Müller, Heinrich - Von einer recht geordneten Liebe.

Liebe, doch nicht zu viel, auch nicht zu wenig.

Mit vier Dingen hat insonderheit unsere Liebe zu thun. Mit der Sünde, mit uns selbst, mit dem Nächsten, mit Gott. Die Sünde müssen wir gar nicht lieben. Wer sie liebt, haßt Gott, sich selbst und seinen Nächsten; Gott erzürnet, sich tödtet, den Nächsten ärgert er. Uns selbst und den Nächsten mögen wir lieben, aber nicht zu viel. Uns selbst unter, nicht über Gott. Ich liebe mich selbst, drum bin ich gern gesund; gefällts Gott, daß ich soll krank sein, des Herrn Wille geschehe. Gottes Will oben, mein unten. Den Nächsten sollen wir lieben in, nicht außer Gott. Weil ich den Nächsten lieb, geh ich freundlich mit ihm um; trennt er sich von Gott durch seine Sünde, wandle ich meine Freundlichkeit in einen Ernst und strafe sein Verbrechen. Nur den einigen Gott kann ich nicht zu viel lieben. Für Wohlthaten, die man nicht vergelten kann, mag man nicht zu viel danken. Wer kann Gott was wiedergeben? Er hat dich erschaffen, kannst du ihn auch wieder erschaffen? Er hat dich erlöset, kannst du auch wieder erlösen? Liebe begehrt er von dir und nichts mehr. Wie magst du den zu viel lieben, der dich liebet mit einer ewigen Liebe, der sein Leben hat für dich gelassen? Ach, deine meiste Liebe gibst du der Welt, die dich doch nicht wieder liebt. Wie viel Augenblicke hast du wohl Gott in deinem Leben lieb gehabt? Ich will nunmehr ansangen Gott über alles, mich und alle Dinge in Gott zu lieben, auch mich und alle Dinge um Gottes willen gern zu hassen und zu lassen. Ich bitte dich, thue es auch.