Inhaltsverzeichnis

Spurgeon, Charles Haddon - Manasse.

Aber Manasse verführte Juda und die zu Jerusalem, dass sie ärger taten, denn die Heiden, die der Herr vor den Kindern Israels vertilgt hatte. Und wenn der Herr mit Manasse und seinem Volk reden ließ, merkten sie nicht darauf. Darum ließ der Herr über sie kommen die Fürsten des Heeres des Königs zu Assur; die nahmen Manasse gefangen mit Fesseln, und banden ihn mit Ketten und brachten ihn gen Babel. Und da er in Angst war, flehte er vor dem Herrn, seinem Gott, und demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter. Und bat und flehte Ihn. Da erhörte Er sein Flehen, und brachte ihn wieder gen Jerusalem zu seinem Königreich. Da erkannte Manasse, dass der Herr Gott ist.„
2 Chron. 33, 9—13.

Manasse wurde drei Jahre nach seines Vaters denkwürdiger Krankheit geboren. Ihr werdet euch erinnern, dass Hiskia von einer tödlichen Krankheit befallen ward, und Jesaia, der Prophet, zu ihm kam und sagte: „So spricht der Herr: Beschicke dein Haus, denn du wirst sterben und nicht leben bleiben.“ Er scheint über diese Nachricht bestürzt und erschrocken gewesen zu sein und ließ seinen Gefühlen in bitteren Tränen freien Lauf. Augenscheinlich fürchtete er sich zu dieser Zeit, dem Tod ins Angesicht zu schauen. Wahrscheinlich hatte er sich einem weltlichen Sinne hingegeben; und außerdem lag es als eine schwere Last auf seinem Herzen, dass er keinen Sohn hatte, den er als seinen Nachfolger im Reich hinterlassen konnte. In tiefer Traurigkeit der Seele wandte er deshalb sein Angesicht gegen die Wand und betete zum Herrn. Mit kläglichem Weinen und ernstem Flehen bat er um Erhaltung seines Lebens. Sein Gebet ward gehört, seine Tränen gesehen, und seine Bitte von Gott bewilligt. Seine Tage wurden um fünfzehn Jahre verlängert. In dem dritten dieser fünfzehn Jahre ward ihm sein Sohn Manasse geboren. Hätte er gewusst, was für ein Sohn an seiner Statt aufkommen würde, so dünkt mich, hätte er es zufrieden sein können, lieber zu sterben, als der Vater eines solchen Verfolgers des Volkes Gottes und eines solchen Beförderers des Götzendienstes im Lande zu sein. Ach! sehr oft wissen wir nicht, um was wir beten. Wir mögen etwas begehren, das uns ein Gut scheint, das sich aber als ein wirklicher Fluch für uns und Tausende von andren erweisen würde. Du betetest, Mutter — ja, du betetest inbrünstig — um das Leben jenes Kindleins, und es gefiel Gott, es dir zu nehmen. Du kannst nicht wissen, welche Gemütsart das Kind gezeigt hätte, welchen Versuchungen es ausgesetzt gewesen wäre, was für Folgen sein Leben gehabt haben würde. Hätten einige Eltern die Geschichte ihrer Kinder von dem Tage ihrer Geburt an lesen können, so hätten sie vielleicht mit Recht gewünscht, dass sie nie geboren worden wären. Wir tun besser, solche Dinge Gott zu überlassen und uns seinem unumschränkten Willen zu unterwerfen. Er weiß es besser als wir, denn sein Rat ist wunderbar, und Er führt es herrlich hinaus. Gott sei Dank, diese Angelegenheiten sind nicht in unsren Händen; sie ruhen in viel besseren und weiseren, als die unsrigen es sind.

