Inhaltsverzeichnis

Spurgeon, Charles Haddon - 1. Buch Könige (Andachten)

1. Könige 11,39

Und will den Samen Davids um deswillen demütigen, doch nicht ewiglich.

In dem Haushalt Gottes ist Zucht, und diese Zucht ist streng genug, um das Sündigen zu einer schlimmen und bitteren Sache zu machen. Salomo, von seinen fremden Weibern verleitet, hatte andren Göttern nachgewandelt und den Gott seines Vaters sehr zum Zorne gereizt; darum wurden von den zwölf Teilen des Reiches zehn abgerissen und ein besonderer Staat daraus gebildet. Dies war eine starke Demütigung für das Haus Davids, und sie kam über dieses Herrscherhaus deutlich von der Hand Gottes als Folge unheiligen Thuns. Der Herr wird die liebsten seiner Knechte züchtigen, wenn sie aufhören, seinen Gesetzen völlig gehorsam zu sein: vielleicht sind wir zu eben dieser Stunde unter solcher Züchtigung. Lasst uns demütig rufen: „Herr, zeige mir, warum Du mit mir haderst.“

Was für ein lieblicher Zusatz ist dies - „doch nicht ewiglich!“ Die Strafe für die Sünde ist ewig, aber die väterliche Züchtigung derselben bei einem Kinde Gottes ist nur auf ein Zeitlang. Die Krankheit, die Armut, die Niedergeschlagenheit werden verschwinden, wenn sie ihre beabsichtigte Wirkung gehabt haben. Gedenkt daran, wir sind nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade. Die Rute mag uns schlagen, aber das Schwert soll uns nicht töten. Unser gegenwärtiges Leiden soll uns zur Buße bringen, auf dass wir nicht mit den Gottlosen umkommen.

1. Könige 17,16

„Das Mehl im Kad wurde nicht verzehrt, und dem Ölkruge mangelte nichts, nach dem Wort des Herrn, das Er geredet hatte durch Elia.“

Sieh hier die Treue der göttlichen Liebe. Wir haben zu beachten, dass dies Weib ihren täglichen Unterhalt bedurfte. Sie musste sich und ihren Sohn in einer Zeit schwerer Hungersnot ernähren, und nun sollte auch noch der Prophet Elias bei ihr Nahrung finden. Aber obgleich das Bedürfnis so aufs dreifache gestiegen war, so ward doch das Mehl im Cad nicht verzehret, denn sie hatte beständig hinreichenden Vorrat. Jeden Tag holte sie Mehl aus dem Cad, aber immer war noch die gleiche Menge vorhanden. Auch du, lieber Leser, hast Tag für Tag Bedürfnisse, und weil sie beständig und häufig wiederkehren, so bist du zu der Besorgnis geneigt, das Mehl im Cad möchte sich eines Tages verzehren und das Oel im Kruge mangeln. Aber bleibe versichert, dass dies nach dem Worte Gottes nicht der Fall sein wird. Zwar bringt jeder Tag seine Trübsal, aber auch seine Hilfe; solltest du auch die Jahre des Methusalah überdauern, und sollten deiner Bedürfnisse so viele sein, als des Sandes am Meere, so wird dennoch Gottes Gnade und Treue sich in allen deinen Nöthen bewähren, und du wirst von keinem wirklichen Mangel etwas wissen. Drei Jahre lang sah in den Tagen jener Witwe der Himmel keine Wolke und nie weinten die Sterne eine geheiligte Träne des Taues auf die gottlose Erde; Hungersnot und Verzweiflung und Tod machten das Land zur heulenden Wüste, aber dies Weib war nie hungrig, sondern allezeit fröhlich in ihrer Genüge. So sollst auch du es erfahren. Du wirst sehen, wie des Sünders Hoffnung untergeht, denn er vertraut auf seine natürliche Kraft; du wirsts erleben, dass des stolzen Pharisäers Vertrauen wankt, denn er baut seine Zuversicht auf den Sand; du wirst sehen, wie deine eigenen Träume wie Schaum zergehen und verweben, aber du wirst zu deinem Trost erfahren, dass du wirst in der Höhe wohnen, und Felsen werden deine Veste und Schutz sein. „Sein Brot wird ihm gegeben, sein Wasser hat er gewiss.“ Besser ists, Gott zu seinem Hirten und Hüter zu haben, als alle Reichtümer Golkondas zum Eigentum. Die Schätze Indiens möchtest du erschöpfen, aber nie und nimmer den unendlichen Reichtum deines Gottes. (Goldstrahlen Februar 28)

