbrach. Das Volk war bereit, umzukommen, und er war bereit, zu retten. O mein Hörer, merke hierauf. Jesus Christus steht bereit, dich jetzt zu retten; es ist keine Vorbereitung nötig, Er hat das Opfer dargebracht; Er hat das Rauchfass gefüllt. Er hat die glühenden Kohlen hineingetan. Sein Brustschild ist auf seiner Brust, seine Mitra ist auf seinem Haupte, Er ist bereit, dich jetzt zu erretten. Vertraue Ihm, und du wirst keinen Aufschub nötig finden. Verlass dich auf Ihn, und du wirst nicht finden, dass Er eine Tagereise zu machen braucht, um dich zu erretten; „Er kann erretten bis zum Äußersten, die durch Ihn zu Gott kommen, und lebet immerdar und bittet für sie.„ Ihr, die ihr Christum nicht kennt, hört dies! Ihr seid verloren und verderbt durch den Fall. Der Zorn ist von Gott gegen euch ausgegangen. Dieser Zorn muss euch verzehren bis in die unterste Hölle, wenn nicht jemand Gott mit euch versöhnen kann. Ihr könnt es nicht tun. Kein Mensch kann es tun, keine Gebete, keine Sakramente, nein, ob ihr auch blutigen Schweiß schwitzen könntet, so würde das nichts helfen, aber Christus ist imstande, zu versöhnen. Er kann es tun, und Er allein; Er kann zwischen euch und Gott stehen und Jehovahs Zorn abwenden, und Er kann in euer Herz ein Gefühl von seiner Liebe geben. O, ich bitte euch, vertraut Ihm, vertraut Ihm. Ihr mögt nicht bereit für Ihn sein, aber Er ist immer bereit, zu erretten, aber in der Tat, ich muss mich in diesem letzten Ausdruck berichtigen, ihr seid bereit für Ihn. Wenn ihr auch noch so schlecht und noch so ruiniert durch eure Sünde seid, es tut keine Vorbereitung und kein Fertigmachen nötig. Es war nicht das Verdienst der Gemeinde, das sie rettete, noch irgend eine Vorbereitung von ihrer Seite; es war die Bereitschaft des Hohenpriesters, die sie rettete. Er ist vorbereitet. Er steht da für die, welche an Ihn glauben. O, dass du jetzt an Ihn glaubtest und deine Seele seinen Händen anvertrautest; und o, glaube mir, deine Sünden, deren viele sind, sollen alle vergeben werden; der Plage soll gewehret werden, Gottes Zorn soll nicht gegen dich ausgehen, sondern du sollst errettet werden.

III.

Lasst mich nun Aaron betrachten als den Vermittler. Wie die alten Westminster-Anmerkungen zu dieser Stelle sagen: „Die Plage ergriff das Volk, wie das Feuer ein Kornfeld ergreift.“ Dort kam sie, sie begann am äußersten Ende, die Gesichter der Menschen erblassten; und immer weiter, weiter griff sie um sich, und in großen Haufen fielen sie, bis mehr als vierzehntausend gestorben waren. Aaron stellt sich weislich so recht in den Weg der Plage. Sie kommt daher, wirft alles vor sich nieder, und dort steht Aaron, der Vermittler, mit ausgebreiteten Armen, das Rauchfass auf gen Himmel schwingend, und stellt sich zwischen die Pfeile des Todes und das Volk. „Wenn Pfeile fliegen müssen,„ scheint er zu sagen: „lasst sie mich durchbohren; oder lasst den Weihrauch mich sowohl als das Volk schützen.“ „Tod,„ spricht er: „bist du auf deinem fahlen Pferde gekommen? Ich halte dich an, ich werfe dein Ross zurück. Kommst du, du grimmiger Knochenkönig? Mit meinem Rauchfass in der Hand stehe ich vor dir; du musst über meinen Leichnam hinweg gehen; du musst mein Rauchfass leeren; du musst Gottes Hohenpriester vernichten, ehe du dies Volk vernichten kannst.“ Gerade so war es mit Christo. Zorn war gegen uns ausgegangen. Das Gesetz war im Begriff, uns zu erschlagen; das ganze menschliche Geschlecht musste vernichtet werden. Christus steht im Vordertreffen der Schlacht. „Die Streiche müssen auf mich fallen,„ ruft Er, „die Pfeile sollen eine Zielscheibe in meiner Brust finden. Auf mich, Jehovah, lass Deine Rache fallen.“ Und Er empfangt diese Rache, und nachher vom Grabe aufspringend, schwingt Er das Rauchfass, voll von dem Verdienst seines Blutes, und gebietet dem Zorn und der Rache, zurückzutreten. Auf welcher Seite bist du heute, Sünder? Ist Gott zornig über dich, Sünder? Sind deine Sünden unvergeben? Sprich, bist du ohne Verzeihung? Bist du immer noch ein Erbe des Zorns und des Todes? Ah, dann wollte ich, dass du an der andren Seite von Christo wärst. Wenn du an Christum glaubst, so lass mich dich fragen, weißt du, dass du völlig errettet bist? Kein Zorn kann dich je erreichen, kein geistlicher Tod kann dich je vernichten, keine Hölle kann dich je verschlingen, und warum? Was ist deine Bewahrung, was dein Schutz? Ich sehe die Träne in deinem Auge schimmern, indem du sagst: „Es ist nichts zwischen mir und der Hölle, als Christus; es ist nichts zwischen mir und Jehovahs Zorn, als Christus; es ist nichts zwischen mir und augenblicklichem Verderben, als Christus. Aber Er ist genug. Er mit dem Rauchfass in seiner Hand — Gottes verordneter Priester — Er ist genug.„ Ach, Brüder und Schwestern, wenn ihr zwischen euch und Gott Taufen und Kommunionen, Fasten, Gebete, Tränen und Gelübde gestellt habt, wird Jehovah alle eure Zufluchtsmittel durchbrechen, wie das Feuer die Stoppeln verzehrt. Aber, meine Seele, wenn Christus zwischen dir und Jehovah steht, so kann Jehovah dich nicht schlagen; sein Donnerkeil muss erst den göttlichen Erlöser durchbohren, ehe er dich zu erreichen vermag, und dies kann nie geschehen.