Manasses Mutter hieß Hephziba, ein schöner Name. Ich möchte wissen, ob Hiskia ihr den Namen beilegte, weil sie seine Freude war oder weil seine Dankbarkeit ihm dies eingab, da er sich selbst in seinem Gott freute. Ich kann mir kaum denken, dass er zu einer solchen Zeit eine erwählt haben würde, die nicht auch Gott erwählt hatte; deshalb lasst uns an sie als an eine gott- selige Frau denken. Aber in diesem Falle konnte sie nur wenig Freude an ihrem Sohne haben; und zuweilen, sollt ich meinen, wenn sie ihn das Volk Gottes mit dem Schwert verfolgen und mit frecher Hand sündigen sah, muss sie bereit gewesen sein zu sprechen: „Heißt mich nicht mehr Hephziba, sondern heißt mich Mara, denn der Herr hat mich sehr betrübet.“ Es ist nicht immer so, dass das, was uns heute froh macht, uns auch morgen froh macht. Wir wollen Kinder als ein Erbteil des Herrn betrachten; sie sind die Freude unsres Herzens und die Blumen unsres Hauses. Aber was werden sie uns sein, wenn die fröhlichen, harmlosen, spielenden Tage der Kindheit verflossen sind? Wenn Gott nicht seinen Segen mit ihnen sendet, so mag die Vermehrung unserer Familie das Leid unsres Lebens werden. Schlechte Leidenschaften und Neigungen entwickeln sich in unsren Kindern mit ihrem Wachstum, und wenn die Gnade Gottes nicht ihre sündlichen Triebe dämpft, so mögen wir den Tag zu beklagen haben, an dem sie geboren wurden. Manasses Name bedeutet: „Vergesslichkeit.“ Ich hoffe, sein Vater vergaß nicht seine Erziehung und überließ ihn nicht jenen jungen Höflingen, die sich immer in die Paläste der Könige drängen und von denen man ziemlich sicher annehmen kann, dass sie der Seele eines jungen Prinzen mehr Eitelkeit als Tugend einflößen und seine Gunst und Gönnerschaft für die beim Volk beliebte Partei gewinnen werden. Es gab eine ritualistische Sekte in jenen Tagen, die Götzendienst trieb und Verachtung auf die evangelischen Brüder ausschüttete, deren Sache sein Vater Hiskia so ernst sich angenommen und sie sein ganzes Leben lang verteidigt hatte. Diese neue, von den Heiden importierte Religion hatte ihre verführerischen Anziehungskräfte. War nicht in ihrem Schaugepräge vieles, was dem Auge gefiel, und in ihrem Gottesdienst vieles, was das Ohr entzückte? Die schönen Kunstwerke ihrer Götterstatuen und die große Prachtentfaltung in allen Zeremonien, sagten diese einem gebildeten Geschmack nicht zu? Die altmodische, puritanische Weise, nur in einem Tempel anzubeten, wo der Gottesdienst kahl war und es kaum irgend etwas zu sehen gab, ausgenommen von den Priestern selber, war allmählich veraltet. Wäre es nicht besser, mit der Zeit fortzuschreiten, sich Baal und Astharot zuzuwenden, den sinnlichen Neigungen des gemeinen Volkes Rechnung zu tragen und Freundschaftsbündnisse mit Völkern zu machen, die andre Glaubensbekenntnisse haben? Mich sollte es nicht wundern, wenn sie zu dem jungen Mann in dieser Art gesprochen hätten, und er, — vergessend, was Gott für seinen Vater getan, und vergessend, dass in der langen Geschichte des Hauses Juda das Volk immer gestraft worden war, wenn es sich zu den Götzen gewandt hatte, und dass es ihm nur wohlergangen war, wenn es dem lebendigen Gott anhing, — in die Schlinge gefallen wäre und mit frecher Hand gesündigt hätte.

Ich werde ihn euch zuerst vorführen als ein widriges Ungeheuer von Sünde; dünn, zweitens, werde ich euch zeigen, wie die Hand Gottes ihm folgte, bis er ein klägliches Schauspiel des Elends wurde; dann werden wir — gelobt sei Gott! — in eine klarere Atmosphäre hinaufzusteigen haben, wenn wir ihn euch darstellen als das, was er nachher wurde, ein Wunder der Gnade; und endlich werden wir ihn zu bewundern haben als ein köstliches Bild echter Buße.

I.

Wir müssen damit beginnen, dass wir ihn als ein widriges Ungeheuer von Sünde betrachten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgend einer von meinen Hörern ein so großer Sünder wie Manasse gewesen sein kann. Ich will nicht versuchen, einen Vergleich zwischen ihm und irgend einem andren zu ziehen. Doch würde ich mich nicht wundern, wenn einige von euch dahin geführt würden, für sich selber einen solchen Vergleich zu ziehen. Wenn das, so bitte ich den Herrn, euch ein solches Gefühl eurer Schuld zu geben, dass es euch zwingt, Vergebung zu suchen.

Schwer war das Vergehen und trotzig die Gottlosigkeit Manasses, dass er all die guten Werke seines frommen Vaters zunichte machte. Was Hiskia mühsam an dem Gewebe gewirkt hatte, begann er aufzutrennen, so schnell er konnte. Was der Vater für Gott aufgebaut hatte, riss der Sohn nieder; und was der Vater niedergeworfen hatte, weil es böse war, begann der Sohn sofort wiederherzustellen. Ich muss bekennen, ich habe Söhne das Gleiche tun sehen. Weil sie ihres Vaters Frömmigkeit hassten, die ein Zügel für ihre Sünde war, gelobten sie, dass, wenn sie je die Macht bekämen, zu tun wie sie wünschten, eine Änderung im Hause sein sollte. Als ich letzte Woche bei einem gewissen Hause vorbeifuhr, sagte ein Freund zu mir: „Manche Betstunde ist in jenem Landhause gehalten, die Leute pflegten von weit her dahinzukommen und zu beten.“ „Und ist das denn jetzt nicht mehr so,“ fragte ich, „werden keine Betstunden dort mehr gehalten?“ „O nein,“ antwortete er, „der Vater starb, und sein ruchloser Sohn kam in den Besitz. Eine Betstunde! Nein. Er verbot seiner Mutter, dergleichen zu versuchen; und nachdem er ihr alles genommen, was des Habens wert war, und das kleine Landgut ruiniert hatte, ging er davon, und man hat seit vielen Jahren nichts von ihm gehört.“

Soweit er konnte, hatte er alles niedergerissen, was seinem Vater gehört hatte und ihn an seinen Gott erinnerte. Whitefield pflegte von einem gottlosen Sohn zu erzählen, der gesagt, er wolle nicht in demselben Hause leben, das sein Vater bewohnt hätte, weil jedes Zimmer im Hause nach seines Vaters Religion röche und er dies nicht ertragen könne. Es gibt Leute, welche in solcher Weise Unheil stiften. Aber ach! junger Mann, du kannst nicht in einer so schrecklichen Weise sündigen, ohne außergewöhnliche Schuld auf dich zu laden. Es wird dessen gedacht werden, dass du gegen das Licht sündigst; es wird am letzten großen Tage in Erinnerung gebracht werden, dass für dich gebetet ward, dass der rechte Weg dich gelehrt ward; auch wirst du nicht so wohlfeil sündigen wie andre — andre, sagte ich? Ich meine solche, die, wenn sie übertreten, nur einem bösen Beispiel folgen und auf dem Pfade laufen, den ihre Eltern sie gelehrt haben. O, wie trauere ich über ungöttliche junge Männer, die ihres Vaters Gott mit Verachtung und Hohn behandeln.