1. Könige 18,40

„Dass ihrer keiner entrinne.“

Als dem Propheten Elia auf sein Gebet Erhörung zu Teil geworden war, und das Feuer vom Himmel das Opfer vor den Augen alles Volkes verzehrt hatte, forderte er das ganze versammelte Volk Israel auf, die Propheten Baals zu greifen, und rief voll Eifers: Dass ihrer keiner entrinne. Er führte sie alle hinab an den Bad Kison, und schlachtete sie daselbst. Ein solches Ende muss es mit unsern Sünden nehmen; sie sind alle verurteilt und verdammt, keine einzige darf verschont werden. Auch unsere Lieblingssünde muss sterben. Schone ihrer nicht, ob sie gleich so kläglich schreit. Tödte sie, schlachte sie, und wäre sie dir teuer wie ein Isaak. Schlage zu, denn Gott schlug auch auf die Sünde, da sie Seinem eingeborenen Sohn aufgelegt war. Mit strengem, rücksichtslosem Ernst musst du dieselbe Sünde zum Tode verurteilen, die einst der Abgott deines Herzens war. Fragst du nun, wie du das vollbringen kannst? Der Herr Jesus wird deine Stärke sein. Dir ist im Testament der Gnade auch die Gnade geschenkt, dass du die Sünde zu überwinden vermagst; dir ist Macht verliehen, im Kreuzzuge gegen die inwendigen Lüste und Begierden den Sieg zu gewinnen, weil der Herr Jesus Christus dir verheißen hat, bis ans Ende bei dir zu sein. Willst du über die Finsternis triumphieren, so musst du dich vor das Angesicht der Sonne der Gerechtigkeit stellen. Es gibt keinen geeigneteren Ort, wo man die entdecken und sich vor ihrer Macht und Strafe schützen kann, als die unmittelbare Gegenwart des Heiligen Gottes. Hiob erkannte noch nicht so recht deutlich, wie er von der Gewalt der Sünde frei werden könne, als bis er seinen Glaubensblick auf Gott richtete; da erst schauderte er vor sich selbst zurück und tat Buße im Staub und in der Asche. Das feine Gold des Christenlebens wird oft trübe. Wir haben ein heiliges Feuer nötig, das die Schlacken verzehre. Wir wollen unsere Zuflucht zu unserem Gott nehmen; Er ist ein verzehrendes Feuer; er wird nicht unsern Geist, sondern unsere Sünden verzehren. Die Güte Gottes möge uns doch zu einem flammenden Feuereifer reizen, und zu einer heiligen Rache gegen unsere Missetaten, die vor Seinen Augen hässlich sind. Ziehe hin in Seiner Kraft, und vernichte diese Feinde, dass ihrer keiner entrinne.„ (Goldstrahlen Juli 17)

1. Könige 18,43

„Gehe wieder hin siebenmal.“

Wir können auf einen sicheren Erfolg zählen, wenn wir die Verheißung des Herrn für uns haben. Und wenn ihr auch einen Monat um den anderen gebetet habt, ohne dass euch Erhörung zuteil wurde, so ist es dennoch unmöglich, dass der Herr taub sein sollte, wenn es die Seinen in dem, was seine Ehre angeht, ernstlich meinen. Der Prophet auf der Höhe des Karmel hörte nicht auf, mit Gott zu ringen, und gab auch keinen Augenblick der Furcht Raum, dass er in den Vorhöfen Jehovahs könnte abgewiesen werden. Sechsmal kam der Knabe zurück, aber jedes Mal wurde kein anderes Wort gesprochen, als: „Gehe wieder hin.“ Wir dürfen dem Unglauben nicht im Traume nachgeben, sondern müssen uns an unsern Glauben halten siebzig mal sieben mal. Der Glaube sendet die erwartungsvolle Hoffnung aus, um vom Karmel hinauszuschauen, und wenn sich nichts zeigt, sendet er sie immer wieder. Weit entfernt, von wiederholter Erfolglosigkeit entmutigt zu werden, wird der Glaube nur umso mehr zu inbrünstigem Gebet angespornt. Er wird gedemütigt, aber nicht erdrückt, sein Seufzen ist tiefer und sein Klagen schmerzlicher, aber er weicht nicht und zieht seine Hand nicht zurück. Es wäre für Fleisch und Blut erwünschter, eine schnelle Antwort zu empfangen; aber gläubige Seelen haben Ergebung gelernt und wissen, dass es gut ist, wenn sie auf den Herrn und seine Verheißung warten müssen. Eine aufgeschobene Erhörung nötigt das Herz oft zur Selbstprüfung und führt es zur Zerknirschung und Erneuerung im Geist; dadurch werden unsrem Sündenverderben tödliche Wunden geschlagen und die Kammern des Götzendienstes gereinigt. Die große Gefahr besteht darin, dass die Menschen träge werden und sich um den Segen bringen. Liebe Seele, falle nicht in diese Sünde, sondern fahre fort mit Wachen und Beten. - Zuletzt erschien eine kleine Wolke, wie eines Mannes Hand, der sichere Vorbote von Strömen des ersehnten Regens; und so geht‘s auch dir, das Zeichen der Erhörung wird dir gewiss zuteil, und du erhebst dich als ein allvermögender Fürst, der die gesuchte Gnade empfängt. Elias war ein Mensch, gleichwie wir, seine Macht über Gott lag nicht in seinem eigenen Verdienst. Wenn denn sein gläubiges Gebet so viel vermochte, warum nicht auch das unsrige?