Meine lieben Hörer, versteht ihr diese große Wahrheit, dass es nichts gibt, was die Seele des Menschen retten kann, als Jesus Christus, der zwischen dieser Seele und dem gerechten Gericht Gottes steht? Und, o, ich lege dir wiederum die persönliche Frage vor: hast du hinter Christus Zuflucht gesucht? Sünder, stehst du heute unter dem Kreuze? Ist das dein Bergungsort? Ist das Purpurkleid des Sühnopfers Jesu über dich gedeckt? Bist du gleich der Taube, die sich in den Spalten der Felsen verbirgt? Hast du dich in den Wunden Christi verborgen? Sage, bist du in seine Seite hinein geflüchtet und fühlst du, dass Er dein Schutz sein muss, bis der Sturm vorüber ist? O, sei guten Muts, der, dessen Fürsprecher Christus ist, ist ein erretteter Mann. O Seele, wenn du nicht in Christo bist, was willst du tun, wenn der Würgengel kommt? Sorgloser Sünder, was wird aus dir werden, wenn der Tod dich gefangen nimmt? Wo wirst du sein, wenn die Gerichtsposaune in deine Ohren tönt und einen Alarm blaset, der die Toten auferweckt? Schläfriger Sünder, der du heute unter dem Worte Gottes schläfst, wirst du dann schlafen, wenn Jehovahs Donner losgelassen werden und seine Blitze die Himmel in Flammen setzen? Ich weiß, wo du alsdann Schutz suchen wirst! Du wirst ihn da suchen, wo du ihn nicht finden kannst; du wirst die Felsen heißen, über dich zu fallen, und die Berge bitten, dich zu bedecken, aber ihre steinernen Eingeweide werden kein Erbarmen kennen, ihre adamantnen Herzen werden dir kein Mitleid zeigen, du sollst dem Sturm der Rache und dem heißen Hagel des Zornes Gottes ausgesetzt dastehen, und nichts soll dich beschützen; wie Sodom und Gomorrha von dem Angesicht der Erde vertilgt wurden, so musst du vertilgt werden, und das auf ewig, weil du nicht an Jesum Christum, den Sohn Gottes, geglaubt hast.

IV.