Manasses Sünde ward erschwert dadurch, dass es ihm gefiel, den allerschlimmsten Beispielen zu folgen. Obwohl er in seinem Vater eins der besten Muster von Reinheit hatte, war ihm das nicht recht, er musste seine Augen umherwerfen, um zu sehen, wem er nachahmen könne. Auf wen, denkt ihr, verfiel er? Nun, auf Ahab — jenen Ahab, von dem Gott gesagt hatte, dass er einen jeglichen ans seinem Hause ausrotten wolle und nicht einen übrig lassen; eine Drohung, die ausgeführt worden war, denn das Blut Ahabs war auf dem Acker Naboths von den Hunden geleckt worden, und Isebel, sein Weib, hatten die Hunde gefressen. Dennoch musste dieser junge Mann durchaus Ahab als Vorbild wählen, deshalb stellte er Baal als Gott ans, wie Ahab es vorzeiten getan. Die gleiche Torheit habe ich viele junge Männer in unsren Tagen begehen sehen. Es mag sein, dass hier einige sind, die niemand gefunden haben, dem sie nachahmen konnten, bis sie zuletzt irgend einen zügellosen Menschen, vielleicht aus der Vergangenheit, ausgesucht und zum Führer erwählt haben. Die Hälfte der Jugend Englands war zu einer Zeit voll Lord Byron betört. Der Glanz seines Genies machte sie blind für die schreckliche Farbe seines Charakters und die Abscheulichkeit seines Betragens, und so folgten sie jählings seinem Pfad, weil er, fürwahr, ein großer Mann und ein Dichter war. Sie affektierten Witz und sprachen reinen Sitten Hohn. Wehe den Menschen, deren Empfindungen, deren Sprache und deren Handlungen die Dreistigkeit und Verwegenheit der lasterhaften Charaktere verraten, mit denen sie wetteifern wollen! Obgleich sie es besser wissen sollten, wählen sie absichtlich die schlimmsten Vorbilder zur Nachahmung. Was für Ungeheuerlichkeiten begeht der Mensch in der Sünde!

Dieser Manasse suchte sich ungewöhnliche und ausländische Sünden aus. Schlecht wie Ahab war, hatte er doch nicht die Heere des Himmels angebetet; das war ein assyrischer Götzendienst, und dieser Mann musste durchaus von Assyrien und Babylonien einen Götzendienst einführen, der ganz neu war. Er richtete das Bild Aschera auf, das ihr vielleicht auf den Platten gesehen habt, die von Ninive gekommen sind: ein Baum, der Seelen trägt und der alle Heere des Himmels abbilden soll. Er ließ dies anfertigen und setzte es in das Haus Gottes zur Anbetung. Wir lesen in den Propheten, dass das Volk vor dem Tempel zu stehen und sich vor der aufgehenden Sonne zu neigen pflegte und das Heer des Himmels allbetete. Er war nicht zufrieden mit gewöhnlicher Sünde. Wir haben Sünder dieser Klasse gekannt: sie sind nicht damit zufrieden, nur zu sündigen, wie andre es tun, sie setzen ihren Ehrgeiz darin, irgend eine neue Sünde zu erfinden. Wie Tiberius, der einen Preis dafür ausbot, wenn ihm jemand ein neues Vergnügen erfinden könnte, wünschten sie eine neue Art der Gottlosigkeit zu entdecken, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sie müssen besonders sein in allem, was sie unternehmen, sogar wenn es dazu kommt, besonders gottlos zu sein. So war Manasse. Er war nicht zufrieden, mit anderen Schritt zu halten, und die schlechten Sitten seiner Zeit mitzumachen; rasch wie sie flogen, musste er sie doch alle überflügeln.

Noch mehr, er beleidigte Gott ins Angesicht. Hier gipfelte vielleicht seine Sünde. Es war ihm nicht genug, Götzentempel zu ballen für Götzendienst, sondern er musste die Götzen und ihre Altäre in den Tempel Jehovahs setzen. Solche Anmaßung macht unser Blut erstarren, wenn wir daran denken. Und ach! man zittert, es zu sagen, nicht wenige haben so auf ihre Leiber und ihre Seelen den Fluch des Allmächtigen herabgerufen. So rasend sind sie in ihrer Übertretung gewesen, dass sie ihre Hand erhoben und ihrem Schöpfer getrotzt haben. Wäre Er nicht Gott gewesen — der Gott aller Geduld — so hätte Er ihren Trotz geahndet und sie plötzlich in die Hölle hinabgestoßen; aber da Er Gott ist und kein Mensch, so hat Er sie ertragen. Er ist zu groß, um durch ihre Beleidigungen aufgebracht zu werden. Er hat sie beiseite gelegt und ruhen lassen und ihre Unwissenheit und Vermessenheit übersehen aus eine Weile, bis ihre Missetat voll ist; und dann wird Er sie in seiner Gerechtigkeit ihnen auf ihren Kopf vergelten. Es sind nicht wenige in unserer großen Stadt, die beständig alles tun, was sie können, um Gott zu erzürnen und zu zeigen, wie wenig sie Ihn ehren, wie gänzlich sie seine Rechte an ihren Gehorsam verkennen. Sie schweifen sogar ab, um Lästerungen in ihrer gewöhnlichen Unterhaltung anzubringen und ihren Widerwillen und ihre Verachtung für alles auszudrücken, was keusch und lieblich, heilig und göttlich ist. Ein solcher war Manasse. Er richtete die Altäre falscher Götter im Hause des lebendigen Gottes auf.

