Tersteegen, Gerhard - Erfahrung

Die Ausübung und Erfahrung dessen, was die Schrift sagt, ist die beste Erklärung der Heiligen Schrift. Wer das menschliche Elend nicht in seinem Herzen erkennt, der sieht es niemals in der Schrift. Hingegen, wer Buße tut, erkennt immer mehr die Buße. Wer betet, glaubet, liebet, lernt beten, glauben, lieben und erkennt immer tiefer, was die Schrift damit meint. Denn die Gottesgelehrtheit oder das Christentum besteht ganz in der Erfahrung. Erst muß man es schmecken und sehen, wie bitter die Sünde und wie freundlich der Herr ist, dann kann man es auch weitersagen. Bei anderen aber geht es, wie schon der alte Macarius spricht: «Wenn einer Gottes Wort nicht in der Kraft und Wahrheit in sich selbst besitzt, sondern beim Reden nur weitergibt, was er in allerhand Schriften gelesen und von geistreichen Männern gehört, der scheint zwar andere zu erfreuen; aber nachdem er es gesagt hat, geht ein jedes Wort an den Ort, woher es gekommen war, und er bleibt arm und bloß.»