Aber wir können hier nicht länger verweilen, wir müssen zu einem andren Punkte übergehen. Wir haben Aaron in drei Gestalten gesehen, als den Liebhaber, Versöhner und den Vermittler; nun viertens lasst mich ihn betrachten als den Heiland. Es war Aaron, Aarons Rauchfass, wodurch das Leben der großen Menge errettet ward. Wenn er nicht gebetet, hätte die Plage nicht aufgehört, und der Herr würde die ganze Gemeinde in einem Augenblick vertilgt haben. So wie es war, seht ihr, dass vierzehntausendsiebenhundert vor dem Herrn starben. Die Plage hatte ihr schreckliches Werk begonnen, und nur Aaron konnte ihr Einhalt tun. Und nun möchte ich euch darauf aufmerksam machen, dass Aaron, und der Herr Jesus insbesondere, als ein gnädiger Heiland angesehen werden muss. Es war nichts als Liebe, was Aaron bewog, sein Rauchfass zu schwingen. Das Volk konnte es nicht von ihm verlangen. Hatten sie nicht eine falsche Beschuldigung gegen ihn vorgebracht? Und dennoch rettet er sie. Es muss Liebe gewesen sein, und nichts als Liebe. Sagt, war irgend etwas in den Stimmen jener wütenden Menge, was Aaron bewegen konnte, der Plage Einhalt zu tun? Nichts! Nichts in ihrem Charakter! Nichts in ihren Blicken! Nichts in ihrer Behandlung des Hohenpriesters Gottes! und doch tritt er gnädig in den Riß und rettet sie vor dem verzehrenden Gericht Gottes! O, Brüder und Schwestern — wenn Christus uns errettet hat, so ist Er in der Tat ein gnädiger Heiland. Oft, wenn wir daran denken, dass wir errettet sind, fällt die Träne unsre Wangen hinab, denn wir können nicht sagen, weshalb Jesus uns errettet hat.

„Was konnte Gott in mir gefallen?
Was für Verdienst sah Er in mir?
Ja, Vater! müssen stets wir singen,
Weils wohlgefällig war vor Dir!“

Es ist kein Unterschied zwischen den Verklärten im Himmel und den Verdammten in der Hölle, als nur der Unterschied, den Gott durch seine eigne unumschränkte Gnade gemacht hat. Was auch für ein Unterschied zwischen Saulus, dem Apostel, und Elimas, dem Zauberer, er ist von unumschränkter Macht und unverdienter Liebe gemacht worden. Paulus hätte immer noch Saul von Tarsus bleiben und ein verdammter Geist in dem bodenlosen Abgrund werden können, hätte nicht die freie, unumschränkte Gnade ihn als einen Brand aus dem Feuer gerissen. O, Sünder, du sagst: „Es ist kein Grund in mir, warum Gott mich retten sollte,„ aber es ist kein Grund dafür in irgend einem Menschen. In dir ist kein guter Punkt, und ebensowenig in irgend einem andren. Es ist in keinem etwas, was ihn bei Gott empfehlen könnte. Wir sind alle solche Sünder, dass die Hölle unser verdientes Teil ist; und wenn einige von uns vom Hinunterfahren in den Abgrund errettet werden, so ist es Gottes unverdiente, unumschränkte Güte, die es tut, und nicht irgend ein Verdienst von unserer Seite. Jesus Christus ist ein sehr gnädiger Heiland.

Und ferner, Aaron war ein alleiniger Heiland. Selbst Mose kam nicht mit Aaron, um ihm zu helfen. Er stand allein vor dem Riß mit diesem Rauchfass — dieser eine, einzelne Strom von Rauch schied die Toten von den Lebendigen. Warum kamen nicht die Fürsten Israels mit ihm? Ach! sie hätten nichts tun können; sie hätten selbst sterben müssen. Warum kamen nicht alle Leviten mit ihm? Sie wären erschlagen worden, wenn sie gewagt hätten, an der Stelle des Hohenpriesters Gottes zu stehen. Er steht allein, allein, allein! und hierin war er ein großes Vorbild Christi, der sagen konnte: „Ich trete die Kelter allein, und ist niemand unter den Völkern mit mir.“ Denkt also nicht, dass, wenn Christus uns schützt, dies um unserer Gebete, Tränen oder guten Werke willen ist. Er tut nie unsre Tränen und Gebete in sein Rauchfass. Sie würden das Räucherwerk verderben. Es ist nichts darin, als seine eignen Gebete und seine eignen Tränen und seine eignen Verdienste. Denkt nicht, dass ihr errettet werdet um irgend etwas willen, was ihr für Christum getan habt oder je tun könnt. Wir mögen predigen und wir mögen in Gottes Hand zu geistlichen Vätern Tausender von Seelen gemacht werden, aber unser Predigen hilft uns auf keiner Weise, den Zorn Gottes von uns abzuwenden. Christus tut es alles, ganz und allein, und niemand darf wagen, als sein Helfer dazustehen. Sünder, hörst du dies? Du sagst: „Ich kann dies und das nicht tun.„ Er bittet dich nicht, irgend etwas zu tun; du sagst: „Ich habe keine Verdienste;“ Mann, Er verlangt keine; wenn du Christo helfen willst, wirst du verloren sein, aber wenn du es Ihm überlassen willst, alles zu tun, so sollst du errettet werden. Komm herbei, das ist ja gerade der Heilsplan, Christum als dein all in allem anzunehmen; Er will nie ein teilweiser Heiland sein; Er kam nie, unsre zerlumpten Kleider zu flicken; Er will uns ein neues Gewand geben, aber Er will niemals das alte ausbessern. Er kam nicht, um den Palast Gottes erbauen zu helfen. Er will jeden Stein behauen und ihn auf den andren legen; Er will keinen Ton des Hammers und keine sterbliche Hilfe in diesem großen Werk haben. O, dass diese Stimme durch die ganze Welt hallen könnte, während ich wieder dieses Wort verkünde, den Todesstreich für alles Papsttum, alle Gesetzlichkeit und alles fleischliche Verdienst: „Jesus allein, Jesus allein.„ „Es ist kein andrer Name den Menschen gegeben, worin wir sollen selig werden.“ Er braucht auch keinen Helfer. „Er ist nicht gekommen, die Gerechten zur Buße zu rufen, sondern die Sünder.„ Er kann bis zum äußersten erretten, die durch Ihn zu Gott kommen.