Ist nicht sein Charakter schwarz genug? Nein, wir haben noch nicht die dicksten Farben aufgetragen. Uns wird gesagt, dass er seine Kinder durchs Feuer gehen ließ; das heißt, er ließ sie durch die rotglühenden Arme des Moloch gehen, damit sie auf immer, so lange sie lebten, dieser teuflischen Gottheit angehören mochten. Wenn wir auch nicht behaupten, dass Menschen dies heutzutage tun, so mangelt ihnen doch nur wenig an dieser Grausamkeit und diesem Verbrechen. Mancher Man lehrt sein Kind, hitzige Getränke zu trinken; erzieht es in Gewohnheiten, die es, wie er weiß, zur Trunksucht führen werden; tut sein äußerstes, das Kind durch die glühendroten Arme des Branntweinteufels, des Molochs der Gegenwart, gehen zu lassen. Mancher Mann hat sein Kind lästern gelehrt; wenn er es sich nicht absichtlich vorgenommen, hat er es doch wirklich dahingebracht, in vollem Bewusstsein dessen, was er tat. Was war seil: Beispiel andres, als ein absichtlicher Unterricht? Ach, es gibt Leute, die Freude an den Sünden ihrer Kinder zu haben scheinen und über die Gottlosigkeiten lachen, - die sie ihre eignen Kinder gelehrt haben. Spreche ich zu einem Vater, der viele Jahre lang niemals am Sonntag ein Gotteshaus besuchte, — der oft betrunken und taumelnd nach Haus gegangen, und nun, obgleich selbst etwas gebessert, seinen Sohn sich in jedes Laster stürzen sieht, in dem er selbst einst lebte? Lass mich dich fragen: Wunderst du dich darüber? Wunderst du dich darüber? Du hast deine Kinder durch die Flammen gehen lassen, wie ist es dann zu verwundern, dass sie versengt sind und der Geruch des Feuers an ihnen ist? O, es ist eine schreiende Sünde, dass die Menschen nicht nur selbst zur Hölle gehen wollen, sondern, dass sie auch noch ihre Kinder mit sich schleppen müssen. Mancher Mann ist nicht zufrieden, sich selbst zu ruinieren, sondern muss auch noch ein junges Weib zu Grunde richten, das einst vielleicht religiösen Sinn hatte. Er wird ihr Gatte und verbietet ihr, das Gotteshaus zu besuchen. Seine Kinder mögen zur Sonntagsschule geschickt werden, um sie am Nachmittage los zu sein, aber alles Gute, das sie dort lernen, ist schnell wieder verflogen bei den Auftritten und Worten, die sie unter dem Dach ihres Hauses sehen und hören. Eine Menge von Leuten in dieser Stadt — wir wissen es und sie müssen es selbst wissen, ruinieren ihre Kinder, führen überlegterweise ihr Verderben herbei. Ist dies eine geringe Sünde, ein unbedeutender Irrtum in ihrer Erziehung? Sicherlich nicht.