1. Könige 19,4

„Und er bat, dass seine Seele stürbe.“

Es ist merkwürdig, dass der Mann, der nie sterben sollte, der Mann, der in einem feurigen Wagen mit feurigen Rossen sollte gen Himmel fahren und verwandelt werden, so dass er den Tod nicht sah, - es ist merkwürdig, dass dieser Knecht Gottes beten musste: „Nimm, Herr, meine Seele; ich bin nicht besser, denn meine Väter.“ Wir haben hier einen auffallenden Beweis, dass Gott die Gebete nicht immer in der gewünschten Weise, aber immer nach der heilsamen Wirkung erfüllt. Er gab dem Elias etwas Besseres, als was er erflehte, und erhörte ihn also wirklich. Es ist sonderbar, dass der löwenmutige Elias von der Drohung Isebels so niedergeschlagen war, dass er zu sterben wünschte; und köstlich war die Güte unsers himmlischen Vaters, dass Er Seinen verzweifelnden Knecht nicht beim Wort nahm. Die Lehre vom Gebet des Glaubens hat ihre Grenze. Wir dürfen nicht erwarten, dass Gott uns alles gibt, um was wir bitten; wir wissen, dass wir manchmal bitten und nicht empfangen, weil wir übel bitten. Wenn wir um etwas bitten, was keine Verheißung hat; wenn wir dem Geist, nach dem uns der Herr trachten heißt, entgegen stehen; wenn wir etwas gegen Seinen Willen oder gegen den Ratschluss Seiner Vorsehung suchen; wenn wir nur um unsertwillen bitten, und nicht im Hinblick auf Seine Verherrlichung, so dürfen wir auf keine Erhörung zählen. Wenn wir aber im Glauben bitten und nicht zweifeln, und wir nicht gerade das empfangen, was wir meinten, so empfangen wir etwas Anderes und Besseres dafür. Wie Einer sich ausdrückt: „Bezahlt der Herr nicht in Silber, so bezahlt Er in Gold, und bezahlt Er nicht in Gold, so bezahlt Er in Diamanten.“ Wenn er auch nicht genau das gewährt, warum ihr bittet, so gibt Er euch das, was ihm an Wert gleich. kommt, und worüber ihr euch mehr freut, als über das Begehrte. Darum, liebe, gläubige Seele, pflege das Gebet, und mache diesen Abend zu einer Stunde ernstlicher Fürbitte; aber habe Acht, was du bittest.

„O, große Gnad' und Gütigkeit!
O süße Lieb' und Mildigkeit:
Gott schenkt nach Seiner Güt' und Macht
Uns mehr, als wir uns je gedacht.“

(Goldstrahlen Mai 19)

1. Könige 19,8

„Und er stand auf, und aß und trank, und ging durch Kraft derselben Speise vierzig Tage und vierzig Nächte.“