Er war also, wie ihr bemerkt, ein gnädiger Heiland und ein alleiniger; und noch eins, Aaron war als ein Heiland allgenugsam. Der Tod kam bis an die Füße Aarons; dort lag ein toter Mann, dort lag eine Mutter, ein Kind, ein Fürst, ein Holzhauer, ein Wasserträger — dort lagen sie. Dort stand ein starker Mann in seinem Todeskampf und flehte, dass er nicht sterben möge, aber er fiel als Leiche zurück. Dort stand ein Fürst Israels, und musste der sterben? Ja, er musste fallen. Der allverschlingende Tod schritt wie ein hungriger Löwe brüllend vorwärts unter dem Schreien und Kreischen des Volkes; aber dort stand er still, jenes Rauchfass schien zu sagen: „Bis hierher sollst du gehen, aber nicht weiter.“ Was für ein Wunder, dass das Rauchfass der Herrschaft des Todes Einhalt tat! Bis zu diesem Markzeichen fließen die Wellen des uferlosen Meeres; dort stehen die Menschen auf der Seite des Lebens. Aaron steht da, und als Gottes Hoherpriester treibt er mit jenem Rauchfass den grimmen Tod zurück; das ganze Heer Israels, wenn es bewaffnet gewesen und Bogen getragen, hätte nicht die Pestilenz zurücktreiben können; nein, alle Heere bewaffneter Männer, die je die Erde mit Blut befleckten, hätten nicht Gottes Plagen zurücktreiben können. Der Tod hätte über sie gelacht, ja, er wäre in ihre Reihen eingetreten und hätte sie in Stücke gehauen, aber Aaron allein ist genug, völlig genügend, und dies durch das Brennen des Weihrauchs. O Sünder, Christus ist ein allgenugsamer Heiland, fähig, zu erretten; du kannst dich nicht selbst erretten, aber Er kann dich erretten. O Sünder, alle Sünde und Lästerung soll den Menschen vergeben werden; es macht nichts aus, wie niedrig und schändlich du gewesen sein magst: „Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du selig werden.„ Ob auch die Erinnerung an deine Sünde Scharlachrot in dein Gesicht bringt, ob du dich schämst, daran zu denken, was für ein Elender du gewesen, ob dein Leben fauler Ehebruch, ob es Lästerung, Lüge, Hass des Volkes Gottes und was sonst gewesen; — ich füge noch hinzu, wenn du willst — oder Liederlichkeit, Schlemmerei, Mord — wenn alle diese Verbrechen da wären, — das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, würde immer noch fähig sein, dich von aller Sünde zu reinigen. Ob du auch jedes Verbrechen in dem Katalog der Missetaten begangen hättest, Sünden, die wir nicht nennen können: „Wenn deine Sünde gleich blutrot ist, soll sie schneeweiß werden; und wenn sie gleich ist wie Rosinfarbe, soll sie doch wie Wolle werden.“ Du sagst: „Wie kann das mir zu teil werden?„ Einfach dadurch, dass du deine Seele Christo anvertraust. „Wer an den Herrn Jesum Christum glaubt, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammet werden.“ Das war Christi Auftrag an die Apostel, Er hieß sie hingehen und diese große Wahrheit predigen, und wiederum verkündige ich sie: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubet, der wird verdammet werden.„ Wer nicht glaubet, wird verdammet werden, mögen seiner Sünden auch noch so wenig sein, wer glaubet, wird niemals verloren gehen, mögen seiner Sünden auch noch so viel sein. Vertraue du deine Seele Christo an, und deine Sünden sind sofort vergeben, sofort ausgetilgt.