Manasse ging aber noch weiter, denn er machte ein Bündnis mit den Teufeln. Es gab zu seiner Zeit gewisse Personen, welche behaupteten, mit abgeschiedenen Geistern zu sprechen und annahmen, dass der Teufel die Mittel hätte, ihnen Zukünftiges zu enthüllen. Nun, ob dieser Verkehr mit Hausgeistern eine Täuschung und Lüge ist, wie ich es vermute, oder ob ein Geheimnis. Satans darin einbegriffen ist, weiß ich nicht; aber gewiss ist, dass Manasse versuchte, dem Teufel so nahe zu kommen, als er es vermochte. Wenn er ihn zum Freund erhalten konnte, so war er es wohl zufrieden, einen Bund mit der Hölle zu machen, falls dies nur seinen Zwecken entsprach. Wenn er nur gutes Glück hatte, so kümmerte er sich wenig um Gott; er befragte einen Zauberer. Der Aberglaube führte ihn dazu, aber das Wort Gottes verachtete er gänzlich. Und es gibt einige, die dies getan haben, einige hier Anwesende vielleicht. Ich will nicht annehmen, dass sie sich jenem albernen Aberglauben hingegeben oder ihre Zuflucht zu jenen betrügerischen oder betrogenen „Mediums“ genommen haben, die ihre Kunst im Dunkeln ausüben. Ich sollte denken, in diesen neueren Zeiten der Volksbildung wäre jeder reif, in ein Irrenhaus gesperrt zu werden, der sich in dieser Schlinge fangen ließe. Bildung sollte euch vor Betrug schützen. Aber es gibt Leute, die, wenn der Teufel ihnen nur helfen wollte, ihm fröhlich genug die Hand schütteln würden und sagen: „Will- kommen, Freund, freu' mich, dich zu treffen.“ Wenn sie den Teufel nicht bewirten, so ist es nicht ihre Schuld. Sie haben den Tisch für ihn gedeckt und das Haus für ihn eingerichtet und machen sich ganz bereit für jeden bösen Geist, der zu ihnen kommen will. O, was für ein Frevel ist dies? sie wollen nicht Gott haben, sie wollen Satan haben. Sie stoßen den großen Vater im Himmel von sich, aber den Erzfeind der Seelen — mit ihm schließen sie eine Verbindung und machen einen Bund mit ihm. Konnte die Sünde noch weiter gehen? Sie konnte es und sie tat es; denn dieser Mann führte das ganze Volk in die Irre. Als König hatte er große Macht, und er brauchte seine Autorität und übte seinen Einfluss aus, um seine Untertanen zu verleiten, seinem lasterhaften Beispiel zu folgen. Ich stelle mir oft vor, was das Entsetzen eines Menschen sein wird, der in grober Sünde gelebt hat, wenn er in der andren Welt denjenigen begegnet, die er verraten und zur Missetat verführt hat, wenn er in dem trüben Dunkel jenes unerträglichen Abgrundes ein Paar Augen zu sehen beginnt, die ihn zu fesseln und zu halten scheinen. Er erkennt sie; er hat sie früher irgendwo gesehen, und diese Augen blitzen Feuer in seine Seele, als wenn sie ihn ganz verzehren wollten, und eine Stimme sagt: „Tausend Flüche über dich! Du bist der, der mich zuerst in die Sünde brachte — mich von einem tugendhaften Heim und von gottesfürchtigen Freunden hinweglockte, um an deiner Missetat teilzunehmen. Verderben über dich auf ewig!“ Was für Gesellschaft werden sie aneinander haben an diesem Ort der Qual! Wie werden sie mit den Zähnen knirschen in schrecklicher Wut und einer den andren allklagen, dass er sein Verderber gewesen. O, es ist Wehe genug für einen Mann aufbehalten, der sich selbst ruiniert, aber wer kann die Qualen nennen, die dessen Seele martern werden, der seine Mitgeschöpft verrät und sie in ewiges Elend stürzt? Wahrlich, lieben Freunde, wir stehen entsetzt vor dem Bilde eines solchen Mannes wie Manasse; er setzt seiner Sünde keine Grenze. Er sündigte mit beiden Händen gierig, und als die Boten Gottes kamen, ihm dies zu sagen, ward er zornig über sie. Die Überlieferung sagt, dass er den Propheten Jesaia in zwei Hälften sägen ließ, weil er es wagte, ihn zu tadeln. Aber nicht aus der Überlieferung, sondern aus der Offenbarung lernen wir, dass er Jerusalem in Blut schwimmen ließ von einem Ende bis zum andren und alle tötete, die nicht auf seinen Wegen wandeln und seinem Beispiel folgen wollten. Verfolgung der Heiligen Gottes ist eine scharlachrote Sünde, die lallt zum Himmel um Rache schreit. Manasse war neben andren Verbrechen auch dieser Sünde schuldig.

II.

Meinem Herzen ist weh und meine Zunge ist der Erzählung müde. Lasst mich zu einem andren Teil der Erzählung übergehen. Dieses schreckliche Ungeheuer von Schuld wurde bald ein besonderes Schauspiel des Elends. Wenige Worte werden genügen, das zu beschreiben. Der assyrische König sandte seinen Hauptmann, Tartan, der die Stadt belagerte, bis sie zerstört ward und der König floh. Es scheint, dass er sich in einem Dorngebüsch verbarg und herausgezogen und an Händen und Füßen mit schweren Eisenketten gefesselt wurde. Es ist bis auf diese Zeit eine Darstellung erhalten geblieben von einem jüdischen König — wir können nicht sicher sein, dass es Manasse ist — der vor den König von Babylon geschleppt wird. Jedenfalls zeigt sie uns, wie Manasse behandelt wurde, ob das Gleiche einem andren jüdischen Könige geschah oder nicht. Er hat zwei Ringe — einen Ring an jedem Knöchel und einen schweren Bolzen dazwischen, und seine Hände sind in derselben Art gefesselt. Er wird vor den König zu Babylon gebracht. Hier scheint er ins Gefängnis geworfen und eingekerkert gehalten zu sein. Die Grausamkeiten der assyrischen Monarchen werden durch die Denkmäler an den Wänden ihrer eignen Paläste bezeugt, darum kann ich der Erzählung des Hieronymus vollen Glauben schenken, dass dieser Manasse selbst in ein ehernes Gefäß gesetzt ward, das bis zum äußersten Grade erhitzt wurde, und dass der assyrische König ihn höhnte, weil er sein eigenes Kind in derselben Weise durchs Feuer hatte gehen lassen. Dass er manchen langen Monat in einem dunklen und traurigen Kerker zubringen musste, wo nur soviel Brot und Essig ihm gegeben wurde, als zur Erhaltung seines Lebens notwendig war, scheint gewiss. Er muss elend bis zum äußersten Grade gewesen sein — seine Krone dahin, seil: Königreich verwüstet, seine Untertanen in unerhörten! Elend schmachtend. Uns wird gesagt, dass das Unglück, welches Gott über das Land brachte, ein solches war, von dem, der es hörte, seine beiden Ohren gellten. Darum wird auch der König unbeschreibliche Leiden von der Hand des assyrischen Tyrannen erduldet haben. Ah, Sünder, obgleich du dich in deinen Übertretungen verhärtest, wirst du nicht ungestraft bleiben. Ein bitteres Ende wartet deiner. Sorglos wie du bist, junger Mann, wird doch deines Vaters Gott sich nicht immer spotten lassen. Du hast dein Weib und deinen Freund verfolgt, aber ihr Unglück wird binnen kurzer Zeit in deinen eignen Busen zurückkehren. Deine Anmaßung wird ein Ende nehmen und dein Lohn seinen Anfang. O, ich wünsche, deine Missetat käme bald zu Ende, und dies Ende wäre deine Bekehrung. Wenn es nicht hierzu kommt, so ist deine Aussicht in der Tat trübe, denn dein gänzliches Verderben wird den Lauf, den du nimmst, beschließen.