Alle Kraft, die uns unser gnädiger Gott verleiht, schenkt Er uns zu seinem Dienst, nicht zu Mutwillen oder um Rühmens willen. Als der Prophet das geröstete Brot und die Kanne mit Wasser zu seinen Häupten liegen sah, da er unter dem Wachholder saß, da wurde es ihm nicht bequem gemacht, und er fand keine behagliche Ruhe, um sich zu erholen; vielmehr empfing er den Befehl, durch Kraft derselben Speise vierzig Tage und vierzig Nächte zu gehen bis an den Berg Gottes Horeb. Als der Meister seine Jünger zum Essen einlud mit den Worten: „Kommet und haltet das Mahl,“ sprach Er nach gehaltener Mahlzeit zu Petro: „Weide meine Schafe,“ und fügte dann hinzu: „Folge mir nach.“ So verhält sich‘s auch mit uns; wir essen das Brot des Himmels, damit wir unsre Kraft in des Herrn Dienst verzehren sollen. Wir kommen zum Abendmahl und essen das Osterlamm, die Lenden gegürtet und den Stab in der Hand, so dass wir alsobald aufstehen können, wenn wir unsern Hunger gestillt haben. Manche Christen leben gern von Christo, aber sie sind nicht so sehr darauf bedacht, für Christum zu leben. Die Erde sollte eine Vorbereitung für den Himmel sein; und der Himmel ist gerade der Ort, wo die Heiligen am köstlichsten gespeist werden und am meisten zu tun bekommen. Sie setzen sich nieder zum Tische unsers Herrn und dienen Ihm Tag und Nacht in seinem Tempel. Sie genießen himmlische Speise und dienen dem Herrn in Vollkommenheit. Lieber gläubiger Christ, arbeite in der Kraft, die du Tag für Tag von Christo empfängst, für Ihn, deinen Herrn. Manche unter uns müssen noch vieles lernen in Beziehung auf die Absicht unsers Herrn, um deretwillen Er uns seine Gnade schenkt. Wir sollen die köstlichen Körner der Wahrheit nicht zurückhalten, wie die ägyptische Mumie den Weizen Jahrtausende zurückhielt, ohne ihm Gelegenheit zum Wachstum zu geben: wir müssen die Wahrheit ausstreuen und bewässern. Wozu sendet der Herr den Regen herab auf die lechzende Erde, wozu gibt Er den belebenden Sonnenschein? Tut Er‘s nicht darum, damit dies alles die Früchte der Erde im Wachstum fördere und sie dem Menschen zur Nahrung wohl gedeihen lasse? So nährt und stärkt der Herr auch unsre Seelen, damit wir nachher unsre erneuerten Kräfte zur Förderung seiner Verherrlichung verwenden.

1. Könige 22,49

„Josaphat hatte Schiffe machen lassen aufs Meer, die in Ophir gehen sollten, Gold zu holen. Aber sie gingen nicht; denn sie wurden zerbrochen zu Ezeon-Geber.“

Salomos Schiffe waren stets glücklich zurückgekehrt, aber die Fahrzeuge Josaphats erreichten das Goldland nie. Die Vorsehung begünstigt den einen, und vereitelt die Wünsche eines andern bei derselben Gelegenheit und an demselben Ort; dennoch ist der große Weltregierer allezeit gleich gut und weise. Gott gebe uns jetzt im Hinblick auf unsre heutige Schriftstelle die Gnade, dass wir Ihn ebenso preisen können für die zu Ezeon-Geber zerbrochenen Schiffe, wie für die mit zeitlichem Segen reichbefrachteten Fahrzeuge; wir wollen die Begünstigten nicht beneiden, über unsre Verluste nicht trauern, wie wenn wir vor andern und allzu hart heimgesucht würden. Wir können wie Josaphat angenehm sein vor Gottes Angesicht, wenngleich unsre Anschläge misslingen. Der verborgene Grund der Verluste Josaphats verdient unsre Beachtung, denn er ist die Wurzel gar mancher Leiden der Kinder Gottes; es war seine Verbindung mit einer sündebeladenen Familie, seine Gemeinschaft mit Gottlosen. Aus 2. Chr. 20, 37 entnehmen wir, dass der Herr einen Propheten sandte, welcher verkündigte: „Darum, dass du dich mit Ahasja vereinigt hast, hat der Herr deine Werke zerrissen.“ Das war eine väterliche Züchtigung, welche ihm zum Segen dienen musste; denn wir erfahren 1. Kön. 22, 50, dass er seinen Knechten nicht mehr gestattete, mit den Knechten des gottlosen Königs in Schiffen zu fahren. Wollte Gott, dass Josaphats Erfahrungen den übrigen Gotteskindern zur Warnung dienten, auf dass sie sich nicht mit Gottlosen zusammen ins Joch spannen lassen! Ein Leben voller Elend und Jammer wird gewöhnlich denen zuteil, die sich in der Ehe oder in andrer selbsterwählter Weise mit den Kindern dieser Welt vereinigen. Ach, was ist es doch Herrliches um eine solche Liebe zu Jesu, in der wir, gleich Ihm, heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern abgesondert sind; denn wenn das nicht ist, so werden wir oft hören und erfahren müssen: „Der Herr hat deine Werke zerbrochen.“

„Wahre Treu‘ kommt dem Getümmel
Dieser Welt niemals zu nah;
Denn ihr Schatz ist in dem Himmel,
Drum ist auch ihr Herz allda.“