V.

Und nun komme ich zu meinem letzten Punkt, und der ist, Aaron als der Scheidende — das Bild Christi.

Aaron, der Gesalbte, steht hier; auf jener Seite ist Tod, auf dieser Seite Leben; die Grenze zwischen Leben und Tod ist dieser eine Mann. Wo sein Räucherwerk raucht, ist die Luft gereinigt, wo es nicht raucht, herrscht die Plage mit unverminderter Wut. Es sind zwei Arten Leute hier heute morgen, wir vergessen den Unterschied von reich und arm, wir kennen ihn hier nicht; es sind zwei Arten Leute, wir geben den Unterschied von Gelehrten und Ungelehrten auf, wir kümmern uns hier darum nicht; es sind zwei Arten hier, und das sind die Lebendigen und die Toten, die Begnadigten und die Unbegnadigten, die Erretteten und die Verlornen. Was scheidet den wahren Christen von dem Ungläubigen? Manche denken, es sei dies, dass der Christ das Sakrament nimmt, der andre nicht. Das ist keine Scheidung; es gibt Menschen, die zur Hölle gegangen sind mit dem Brot des Sakraments in ihrem Mund. Andre mögen meinen, dass die Taufe den Unterschied macht, und in der Tat, sie ist das äußere Zeichen, wir zeigen der Welt dadurch, dass wir begraben sind, ein Vorbild, dass wir der Welt gestorben und in Christo begraben sind; wir kommen aus dem Wasser wieder herauf zum Zeugnis, dass wir wünschen, in einem neuen Leben zu wandeln durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Wer getauft ist, der ist so über den Rubikon hinübergegangen, er zieht das Schwert und wirft die Scheide hinweg, er ist der Getaufte und hat ein Zeichen, das nie bei ihm ausgetilgt werden kann. Er ist durch diese Taufe Christo geweiht, aber es ist nur ein äußeres Zeichen, denn es sind viele mit Wasser getauft worden, die, da sie nicht die Taufe des Heiligen Geistes hatten, nachher in den feurigen Leiden ewiger Qual getauft sind. Nein! Nein! Die eine Scheidung, die eine große Scheidung zwischen denen, welche Gottes Volk sind, und denen, die es nicht sind, ist Christus. Ein Mensch in Christo ist ein Christ; ein Mensch außer Christo ist tot in Übertretung und Sünden. „Wer an den Herrn Jesum Christum glaubt, ist errettet, wer nicht glaubt, ist verloren.“ Christus ist der einzig Scheidende zwischen seinem Volk und der Welt. Auf welcher Seite also bist du heute, mein Hörer? Kommt, lasst die Frage einzeln an euch herantreten. Junger Mann, auf welcher Seite bist du? Bist du Christi Freund und Diener oder bist du sein Feind? Alter Mann, du dort drüben mit dem grauen Haar, du hast nur noch eine kleine Weile zu leben, auf welcher Seite bist du? Bist du meines Herrn Blut-Erkaufter oder bist du noch ein verlornes Schaf? Und du, Hausfrau, die du beschäftigt bist, vielleicht sogar jetzt in deinen Gedanken mit deinen Kindern, denke einen Augenblick nicht an sie, auf wessen Seite bist du? Hast du geglaubt, bist du wiedergeboren worden oder bist du stets noch in der Galle der Bitterkeit und den Banden der Ungerechtigkeit? Ihr, die ihr dort drüben steht, lasst die Frage eure dichten Reihen durchdringen: wo bist du? Kannst du den Namen Christi auf deine Lippen nehmen und sagen: „Jesus, ich bin Dein und Du bist mein! Dein Blut und Deine Gerechtigkeit ist meine Hoffnung und mein Vertrauen!„ denn wenn nicht, mein Hörer, so bist unter den geistlichen Toten und du wirst bald unter den Verdammten sein, wenn die göttliche Gnade nicht zuvorkommt, dich ändert und dich erneut. Bitte, gedenkt daran, Brüder und Schwestern, wie Christus jetzt der große Scheidende ist, so wird Er es am Tage des Gerichts sein. Denkt ihr nie daran: Er „wird sie voneinander scheiden, gleich als ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet!“? Er steht zwischen ihnen, und an jenem letzten Tag der Tage, für den alle andren Tage gemacht wurden, wird Christus der große Scheidende sein. Hier die Gerechten, in Weiß gekleidet, in triumphierenden Gesängen mit Ihm verklärt; und dort die Verlornen, die Ungläubigen, die Furchtsamen, die Gräuelhaften. Was scheidet sie von dem glänzenden Heer? Nichts als die Person des Menschensohnes, auf den sie schauen und weinen und trauern und wehklagen. Das ist die undurchdringliche Scheidewand, welche die Verdammten von der ewigen Seligkeit ausschließen wird. Die Pforte, die euch jetzt einlassen kann, wird die feurige Pforte sein, die euch dereinst ausschließt. Christus ist die Tür des Himmels; o, schrecklicher Tag, wenn diese Tür verschlossen sein wird, wenn diese Tür vor euch steht und euch daran hindert, in die Seligkeit einzugehen, nach der euch dann verlangen wird, wenn ihr nicht hinein kommen könnt.