Vielleicht spräche ich zu einem, der in herzloser Sünde gelebt hat, bis er in hilfloses Elend gesunken ist. Es scheint, als wenn in dieser Menschenmenge auf dich hingewiesen wird, denn dein Herz ist nahe daran, vor Schmerz zu brechen. Dein Vermögen ist verloren, deine Gesundheit zerstört, dein Ruf vernichtet; du bist ein bloßes Wrack, ein aufgegebenes Schiff, das auf dem dunklen Meer treibt. Es ist niemand da, der Mitleid mit dir hätte. Du bist ein Ausgestoßener. Sogar deine alten Gefährten haben dich verlassen. Der Teufel selbst scheint dich treiben zu lassen. Du bist ganz vereinsamt und möchtest aufschreien und deine eigne Totenglocke läuten: „Verloren! verloren! verloren!“ Nun, ich habe eine Botschaft von Gott an dich. Ich komme, um mit dir im Namen Gottes über diesen Mann Manasse zu sprechen, in der Hoffnung, es werde auch in Bezug auf dich wahr sein, dass du, nachdem du ein Ungeheuer von Sünde und ein Schauspiel des Elends gewesen bist, nun auch, wie Manasse es ward, ein Denkmal der Gnade wirst.

III.

Ein Wunder der Gnade. O, ich staune über Manasses Sünde nicht halb so sehr als über Gottes Barmherzigkeit. Da war der Mann im Gefängnis: er hatte nie an seinen Gott gedacht, ausgenommen um seine Herrschaft zu verachten und seine Gesetze zu übertreten, bis er in diesen Kerker eingemauert ward. Dann fing sein Stolz an zu brechen; sein hochmütiger Sinn musste zuletzt nachgeben. „Wer ist Jehovah, dass ich Ihm dienen sollte?“ hatte er oft gesagt. Aber jetzt ist er in Jehovahs Hand. Halb verhungert im Gefängnis liegend, ein zertretener Mann, beginnt er zu schreien: „Jehovah, was für ein Narr bin ich gewesen! Ich habe Dir Trotz geboten, bis zuletzt Deine unumschränkte Macht mich aufgehalten und Deine unendliche Gerechtigkeit begonnen hat, meine Missetaten zu rächen. Was soll ich tun? Wo soll ich mich vor Deinem Zorn verbergen? Wie kann ich entrinnen? Ist es möglich. Deine Vergebung zu erlangen?“ Er begann sich zu demütigen; Gottes Geist kam und demütigte ihn immer mehr; er sah, wie töricht er gewesen war, wie gottlos sein Charakter, wie grausam, wie abscheulich sein Verfahren. So brachte er Tage und Nächte mit Weinen und Klagen zu. Es war nicht das Gefängnis, das ihm am härtesten war, seine Seele war in eiserne Bande geschlagen. Da zuckte es plötzlich durch seine Seele, dass Gott Erbarmen mit ihm haben könne, und er begann zu beten. O, was für ein zitterndes Gebet war jenes erste. Mich deucht, Satan sagte zu ihm: „Es nützt dir nichts zu beten, Manasse. Du hast dem lebendigen Gott ins Angesicht getrotzt; Er wird dir sagen, dass du zu den Götzen gehen sollst, denen du gedient hast, und dich an die Bilder wenden, die du aufgerichtet, und dich vor dem Heer des Himmels beugen, das du angebetet, und sehen, was diese all für dich tun können.“ Nein, in seiner furchtbaren Verzweiflung fühlte er, dass er beten müsse, und gewiss, das erste Gebet, das er hinauf seufzte, muss gewesen sein: „Gott sei mir Sünder gnädig.“ Und in seiner tiefen Erniedrigung fuhr er immer noch fort zu beten und zu Gott zu flehen. Und unser Vater, der im Himmel ist, hörte ihn. Sobald ihr Ihm ein betendes Herz bringen könnt, will. Er euch eine vergebende Antwort bringen. Sobald Er sein armes Kind gebrochen sah und es sein Unrecht bekannte, hatte Er Mitleid mit ihm, Er hörte und erhörte Manasse, und vertilgte seine Missetat wie eine Wolke und seine Sünde wie den Nebel. Ich denke, ich sehe Manasse mit seinem Bissen Brot, niemals genug, seinen Hunger zu stillen, und seinem kleinen Tropfen Essig, zu sich selber sagen: „Ah, ich verdiene nicht dieses!“ Er dankte Gott selbst für diese kärgliche Nation in der Tiefe seines Gewahrsams in dem Gefühl, dass es Gnade war, die ihn leben ließ. „Warum sollte ein lebendiger Mensch klagen, ein Mensch über die Strafe seiner Sünde?“ (Klagel. Jeremias 3, 39.) Und so geschah es, dass er die Freiheit wieder erhielt. Der König von Assyrien beschloss aus politischen Gründen, die ich nicht zu erwähnen brauche, den König wieder auf seinen Thron zu setzen. Er dachte, er hätte ihn genug gebrochen und gedemütigt, er würde einen guten Vizekönig und einen treuen Statthalter abgeben und bange sein, sich wieder zu empören; so öffnete er eines schönen Tages Manasses Gefängnis weit und sagte ihm, dass er ihn wieder nach Jerusalem senden wollte. Und als er ihm das sagte, da wusste Manasse, dass Jehovah Gott sei. Dieser Schluss wurde ihm aufgezwungen durch die Gnade, die er empfing. „Wer anders,“ musste er sagen, „als der höchste Gott hätte mich aus diesem schrecklichen Kerker herausbringen, mich von der Macht des tyrannischen Königs erlösen oder sein Herz bewegen können, nachzugeben und Mitleid mit mir zu haben?“ Als er zurück nach Jerusalem fuhr, wie brach sein Herz fast vor Dankbarkeit! Mich deucht, ich sehe ihn, als er zuerst wieder die Mauern des Tempels erblickte, den er so übermütig entweiht hatte. Gewiss, er warf sich auf sein Antlitz und weinte sehr, und stand dann auf und lobte den Namen des Herrn, der all seine Übertretungen vergeben hatte. Und als er in Jerusalem einzog und das Volk sich um ihn sammelte, wie muss die Begrüßung gewesen sein. Wo sind jene Höflinge, die seine Gefährten gewesen waren, die ihn zur Sünde verleitet hatten, kommen sie und wimmern um ihn herum? Was für eine Abweisung werden sie erhalten! Wie wird er ausrufen: „Geht hinweg. Ich bin ein andrer Mensch, ich will nicht eure Gesellschaft oder euren Rat.“ Sind einige von jenen armen Leuten da, die im Hintergründe stehen — die Leute, die zusammenzukommen pflegten, um zu beten und Jehovah anzubeten, treu erfunden unter den Untreuen — solche, die ihre Bibel zu verstecken pflegten, weil sie von einem Zufluchtsort zum andren gejagt und gehetzt wurden, ein paar Übriggebliebene, die den Klauen der Verfolger entgingen — kommen sie vorwärts? Wie blickt er sie an und sagt: „Ah, ihr Knechte Jehovahs, ihr seid meine Brüder. Gebt mir eure Hand, denn auch ich habe Barmherzigkeit vom Himmel gefunden und bin, wie ihr, ein Kind Gottes.“ Ich bürge euch dafür, es war Singen an dem Abend in Jerusalem bei der kleinen Schar treuer Gläubiger; und es muss Singen auch im Himmel gewesen sein, denn die Engel müssen sich gefreut haben über eine Bekehrung, die so unwahrscheinlich, so unglaublich schien.

