„Und er handelte übel und schickte sein Herz nicht, dass er den Herrn suchte.“ 2 Chr. 12,14.
Damit ist das Leben Rehabeams bezeichnet; er war nicht so schlecht, wie etliche andere, aber er handelte in verschiedener Weise übel, nicht so sehr aus Absicht als aus Nachlässigkeit.
Die bösen Wirkungen der Sünde des Vaters und der Abgötterei der Mutter machten sich an ihrem Sohne bemerkbar, doch gab es noch eine andere Ursache: ihm fehlte die Herzensbereitheit. Salomos Sohn begehrte natürlicherweise viele Weiber (2 Chr. 11,23), und es war kein Wunder, dass das Kind der Naema, der Ammonitin, Götzenbilder und Haine duldete, und so das Land verunreinigt werden ließ; doch eine tiefere Ursache seines bösen Lebens lag in ihm selber. Sein Herz war nicht gründlich vor dem Herrn und er selbst war nicht willig, sich der Anbetung Jehovahs zu widmen. Er hätte gut handeln können, wenn er nicht Rehabeam, der Oberflächliche, gewesen wäre.
Doch kein Mensch wird von ungefähr gut; niemand handelt richtig, der es nicht ernstlich will. Wenn die Religion nicht das Herz besitzt, muss sie bald ganz aufhören.
Die Art der Gründlichkeit, die von mir gefordert wird, um fleißig und erfolgreich den Herrn, meinen Gott, suchen zu können, gestaltet sich etwa folgendermaßen:
Während meines ganzen Lebens zu fühlen und zu bekennen, dass ich Gott nötig habe; Ihn um Hilfe und Weisheit anzurufen; seiner Führung mich zu übergeben und nicht dem Rat eitler Menschen zu folgen; besorgt zu sein, richtig zu handeln, und damit ich wisse, was ich tun sollte, in der Schrift zu forschen und zu beten; dem Herrn sorgfältig und ernstlich zu dienen, und nichts dem Zufall, der Leidenschaft, der Mode rc. überlassen.
Gibt es unter uns einige Bekenner nach der Art Rehabeams? Sind einige hoffnungsvolle junge Leute unter uns, denen es an völliger Hingabe an den Herrn fehlt?
Sind hier ältere Leute, die durch Wankelmut, Zögerung oder Doppelzüngigkeit schon viel Schaden erlitten haben?
O, dass wir ein klares Bewusstsein von der Sünde und Torheit solches Zustandes hätten!
O, dass die Kraft des Heiligen Geistes uns fest machte!
O, dass wir in lebendiger Verbindung mit dem Herrn Jesu ständen!
Bevor die Wettrennen stattfinden, unterwerfen sich die jungen Männer einer anhaltenden, strengen Selbstzucht. Es würde ihnen nie einfallen, ohne Vorbereitung um den Preis zu ringen, und könnten wir uns einbilden, dass wir im Wettstreit des Lebens aufs Geratewohl den Preis erringen werden, ohne den Leib zu unterwerfen und den Geist zu bilden? Der Prediger studiert seine Predigt sorgfältig, obgleich sie ihn nachher keine Stunde in Anspruch nimmt, und ist unsere Lebenspredigt keiner Sorgfalt und Beachtung wert? Ein heiliges Leben ist ein Werk viel erhabenerer Kunst als das wertvollste Gemälde oder die kostbarste Statue, und doch kann keines von diesen ohne viel Nachdenken hergestellt werden. Jemand, der ein unsterbliches Gedicht liefern will, muss schon sein Bestes zu leisten suchen, obgleich das Ganze kaum einige hundert Zeilen umfasst, und dürfen wir uns träumen lassen, dass das viel größere Gedicht eines heiligen Lebens sich wie aus Stegreifversen gestalten lässt?
Mir war ein freundlicher, gut gesinnter Herr bekannt, der wie Rehabeam ein weiches Herz hatte und leicht zu überreden war. Er war ein Weltling von sehr angenehmem Wesen, der sich der Achtung des ihn umgebenden Kreises erfreuen durfte. Er selbst hatte große Achtung vor frommen Leuten, ganz besonders vor Predigern; aber er konnte sich nicht entschließen, selber fromm zu werden, weil er dann seine Beliebtheit bei einem großen Kreise weltlicher Herren von gutem Ton hätte einbüßen müssen. Einst verließ er eine Versammlung, in welcher ich predigte, indem er sagte: „Ich bin genötigt wegzugehen, denn wenn ich nicht davon eile, könnte ich leicht bekehrt werden.“ Er sagte einmal zu mir: „Herr Spurgeon, wenn Sie predigen, bin ich gleich einer Gummipuppe; Sie können mir eine Form geben, welche Ihnen beliebt; aber wenn Sie geendet haben, erhalte ich meine alte Form wieder.“ Er war ein getreues Abbild von dem weichfühlenden Sohn Salomos, leicht zu überreden, sich auf die Pilgerreise zu begeben, aber auf den Ruf der Welt hin ebenso bereit, wieder umzukehren.
Das Gleichnis von den zwei Söhnen ist hier zutreffend. Rehabeam sagte: „Ich will gehen“, aber er ging nicht. Der neuere Rehabeam ist ein vollendeter Edelmann; wenn er nur wüsste, was er wollte, so würde er auch ganz der Mann sein. Er ist geneigt, Gott zu gehorchen, aber andere machen ihn wieder geneigt, sich nach der Mode zu richten. Diese Art von Leuten ist nicht gut zu gebrauchen, weder für die gute noch für die schlechte Sache.