O! auf welcher Seite werde ich sein, wenn alle diese vergänglichen Dinge verschwunden sind, wenn die Toten aus ihren Gräbern erstanden sind, wenn die große Gemeine auf dem Lande und auf der See stehen wird, wenn jedes Tal und jeder Berg und jeder Fluss und jedes Meer voll Massen sein wird, die in dichter Ordnung sich aneinander reihen. O, wenn Er sprechen wird: „Sondert aus mein Volk, schlagt an mit eurer Sichel, denn die Ernte der Welt ist reif;„ meine Seele, wo wirst du sein? Wirst du unter den Verlornen gefunden werden? Soll die furchtbare Posaune dich hinunter zur Hölle senden, während eine Stimme, die dein Ohr zerreißt, hinter dir herruft: „Geht hin von mir, geht hin von mir, ihr Übeltäter, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln.“ O, gib, dass ich dort nicht sei, sondern unter Deinem Volk stehe. So sei es, mögen wir zur Rechten des Richters sein für alle Ewigkeit, und daran gedenken, dass Christus auf ewig der Scheidende sein wird, Er wird zwischen den Verlornen und den Erretteten stehen. Er wird sich auf ewig zwischen die Verdammten und die Verklärten stellen. Wieder gebe ich es euch anheim, leiht mir euer Ohr nur für einen Augenblick, während ich spreche. Was sagt ihr dazu, soll diese Versammlung entzwei gerissen werden? Die Stunde kommt, wo unser Wollen und Wünschen keine Kraft haben wird. Gott will die Gerechten dann von den Gottlosen scheiden, und Christus soll die furchtbare Scheidewand sein; ich sage, sind wir vorbereitet, auf ewig getrennt zu werden? Mann, bist du bereit, heut deinem Weibe auf ewig zu entsagen? bist du bereit, wenn der klebrige Schweiß auf ihrer Stirne steht, ihr den letzten Kuss zu geben und zu sprechen: „Adieu, adieu, ich werde dich niemals wiedersehen?„ Kind, Sohn, Tochter, bist du bereit, nach Hanse zu gehen, am Tische deiner Mutter niederzusitzen, und ehe du issest, zu sagen: „Mutter, ich beschwöre dich nun ein für allemal, ich bin entschlossen, verloren zu sein, und da du auf Christi Seite bist und ich Ihn niemals lieben will, so will ich mich auf ewig von dir trennen.“ Gewiss, die Bande der Verwandtschaft erwecken in uns das Sehnen, in einer andren Welt zusammen zu sein, und wünschen wir, in der Hölle uns zu treffen? Wünscht ihr alle, dort zusammenzukommen — eine grimme Gesellschaft — inmitten der Flammen zu liegen? Wollt ihr in dem verzehrenden Feuer wohnen und in der ewigen Glut bleiben? Nein, euer Wunsch ist, im Himmel zusammenzukommen, aber ihr könnt es nicht, wenn ihr nicht in Christo zusammenkommt, ihr könnt nicht im Paradies zusammen sein, wenn ihr nicht in Ihm zusammen seid. O, dass jetzt die Gnade Gottes auch auf uns ausgegossen würde, auf dass ihr zu Jesu kämet! Amen.