„Was? Manasse errettet? Manasse, dieser Bluthund, ist er durch Erneuerung seines Sinnes in ein Lamm der Herde Gottes verwandelt? Was? er, der blutbefleckte Verfolger, ist er ein Bekenner des Glaubens geworden, den er einst ausrotten wollte?“ Ach ja! Wohl mag Bischof Hall sagen: „Wer kann sich beklagen, dass der Weg zum Himmel ihm versperrt sei, wenn er einen solchen Sünder eingehen sieht? Klage dich des Schlimmsten an, du geängstete Seele! Hier ist einer, der Menschen mordete, Gott trotzte und Teufel anbetete, dennoch findet er den Weg zur Buße. Wenn du lasterhaft bist wie er, wisse, dass nicht deine Sünde, sondern deine Unbußfertigkeit es ist, die dir den Himmel verschließt. Wer kann nun an Deiner Gnade verzweifeln, o Gott, der die Tränen eines Manasse angenommen sieht?“ — Ich kannte eine alte Dame, die nicht auf der Eisenbahn fahren wollte, weil sie glaubte, dass einige Brücken in schlechtem Zustande seien, insbesondere die Brücke nahe bei ihrem Hause. Sie konnte nicht überredet werden, diese zu passieren, weil sie fürchtete, dass sie unter ihrem Gewicht niederbrechen würde, obgleich Tausende von Zentnern jeden Tag hinübergefahren wurden. Über solche Torheit kann jeder lächeln. Aber wenn ich jemand sagen höre: „Ich habe so viel Sünde begangen, dass Gott sie nicht vergeben kann,“ so denke ich, dass seine Torheit noch weit größer ist. Seht diesen ungeheuren Zug an, der über die Brücke ging; seht Manasse beladen mit schweren Verbrechen! Merkt, welch ein Zug von Sünden hinter ihm ist! Dann seht auf die Brücke und achtet darauf, ob sie schwankt unter den Lasten von Sünden, die über sie dahin rollen. Ah, nein, sie trägt dieselben und sie würde das Gewicht tragen, wenn alle Sünden, die je von Menschen getan sind, über ihre Bogen dahin rollten. Christus ist imstande, „bis zum äußersten alle zu erretten, die durch Ihn zu Gott kommen.“ Ich weiß nicht, wo meine Augen denjenigen suchen sollen, an den diese Botschaft gerichtet ist; dass er irgendwo in dieser Versammlung ist, daran hege ich keinen Zweifel. Spreche ich zu einer Schwester, die in einer unbewachten Stunde den Pfad der Tugend verließ und Seitdem den Weg der Schande gegangen ist? Ich bitte dich, nimm die Botschaft an, ich über- bringe sie dir: die größte Sünde, die äußerste Schuld, die unglaublichste Missetat, die schändlichsten Übertretungen können vergeben und sollen ausgetilgt werden. Der Erlöser lebt, das Opfer ist dargebracht, der Bund ist besiegelt. Wende dich nun zum Herrn von ganzem Herzen, bekenne deine Sünden, gib dein Ich auf. Traue auf die unendliche Gnade Gottes in Christo Jesu, seinem Sohn. „Der Gottlose lasse von seinem Wege ab, und der Übeltäter von seinen Gedanken, und bekehre sich zum Herrn, so wird Er sich seiner erbarmen, und zu unsrem Gott, denn bei Ihm ist viel Vergebung.“

IV.

Unsre Schlussbetrachtung ist die, dass Manasse ein Ort wahrer Süße wurde.

Sogleich hörte er auf. Böses zu tun. Er ging geradeswegs zum Tempel und riss die Götzen nieder. Wie gern wäre ich mit ihm gewesen und hätte mit Hand angelegt beim Zerstören derselben! Herunter stürzten die Bilder, dann wurden die Altäre niedergerissen, jeder Stein wurde aus der Stadt geschafft und hinweggeworfen. Gott gebe, dass jeder Altar und jedes Bild in unsrem Lande niedergerissen, in Stücke zertrümmert und der Staub davon in die Gossen geworfen werde! Möge das, was ein äußerster Gräuel vor dem Himmel ist, gerechten Unwillen auf Erden erregen. O, dass unser Land so protestantisch wäre, dass keine Achtung vor schönen Künsten es die faulen Gottseligkeiten dulden ließe! Manasse beeilte sich, den Schaden gut zu machen, den er angerichtet. Dies ists, was jeder Bekehrte zu tun versucht, alles Böse, was er veranlasst hat, bemüht er sich aufzuhalten; er nimmt Rache an seinen früheren Erfindungen; seine beiden Hände hebt er gegen sie auf, lässt seine Stimme laut werden und übt seinen Einfluss aus.

Überdies genügte nicht: Manasse begann sofort, Gutes zu tun. Schnell fing er an, den Altar des Herrn auszubessern, die Gottesdienste und die Verrichtungen des Tempels in ihrer ursprünglichen Reinheit nach dem Gesetze Gottes wiederherzustellen. So wird ein wahrhaft Bekehrter wünschen, sich an das Volk Gottes anzuschließen und nach den Ordnungen seines Hauses sich zu richten. Manasse unterdrückte seine Dankbarkeit nicht, sondern brachte Gott Dankopfer dar; er vergaß nicht die frommen Tribute, die er für die große empfangene Gnade schuldig war. Gleich jener großen Sünderin, deren Dankbarkeit im Evangelium berichtet wird, — das Weib, das ein Glas mit Salbe brachte und es zerbrach — gleich ihr, denke ich, liebte er viel, weil ihm viel vergeben war.

Und dann, in sein Reich wieder eingesetzt, fing er an, seinen hohen Einfluss für heilige Zwecke zu gebrauchen. Er regierte seine Untertanen in der Furcht des Herrn und nachte das Gesetz Gottes zum Gesetz des Landes, indem er allen fremden Göttern entsagte, und sich streng an das göttlich inspirierte Buch hielt. O, dass Gott das Herz eines reuigen Sünders hier sogleich geneigt machte, diese Frucht der Bekehrung zu bringen. Was für eine Veränderung würde in seinem Hause sein! Was für einen Unterschied würde seine Familie sehen 1 Was für ein verwandelter Mann würde er in seinem täglichen Berufe sein, ob er Arbeitgeber oder Arbeiter wäre! Er würde die Bekehrung derer suchen, die er früher irre geleitet; die, welche er einst verhöhnte und mit Schimpfnamen belegte, würden seine liebsten Gefährten werden. „Kann Gott dies tun?“ sagt einer. O, meine lieben Hörer, der Gott, der große Sünden vergeben kann, kann auch harte Herzen wandeln. Ruft Ihn an; wenn ihr unerrettet seid, leite euch sein Geist dahin, jetzt Errettung zu suchen. Wartet nicht bis zur nächsten Morgensonne. Wenn ihr selbst errettet seid, so leite der Heilige Geist euch dazu, für andre zu beten und ihr jetziges und ewiges Wohl zu suchen. Wachet und betet, lasst euren eignen Glauben an Gott euch antreiben, zu glauben, dass alle Dinge möglich sind. Gebt sie nie auf, gebt sie nie auf. Bist du eine Mutter, du weißt nicht, wie mächtig sich deine Fürbitte erweisen kann. Ich möchte wissen, ob die arme Hephziba noch am Leben war, als Manasse bekehrt wurde. Sie hatte ohne Zweifel in seinen jungen Tagen um ihn getrauert. Wohl, wenn sie es nicht erlebte, die Frucht ihrer Gebete zu sehen, so lebten doch ihre Gebete, und ihre Tränen wurden mit reichen Zinsen wiederbezahlt. Es ist mancher Mutter Sohn da, dessen Herz sich zu Gott wenden wird, lange nachdem seiner Mutter Gebeine in den Kirchhof gelegt sind. „Die Weissagung wird ja doch erfüllet werden zu seiner Zeit; ob sie aber verziehet, so harre ihrer.“ Dein Sohn wird noch zur Seligkeit gebracht werden durch deine Gebete. Fahrt fort zu beten, Brüder und Schwestern, für die, deren Sünden und Schmerzen euch schwer auf dem Herzen liegen. Fahrt fort zu beten, und Gott wird euch hören. O, armer Sünder, die Gnade Gottes ist das Gegenmittel für des Menschen Verzweiflung. Glaubt an seine Gnade, sucht seine Gnade. Werft euch auf seine Gnade, und ihr werdet seine Gnade finden zum ewigen Leben. Amen.